Greitemann hob zum Anfang des Gesprächs noch einmal hervor, warum sich das insgesamt dritte Kompendium – nach Prothetik der oberen bzw. unteren Extremität – nun der Fuß- und Schuhversorgung widmet. „Ein Versorgungsstandard ist ein unverzichtbares Tool in der Versorgung. Natürlich muss von Einzelfall zu Einzelfall unterschieden werden, aber bei der breiten Masse ist es anwendbar.“
Die politische Notwendigkeit des Werks wurde noch einmal an dem Beispiel der Online-Versorgung diskutiert. Gerade an dem Werkzeug der Kundenbefragung zur Überprüfung der Versorgungsqualität gab es von der Teilnehmerrunde große Kritik. „Wenn ich einem Raucher zwei Packungen Zigaretten schicke und ihn zwei Wochen später befrage, wie zufrieden er ist, dann wird er mit großer Wahrscheinlichkeit antworten: ‚Sehr!‘. Aber gesund ist das dann noch lange nicht“, brachte Stinus einen sehr deutlichen Vergleich. Auch Greitemann schlug in dieselbe Kerbe und sprach von der „niedrigen Evidenz“ einer solchen Abfrage. Und für Michael Möller ist sowieso klar: „Der Fuß gehört in die Praxis.“ Eine fachärztliche Abnahme sei auch für die Techniker:innen eine essentielle Rückmeldung, um gegebenenfalls eine handwerkliche Anpassung vorzunehmen.
Dass der Qualitätsstandard in das Repertoire von Medizinern und Versorgern gehört, da sind sich alle einig. Es wurden die zwölf häufigsten Krankheitsbilder behandelt und damit rund 90 Prozent aller Fälle durch eine in dem Qualitätsstandard veröffentlichte Matrix abgedeckt. „Das hat uns viel Zeit gekostet und wir haben viele Diskussionen geführt“, gab Stinus einen Einblick in die Arbeit. „Ich hoffe, dass wir damit den gordischen Knoten zerschlagen haben“, so Stinus weiter. „Eine ganz, ganz wichtige Ergänzung, von der die Kollegen in der Praxis profitieren werden“, hob auch Greitemann noch einmal hervor.
Auch für das Zusammenspiel von Leistungserbringern und Kostenträgern ist das Kompendium ein wichtiger Beitrag. „Durch den Qualitätsstandard kann man Unter- und auch Überversorgung vermeiden – ein deutliches Plus auch für die Kostenträger“, so Möller.
Die Beteiligten sind mit ihrem Werk zufrieden, doch als in Stein gemeißelte Grundsätze möchten die Autoren und Schriftleiter das Kompendium nicht sehen. „Ein Qualitätsstandard ist auch ein Innovationsbremser“, erklärte Michael Möller und sieht sich und das Fach in der Pflicht, das Kompendium auf Stand zu halten und stets weiterzuentwickeln.
Heiko Cordes
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