Lym­pho­lo­gie-Mythen auf dem Prüfstand

Mehr als 400 Ärzte, Therapeuten und Versorgungsspezialisten nutzten am 4. Mai die 8. Auflage des Berliner Lymphologischen Symposiums für ihre Fortbildung im Bereich der Diagnostik und Therapie von Lymph- und Lipödemen.

Die von der Fir­ma Juzo aus­ge­rich­te­te Ver­an­stal­tung stand unter der wis­sen­schaft­li­chen Lei­tung von Dr. med. Anett Reiß­hau­er, Lei­te­rin des Arbeits­be­reichs Phy­si­ka­li­sche ­Medi­zin und Reha­bi­li­ta­ti­on an der Cha­ri­té-Uni­ver­si­täts­me­di­zin Ber­lin. Unter der Über­schrift „Lymph­öde­me in Bewe­gung“ reich­te die The­men­band­brei­te der Exper­ten­vor­trä­ge von der Ana­to­mie und Dia­gnos­tik der Lymph­kno­ten über Mög­lich­kei­ten und Gren­zen der Ent­stau­ungs­the­ra­pie bis hin zur Bedeu­tung von Bewe­gung und Kom­pres­si­on beim Lymph­ödem. Auf gro­ßes Inter­es­se stie­ßen die bei­den Vor­trä­ge von Dr. med. Sören Sören­sen und Dr. med. Tobi­as Bertsch, die Mythen rund um das The­ma Lym­pho­lo­gie in Fra­ge stellten.

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Mit dem Mythos auf­räu­men, dass Pati­en­ten mit Herz­in­suf­fi­zi­enz nicht mit Kom­pres­si­on behan­delt wer­den kön­nen, woll­te Dr. med. Sören Sören­sen, Ober­arzt am Kran­ken­haus Main­burg. Er sprach sich in sei­nem Bei­trag gegen die Leit­li­nie aus, die eine akute­ kar­di­na­le Dekom­pen­sa­ti­on als abso­lu­te Kon­tra­in­di­ka­ti­on zur Kom­ple­xen Phy­si­ka­li­schen Ent­stau­ungs­the­ra­pie (KPE) sehe. In Fäl­len, bei denen Belast­bar­keit gleich­blei­bend bestehe, der Puls < 110/min. und die Atem­not nur bei hoher Belas­tung auf­tre­te, kön­ne aus sei­ner Sicht trotz der Dia­gno­se einer Herz­in­suf­fi­zi­enz eine Ent­stau­ungs­the­ra­pie durch­ge­führt werden.

„Lipö­dem: Mythos und Fak­ten – ein Update“, so über­schrieb Dr. med. Tobi­as Bertsch, Lei­ten­der Ober­arzt an der Föl­di Kli­nik, Fach­kli­nik für Lym­pho­lo­gie, Euro­päi­sches Zen­trum für Lym­pho­lo­gie im Schwarz­wald, sei­nen Vor­trag. Er for­der­te die Teil­neh­mer auf, nicht alles unge­fragt zu über­neh­men, was von Exper­ten oder Stu­di­en zum Lipö­dem kom­mu­ni­ziert wer­de. Beim Lipö­dem han­de­le es sich um kein ech­tes Ödem mit Flüs­sig­keits­ein­la­ge­rung, daher brin­ge die Manu­el­le Lymph­drai­na­ge kei­ne nach­weis­ba­ren Erfol­ge. Es bestehe auch kei­ne Evi­denz für die Aus­sa­ge, dass Lipö­dem dick mache.

„88 Pro­zent der Lipö­dem­pa­ti­en­tin­nen haben zwar eine Adi­po­si­tas als Begleit­erkran­kung, diese­ besteht jedoch zumeist schon vor der dia­gnos­ti­zier­ten Lipö­de­m­er­kran­kung“, erklär­te Dr. Bertsch. Sie sei zusam­men mit psy­chi­schen Fak­to­ren auch ver­ant­wort­lich für die Druck­schmerz­emp­find­lich­keit. „Trotz Auf­nah­me in die Leit­li­nie gibt es außer­dem kei­ne Evi­denz, dass das Lipö­dem durch eine Lipo­suk­ti­on heil­bar ist“, so der Medi­zi­ner. Für die The­ra­pie des Lipö­dems emp­feh­le das Euro­päi­sche Lipö­dem ­Forum: Phy­sio- / Bewe­gungs­the­ra­pie, Kom­pres­si­ons­the­ra­pie, psy­cho­so­zia­le The­ra­pie, Gewichts­ma­nage­ment, Selbst­ma­nage­ment und nur in Ein­zel­fäl­len operative­ The­ra­pie wie Lipo­suk­ti­on oder baria­tri­sche Operation.

Ergän­zend zu den Vor­trä­gen konn­ten die Teil­neh­mer unter drei Pra­xis­se­mi­na­ren zu beson­de­ren kli­ni­schen ­Fäl­len, der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie als beson­de­re Her­aus­for­de­rung bei Geni­tal­lymph­öde­men und Kom­or­bi­di­tä­ten sowie den Mög­lich­kei­ten der Bewe­gungs­the­ra­pie in der ­Pra­xis wählen.

Das 9. Ber­li­ner Lym­pho­lo­gi­sche Sym­po­si­um fin­det am 24. April 2020 statt.

Michael Blatt
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