Damit sollen Befunde, Medikationsdaten und andere medizinische Dokumente künftig digital, zentral und jederzeit abrufbar sein – sowohl für die Versicherten als auch für die behandelnden medizinischen Fachkräfte. Das Ziel ist eine verbesserte Versorgung, mehr Transparenz und eine deutliche Reduktion bürokratischer Prozesse.
Ein Hoffnungsträger mit Altlasten
Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, sieht in der ePA einen zentralen Baustein für ein modernes Gesundheitswesen. „Mit der ePA für alle kommt jetzt noch mehr Schwung in das digitale Gesundheitswesen“, so seine Einschätzung. Die Vision ist klar: Patientinnen und Patienten sollen ihre Gesundheitsdaten selbstbestimmt verwalten und teilen können. Ärztinnen und Ärzte, aber auch weitere Gesundheitsdienstleister wie Sanitätshäuser, sollen dadurch effizienter, besser informiert und zielgerichteter behandeln können.
Doch der Weg dorthin ist komplex. Bereits in der Pilotphase offenbarte das Projekt Schwächen – von schleppenden Implementierungen über unterschiedliche Softwarestände bis hin zu einer Sicherheitslücke, auf die der Chaos Computer Club (CCC) im Dezember 2024 aufmerksam machte. Der mittlerweile Ex-Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach sprach seinerzeit offen von einer „Frühphase mit Angriffsszenarien“. Die Lücke wurde nach Angaben der Gematik, der nationalen Agentur für digitale Medizin in Deutschland, geschlossen – einen tatsächlichen Datenabfluss gebe es nicht. Dennoch bleibt Skepsis.
Technischer Fortschritt trifft regulatorische Realität
In den Modellregionen, in denen die ePA seit Jahresbeginn erprobt wurde, zeigte sich vor allem die Medikationsliste als Mehrwert: Apotheken konnten Wechselwirkungen schneller erkennen, Arztpraxen besser über bestehende Medikationen beraten – auch ohne vollständige Angaben der Patienten. Die Zugriffszahlen stiegen kontinuierlich: bis zu 60.000 ePA-Zugriffe pro Tag, allein 14.000 auf die Medikationsdaten.
Sicherheit – technisch und gesellschaftlich
Die Gematik, federführend bei der Einführung, hat nach dem Vorfall mit dem CCC weitere Maßnahmen implementiert: Der Zugang zur ePA ist jetzt über zusätzliche Merkmale abgesichert, ungewöhnliche Zugriffsmuster werden erkannt und Institutionen bei Verdacht sofort gesperrt. Die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist eng, die Prüfprozesse standardisiert. „Die ePA-Pilotphase hat gezeigt: Wir sind auf einem guten Weg!“, so Dr. Florian Fuhrmann, Vorsitzender der Gematik-Geschäftsführung.
Gleichzeitig bleibt die Diskussion um gesellschaftliche Folgen aktuell – insbesondere beim Umgang mit sensiblen Daten von Kindern und Jugendlichen. Die Ärztekammer Niedersachsen fordert, die bislang geltende Opt-Out-Regelung für Minderjährige in eine Opt-In-Regelung umzuwandeln. Begründung: Eine früh dokumentierte Diagnose könne Karrieren verhindern oder Versicherungsverträge erschweren. In der Kammerversammlung wurde auf das Risiko „lebenslanger Nachteile“ verwiesen – obwohl die Krankheitsbilder oft temporär seien.
OT immer noch außen vor
Lese- und Schreiberechte für die elektronische Patientenakte gibt es weiterhin nicht für OT-Betriebe und Sanitätshäuser. Einerseits gibt es Forderungen aus der Branche, dass auch das Fach Zugang zur ePA erhält, um die bestmögliche Datenlage zu den jeweiligen Patientinnen und Patienten zu bekommen. Andererseits sind vor allem in Sachen Datenschutz größere Anforderungen an die Betriebe zu erwarten.