Ziel ist es, laut einer Gematik-Pressemitteilung, mehr Teilnehmende für die Testphase zu finden, Updates aufzuspielen, die nötige Software zu installieren, das Personal zu schulen und die Stabilität des Zusammenwirkens der einzelnen erforderlichen Komponenten intensiv zu prüfen.
„Mit der Verschiebung ist klar, dass der Feldtest in seiner derzeitigen Form gescheitert ist“, kritisiert Sebastian Zilch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Gesundheits-IT (BVITG), dagegen die bisherige Praxis. Im Sommer 2021 war nämlich zunächst nur ein ausgewählter Kreis an Testern aus den Bereichen Praxen, Apotheken, Krankenkassen und Softwareanbieter in Berlin und Brandenburg ausersehen worden, das E‑Rezept und die damit verbundenen Abläufe auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen.
„Die bisherigen Tests in der Fokusregion Berlin-Brandenburg waren leider nicht aussagekräftig. So sollten für einen bundesweiten Roll-out mindestens 1.000 E‑Rezepte ausgestellt und erfolgreich abgerechnet werden – Anfang Dezember waren es lediglich 42. Zudem konnten weder die Anzahl der teilnehmenden Systeme in den Arzt‑, Zahnarztpraxen beziehungsweise Apotheken noch die Anzahl der teilnehmenden Krankenkassen im Test erreicht werden“, bilanziert Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt die bisherige Testphase.
„Wir sind generell für das E‑Rezept und seine zügige Einführung. Was die Anbindung an die Telematikinfrastruktur angeht, sind die Apotheken auch längst E‑Rezept-ready. Aber betrachtet man den kompletten Prozess von der Verordnung über die Einlösung und Quittierung bis hin zur Abrechnung des E‑Rezepts, dann gibt es noch erhebliche technische Probleme. Sie sollten vor der Einführung behoben sein, sonst wird die Versorgungssicherheit der Patienten gefährdet. Und die ist in der laufenden Pandemie doppelt wichtig“, kommentierte Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), die Verschiebung.
Mehr Tests für mehr Vertrauen in die Technik
Der Bundesverband Gesundheits-IT fordert, dass die neue Bundesregierung die Gematik mit der Koordinierung des Projekts „E‑Rezept“ betraut und mit den entsprechenden Kompetenzen ausstattet. Oberstes Ziel muss es aus Sicht des BVITG sein, das E‑Rezept weiter zu optimieren, damit der E‑Rezept-Start überhaupt möglich wird.
„Der Weg dorthin führt nur über Tests, weshalb deutlich mehr Anwender für die Teilnahme an der Testphase motiviert werden müssen. Dafür braucht es unter anderem eine deutlich transparentere Kommunikation zu den Rahmenbedingungen und Zielen der Feldtests. Auch im Anschluss an die Tests muss alles dafür getan werden, Praxen, Apotheken und Krankenhäuser zur aktiven Mitarbeit und ‑gestaltung des Projekts zu animieren“, so Zilch.
„Es ist gut, dass das Bundesgesundheitsministerium die Warnungen der Leistungserbringerorganisationen in der Gematik ernst nimmt und vor dem bundesweiten Roll-out des E‑Rezepts zunächst die Testphase fortsetzen und ausweiten will. Das E‑Rezept verändert bestehende, eingespielte Arbeitsabläufe in Praxen und Kliniken. Ärztinnen und Ärzte werden dies nur akzeptieren können, wenn die neuen Prozesse sicher, störungsfrei und zügig ablaufen. Dafür sind intensive und flächendeckende Tests in einer dauerhaft betriebenen Pilotregion notwendig. Zudem muss die Beendigung der erfolgreichen Testung an transparente Qualitätskriterien geknüpft werden, die jeder Anbieter zu erfüllen hat“, schildert Dr. Reinhardt die Sicht seines Berufsstandes auf die Aussetzung der E‑Rezept-Einführung und die Verlängerung des Tests.
Die Gematik begleitet und unterstützt die Testphase weiterhin intensiv in Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren. Seit Januar 2022 werden die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) laufend Updates zum Ausstattungsgrad der Apotheken, Praxen und Krankenhäuser geben. Seit Dezember 2021 haben bundesweit nun alle Akteure die Möglichkeit, sich an der Testphase zu beteiligen. Laut Gematik müssen alle Praxis- und Apothekenverwaltungssysteme sowie Krankenhausinformationssysteme zügig die Testung aufnehmen. Die Krankenkassen sind dagegen bereits in der Lage, E‑Rezepte zu empfangen.
„Es wäre jedoch das falsche Signal, wenn sich die Beteiligten nun im Klein-Klein der Schuldzuweisungen verlieren würden. Stattdessen muss der Blick nach vorne gerichtet werden, damit das E‑Rezept mitsamt seinen Mehrwerten für Versicherte und Leistungserbringer zeitnah in die Versorgung gelangen kann“, erklärt Zilch.
„Mit unserer neuen Publikation geben wir interessante und wichtige Einblicke, wie es um die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland im Rahmen der Telematikinfrastruktur steht. Damit sorgen wir für noch mehr Transparenz unserer Arbeit,“ erklärt Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der Gematik, anlässlich der ersten Veröffentlichung des TI-Atlas. In dieser Publikation fasst die Gematik den Status von Anwendungen wie der elektronischen Patientenakte (ePA) bei Medizinern und Versicherten zusammen. Die zugrunde liegenden Zahlen wurden durch Umfragen unabhängiger Institute in zwei Vergleichsquartalen 2021 erhoben, ausgewertet und analysiert. Dr. Leyck Dieken: „In der Rolle als Nationale Agentur für Digitale Medizin ist es unser Anspruch und unser Auftrag, die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter voranzutreiben und wichtige Weichen für die Zukunft zu stellen.“
Der TI-Atlas steht als Publikation auf der Webseite www.ti-atlas.de zur Verfügung.
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