Anwen­dung von Kom­pres­si­on gegen Müdig­keit, Übel­keit und Erbre­chen in der Frühschwangerschaft

E. Mendoza
Die vorliegende Arbeit beleuchtet Forschungsergebnisse zur Anwendung von Kompressionsbestrumpfungen in der Frühschwangerschaft. Die Studie schloss 60 Probandinnen ein, bei denen mittels der Fragebögen NVPQoL, PUQE und CIVIQ Auskunft über die Trage­erfahrungen erhoben wurde. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Wirksamkeit einer Kompressionsversorgung gegen Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft genauso hoch ist wie bei aktuell zugelassenen Medikamenten – ohne die damit verbundenen Nebenwirkungen.

Ein­lei­tung

Eine Schwan­ger­schaft ver­ur­sacht hor­mo­nel­le Ver­än­de­run­gen; im ers­ten Drit­tel wer­den ins­be­son­de­re Gesta­gene aus­ge­schüt­tet, das soge­nann­te Gelb­kör­per­hor­mon, das ver­hin­dern soll, dass das Kind von der Gebär­mut­ter abge­sto­ßen wird und dass es zu einer Regel­blu­tung kommt. Zusätz­lich wird das Hor­mon β‑HCG (HCG = Huma­nes Cho­ri­on­go­na­do­tro­pin) aus­ge­schüt­tet, mit dem man die Schwan­ger­schaft im Blut nach­wei­sen kann. β‑HCG und Ges­ta­ge­ne haben eine ganz wesent­li­che Wir­kung auf glat­te Mus­ku­la­tur: Sie ver­hin­dern, dass die glat­te Mus­ku­la­tur – die soge­nann­te unwill­kür­li­che Mus­ku­la­tur – sich zusam­men­zieht. Glat­te Mus­ku­la­tur befin­det sich in den Wän­den der Gefä­ße, in der Gebär­mut­ter und auch in den Wän­den des kom­plet­ten Magen-Darm-Trakts. Die Wän­de von Venen, Magen und Darm büßen also ihre mus­ku­lä­re Wirk­sam­keit zumin­dest teil­wei­se ein.

Anzei­ge

Außer­dem steigt das gesam­te Blut­vo­lu­men einer Frau im ers­ten Drit­tel der Schwan­ger­schaft um etwa einen Liter an. Der Zuwachs an Blut und die gewei­te­ten Waden­ve­nen füh­ren bei früh­schwan­ge­ren Frau­en häu­fig zu Pro­ble­men beim Ste­hen: In den Bei­nen tritt ein Span­nungs­ge­fühl sowie eine Schwel­lung auf. Dies erklärt auch, war­um sich häu­fig Schwin­del­ge­füh­le nach schnel­lem Auf­ste­hen ein­stel­len; mög­li­cher­wei­se bedin­gen die­se bei­den Effek­te auch die für die Früh­schwan­ger­schaft typi­sche Übel­keit – unmit­tel­bar im Magen-Darm-Trakt oder indi­rekt durch einen Blutdruckabfall.

Die­se Effek­te sind noch nicht abschlie­ßend erforscht. Nach­ge­wie­sen wur­de aber bereits fol­gen­der Zusam­men­hang: Je höher der Blut­wert der Schwan­ger­schafts­hor­mo­ne β‑HCG (und damit auch die Stär­ke der Übel­keit) im ers­ten Drit­tel der Schwan­ger­schaft, des­to gesün­der wird das Kind: Es wird grö­ßer, es wird häu­fi­ger zum regu­lä­ren End­ter­min einer Schwan­ger­schaft gebo­ren, es stirbt sel­te­ner wäh­rend der Schwan­ger­schaft. Es wird ver­mu­tet, dass die­ser Effekt ein Schutz­me­cha­nis­mus des Kör­pers ist, der dazu dient, Frau­en vor schwe­rer kör­per­li­cher Belas­tung wäh­rend der Schwan­ger­schaft zu schüt­zen 1.

Heu­te gibt es Medi­ka­men­te gegen Übel­keit; weni­ge davon sind in der Schwan­ger­schaft zuge­las­sen, eini­ge erst seit rela­tiv kur­zer Zeit 2. Die Neben­wir­kun­gen die­ser Medi­ka­men­te – ins­be­son­de­re die Wirk­stof­fe Doxyl­amin­suc­ci­nat und Pyri­do­xin­hy­dro­chlo­rid, ent­hal­ten etwa im Medi­ka­ment „Cari­ban® 10 mg/10 mg“ – sind jedoch nicht uner­heb­lich. Daher sind neben­wir­kungs­freie Alter­na­ti­ven höchst willkommen.

Stand der For­schung: Wirk­sam­keit von Kom­pres­si­on in der Schwan­ger­schaft allgemein

In einer groß ange­leg­ten ita­lie­ni­schen Stu­die konn­ten Alle­gra und Kol­le­gen nach­wei­sen, dass venö­se Sym­pto­me wie Schwe­re­ge­fühl, Span­nung und Schwel­lung bei Schwan­ge­ren durch eine Kom­pres­si­ons­be­hand­lung nach­hal­tig gelin­dert wer­den kön­nen 3. In der Stu­die wur­den Kom­pres­si­ons­knie­strümp­fe der Klas­se I ver­wen­det, die ohne Ein­schrän­kun­gen auch in Deutsch­land ver­ord­net wer­den können.

Für die Stu­die füll­ten 100 Frau­en zwi­schen Woche 6 und Woche 28 ihrer Schwan­ger­schaft zunächst einen CIVIQ-Fra­ge­bo­gen (sie­he unten) zu ihren venen­be­ding­ten Beschwer­den aus und wur­den dann dar­auf­hin befragt, ob sie Kom­pres­si­ons­strümp­fe tra­gen wür­den. Die­se soll­ten bis zum Ende der Schwan­ger­schaft so oft wie mög­lich tags­über getra­gen wer­den. Bei denen, die eine Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung wünsch­ten, wur­de im wei­te­ren Ver­lauf erho­ben, wie häu­fig sie die­se tru­gen. Bei allen Teil­neh­me­rin­nen wur­de im wei­te­ren Ver­lauf der ­CIVIQ erneut abge­fragt. Die Ergebnisse:

  • 30 Pro­ban­din­nen (30 %) woll­ten kei­ne Kom­pres­si­on tra­gen (ihr mitt­le­rer CIVIQ-Wert lag bei 37).
  • 70 Pro­ban­din­nen (70 %) wünsch­ten eine Ver­ord­nung; davon tru­gen 10 Frau­en min­des­tens 2 Tage pro Woche die Kom­pres­si­ons­be­strump­fung (ihr CIVIQ-Wert lag zu Beginn im Mit­tel bei 44); 60 Frau­en tru­gen täg­lich die Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung (der CIVIQ-Mit­tel­wert zu Beginn lag bei 48).

Somit war der CIVIQ-Wert bei der Auf­nah­me in die Stu­die bei den­je­ni­gen Frau­en deut­lich gerin­ger, die kei­ne Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung wünsch­ten. Der wäh­rend der Schwan­ger­schaft erneut abge­frag­te CIVIQ ver­hielt sich wie folgt:

  • Bei den Frau­en mit Kom­pres­si­on nahm der CIVIQ-Wert kon­ti­nu­ier­lich ab; bei Kom­pres­si­on täg­lich: — 14,4 (+/– 9,6) Punk­te, und zwar von 48,8 (+/– 15,7) auf 34,4 (+/– 11,5); bei Kom­pres­si­on zwei­mal pro Woche: — 10,7 (+/– 11,3) Punk­te, und zwar von 43,6 (+/– 16,1) auf 32,9 (+/– 8,8).
  • Bei den Frau­en ohne Kom­pres­si­on ergab sich eine Erhö­hung des CIVIQ-Werts (und damit eine Ver­schlech­te­rung) von 36,6 (+/– 15,6) auf 40,9 (+/– 17,7).

Die Ergeb­nis­se sind in Abbil­dung 1 dargestellt.

In der Stu­die konn­ten die Autoren fest­stel­len, dass die­je­ni­gen Pati­en­tin­nen, die kei­ne Strümp­fe gewünscht hat­ten, zu Anfang auch kaum über Beschwer­den klag­ten. Die Beschwer­den stie­gen bei die­ser unbe­han­del­ten Grup­pe im Lau­fe der Schwan­ger­schaft jedoch lang­sam an. Jene Pati­en­tin­nen wie­der­um, die die Strümp­fe getra­gen hat­ten, teil­ten sich in die Grup­pen „häu­fi­ges Tra­gen“ und „sel­te­nes Tra­gen“ auf, und man konn­te nach­wei­sen, dass die Pro­ban­din­nen mit den ein­gangs stärks­ten Sym­pto­men auch am häu­figs­ten die Strümp­fe trugen.

Die Autoren schluss­fol­gern da­raus, dass Frau­en mit Sym­pto­men einer chro­ni­schen venö­sen Insuf­fi­zi­enz eine deut­li­che Lin­de­rung die­ser Symp­tome unter einer Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung in der Schwan­ger­schaft erfah­ren und dass die­se Wir­kung dosis­abhängig ist, also von der Tra­ge­dau­er beein­flusst wird.

Fra­ge­stel­lung

Die Fra­ge­stel­lung der im Fol­gen­den erör­ter­ten Stu­die ergab sich im Zusam­men­hang mit einer Unter­su­chung zur Wirk­wei­se von Kom­pres­si­on auf die Waden­mus­kel­pum­pent­lee­rung (mit­tels Luft-Ple­thys­mo­gra­fie). Als Zufalls­be­fund ergab sich dabei, dass schwan­ge­re Pro­ban­din­nen von einer Abnah­me der Übel­keit wäh­rend der Stu­di­en­dau­er berich­te­ten. Um einen mög­li­chen Zusam­men­hang zu erhär­ten, wur­den Pati­en­tin­nen der Autorin, die in den dar­auf­fol­gen­den Mona­ten in der Früh­schwan­ger­schaft mit Ver­dacht auf eine Throm­bo­se vor­ge­stellt wur­den, dar­auf­hin befragt, ob sie Übel­keit ver­spür­ten. Nach dem Beginn der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie wur­den die Pati­en­tin­nen ein bis zwei Wochen nach der Ver­ord­nung tele­fo­nisch befragt. Alle befrag­ten Pati­en­tin­nen bestä­tig­ten, die Übel­keit habe plötz­lich deut­lich abge­nom­men. Hier­aus ergab sich die Hypo­the­se über einen mög­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen einer Kom­pres­si­ons­the­ra­pie und einer Lin­de­rung typi­scher Beschwer­den in der Früh­schwan­ger­schaft, der empi­risch belegt wer­den sollte.

Die im Fol­gen­den vor­ge­stell­te for­schungs­in­iti­ier­te, pro­spek­ti­ve, ran­do­mi­sier­te und per Cross­over-Design kon­trol­lier­te Stu­die wur­de nach einer Unbe­denk­lich­keits­er­klä­rung sei­tens der Ethik­kom­mis­si­on der Ärz­te­kam­mer Han­no­ver und mit Unter­stüt­zung durch die Fir­ma Sig­va­ris durch­ge­führt, die die Kom­pres­si­ons­strümp­fe stell­te und die Ver­gü­tung des Sta­tis­ti­kers über­nahm, der die erho­be­nen Daten aus­wer­te­te. Die Autorin selbst blieb stets unab­hän­gig und erhielt für ihre Arbeit kei­ne Vergütung.

Stu­di­en­de­sign

Pro­ban­din­nen

Das Stu­di­en­kon­zept sah vor, 60 Frau­en wäh­rend der Früh­schwan­ger­schaft zwei Wochen lang mit Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung und zwei Wochen lang ohne Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung ihren täg­li­chen Ver­rich­tun­gen nach­ge­hen zu las­sen und sie dabei mit­tels Fra­ge­bö­gen und Unter­su­chun­gen zu beglei­ten. Da Übel­keit und Erbre­chen ein Maxi­mum in der 11. Schwan­ger­schafts­wo­che auf­wei­sen und dann kon­ti­nu­ier­lich bis zur 20. Woche nach­las­sen, wur­den zwei Grup­pen vorgesehen:

  • Die ers­te Grup­pe (30 Pro­ban­din­nen) erhielt zu Beginn 2 Wochen lang eine Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung (2 Paar „Sig­va­ris Cot­ton 222 knie­lang“), um dann 2 Wochen kei­ne mehr zu tragen.
  • Die zwei­te Grup­pe (30 Pro­ban­din­nen) star­te­te ohne Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung, um dann in der 3. und 4. Woche der Stu­die Kom­pres­si­ons­strümp­fe zu tragen.

Die Rei­hen­fol­ge, sprich die Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit, wur­de ran­do­mi­siert; so wur­de ver­mie­den, dass eine Wir­kung durch die natür­li­che Abnah­me der Sym­pto­me vor­ge­täuscht wurde.

Ein­ge­schlos­sen wur­den Pati­en­tin­nen, die mil­de bis mit­tel­star­ke Übel­keit und Erbre­chen zeig­ten. Frau­en mit schwe­rer Übel­keit wur­den dem Haus­arzt bezie­hungs­wei­se dem Frau­en­arzt zur The­ra­pie zurück­über­wie­sen; Frau­en ganz ohne Übelkeitssymp­tome konn­ten nicht auf­ge­nom­men wer­den, weil kein Sym­ptom zum Beob­ach­ten und Behan­deln vor­lag. Ein­ge­schlos­sen wur­den nur Frau­en, die kei­ne Krampf­adern oder Schwel­lun­gen auf­wie­sen; sie muss­ten mit Seri­en-Kom­pres­si­ons­strümp­fen bestrumpf­bar sein, da die­se sofort ange­legt wer­den mussten.

Die Schwan­ger­schaft muss­te bei der Auf­nah­me zwi­schen Woche 10 und Woche 14 lie­gen; die Pro­ban­din­nen durf­ten kei­ne zusätz­li­chen Erkran­kun­gen haben. Die schrift­li­che Ein­wil­li­gung zur Stu­die war eben­falls Vor­aus­set­zung (die­se konn­te jeder­zeit ohne Anga­be von Grün­den zurück­ge­zo­gen wer­den). Aus­schluss­kri­te­ri­en waren ein Alter unter 18 Jah­ren sowie das Nicht­ver­mö­gen, deutsch ver­fass­te Fra­ge­bö­gen zu lesen und zu verstehen.

Am ers­ten Unter­su­chungs­tag wur­den all die­se Kri­te­ri­en mit einer kör­per­li­chen Unter­su­chung sowie einem Gespräch erfasst. Zudem wur­den eine Throm­bo­se oder ein Zustand danach sowie eine Vari­ko­se mit­tels Duplex-Sono­gra­fie aus­ge­schlos­sen. Schließ­lich muss­ten jene Pati­en­tin­nen aus­ge­schlos­sen wer­den, bei denen die Kör­per­ma­ße eine Ver­sor­gung mit einem Seri­en­strumpf nicht erlaub­ten, da sie ggf. sofort ver­sorgt wer­den mussten.

Waren alle Kri­te­ri­en erfüllt, zogen die Pati­en­tin­nen das Los, ob sie sofort oder erst nach zwei Wochen Kom­pres­si­ons­strümp­fe erhiel­ten. In der Grup­pe „Kom­pres­si­on in der 1. Pha­se“ gab es zwei Schwan­ger­schafts­ver­lus­te; daher muss­ten hier 32 Frau­en auf­ge­nom­men wer­den, um ins­ge­samt 30 Ergeb­nis­se aus­wer­ten zu kön­nen. In der Grup­pe „Kom­pres­si­on in der 2. Pha­se“ fie­len zwei Pro­ban­din­nen eben­falls wegen Kinds­ver­lusts aus, zudem erschie­nen zum zwei­ten Ter­min sie­ben Frau­en nicht wie­der – mög­li­cher­wei­se waren sie ent­täuscht, weil sie das Gefühl hat­ten, es sei „nichts geschehen“.

Mate­ri­al und Methode

Die Instru­men­te zur Mes­sung der Wirk­sam­keit der Kom­pres­si­on auf Übel­keit und Erbre­chen bestan­den in drei vali­dier­ten Fragebögen:

  1. NVPQoL-Fra­ge­bo­gen (NVPQoL = Nau­sea and Vomi­ting in Pregnan­cy Qua­li­ty of Life), der die Sym­pto­me der letz­ten 14 Tage und deren Aus­wir­kung auf die Lebens­qua­li­tät abfragt 4;
  2. PUQE-Fra­ge­bo­gen (PUQE = Pregnan­cy-Uni­que Quan­ti­fi­ca­ti­on of Eme­sis and Nau­sea), der abends aus­ge­füllt wird und die Häu­fig­keit der Epi­so­den an Übel­keit sowie das tat­säch­li­che Erbre­chen am Tag erhebt 5.
  3. Außer­dem wur­de der aus der ­Venen­heil­kun­de bekann­te CIVIQ-Fra­ge­bo­gen (CIVIQ = Chro­nic Venous Insuf­fi­ci­en­cy QoL Ques­ti­on­n­aire) ein­ge­setzt, der die Aus­wir­kun­gen der venen­ty­pi­schen Sym­pto­me auf die Lebens­qua­li­tät abfragt 6.

Auf­grund der eige­nen Erfah­run­gen der Autorin, die selbst star­ke Müdig­keit in der Früh­schwan­ger­schaft ver­spürt hat­te, die sich durch Kom­pres­si­ons­strümp­fe lin­dern ließ, wur­de der zuletzt genann­te Fra­ge­bo­gen um vier Fra­gen zu Müdig­keit und Schwin­del­ge­fühl ergänzt.

Durch­füh­rung

Die schwan­ge­ren Frau­en füll­ten zu Beginn, nach zwei Wochen und am Ende der Unter­su­chung jeweils einen vali­dier­ten Fra­ge­bo­gen zu fol­gen­den Aspek­ten aus:

  • zur Häu­fig­keit von Übel­keit und Erbre­chen sowie zu deren Aus­wir­kun­gen auf die Lebens­qua­li­tät (NVPQoL);
  • zu den Bein­be­schwer­den bei chro­ni­scher venö­ser Insuf­fi­zi­enz (CIVIQ).
  • Jeden Abend füll­ten sie zusätz­lich einen PUQE-Fra­ge­bo­gen aus: zur Anzahl der Stun­den mit Übel­keit, zur Anzahl an wirk­li­chem Erbre­chen und zur Anzahl der Stun­den, in denen die Kom­pres­si­on getra­gen wur­de (in der Pha­se, in der sie die­se tra­gen sollten).

Um das Tra­gen der Kom­pres­si­ons­strümp­fe wäh­rend der Pha­se ohne Kom­pres­si­on sicher aus­zu­schlie­ßen, wur­den die Strümp­fe für die­se Zeit zurück­ge­ge­ben oder nicht aus­ge­hän­digt. Abge­se­hen von den Übel­keits­sym­pto­men wur­de der für Venen­be­schwer­den kon­zi­pier­te CIVIQ-Fra­ge­bo­gen den Pati­en­tin­nen auch am Tag der Auf­nah­me in die Stu­die sowie an den Tagen 14 und 28 zum Aus­fül­len vorgelegt.

Ergeb­nis­se

Die Dia­gram­me in den Abbil­dun­gen 2 bis 6 ver­mit­teln die Ergeb­nis­se der Unter­su­chun­gen zu den ein­zel­nen Aspek­ten. Zu erken­nen ist der natür­li­che Abfall der Sym­pto­me, der laut Lacroix und Kol­le­gen 7 ohne­hin ab Woche 11 ein­setzt. Es lässt sich beob­ach­ten, dass bei den Pati­en­tin­nen in der Grup­pe ohne Kom­pres­si­on ein Sym­ptom­ver­lauf besteht, der fast par­al­lel zu die­ser Kur­ve ver­läuft (Abb. 2). Somit konn­te zunächst nach­ge­wie­sen wer­den, dass das Stu­di­en­kon­zept stim­mig war, da ähn­li­che Ergeb­nis­se in der Pha­se ohne Kom­pres­si­on ermit­telt wur­den wie in der kana­di­schen Stu­die in Bezug auf die schwan­ger­schafts­be­ding­te Übel­keit unbe­han­del­ter Schwan­ge­rer 8 9 10.

In der Pha­se mit Kom­pres­si­on bes­ser­ten sich die Sym­pto­me der Übel­keit und des Erbre­chens deut­lich (Abb. 2–4), Müdig­keit und Schwin­del­ge­fühl sogar gera­de­zu frap­pie­rend (Abb. 5), die Lebens­qua­li­tät in Abhän­gig­keit von Bein­be­schwer­den (CIVIQ) wie zu erwar­ten (Abb. 6).

Dis­kus­si­on

Ins­ge­samt bestä­ti­gen die Ergeb­nis­se die oben auf­ge­stell­te Hypo­the­se: Kom­pres­si­ons­strümp­fe lin­dern sowohl all­ge­mei­ne Bein­sym­pto­me als auch Übel­keit und Erbre­chen in der Früh­pha­se einer Schwan­ger­schaft, ins­be­son­de­re aber Müdig­keit und Schwin­del­ge­füh­le. Dies ist umso wert­vol­ler, als es bei Kom­pres­si­ons­strümp­fen für jun­ge Frau­en so gut wie nie Kontra­indikationen gibt.

Ein direk­ter Ver­gleich mit den Ergeb­nis­sen ein­schlä­gi­ger Stu­di­en über die Wirk­sam­keit von Medi­ka­men­ten gegen Schwan­ger­schafts­be­schwer­den ist zwar ange­sichts unter­schied­li­cher Set­tings und abwei­chen­der Unter­su­chungs­zeit­räu­me nicht zuläs­sig. Aller­dings wur­de die Wirk­wei­se der zuge­las­se­nen Medi­ka­men­te gegen Übel­keit mit den­sel­ben Fra­ge­bö­gen gemes­sen wie in die­ser Stu­die. Ver­gleicht man die jeweils erziel­ten Scores, ist eine Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung den getes­te­ten Medi­ka­men­ten sogar über­le­gen 11 12. Inso­fern müss­te nach Ansicht der Autorin ein ärzt­li­ches Rezept über eine geeig­ne­te Kom­pres­si­ons­be­strump­fung Bestand­teil des ers­ten Infor­ma­ti­ons­pa­kets zur Schwan­ger­schaft sein, das jede schwan­ge­re Frau erhält.

Wei­te­re Indikationen

Frau­en mit Krampf­adern soll­ten wäh­rend der Schwan­ger­schaft min­des­tens Kom­pres­si­ons­knie­strümp­fe – bei Krampf­adern beson­ders im Leis­ten­be­reich auch schen­kel­lan­ge Strümp­fe oder Strumpf­ho­sen – tra­gen. Pati­en­tin­nen mit Throm­bo­sen oder einem Risi­ko für Throm­bo­sen müs­sen beson­ders in der Schwan­ger­schaft – der vul­nerabels­ten Pha­se für Throm­bo­sen im Leben einer Frau – und bis zum Ende des Kind­betts (6 Wochen nach der Ent­bin­dung) eben­falls eine Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung tra­gen. Zur Throm­bo­se­pro­phy­la­xe genügt immer ein Kniestrumpf.

Fazit

Kom­pres­si­ons­strümp­fe der Klas­se I lin­dern die für eine Schwan­ger­schaft typi­schen Bein­be­schwer­den wie Schwe­re­ge­fühl und Schwel­lung dosis­ab­hän­gig – je län­ger sie getra­gen wer­den, des­to wirk­sa­mer sind sie 13. Kom­pres­si­ons­knie­strümp­fe der Klas­se II lin­dern dar­über hin­aus, wie gezeigt wur­de, aber auch Sym­pto­me der Früh­schwan­ger­schaft wie Übel­keit, Erbre­chen und ins­be­son­de­re Müdig­keit und Schwin­del­ge­füh­le nach dem Auf­ste­hen. Auch hier reicht nach dem Dafür­hal­ten der Autorin eine Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung der Klas­se I aus; es lie­gen genü­gend Daten aus Meta-Ana­ly­sen vor, die die Gleich­wer­tig­keit bei­der Kom­pres­si­ons­klas­sen – sogar in der Anwen­dung bei Patho­lo­gien wie Ulcus cru­ris – nach­wei­sen. Dar­über hin­aus ist es in der Schwan­ger­schaft für Pati­en­tin­nen mit Krampf­adern, Throm­bo­sen oder gestei­ger­tem Throm­bo­se­ri­si­ko beson­ders wich­tig, Kom­pres­si­ons­strümp­fe zu tragen.

Es ist ange­sichts der hier vor­ge­stell­ten For­schungs­er­geb­nis­se zu wün­schen, dass Ver­sor­gen­de im Sani­täts­fach­ge­schäft sowie Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter von Kom­pres­si­ons­strumpf­her­stel­lern dazu bei­tra­gen, Gynä­ko­lo­gin­nen und Gynä­ko­lo­gen, aber auch die unmit­tel­ba­re Ziel­grup­pe der Frau­en in der Früh­pha­se ihrer Schwan­ger­schaft über die­se Zusam­men­hän­ge aufzuklären.

Die Autorin:
Dr. med. Eri­ka Mendoza
Fach­ärz­tin für Allgemeinmedizin
Venen­pra­xis Wunstorf
Spe­cken­stra­ße 10
31515 Wunstorf
info@venenpraxis-wunstorf.de

Begut­ach­te­ter Beitrag/reviewed paper

Zita­ti­on
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