Die Belas­tung des Fußes beim Gehen mit und ohne sen­so­mo­to­ri­sche Fuß­or­the­se (SMFO) bei einem Knick-Senk­fuß — Eine ver­glei­chen­de Mes­sung der Bie­ge- und Tor­si­ons­mo­men­te sowie der plantaren Druckverteilung

N. Grabowski, T. Sprekelmeyer, M. Altenhöfer, A. Brunk, K. Peikenkamp
Diese Studie untersucht die Auswirkungen sensomotorisch wirkender Fußorthesen (SMFO) auf die Belastung des Knick-Senkfußes beim Gehen. Sowohl die plantare Druckverteilung als auch die Biege- und Torsionsbelastung wurden untersucht. Durch die Fußorthese kommt es in der mittleren Standphase zur Änderung der Rotationsrichtung am Metatarso­phalangeal­gelenk I (MTP I) und am distalen Interphalangealgelenk V (DIP V). Durch die innenrotierten MTP I und MTP V sowie das in Neutralstellung befindliche DIP I zeigt sich eine dynamische Aufrichtung des Längsgewölbes. Da sich die Rotation an der Ferse und am MTP V während dieser Gangphase nicht verändert, kann von einer Korrektur der Valgusstellung des Rückfußes ausgegangen werden.

Ein­lei­tung

Die­se Stu­die wur­de als Gemein­schafts­ar­beit mit Teil­neh­mern aus Indus­trie, Wis­sen­schaft und Hand­werk durch­ge­führt. Sie ist eine Zusam­men­ar­beit der vebi­to­so­lu­ti­on GmbH, des Labors für Bio­me­cha­nik der Fach­hoch­schu­le Müns­ter und der Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik Spre­kel­mey­er GmbH in Osna­brück. Ziel war es, den Ein­fluss sen­so­mo­to­ri­scher Fuß­or­the­sen (SMFO) auf die Belas­tung des Fußes zu mes­sen. Es soll­te fest­ge­stellt wer­den, ob SMFO einen posi­ti­ven Ein­fluss auf die Belas­tung des Fußes beim Gehen haben. Die Indi­ka­ti­ons­stel­lung war der Knick-Senk­fuß, unter dem die Pro­ban­den – meist beid­seits – litten.

Der Knick-Senk­fuß ist durch eine Kom­bi­na­ti­on aus abge­flach­ter, media­ler Längs­wöl­bung (Senk­fuß) und val­gi­sier­ter Fer­sen­bein­stel­lung (Knick­fuß) gekenn­zeich­net. Berührt die Längs­wöl­bung bei Belas­tung ganz den Boden, spricht man von einem Knick-Platt­fuß. Kippt der Cal­ca­neus unter Last in die Val­gusstel­lung, rotiert der Talus nach medi­al und rutscht nach plant­ar. Dadurch flacht die Längs­wöl­bung ab, und der Vor­fuß abdu­ziert. Gleich­zei­tig dreht der Unter­schen­kel durch die enge Ver­bin­dung mit dem Talus im OSG (um die Ver­ti­kal­ach­se) nach innen. Häu­fig ist zusätz­lich eine Supi­na­ti­on und Dor­sal­ex­ten­si­on des Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­lenks I zu beob­ach­ten 1. Bestehen die­se Effek­te auch in unbe­las­te­tem Zustand und las­sen sie sich auch manu­ell nicht kor­ri­gie­ren, spricht man von einem kon­trak­ten Knick-/Senk­fuß und/oder Platt­fuß. Senk­fuß und Knick­fuß kön­nen aller­dings auch weit­ge­hend iso­liert von­ein­an­der exis­tie­ren 2. Der Knick-Senk­fuß kann mit ver­schie­de­nen Metho­den the­ra­piert wer­den. Die am wei­tes­ten ver­brei­te­te Metho­de ist die The­ra­pie mit Ein­la­gen; er wird aber auch beglei­tend mit Ban­da­gen behan­delt, die eine spi­ral­dy­na­mi­sche Eigen­schaft besit­zen sol­len. Schließ­lich kom­men auch phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Kon­zep­te zum Ein­satz. Dabei wird meist die Spi­ral­dy­na­mik von Lar­sen ange­wen­det 3 4.

Die The­ra­pie mit ortho­pä­di­schen Ein­la­gen ver­folgt unter­schied­li­che Zie­le. All­ge­mein wer­den die Auf­ga­ben von Ein­la­gen als „Stüt­zen“, „Füh­ren“ und „Bet­ten“ beschrie­ben. Die­se Ein­la­gen­for­men, die als klas­si­sche Ein­la­gen in der Fest­be­trags­re­ge­lung der PG 08 gelis­tet sind, wir­ken im All­ge­mei­nen als pas­si­ves Hilfs­mit­tel auf den Fuß 5. Mit den sen­so­mo­to­risch wir­ken­den Ein­la­gen, die das Ergeb­nis einer kon­se­quen­ten Wei­ter­ent­wick­lung der Ver­sor­gungs­me­tho­de sind, indem sie Kennt­nis­se der Neu­ro­phy­sio­lo­gie und eines phy­sio­the­ra­peu­ti­schen Behand­lungs­kon­zep­tes ent­hal­ten, kann die Mus­ku­la­tur sti­mu­liert oder inhi­biert wer­den. Sen­so­mo­to­ri­sche Ein­la­gen sol­len – per geziel­ter Mani­pu­la­ti­on des Fußes als sen­so­ri­sches Organ – eine Reak­ti­on der Bewe­gungs­steue­rung pro­vo­zie­ren. Die­ses Ziel soll sowohl durch eine Um-ori­en­tie­rung der Rück­fuß­stel­lung als auch durch eine direk­te Beein­flus­sung plant­a­rer myo­fas­zia­ler Struk­tu­ren im Mit­tel- und Vor­fuß ver­folgt wer­den 6. Sen­so­mo­to­ri­sche Ein­la­gen, auch „sen­so­mo­to­risch wir­ken­de Fuß­or­the­sen“ genannt, ver­fü­gen über Druck­pols­ter, soge­nann­te Pelot­ten, die ver­schie­de­ne Auf­ga­ben über­neh­men: Die media­le Pelot­te kor­ri­giert den Rück­fuß aus einer Val­gusstel­lung und rich­tet das Fer­sen­bein aus sei­ner Pro­na­ti­on auf. Die Orthe­se wirkt am Schei­tel­punkt der Pelot­te, dem höchs­ten Punkt, unter­halb des Sus­ten­ta­cu­lum tali.

Durch die Model­lie­rung die­ser Pelot­te sol­len nega­ti­ve Beein­flus­sun­gen auf das Talo­na­vi­ku­lar­ge­lenk und auf das Kuneo­na­vi­ku­lar­ge­lenk aus­ge­schlos­sen wer­den. Durch die stän­di­ge Wie­der­ho­lung in der Bewe­gung soll die medi­al sta­bi­li­sie­ren­de Mus­ku­la­tur trai­niert wer­den. Die late­ra­le Pelot­te dient im Fal­le des Knick-Senk­fu­ßes als Wider­la­ger und sta­bi­li­siert den Rück­fuß. Die retro­ka­pi­ta­le Pelot­te fun­giert als Stu­fe und ver­läuft direkt hin­ter den Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­len­ken II bis IV. Sie dient als mecha­ni­sches Wider­la­ger im Vor­fuß und soll bei funk­tio­nell beweg­li­chen Rück­fü­ßen eine Span­nungs­zu­nah­me auf die kur­ze plant­are Fuß­mus­ku­la­tur gewäh­ren. Dabei ist eine genaue Anpas­sung an den Fuß not­wen­dig, da kei­ner­lei Mus­kel­bäu­che oder gar die Mit­tel­fuß­köpf­chen einem Druck aus­ge­setzt wer­den sol­len. Durch die­se Vor­deh­nung der klei­nen Fuß­beu­ger lässt sich eine zen­tral­ner­vö­se Ant­wort im Sin­ne einer Span­nungs­re­duk­ti­on beob­ach­ten. Über myo­fas­zia­le Ver­bin­dungs­li­ni­en wird die­ser Effekt vom M. tri­ceps surae über die Ischio­cr­ural­mus­keln bis hin zum M. erec­tor spinae erwar­tet 7. In der hier vor­ge­stell­ten Unter­su­chung wur­den sen­so­mo­to­risch wir­ken­de Ein­la­gen hin­sicht­lich ihres Ein­flus­ses auf die Belas­tung des Fußes beim Gehen untersucht.

Metho­dik

An der Stu­die nah­men 25 Per­so­nen (17 weib­lich, 8 männ­lich) zwi­schen 15 und 50 Jah­ren mit Knick-Senk­fuß teil. Sie wur­den beid­seits mit sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­gen ver­sorgt und mit den Mess­sys­te­men „vebi­to­SCI­ENCE“ (vebi­to­so­lu­ti­on GmbH, Stein­furt) und den Druck­mess­soh­len von Medi­lo­gic (T&T Medi­lo­gic Medi­zin­tech­nik GmbH, Schö­ne­feld) ver­mes­sen. Über das Mess­sys­tem „vebi­to­SCI­ENCE“ wur­den die Bie­ge- und Tor­si­ons­mo­men­te (Nmm) an den Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­len­ken I und V (MTP I und MTP V), an den Inter­phal­an­ge­al­ge­len­ken I und V (DIP I und DIP V) sowie an der Fer­se ermit­telt. Da die­se Momen­te ursäch­lich für Belas­tun­gen am Fuß sind, wird im Fol­gen­den von Bie­ge- und Torsions­belastungen (Nmm) gespro­chen. Mit­tels der Druck­mess­soh­len wur­de die plant­are Druck­ver­tei­lung unter­sucht. Für die Aus­wer­tung der Druck­ver­tei­lung (N/cm²) wur­den die Ergeb­nis­se für den Gesamt­fuß, den Mit­tel­fuß sowie den Innen- und Außen­be­reich jeweils getrennt von­ein­an­der untersucht.

Das „vebitoSCIENCE“-System ent­hält fünf Mess­area­le, die jeweils die Bie­ge- und die Tor­si­ons­be­las­tung, die auf das Innen­soh­len­mess­sys­tem und respek­ti­ve auf den Fuß wir­ken, mes­sen. Sowohl die Bie­ge- als auch die Tor­si­ons­be­las­tung kön­nen in zwei unter­schied­li­chen Rich­tun­gen auf­tre­ten; die Bie­ge­be­las­tung kann ent­we­der eine Belas­tung im Sin­ne einer Plant­ar­fle­xi­on oder einer Dor­sal­ex­ten­si­on sein. An der Fer­se ist nicht mit einer Belas­tung im Sin­ne einer Plant­ar­fle­xi­on zu rech­nen; die Mess­area­le im Vor­fuß zei­gen hin­ge­gen häu­fig inner­halb eines Gang­zy­klus das Auf­tre­ten bei­der Belas­tungs­rich­tun­gen. Abbil­dung 1 zeigt einen typi­schen Ver­lauf der Bie­ge­be­las­tung unter dem MTP I. Posi­ti­ve Wer­te ent­spre­chen hier­bei einer Dor­sal­ex­ten­si­ons­be­las­tung, nega­ti­ve Wer­te einer Plant­ar­fle­xi­ons­be­las­tung. Für bei­de Belas­tungs­rich­tun­gen kann ein Maxi­mum bestimmt wer­den. Die Dif­fe­renz zwi­schen die­sen bei­den Maxi­ma ent­spricht dem soge­nann­ten Ran­ge – er spie­gelt u. a. das gesam­te Bewe­gungs­aus­maß wider.

Die Tor­si­ons­be­las­tung ist in Form einer Innen- oder einer Außen­ro­ta­ti­on mög­lich. Bezug­s­ach­se für die Mess­area­le im Vor­fuß ist die Fuß­mit­tel­ach­se und für die Fer­sen­mess­stel­le die Kör­per­mit­tel­ach­se. Die sich dar­aus erge­ben­den Defi­ni­tio­nen der Dreh­rich­tun­gen sind in Abbil­dung 2 dar­ge­stellt. Nega­ti­ve Wer­te ent­spre­chen dabei einer Innen­ro­ta­ti­on, posi­ti­ve Wer­te einer Außen­ro­ta­ti­on – jeweils dar­auf bezo­gen, wie sich der Vor­fuß zum Rück­fuß verdreht.

Das Innen­soh­len­mess­sys­tem „vebito­SCIENCE“ misst mit 200 Hz und einer Auf­lö­sung von 16 Bit. Die Daten­über­tra­gung an einen Rech­ner mit Bedien­soft­ware erfolg­te mit­tels WLAN. Die auf­ge­nom­me­nen Schrit­te wur­den auf 100 % des Gang­zy­klus nor­miert und gemit­telt. Das Innen­soh­len­mess­sys­tem „medi­lo­gic“ zur Erfas­sung der plantaren Druck­be­las­tung wur­de mit 50 Hz betrie­ben. Die Daten­über­tra­gung erfolg­te per Funk an die ent­spre­chen­de Soft­ware. Mit Hil­fe der Bedien­soft­ware wur­den die auf­ge­nom­me­nen Schrit­te gemit­telt und auf 100 % Gang­zy­klus nor­miert. Dies erfolg­te sowohl für den Durch­schnitts­druck über den gesam­ten Fuß als auch für ein­zel­ne Fuß­area­le. Aus­ge­wählt wur­den hier­für der Mit­tel­fuß sowie der inne­re und der äuße­re Fuß­be­reich. Die Auf­tei­lung der Fuß­area­le ist in Abbil­dung 3 dargestellt.

Die Pro­ban­den wur­den jeweils ein­mal mit und ein­mal ohne SMFO beim Gehen auf frei­er Stre­cke ver­mes­sen, wobei die sen­so­mo­to­ri­schen Fuß­or­the­sen indi­vi­du­ell an jeden Pro­ban­den ange­passt wur­den. Die Ver­sor­gung erfolg­te beid­seits in den eige­nen Schu­hen der Pro­ban­den. Alle Ein­la­gen waren mit einer media­len und einer late­ra­len Pelot­te, einer retro­ka­pi­ta­len Erhö­hung und einem Zehen­steg aus­ge­stat­tet. Zwi­schen den bei­den Mess­bedingungen wur­den die Unter­schie­de für den maxi­ma­len Druck in den ein­zel­nen Fuß­be­rei­chen, die maxi­ma­le Plant­ar­fle­xi­on, die maxi­ma­le Dor­sal­ex­ten­si­on, die maxi­ma­le Innen- und Außen­ro­ta­ti­on sowie der Ran­ge der Bie­ge- und Tor­si­ons­be­las­tung unter­sucht. Aus­ge­wer­tet wur­den nur ganz­heit­li­che Daten­sät­ze mit min­des­tens zwei voll­stän­dig auf­ge­nom­me­nen Schrit­ten. Somit ergab sich eine Anzahl von 16 aus­wert­ba­ren Pro­ban­den für die Bie­ge- und Tor­si­ons­ana­ly­se und von 8 aus­wert­ba­ren Pro­ban­den für die plant­are Druck­ver­tei­lung. Die Unter­su­chung auf Unter­schied wur­de bei den Bie­ge- und Tor­si­ons­da­ten bei gege­be­ner Nor­mal­ver­tei­lung mit­tels t‑Test, ansons­ten mit­tels Wil­coxon-Test (Alpha = 0,05) durch­ge­führt. Die Druck­da­ten wur­den auf­grund des gerin­gen Stich­pro­ben­um­fangs aus­schließ­lich mit­tels Wil­coxon-Test analysiert.

Die Belas­tungs­ver­läu­fe der Tor­si­on an MTP I und DIP V wur­den dar­über hin­aus auf Unter­schie­de in ihrer Cha­rak­te­ris­tik zwi­schen den bei­den Bedin­gun­gen betrach­tet. Dazu wur­den die ein­zel­nen Zeit­punk­te des Gang­zy­klus zwi­schen den Bedin­gun­gen mit und ohne Ver­sor­gung mit­tels t‑Test (Alpha = 0,05) unter­sucht. Die­ses Ver­fah­ren hat jedoch den Nach­teil, dass die Unab­hän­gig­keit auf­ein­an­der fol­gen­der Zeit­punk­te im Schritt­zy­klus vor­aus­ge­setzt wird, was sie aus Sicht der Bewe­gungs­leh­re nicht sind. Um die­sem Feh­ler gerecht zu wer­den, wer­den nur jene Ergeb­nis­se als sta­tis­tisch abge­si­chert betrach­tet, bei denen min­des­tens 10 auf­ein­an­der­fol­gen­de Zeit­punk­te ein signi­fi­kan­tes Ergeb­nis im t‑Test zei­gen. Ein­zel­ne Punk­te, die mit­tels t‑Test als signi­fi­kant ver­schie­den ange­zeigt wer­den, wer­den im Zusam­men­hang des gesam­ten Schritt­zy­klus nicht als rele­vant betrachtet.

Ergeb­nis­se

Die Bie­ge­be­las­tung zeigt an allen Mess­stel­len ähn­li­che Ver­läu­fe für die bei­den unter­such­ten Bedin­gun­gen. Signi­fi­kan­te Unter­schie­de erge­ben sich nie an bei­den Füßen, sodass dar­auf ver­zich­tet wird, wei­ter auf die Ergeb­nis­se der Bie­ge­be­las­tung ein­zu­ge­hen. Die Aus­wer­tung der Tor­si­ons­be­las­tung ergab, dass die maxi­ma­le Außen­ro­ta­ti­on am Meta­tar­so­phal­an­ge­al­ge­lenk I (MTP I) mit Fuß­or­the­se signi­fi­kant ver­rin­gert und die maxi­ma­le Innen­ro­ta­ti­on an die­sem Gelenk signi­fi­kant erhöht ist. Außer­dem zeigt sich, dass die maxi­ma­le Außen­ro­ta­ti­on am DIP V mit SMFO signi­fi­kant erhöht und die maxi­ma­le Innen­ro­ta­ti­on an die­sem Gelenk ver­rin­gert ist. Abbil­dung 4a und b zei­gen die Mit­tel­wert­kur­ven und die Stan­dard­ab­wei­chun­gen der Tor­si­ons­be­las­tung des rech­ten Vor­fu­ßes. Dabei wird deut­lich, dass die Mit­tel­wert­kur­ve am MTP I ohne Ver­sor­gung kei­ne bzw. nur eine mini­ma­le Innen­ro­ta­ti­on auf­weist, der mitt­le­re Belas­tungs­ver­lauf mit Ver­sor­gung in der mitt­le­ren Stand­pha­se (zwi­schen 8 % und 27 % Gang­zy­klus) jedoch eine deut­li­che Innen­ro­ta­ti­on zeigt. Danach wech­selt die Tor­si­ons­rich­tung, sodass zwi­schen ca. 30 % und 70 % Gang­zy­klus (GZ) unter bei­den Bedin­gun­gen eine Belas­tung im Sin­ne einer Außen­ro­ta­ti­on am MTP I vorliegt.

Das DIP I zeigt in der mitt­le­ren Stand­pha­se kaum eine Ver­än­de­rung und weist ins­ge­samt nur sehr gerin­ge Tor­si­ons­be­las­tun­gen auf. Am late­ra­len Strang kehrt sich etwas zeit­ver­zö­gert zum MTP I die Tor­si­ons­rich­tung am dista­len Inter­phal­an­ge­al­ge­lenk V (DIP V) um. Dort wird mit Ver­sor­gung eine Außen­ro­ta­ti­on erreicht, die ohne Ver­sor­gung nicht auf­tritt. Das Meta­tarsophalangealgelenk V erfährt hin­ge­gen kaum eine Ver­än­de­rung durch die Ver­sor­gung wäh­rend die­ses Zeit­raums. Wäh­rend sich das DIP V mit der Ver­sor­gung in einer Außen­ro­ta­ti­on befin­det, erfährt das MTP V eine Innen­ro­ta­ti­on. Es kommt also wäh­rend der mitt­le­ren Stand­pha­se zu einer Ver­wrin­gung inner­halb des late­ra­len Strahls.

Dass sich nicht nur die Maxi­ma, son­dern auch die Ver­läu­fe der Tor­si­ons­be­las­tung am MTP I und am DIP V mit und ohne SMFO signi­fi­kant unter­schei­den, konn­te anhand der Unter­su­chung auf Unter­schied über die ein­zel­nen Zeit­punk­te nach­ge­wie­sen wer­den. Die Ver­läu­fe am MTP I und am DIP V zei­gen in den Zeit­fens­tern, in denen sich die Rota­ti­on auf­grund der SMFO umkehrt, signi­fi­kan­te Unterschiede.

Die Tor­si­ons­be­las­tung an der Fer­se, am MTP V und am DIP I weist kei­ne signi­fi­kan­ten Unter­schie­de in den Maxi­ma oder dem Ran­ge auf. Abbil­dung 5 zeigt die maxi­mal auf­tre­ten­den Drü­cke in den ein­zel­nen Fuß­be­rei­chen. Es gibt kei­nen sta­tis­tisch nach­weis­ba­ren Effekt der Ver­sor­gung hin­sicht­lich der Druck­ma­xi­ma in den unter­such­ten Area­len. Bei Betrach­tung der Druck­ver­läu­fe im Mit­tel­fuß­be­reich ist erkenn­bar, dass unter Ver­wen­dung der Ver­sor­gung durch­weg höhe­re Wer­te wäh­rend der Stand­pha­se auf­tre­ten (Abb. 6). Die­ser Effekt ist jedoch – mög­li­cher­wei­se bedingt durch die gerin­ge Anzahl an aus­wert­ba­ren Pro­ban­den – nicht sta­tis­tisch abgesichert.

Dis­kus­si­on

Die media­le Pelot­te soll den Rück­fuß aus einer Val­gusstel­lung kor­ri­gie­ren und das Fer­sen­bein aus sei­ner Pro­na­ti­on auf­rich­ten. Über­trägt man die­se Funk­tio­nen auf die am Fuß auf­tre­ten­de Bie­ge- und Tor­si­ons­be­las­tung, soll­ten sich ins­be­son­de­re Unter­schie­de in der Tor­si­on zei­gen. Die Bie­ge­be­las­tung spielt dabei kei­ne ent­schei­den­de Rol­le. Die Unter­su­chung hat gezeigt, dass sich die Tor­si­ons­rich­tung des MTP I wäh­rend der mitt­le­ren Stand­pha­se durch die Ver­sor­gung in eine Innen­ro­ta­ti­on umkehrt und somit sowohl MTP I als auch MTP V wäh­rend der mitt­le­ren Stand­pha­se eine Innen­ro­ta­ti­ons­be­las­tung auf­wei­sen. Die Tor­si­on an der Fer­se ver­än­dert sich dabei jedoch kaum; die Mit­tel­wert­kur­ve zeigt ein­deu­tig ein supi­nier­tes Auf­tre­ten. Es kann also davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Rück­fuß durch die SMFO aus sei­ner Val­gusstel­lung in eine neu­tra­le Stel­lung gebracht wird. Da sich das MTP V wei­ter­hin in einer Innen­ro­ta­ti­on befin­det, kann eine rei­ne Supi­na­ti­ons­stel­lung des gesam­ten Fußes aus­ge­schlos­sen wer­den. Dadurch, dass das DIP I der Innen­ro­ta­ti­on des MTP I nicht folgt, son­dern in einer Neu­tral­stel­lung ver­weilt, wird deut­lich, dass nicht der gesam­te Strahl bzw. Fuß nach late­ral kippt. Viel­mehr belegt das in Neu­tral­stel­lung befind­li­che DIP I in Kom­bi­na­ti­on mit dem innen­ro­tier­ten MTP I die Auf­rich­tung des Längs­ge­wöl­bes. Die Außen­ro­ta­ti­on des DIP V, die sich durch das Tra­gen der sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­ge ergibt, erzeugt eine Ver­wrin­gung im late­ra­len Strang, wodurch ver­mut­lich das Auf­rich­ten des Längs­ge­wöl­bes noch ver­stärkt wird.

Um die­se Ergeb­nis­se zu veri­fi­zie­ren, wur­de eine Pro­ban­din erneut unter­sucht. Es soll­te sicher­ge­stellt wer­den, dass die Ver­än­de­run­gen, die sich in den Dreh­rich­tun­gen durch die SMFO erge­ben, nicht allein dadurch begrün­det sind, dass sich die Mess­soh­le an das Reli­ef der Fuß­or­the­se anpasst. Es zeig­te sich, dass die Dreh­rich­tun­gen am MTP I und DIP V mit Ver­sor­gung die glei­chen sind, unab­hän­gig davon, ob man die „Neu­tral­stel­lung“ der Bie­gung und Tor­si­on bei frei hän­gen­den, unbe­las­te­ten Füßen (wie in der Stu­die) oder im auf­rech­ten Stand defi­niert. Es ist also davon aus­zu­ge­hen, dass die Mes­s­ein­la­ge und der Fuß bereits bei hän­gen­den Füßen einen guten Form­schluss mit der SMFO erge­ben und dass die in der Stu­die auf­ge­tre­te­nen Ver­än­de­run­gen in der Belas­tung funk­tio­nel­ler Natur sind.

Sen­so­mo­to­risch wir­ken­de Fuß­or­the­sen sol­len neben der Kor­rek­tur der Val­gusstel­lung auch den Rück­fuß sta­bi­li­sie­ren. Die­ser Effekt wür­de sich bei der Unter­su­chung der Bie­gung und Tor­si­on durch eine Ver­rin­ge­rung der Belas­tung an der Fer­se bemerk­bar machen. Für die Fer­sen­mess­stel­le konn­ten jedoch kei­ne signi­fi­kan­ten Unter­schie­de durch das Tra­gen der Ein­la­ge nach­ge­wie­sen wer­den. Da die Tor­si­on des Fußes im unte­ren Sprung­ge­lenk erfolgt und sich des­sen Bewe­gungs­ach­se wei­ter distal der Fer­se befin­det, könn­te sich die Fer­sen­mess­stel­le zu weit pro­xi­mal befin­den, um die Bewe­gungs­ver­än­de­rung des Rück­fu­ßes zu detektieren.

Fazit

Es zeigt sich, dass die Ver­sor­gung mit sen­so­mo­to­risch wir­ken­den Ein­la­gen zu Unter­schie­den bei der Torsions­belastung des Vor­fu­ßes führt. Beson­ders ein­deu­tig zei­gen sich die Unter­schie­de am MTP I und am DIP V. Dort führt die sen­so­mo­to­risch wir­ken­de Fuß­or­the­se zu einer Umkeh­rung der Tor­si­ons­rich­tung wäh­rend der mitt­le­ren Stand­pha­se, was in Kom­bi­na­ti­on mit dem unver­än­der­ten MTP V und DIP I zu einer Auf­rich­tung des Längs­ge­wöl­bes führt. Eine mög­li­che Ursa­che für die­sen Effekt ist, dass der M. pero­neus longus durch geziel­te Druck­rei­ze wäh­rend der mitt­le­ren Stand­pha­se eine erhöh­te Mus­kel­ak­ti­vi­tät zeigt und durch sei­ne Ansatz­stel­le am Os meta­tar­sa­le I für die­se Bewe­gung mit­ver­ant­wort­lich ist. Die­se Annah­me wird auch durch die ten­den­zi­ell höhe­re Druck­be­las­tung im Mit­tel­fuß­be­reich (Abb. 6) unter Ver­wen­dung der Ver­sor­gung gestützt. Die erhöh­te Akti­vi­tät des M. pero­neus longus in der mitt­le­ren Stand­pha­se bei Ver­wen­dung sen­so­mo­to­ri­scher Ein­la­gen konn­te bereits durch Lud­wig et al. (2013) nach­ge­wie­sen wer­den 8. Die Unter­su­chung zeigt, dass mit Hil­fe der Tor­si­ons­be­las­tung wie auch der Dru­ck­er­mitt­lung die Ziel­set­zun­gen von SMFO über­prüft wer­den kön­nen. Die Auf­ga­be sen­so­mo­to­ri­scher Ein­la­gen bei Knick-Senk­fü­ßen besteht pri­mär nicht in einer Belas­tungs­re­duk­ti­on im Sin­ne einer Druck­mi­ni­mie­rung, son­dern viel­mehr in der Rea­li­sie­rung einer kor­ri­gier­ten Fuß­hal­tung. Die hier vor­ge­stell­te Stu­die zeigt, dass die gewünsch­te Hal­tungs­kor­rek­tur durch Bie­ge- und ins­be­son­de­re Tor­si­ons­mes­sun­gen im Schuh über­prüft wer­den kann.

Für die Autoren:
Nora Gra­bow­ski
vebi­to­so­lu­ti­on GmbH
Am Cam­pus 2 (Raum 107)
48565 Stein­furt
ng@vebitosolution.com

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
Gra­bow­ski N, Spre­kel­mey­er T, Alten­hö­fer M, Brunk A, Pei­ken­kamp K. Die Belas­tung des Fußes beim Gehen mit und ohne sen­so­mo­to­ri­sche Fuß­or­the­se (SMFO) bei einem Knick-Senk­fuß — Eine ver­glei­chen­de Mes­sung der Bie­ge- und Tor­si­ons­mo­men­te sowie der plantaren Druck­ver­tei­lung. Ortho­pä­die Tech­nik, 2018; 69 (3): 46–51
  1. Sti­nus H, Möl­ler M, Baum­gart­ner R. Knick-Senk­fuß, Knick-Platt­fuß. In: Dies. (Hrsg.). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Grund­la­gen, Hand­werk, Ortho­pä­die. 2., über­ar­bei­te­te und aktua­li­sier­te Auf­la­ge. Geis­lin­gen: C. Mau­rer Druck und Ver­lag, 2013 
  2. Sti­nus H, Möl­ler M, Baum­gart­ner R. Knick-Senk­fuß, Knick-Platt­fuß. In: Dies. (Hrsg.). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Grund­la­gen, Hand­werk, Ortho­pä­die. 2., über­ar­bei­te­te und aktua­li­sier­te Auf­la­ge. Geis­lin­gen: C. Mau­rer Druck und Ver­lag, 2013 
  3. Lar­sen C. Gut zu Fuß ein Leben lang: Trai­nie­ren statt ope­rie­ren: Die bes­ten Übun­gen aus der Spi­ral­dy­na­mik®. Stutt­gart: Tri­as – Thie­me Ver­lag, 2013
  4. Radl R, Fuhr­mann G, Maa­fe M, Krift­er RM. Rück­fuß­val­gus. Dia­gno­se und The­ra­pie des Knick-Senk­fu­ßes. Der Ortho­pä­de, 2012; 41 (4): 313–326[4] DGOOC-Bera­tungs­aus­schuss Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Stel­lung­nah­me zu sen­so­mo­to­risch wir­ken­den Fuß­or­the­sen (SMFO). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik, 2016; 4:16: 26–32
  5. Sti­nus H, Möl­ler M, Baum­gart­ner R. Knick-Senk­fuß, Knick-Platt­fuß. In: Dies. (Hrsg.). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Grund­la­gen, Hand­werk, Ortho­pä­die. 2., über­ar­bei­te­te und aktua­li­sier­te Auf­la­ge. Geis­lin­gen: C. Mau­rer Druck und Ver­lag, 2013
  6. DGOOC-Bera­tungs­aus­schuss Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Stel­lung­nah­me zu sen­so­mo­to­risch wir­ken­den Fuß­or­the­sen (SMFO). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik, 2016; 4:16: 26–32
  7. DGOOC-Bera­tungs­aus­schuss Ortho­pä­die­schuh­tech­nik: Stel­lung­nah­me zu sen­so­mo­to­risch wir­ken­den Fuß­or­the­sen (SMFO). Ortho­pä­die­schuh­tech­nik, 2016; 4:16: 26–32
  8. Lud­wig O, Quad­flieg R, Koch M. Ein­fluss einer Sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­ge auf die Akti­vi­tät des M. pero­neus longus in der Stand­pha­se. Deut­sche Zeit­schrift für Sport­me­di­zin, 2013; 03: 77–82. doi: 10.5960/dzsm.2012.049
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