Mit Per­sön­lich­keit zum Ziel

Der Kunde ist immer König? Anastasia Anastasiadou, ­Inhaberin des OST-Betriebs Footopia, sieht das anders und schreckt auch vor weiteren provokanten Positionen nicht zurück. Egal ob Einrichtung, Werbung, Produkte oder Sprache – die Orthopädieschuhmacher-Meisterin hat anfangs bewusst Verwirrung stiften wollen, um ihrem Betrieb in Steinau an der Straße Leben und vor allem Persönlichkeit einzuhauchen. Im Gespräch mit der OT-Redaktion, der Sie gleich zu Beginn das Du anbietet, erzählt sie, worauf sie beim Umgang mit ihren Kund:innen Wert legt und warum sie selbst zu sein dafür die Grundvoraussetzung ist.

OT: OT- und OST-Betrie­be haben mit einem ange­staub­ten Image zu kämp­fen. Wor­an liegt das dei­ner Mei­nung nach?

Ana­sta­sia Ana­sta­sia­dou: Sani­täts­häu­ser haben kei­ne Per­sön­lich­keit. War­um? Weil im Hin­ter­grund meist ein BWLer arbei­tet. Und auch die Men­schen, die dar­in arbei­ten, haben kei­ne Per­sön­lich­keit. Sie müs­sen sich mit dem Betrieb iden­ti­fi­zie­ren und sich dafür eine CI (Cor­po­ra­te Iden­ti­ty, Anm. der Red.) anzie­hen, ohne davon über­zeugt zu sein. Dabei wird aber ver­ges­sen, dass wir mit Indi­vi­du­en arbei­ten und unse­re Mit­ar­bei­ter auch Indi­vi­du­en sind. Das sehe ich aus heu­ti­ger Sicht als völ­lig ver­staubt an. Oder auch die Art der Wer­bung. „Wir bil­den Fach­kräf­te aus. Wir haben tol­le Pro­duk­te.“ Das soll­te für jeden Betrieb selbst­ver­ständ­lich sein, mit sol­chen Sprü­chen wer­be ich nicht. Was auch hier fehlt, ist die Persönlichkeit.

OT: Womit wirbst du?

Ana­sta­sia­dou: Das, womit ich wer­be, ist mei­ne Per­sön­lich­keit. Ich bin ver­rückt. Ich bin der Rocker­typ. Ich mag Metal. Bei uns läuft auch den gan­zen Tag Metal. Das kau­fen mir die Leu­te ab. Egal ob 78 oder 38. Es kann sein, dass eine Omi rein­kommt und sagt: „Die Musik ist aber ein biss­chen hart.“ Dann sagt sie aber im sel­ben Atem­zug: „Das war bei uns in der Jugend auch so, ein biss­chen gedie­ge­ner, aber nicht anders.“ Das ist das größ­te Lob für mich. Und genau das ist es, was vie­le Sani­täts­häu­ser ver­pas­sen. Ich habe auf Face­book vie­le Kol­le­gen, die gera­de umbau­en. Wenn ich nach sechs Mona­ten nach­schaue, was sich ver­än­dert hat, fra­ge ich mich oft: Sind sie noch nicht fer­tig? Und erfah­re dann: Ach­so, das ist jetzt ein ande­rer Kol­le­ge. Glei­cher Stil, glei­che Möbel, abso­lut kein Abhe­bungs­wert. Alles aus­tausch­bar. Was aber nicht aus­tausch­bar ist, ist Persönlichkeit.

OT: Hat das auch Ein­fluss auf dei­ne Mitarbeiterauswahl?

Ana­sta­sia­dou: Auf jeden Fall. Der schwie­rigs­te Punkt in mei­ner Fir­men­füh­rung ist es, Per­sön­lich­kei­ten zu fin­den. Ich stel­le nicht jeden ein. Ich habe 287 Bewer­bun­gen erhal­ten seit der Eröff­nung mei­nes Betriebs im Novem­ber 2019. Und die meis­ten fal­len durch, weil sie kei­ne Per­sön­lich­keit haben. Das haben sie ver­lernt. Mei­ne Mit­ar­bei­ter haben die Mög­lich­keit, unse­re Foo­to­pia-Shirts zu tra­gen, aber sie müs­sen es nicht. Sie wer­den nicht von mir assi­mi­liert. In einem Betrieb, in dem ich frü­her gear­bei­tet habe, wur­de mir gesagt, dass ich nicht so viel lachen soll. Das kom­me unpro­fes­sio­nell rüber. Mir, die den gan­zen Tag lacht, ver­bie­tet man das Lachen und damit, wer ich bin. Ich habe fest­ge­stellt: Wenn ich die Mit­ar­bei­ter so las­se, wie sie sind, dann kön­nen sie sich mit mei­nem Laden und Kon­zept am bes­ten iden­ti­fi­zie­ren. Mei­ne Mit­ar­bei­ter müs­sen Mensch sein.

OT: Wie wirkt sich das auf eure Kund:innen aus?

Ana­sta­sia­dou: Nur mit einem guten Arbeits­kli­ma ist man leis­tungs­stark. Denn: Mit­ar­bei­ter reprä­sen­tie­ren ein Unter­neh­men auch nach außen. Ein Mit­ar­bei­ter, der unzu­frie­den ist, trägt die­se Unzu­frie­den­heit an den Kun­den wei­ter. Und: Wenn ein Mit­ar­bei­ter nicht so sein kann, wie er ist und sich ver­stel­len muss, wie kann ich dann als Chef erwar­ten, dass der Kun­de ihm das abnimmt? Wenn ein Kun­de pam­pig ist, dann dür­fen mei­ne Mit­ar­bei­ter auch pam­pig ant­wor­ten. Ich sage ihnen aber auch: Ihr müsst unter­schei­den zwi­schen: Geht es ihm schlecht, weil er gera­de viel­leicht von einer Beer­di­gung kommt, oder ist er gene­rell pampig.

OT: Klingt, als wür­de das Sprich­wort „Der Kun­de ist König“ nicht auf euch zutreffen.

Ana­sta­sia­dou: Der Kun­de ist Mensch bei uns. Es kann nicht sein, dass ein Kun­de in einem OST-Betrieb König ist. Ein König ent­schei­det, was er haben möch­te. Und in die­sem Fall ent­schei­de ich das als Fach­kraft. Und ich ent­schei­de, den Kun­den mensch­lich und fair zu bera­ten. Wir geben unser Best­mög­li­ches, den Kun­den so schnell wie mög­lich zu bedie­nen und zufrie­den­zu­stel­len und das lösungs­ori­en­tiert und ziel­ge­recht. Aber – und die­se Frei­heit neh­me ich mir her­aus – wenn uns jemand von oben her­ab behan­delt, dann schi­cke ich ihn weg. Das gilt für mich als Che­fin und genau­so für jeden mei­ner Mit­ar­bei­ter und Azubis.

Die coo­le Orthopädie

OT: Wel­ches Image wollt ihr repräsentieren?

Ana­sta­sia­dou: Wir woll­ten die coo­le Ortho­pä­die sein. Und das sind wir mitt­ler­wei­le auch. Wir sind so bekannt gewor­den, dass wir sagen kön­nen: Wir sind der cools­te Laden „in town“.

OT: Wor­an blei­ben die Bli­cke der Passant:innen von außen hängen?

Ana­sta­sia­dou: Durch die Glas­front kann man direkt rein­schau­en. An der lin­ken Sei­te ist eine Wol­ke, in der für uns wich­ti­ge Begrif­fe ste­hen – im Mit­tel­punkt das Wort „wohl­füh­len“. An der rech­ten Sei­te steht ein Spruch. Und es gibt Bil­der. Eins mit einem Zau­be­rer und ein Bild von mir im Gemü­se. Wir arbei­ten viel visu­ell. Aber nicht mit nor­ma­len Bil­dern. Bereits bei der Kon­zep­ti­on habe ich dar­auf geach­tet, dass mein Betrieb nicht mit der typi­schen Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik in Ver­bin­dung gebracht wird. Des­we­gen auch unser Fir­men­na­me Foo­to­pia. Mir war es wich­tig, erst­mal Ver­wir­rung zu stif­ten, um die­ses ange­staub­te Bild weg­zu­krie­gen. Wenn wir mer­ken, dass jemand vor dem Laden ste­hen bleibt und rein­schaut, dann fan­gen wir gern auch mal an zu tan­zen – und drau­ßen wird applaudiert.

OT: Und wie lebt ihr den Life­style im Geschäft?

Ana­sta­sia­dou: Hier läuft den gan­zen Tag Metal. Und wir haben viel Spaß, wenn wir schief und laut sin­gen. Unser Maß­raum heißt Fol­ter­kam­mer. Und wir rufen die Kun­den auf mit „Das nächs­te Opfer, bit­te“. Was uns von ande­ren stark unter­schei­det, ist, dass in unse­rem War­te­be­reich kei­ne Wer­bung und kei­ne Pro­duk­te zu fin­den sind. Unser War­te­be­reich ist ein Wohn­zim­mer. Bei uns gibt es immer fri­sches Obst, Scho­ko­la­de, Kek­se und etwas zu trin­ken. Wir haben über­schwäng­lich und sehr gemüt­lich deko­riert. Man­che Kun­den legen sich, wäh­rend sie war­ten müs­sen, auf das Sofa und lesen. Es gibt auch Kun­den, die kom­men ein­fach nur für ein Täss­chen Kaf­fee oder Tee vor­bei und gucken, wie wir arbei­ten. Das ist toll. Wir haben erreicht, dass die Kun­den kei­ne Berüh­rungs­ängs­te mehr haben. Auch des­we­gen war es mir ein Anlie­gen, eine offe­ne Werk­statt zu haben, um die Kun­den so an unse­rer Arbeit teil­ha­ben zu lassen.

„Die Kun­den bewer­ten mich als Menschen“

OT: OST und Rock: Wie passt das zusam­men? Holt ihr damit einen Jugend­li­chen genau­so ab wie eine alte Dame?

Ana­sta­sia­dou: Ja, wir haben Kun­den aller Alters­klas­sen hier. Aber – und ich den­ke das liegt an unse­rem beson­de­ren Umgang mit den Kun­den – alles junggebliebene.

OT: Wie fal­len die Rück­mel­dun­gen aus?

Ana­sta­sia­dou: Durch­weg posi­tiv. Das sehen wir auch in unse­rem Gäs­te­buch. Da schrei­ben sowohl Kin­der als auch älte­re Men­schen rein (blät­tert durch die Sei­ten). „Dich ken­nen­zu­ler­nen, macht mich glück­lich“. „Mich hier umzu­schau­en, erfüllt mich mit Neu­gier und Stau­nen“, schreibt hier einer. Und was mich beson­ders freut: Die Bewer­tun­gen rich­ten sich nicht auf die Ware. Die Kun­den bewer­ten mich als Menschen.

OT: Du bist schnell beim Du. Gehört das zu dei­nem Konzept?

Ana­sta­sia­dou: Ich bin ein locke­rer, empa­thi­scher Typ, der auf die Leu­te zugeht. Des­we­gen das Du. Das war aber kei­ne bewuss­te Ent­schei­dung. Das Du hat sich ein­ge­bür­gert, nach­dem mei­ne Kun­den mich stän­dig geduzt haben, wenn sie mich auf der Stra­ße getrof­fen haben. Und das kam und kommt gut an.

OT: Was ist dir im Umgang mit den Kund:innen beson­ders wichtig?

Ana­sta­sia­dou: Authen­ti­zi­tät. Wenn ich mal Mist gebaut habe, sage ich das auch. Ich lege höchs­ten Wert dar­auf, dass der Kun­de den best­mög­li­chen lösungs­ori­en­tier­ten Ser­vice bekommt. Ich ver­su­che alles mög­lich zu machen. Kommt der Kun­de in den Laden, wird er direkt wahr­ge­nom­men. Ich lege Wert dar­auf, dass jedem die Tür beim Raus­ge­hen auf­ge­hal­ten wird – dafür wird die Arbeit ste­hen­ge­las­sen. Außer­dem wer­den dem Kun­den die Schu­he an- und aus­ge­zo­gen. Mir war es von Anfang an wich­tig, dass wir bera­tungs­stark sind. Wenn mich ein Mit­ar­bei­ter fragt, wie viel Zeit er sich für einen Kun­den neh­men darf, dann sage ich: So viel du brauchst. Des­we­gen arbei­ten wir ohne Ter­mi­ne. Der Kun­de kann jeder­zeit kom­men – mit War­te­zeit. Aber er weiß, wenn er dran­kommt, bekommt er die glei­che Zeit, die die ande­ren Kun­den auch hat­ten. Und das alles wup­pen wir mit vier Leuten.

OT: Wie schafft ihr das?

Ana­sta­sia­dou: Wir haben den Pro­zess­wahn run­ter­ge­fah­ren und inter­ne Abläu­fe digi­ta­li­siert und opti­miert. Wenn ein Kun­de rein­kommt, schi­cken wir den Kos­ten­vor­anschlag nahe­zu beim Mes­sen schon an die Kran­ken­kas­se. Wir haben kei­ne Abtei­lung, die dazwi­schen sitzt und das erle­digt – dafür geht in ande­ren Betrie­ben ein Tag drauf. Zeit spa­ren wir auch durch unser Ange­bot der „Ein­la­ge to go“. Wir fer­ti­gen die Ein­la­ge vor dem Kun­den an und er kann sie direkt mit nach Hau­se neh­men. So sieht er, wie wir arbei­ten und dass es sich um ein Indi­vi­du­al­pro­dukt handelt.

Hand­werk statt Digitalisierung

OT: Setzt ihr auch in der Werk­statt auf Digitalisierung?

Ana­sta­sia­dou: Mein Betrieb ist einer der digi­tals­ten, was die Pro­zes­se, aber nicht was das Hand­werk angeht. Da bin ich völ­lig „old-school“ unter­wegs. Und zwar, weil ich ein Hand­werk gelernt habe, um Hand­werk zu machen. Mei­ner Mei­nung nach ist die Tech­nik noch viel zu unaus­ge­reift und für die OST völ­lig unge­eig­net. Wir sind auf das hand­werk­li­che Arbei­ten und auf die Fle­xi­bi­li­tät des Mate­ri­als ange­wie­sen. Das ist unse­re Waffe.

OT: Kann man damit in der heu­ti­gen Zeit noch die Kund:innen errei­chen? Vie­le wis­sen ver­mut­lich, dass in der Bran­che ver­stärkt digi­tal gear­bei­tet wird.

Ana­sta­sia­dou: Digi­ta­li­sie­rung ist nur dann The­ma, wenn ein Kun­de zu uns kommt und nicht lau­fen kann. Und zwar des­we­gen, weil es sich um ein 3D-gedruck­tes Pro­dukt han­delt. Ich kann dann begrün­den war­um: Der Erbau­er die­ser Ein­la­ge hat­te kei­ne Ahnung vom Hand­werk und kei­ne Ahnung davon, was adap­tiert bedeu­tet. Adap­tiert bedeu­tet bei einem Dia­be­ti­ker nicht, ich kor­ri­gie­re bis zum Geht nicht mehr, son­dern ich ver­tei­le den Druck um. Der nächs­te Punkt ist: Wie sieht der Ser­vice danach aus? Wenn eine Ein­la­ge bricht – was ist dann? Muss ich die Ein­la­ge noch­mal kom­plett neu her­stel­len? Ja, muss ich. Ich kann eine sol­che Ein­la­ge nicht bekle­ben, sie wür­de immer wie­der bre­chen. Und ich glau­be, am Ende des Tages wis­sen unse­re Kun­den unser Hand­werk und unse­re Arbeit zu schätzen.

OT: Sehr wohl digi­tal unter­wegs seid ihr auf Social Media. Wie nutzt du die­se Platt­form zur Kundenansprache?

Ana­sta­sia­dou: Wir berich­ten über Neu­ig­kei­ten aus dem Betrieb wie Aus­zeich­nun­gen oder geben Ein­blick in die Werk­statt. Eben­so Ent­wick­lun­gen in der Bran­che grei­fen wir auf. Unter ande­rem damit die Kun­den ein Gefühl dafür bekom­men, vor wel­chen Pro­ble­men wir aktu­ell ste­hen. Auch auf Social Media geht es uns um Authen­ti­zi­tät. Wer­bung dafür, wie toll unse­re Pro­duk­te sind, wird man hier nicht fin­den. Für mich geht es auch dar­um, mei­ne Mei­nung als Mensch zu ver­tre­ten und für das – mei­ner Mei­nung nach – Rich­ti­ge Far­be zu beken­nen. Wofür wir Insta­gram auch nut­zen: Unse­re Kun­den wer­den per Hash­tag benach­rich­tigt, wenn ihre Schu­he fer­tig sind und kön­nen die­se dann bei uns am Schuh­park­platz abho­len. Ver­packt wer­den sie mit Schlei­fen und Scho­ko­la­de – als Freu­de für die Kun­den und als Wert­schät­zung für die Arbeit, die wir machen. Unse­re Kun­den fin­den das Kon­zept toll.

OT: Wie ver­sucht ihr auf eurer Web­site die Auf­merk­sam­keit der Besucher:innen zu gewinnen?

Ana­sta­sia­dou: Die kur­zen Tex­te, in denen mei­ne Mit­ar­bei­ter vor­ge­stellt wer­den, haben sie selbst geschrie­ben. Auch unse­re Prak­ti­kan­ten sind auf der Web­site zu fin­den. Das ist bei uns eine „Hall of Fame“! Das sind Men­schen, die nicht nur Baga­tell­ar­bei­ten gemacht, son­dern Taschen und Ein­la­gen gefer­tigt, also auch etwas geleis­tet haben. Die Besu­cher sehen also, dass wir Wert auf die Men­schen legen. Über die Web­site bie­ten wir Mer­chan­di­se an, zum Bei­spiel Shirts mit Foo­to­pia-Schrift­zug und wit­zi­gen Sprü­chen. Mich freut es so sehr, wenn Kun­den mit einem Foo­to­pia­ner-Shirt rein­kom­men – weil das für sie eine Mar­ke ist, mit der sie sich iden­ti­fi­zie­ren. Auf unse­rer Home­page gibt es auch Gebrauchs­an­wei­sun­gen für Ein­la­gen und Co. – ein­mal in offi­zi­el­ler Spra­che und ein­mal in coo­ler Footopia-Sprache.

Kun­den­bin­dung interaktiv

OT: Auf der Start­sei­te fin­den die Besucher:innen einen Comic. Was hat es damit auf sich?

Ana­sta­sia­dou: Mir war es wich­tig, in mei­ner Stadt auch mei­ne Stadt zu prä­sen­tie­ren. Pro Comic­sei­te, die wir alle zwei bis drei Mona­te neu ver­öf­fent­li­chen, steht des­we­gen eine Attrak­ti­on in der Stadt im Fokus – mit mei­nen Mit­ar­bei­tern und mir in den Haupt­rol­len. Jetzt sind wir sogar noch einen Schritt wei­ter­ge­gan­gen: Es wäre doch toll, wenn wir den Comic inter­ak­tiv auf­zie­hen und die Kun­den mit­ein­bin­den könn­ten. Also haben wir die Comic­rol­le aus­ge­schrie­ben. Von den 500 Cou­pons kamen 500 wie­der zurück. In der nächs­ten Fol­ge ist nun also der Gewin­ner­kun­de zu sehen. Die aktu­el­le Comic­fol­ge hängt immer bei uns im Schau­fens­ter und ist auf unse­rer Web­site zu fin­den. Inter­ak­tiv sind wir auch mit unse­ren Wer­be­fo­tos unterwegs.

OT: Inwie­fern?

Ana­sta­sia­dou: Unse­re Idee war es, unse­re Kun­den mit in die Wer­bung ein­zu­bin­den. Also haben wir hier ein Foto-shoo­ting mit Kom­pres­si­ons­strümp­fen gemacht. Dafür habe ich optisch ver­rück­te Vögel in der Stadt gefragt. Und davon haben wir hier viele.

OT: Die coo­le Ortho­pä­die – das soll sich auch in euren Pro­duk­ten wider­spie­geln. Wie trefft ihr bei den Kund:innen damit den rich­ti­gen Nerv?

Ana­sta­sia­dou: Vie­le Men­schen kom­men in unse­ren Laden und sind behaf­tet mit die­sem völ­lig ver­staub­ten Bild der OST. Sie stel­len sich den Schuh so vor: schwarz und so wenig auf­tra­gend wie mög­lich. Mei­ne Auf­ga­be ist es dann, dem Kun­den zu sagen, was für Mög­lich­kei­ten es gibt. Denn vie­le wis­sen gar nicht, was alles mög­lich ist. Mir ist es wich­tig, die Per­sön­lich­keit des Men­schen in dem Schuh wider­zu­spie­geln. Wir bie­ten Life­style an. Ein ortho­pä­di­scher Maß­schuh von uns ist völ­lig anders als der von Kol­le­gen. Ich lackie­re viel, male, beset­ze die Schu­he mit Swa­rov­ski-Kris­tal­len. Wir haben abge­fah­re­ne Schnit­te, sind auch beim Soh­len­bau ein­zig­ar­tig, haben unge­wöhn­li­che Struk­tur­soh­len, die wir selbst bau­en – mit unter­schied­li­chen Ein­ker­bun­gen und Gra­vu­ren. Die Sache ist ja die: Wenn jemand in einen Schuh­la­den geht, dann kauft er den Schuh, der ihm gefällt, der gut sitzt, in sei­ne Gar­de­ro­be passt und im Trend liegt. Und da fra­ge ich mich: Wo liegt das Pro­blem bei eini­gen Betrie­ben? Wir sind Hand­wer­ker. Wir sind Indi­vi­du­al­bau­er. Wenn man schon einen Schuh bau­en muss, war­um dann nicht einen Schuh, den der Kun­de auch in einem Geschäft kau­fen könn­te? Das ist natür­lich auch eine Kos­ten­fra­ge. Aber der Groß­teil mei­ner Kun­den ist bereit, den Preis dafür zu zahlen.

OT: Dein Betrieb heißt Foo­to­pia, ange­lehnt an Uto­pia. Eine Uto­pie, also ein Ide­al­bild eines OST-Betriebs, hast du dir mit dei­nem Kon­zept selbst erschaf­fen. Was wünschst du dir für die gesam­te Branche?

Ana­sta­sia­dou: Ich wür­de mir wün­schen, dass wir Social Media ver­stärkt ver­wen­den, um mehr Lärm nach außen zu machen. Die Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik wird im Gegen­satz zur Ortho­pä­die-Tech­nik viel weni­ger wahr­ge­nom­men. Es kann nicht sein, dass die Arbeit nur auf Ver­bän­de und Innun­gen gescho­ben wird. Das bedeu­tet auch viel Eigen­ver­ant­wor­tung. Einer mei­ner größ­ten Wün­sche ist, dass sich die Sani­täts­häu­ser von den Hand­wer­kern abspal­ten und dass vor allem die Kran­ken­kas­sen erken­nen, dass eine Sani­täts­haus­ein­la­ge nicht das Maß der Din­ge ist. Ich wün­sche mir auch, dass wir – also Ortho­pä­die­schuh­ma­cher, Ortho­pä­die­tech­ni­ker, Ärz­te und The­ra­peu­ten – uns end­lich ver­ei­nen, nicht gegen­ein­an­der, son­dern mit­ein­an­der arbei­ten und das inter­dis­zi­pli­när und auch inner­halb der Berufs­grup­pen. Und ich wün­sche mir, dass wir den Mut haben auch mal etwas anders zu machen. Ich sage nicht, dass mein Kon­zept das rich­ti­ge ist, ich sage nur, dass ich damit erfolg­reich bin und auch ich als Per­son damit glück­lich bin.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

 

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