Was passiert nach dem 15. März? Muss ungeimpftes Gesundheits- und Pflegepersonal dann draußen bleiben – oder nicht? Wird jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kochen, wie so oft in der Corona-Politik? Wo Pflegenotstand eintreten würde, wird der Impfstatus einfach nicht kontrolliert? Und ein paar Kilometer weiter, im Nachbarbundesland, passiert das Gegenteil? Am 10. Dezember 2021 sagten 569 Abgeordnete „Ja“ zum Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur „Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“. 79 lehnten ihn ab, 38 enthielten sich. Neben den Koalitionsfraktionen hatte auch die Unionsfraktion in zweiter Lesung für den Gesetzentwurf gestimmt. Der Bundesrat akzeptierte ebenfalls. So weit, so klar. Doch dann begann das Wirrwarr.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wollte zunächst ganz ausscheren und die einrichtungsbezogene Impfpflicht durch „großzügigste Übergangsregelungen“ in seinem Bundesland aussetzen, wie auch die OT online berichtete. Dann wurde erstmal vorsichtig zurückgerudert. Doch auch aus Sachsen gab es diffuse Signale. Scheinbar dämmerte es erst in den Wochen nach der Entscheidung, welche Konsequenzen diese in den Bundesländern haben könnte. So kritisierte die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag vom 15. Februar die „Untätigkeit der Bundesregierung“ bei der Umsetzung. „Viele Einrichtungen und Dienste befürchten, ab dem 16. März 2022 die von ihnen betreuten Menschen nicht mehr angemessen versorgen zu können […] Klarstellungen für die praktische Umsetzung können nicht durch die Gesundheitsämter erfolgen, die ohnehin gerade überlastet sind. Dies kann auch nicht den Leitungen der Einrichtungen überlassen werden“, heißt es darin. Ihrem Groll machten CDU-geführte Bundesländer in den Protokollnotizen zum Beschluss der „Videoschaltkonferenz des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder“ am 16. Februar Luft: „Zahlreiche offene Fragen“ zum Vollzug monierte Bayern. Ähnliches verlautete aus Sachsen-Anhalt. „Hinweise der kommunalen Ebene“ seien nicht gehört worden, bemängelte Sachsen und hält fest: „Der Gesetzeszweck der einrichtungsbezogenen Impfpflicht kann aktuell nicht mehr erreicht werden“ – die Gesetzeslage müsse „auf den Prüfstand“.
Regelmäßige Tätigkeit erforderlich
Was erwartet nun die Beschäftigten in Sanitätshäusern und Werkstätten ab dem 15. März? Sanitätshäuser und orthopädietechnische Werkstätten werden bei den Einrichtungen, in denen eine Impfpflicht gilt, nicht ausdrücklich benannt. Doch Mitarbeiter:innen, die „regelmäßig“ in den von der Impfpflicht betroffenen Institutionen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen, Rehabilitationseinrichtungen oder medizinischen Behandlungszentren „tätig“ sind, unterliegen dieser ebenso – müssen also den Nachweis über Impfung, Genesung oder Vorliegen einer Kontraindikation (ärztliches Attest) erbringen. Dies legt auch die 24-seitige „Handreichung zur Impfprävention“ des Bundesgesundheitsministeriums vom 16. Februar dar. Die Frage, wann genau eine Person in einer Einrichtung „tätig“ ist, wird darin wie folgt beantwortet: „Ob eine in einer Einrichtung oder in einem Unternehmen anwesende Person unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen Covid-19 fällt, hängt davon ab, ob diese Person in der betroffenen Einrichtung oder in dem Unternehmen tätig wird. Dabei dürfte es erforderlich sein, dass die Person regelmäßig (nicht nur wenige Tage) und nicht nur zeitlich vorübergehend (nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum) in der Einrichtung […] tätig ist.“ Als Personen, die „der Nachweispflicht unterfallen“, werden unter anderem „Gesundheitshandwerker wie Orthopädietechnik“ benannt. Die Prüfung der entsprechenden Nachweise obliegt zunächst der Leitung der betroffenen Einrichtung – also der Klinik, des Pflegeheims etc. In der Handreichung heißt es: „Alle Personen, die in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, müssen bis zum Ablauf des 15. März 2022 der Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen. Dies gilt auch für externe Dienstleister, die regelmäßig tätig sind.“ Externe Dienstleister wie zum Beispiel Handwerker zählen laut Bundesgesundheitsministerium zum Bestandspersonal, sofern sie „bereits vor dem 16. März 2022 für diese Einrichtung oder dieses Unternehmen regelmäßig tätig waren.“
Hin und Her
In der „Handreichung“ wird ebenso erläutert, welche arbeitsrechtlichen Folgen eintreten, wenn der Impfnachweis fehlt. Dabei sei bei Beschäftigten die Entscheidung des Gesundheitsamts maßgeblich: Bis dieses „ggf. ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat, ist eine Weiterbeschäftigung der betroffenen Person möglich“. Und genau hier beginnt der Interpretationsspielraum: keine Entscheidung – kein Verbot. Und bis Entscheidungen fallen, kann es ja dauern … So stand im Beschluss von Bund und Ländern nach der erwähnten Videoschaltkonferenz: „Die Gesundheitsämter haben ein Ermessen bei der Umsetzung der Maßnahmen.“ Ein Betretungsverbot stelle die letzte Stufe dar, daher werde es „nicht sofort flächendeckend automatisch zu derartigen Betretungsverboten kommen“. Man wird sehen, wie das in den Bundesländern umgesetzt wird. Es bleibt also spannend. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Jan Korte (Die Linke), wie sichergestellt werde, „dass es mit dem 15. März 2022 nicht zu der Versorgungsgefährdung kommt“, verlautete aus dem Bundesgesundheitsministerium am 4. Februar übrigens: Um pflegerische Versorgungsengpässe im häuslichen Bereich zu vermeiden, „können Pflegekassen für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 nach ihrem Ermessen Kostenerstattung in Höhe der ambulanten Sachleistungsbeträge aus § 36 SGB XI nach vorheriger Antragstellung gewähren. [… ] Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln kann Ersatz bis hin zur Unterstützung durch Nachbarn organisiert werden“.
Ein Kommentar von Cathrin Günzel
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