Wurden 2012 – laut Statista – keine 3.000 E‑Autos in Deutschland zugelassen, waren es 2022 über 470.000 Fahrzeuge. Ein essenzieller Bestandteil der elektrifizierten Fortbewegung ist der Energiespeicher. Während die Tanks von Autos mit Verbrennungsmotoren binnen weniger Minuten aufgefüllt sind, dauert es deutlich länger, die Akkus zu laden. Auch die Haltbarkeit, ebenso wie der hohe Bedarf an Rohstoffen, werden immer wieder zum Thema, wenn beide Antriebe miteinander verglichen werden. Doch während der elektrische Antrieb im Verkehrssektor noch auf seinen endgültigen Durchbruch wartet, ist er in der Orthopädie-Technik schon längst Alltag. Motorbetriebene Rollstühle fahren mit Akkus, Lifter haben ebenfalls die kleinen Energiespeicher verbaut.
Gewicht erwünscht
Entgegen der vermutlich gängigen Annahme, dass in Rollstühlen besonders leichte Akkus zu finden sind, setzen Hersteller auf vergleichsweise schwere Modelle. Kunden bevorzugen eine höhere Sitzposition. Kombiniert bringt der bodentiefe Einbau von schwereren Akkus deshalb auch einen statischen Vorteil bei Rollstühlen – und auch Scootern. In der Regel werden hier zyklenfeste Batterien verbaut, häufig sogenannte Deep-Cycle-AGM- oder Gel-Akkumulatoren.
Deep Cycle bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Akku über einen langen Zeitraum Energie abgibt, bis er erneut geladen werden muss. Deep-Cycle-Batterien lassen sich häufig be- und entladen, ohne dass die Speicherkapazität stark nachlässt. AGM steht für Absorbent Glass Mat und bedeutet, dass die Säure im Glasvlies aufgesogen und somit gebunden ist, während bei Gel-Akkumulatoren die Elektrolytlösung in Form von Gel gebunden ist. Deren Vorteile sind etwa die Zyklenfestigkeit, Belastbarkeit, eine lange Lebensdauer und der Preis. Ein weiterer Pluspunkt bei Reisen: Die Akkus dürfen auch beim Transport im Flugzeug in der Regel im Scooter oder Rollstuhl verbleiben.
Lebensdauer erhöhen dank richtiger Pflege
In vielen Hotels gibt es mittlerweile standardmäßig neben dem Bett eine Steckdose, um das Mobiltelefon in der Nacht zu laden. Auch die Akkus von Rollstühlen und Scootern werden häufig nachts wieder mit Energie „betankt“. Dabei gilt: Wer länger etwas von seinem Akku haben will, der lässt ihn in Ruhe laden. Die Lebensdauer von Akkus wird sehr positiv beeinflusst, wenn diese mit einem richtigen bzw. hochwertigem Ladegerät ohne Unterbrechung etwa 10 bis 14 Stunden geladen wird. Dies sollte möglichst bei Temperaturen zwischen 12 bis 25 Grad Celsius erfolgen. Teilladungen sollten vermieden werden, da Bleibatterien aus chemischen Gründen den kompletten Ladezyklus durchlaufen müssen, um eine optimale Lebensdauer erreichen zu können.
Anforderungen und Standards bleiben
Während beispielsweise in der Automobilbranche die Forschung nach neuen Akku-Materialien und Energiespeichermöglichkeiten sowie die Weiterentwicklung der bestehenden Akku-Systeme als Kernelemente der zukünftigen Mobilität benannt werden, ist im Reha-Bereich keine kurzfristige Revolution des Energiespeichers in Sicht. „Im Reha-Sektor werden bleihaltige AGM sowie Gel-Akkumulatoren noch viele Jahre dominant bleiben“, erklärt Björn Nowosadtko, Geschäftsführer beim Großhandel für Energietechnik Akku Sys aus Halstenbek. „Die Vorteile in Sachen Gewicht, langer Lebensdauer, Sicherheit sowie dem Preis überwiegen – zumindest was Rollstühle und Scooter angeht.“ Die Preisentwicklung hängt von den Weltmarktpreisen für Blei und der Euro-Dollar-Kursentwicklung ab. Im Lifterbereich werden zukünftig wohl häufiger Lithium-Akkus eingesetzt. „Zum Vergleich: Im Automotive-Sektor erwarten wir in drei bis fünf Jahren die Serienreife der ersten Feststoffbatterien. Bis dahin werden die Natrium-Ionen-Akkumulatoren weiterentwickelt“, so Nowosadtko weiter.
Rollstuhl-Akkus nicht zweckentfremden
Klimaschutz hängt nicht nur von der CO2-neutralen Energiegewinnung, sondern auch deren Speicherung ab. Ein Ansatz, der im Bereich der Automobilbranche umgesetzt wird, ist die „Vehicle-to-Grid“-Technologie. Dabei wird der Akku der Fahrzeuge dafür genutzt, regenerative Energie dezentral zwischenzuspeichern, um später dem Netz wieder zugeführt zu werden. Die Speicherung der Erzeugungsspitzen aus erneuerbaren Energien ist die größte Herausforderung. Zum Glätten dieser Erzeugungsspitzen braucht es Speichersysteme in erheblichem Ausmaß. Scooter und Rollstühle sind für diese Idee allerdings leider nicht sinnvoll zu nutzen, da in der Regel die volle Akkukapazität nach einem Nutzungstag vollends benötigt wird. Das Auto steht im Unterschied zum Scooter bzw. Rollstuhl statistisch 23 Stunden nutzlos auf dem Parkplatz und eignet sich daher deutlich besser dafür, als Zwischenspeicher zu fungieren.
Wertvoller Rohstoff Blei
Auch wenn die Akkus eine lange Lebensdauer haben – irgendwann ist die Nutzungsdauer überschritten und die Akkus müssen entsorgt werden. Statt auf der Mülldeponie oder in dem Müllheizkraftwerk zu landen – was an sich schon eine Umweltsünde wäre –, werden die Akkumulatoren zu fast 100 Prozent recycelt. Viele Hersteller bieten sogar die kostenfrei Abholung und Rücknahme ihrer Produkte an, um den Prozess für die Verbaucher:innen so einfach wie möglich zu gestalten. Außerdem erhalten die Kund:innen zum Beispiel bei Akku Sys eine Gutschrift für das Blei in den Akkus. Ein doppelter Gewinn also – gut für die Umwelt und gut für das Portemonnaie.
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