Albin May­er erfüllt das Ehren­amt mit Herz und Leidenschaft

Ein gut strukturierter Terminkalender gehört seit vielen Jahren zu den wahrscheinlich wichtigsten Werkzeugen des neugewählten Vizepräsidenten des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik Albin Mayer. Seit mehr als zwei Jahrzehnten bringt der fünffache Familienvater Beruf, Familie und Ehrenamt unter einen Hut. Knapp zwei Monate sind seit der Wahl vergangen, im Gespräch mit der OT berichtet Mayer von dieser wirklich außergewöhnlichen Zeit im neuen Amt, die natürlich vor allem von der Bewältigung der Corona-Krise geprägt ist.

OT: Herr May­er, Gra­tu­la­ti­on zur Wahl zum Vize­prä­si­den­ten des Bun­des­in­nungs­ver­ban­des für Ortho­pä­die-Tech­nik. Wie ver­lief der Ein­stieg in Ihre neue Rolle?

Albin May­er: Der Ein­stieg am 10. März 2020 in Ber­lin bei der Dele­gier­ten­ver­samm­lung war sehr bewe­gend und mit vie­len Emo­tio­nen für mich ver­bun­den. Am Abend gab es dann das rund­um gelun­ge­ne Früh­lings­fest des BIV-OT. Die­ser Anfang als Vize­prä­si­dent war sehr ange­nehm und facet­ten­reich. Vie­le Glück­wün­sche konn­te ich an die­sem Abend per­sön­lich ent­ge­gen­neh­men; viel Zeit habe ich mir für per­sön­li­che Gesprä­che mit Ver­tre­tern der Indus­trie, der Poli­tik und der Leis­tungs­ge­mein­schaf­ten genom­men – und durf­te neue Ideen dabei ein­sam­meln. Ins­ge­samt war die­ser Tag her­vor­ra­gend und bedeu­te­te einen sehr leich­ten Ein­stieg in die neue Auf­ga­be. Doch emp­fand ich durch­aus auch etwas Weh­mut – Klaus-Jür­gen Lotz wur­de ja als Prä­si­dent am sel­ben Tag ver­ab­schie­det. Vie­le Auf­ga­ben habe ich in der Ver­gan­gen­heit gemein­sam mit ihm bewäl­ti­gen dür­fen, leich­te und schwe­re. Nicht immer waren wir einer Mei­nung, doch haben wir nie­mals das gemein­sa­me Ziel aus den Augen ver­lo­ren. Dafür an die­ser Stel­le mei­nen herz­lichs­ten Dank an unse­ren Ehren­prä­si­den­ten Klaus-Jür­gen Lotz. Aber so leicht der Anfang der ers­ten Stun­den auch war, so schwer wur­den die Auf­ga­ben zwei Tage spä­ter wegen der Coro­na-Pan­de­mie. Das ist schon ein ziem­li­cher Här­te­fall für einen frisch gekür­ten Prä­si­den­ten und sei­nen Vize – beim Amts­an­tritt gleich in die Kri­se. Doch haben wir die Her­aus­for­de­rung ange­nom­men – aus­rei­ßen und vor der Auf­ga­be weg­du­cken gibt es für uns bei­de nicht.

OT: Seit über 20 Jah­ren enga­gie­ren Sie sich ehren­amt­lich in ver­schie­de­nen Posi­tio­nen – sowohl in der Innung als auch für den Fach­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik Sach­sen und Thü­rin­gen, zudem im Bun­des­in­nungs­ver­band. Wann haben Sie sich dazu ent­schlos­sen, als Vize­prä­si­dent zur Ver­fü­gung zu stehen?

May­er: Seit 1999 bin ich ehren­amt­lich für unser Fach tätig – mit viel Freu­de und Enga­ge­ment, denn ich lie­be unse­ren Beruf und schät­ze mei­ne Kol­le­gen und Mit­strei­ter sehr. Im Lau­fe mei­ner ehren­amt­li­chen Lauf­bahn gab es meh­re­re gro­ße Vor­bil­der, die mich an die Hand nah­men und mich vie­les lehr­ten, was ich spä­ter als Ober­meis­ter gut gebrau­chen konn­te. Von 2006 bis 2008 war ich schon ein­mal Mit­glied des Vor­stands des BIV-OT. Damals war Frank Jütt­ner Prä­si­dent und Bernd Urban Vize­prä­si­dent; bei­de hat­ten mich dies­be­züg­lich ange­spro­chen. 2017 berief man mich wie­der in ein Vor­stands­amt des BIV-OT: Man über­trug mir die Auf­ga­be des stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den des Wirt­schafts­aus­schus­ses – ich war also schon damals gleich­sam die rech­te Hand von Alf Reu­ter. Er war sich dar­über bewusst, dass Klaus-Jür­gen Lotz nach zwölf Jah­ren im Prä­si­di­um auf­hö­ren wür­de. Es galt also, recht­zei­tig einen Nach­fol­ger ein­zu­ar­bei­ten. Schon damals habe ich auf sei­ne Fra­ge hin zuge­sagt, dass ich das Amt des Vize­prä­si­den­ten an sei­ner Sei­te über­neh­men wür­de. Ich woll­te mit ihm etwas für das Fach bewe­gen, es ent­wi­ckel­te sich ein­fach, und plötz­lich erschien es sinn­voll und rich­tig – also habe ich mich der Auf­ga­be gestellt. Das letz­te Wort hat­ten dann natür­lich die Dele­gier­ten. Mit einer uner­war­tet gro­ßen Mehr­heit der Stim­men wur­de ich dann wie erhofft gewählt, was mich sehr gefreut hat. Denn das aus­ge­spro­che­ne Ver­trau­en ist auch eine Aner­ken­nung für die ver­gan­ge­ne geleis­te­te Arbeit.

OT: Sie sind ja heu­te nicht „nur“ Vize­prä­si­dent, son­dern über­neh­men vom neu­en BIV-OT-Prä­si­den­ten Alf Reu­ter auch den Vor­sitz des BIV-OT-Wirt­schafts­aus­schus­ses. Wel­che Auf­ga­ben erwar­ten Sie dort?

May­er: Als Vor­sit­zen­der des Wirt­schafts­aus­schus­ses kom­men neue Auf­ga­ben auf mich zu. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se orga­ni­sa­to­ri­sche Auf­ga­ben inner­halb des Aus­schus­ses: Wer macht was – wel­che Zustän­dig­kei­ten und Tätig­keits­be­rei­che hat jedes ein­zel­ne Mit­glied? Zudem sind Ter­mi­ne fest­zu­le­gen und die Sit­zun­gen ent­spre­chend zu lei­ten. Des Wei­te­ren müs­sen Ver­trä­ge auf ihre Lauf­zeit über­prüft wer­den, um recht­zei­tig Anschluss­ver­hand­lun­gen initi­ie­ren zu kön­nen. Außer­dem geht es um die Über­tra­gung von ent­spre­chen­den Auf­ga­ben und Ver­ant­wort­lich­kei­ten an das Haupt­amt inner­halb des Ver­ban­des. Dann gilt es natür­lich die Ver­trags­ver­hand­lun­gen ent­spre­chend gut vor­zu­be­rei­ten, Ankün­di­gun­gen und Ange­bo­te der Kas­sen zu prü­fen und dann in die Ver­hand­lungs­run­den ein­zu­stei­gen. Ein zen­tra­ler Punkt ist dabei, aus­zu­wäh­len, aber auch Ver­hand­lungs­füh­rer zu gewin­nen, denn in Zukunft kann nicht nur eine Ver­hand­lungs­grup­pe alle Ver­trä­ge bedie­nen. Wir wer­den die gesam­te Ver­trags­ver­hand­lung auf brei­te­re Schul­tern ver­tei­len; dazu haben wir in den ver­gan­ge­nen Mona­ten schon ent­spre­chen­de Vor­ar­beit geleis­tet. Natür­lich sind auch enge und ver­trau­ens­vol­le Gesprä­che mit den Leis­tungs­ge­mein­schaf­ten und den Her­stel­lern erfor­der­lich. Neue Kal­ku­la­tio­nen müs­sen erstellt oder bis­he­ri­ge an die neu­en Ver­ar­bei­tungs- und Fer­ti­gungs­tech­ni­ken ange­passt wer­den. Für Ver­sor­gun­gen mit Hilfs­mit­teln, die digi­tal erfasst und gefer­tigt wer­den, ent­steht eine kom­plett neue Auf­ga­be der Kal­ku­la­ti­on. Somit ist es mei­ne Auf­ga­be, Fach­leu­te und ent­spre­chen­de Pro­fis für einen spe­zi­el­len Fach­aus­schuss zu suchen, der uns in die­ser Fra­ge zuar­bei­tet. Eini­ge habe ich bereits gefun­den und mit ihnen schon die Ablauf­pla­nung bespro­chen. Auch von Sei­ten der Indus­trie habe ich Zusa­gen zur Mit­ar­beit erhal­ten. Ich den­ke daher, wir sind auf dem rich­ti­gen Weg: Nicht ich allei­ne, son­dern Hand in Hand mit mei­nen Kol­le­gen vom Wirt­schafts­aus­schuss tref­fen wir die Ent­schei­dun­gen für die Zukunft. „Kräf­te bün­deln“ – das scheint mir die bes­te Lösung für unse­re Stra­te­gien und Visio­nen zu sein. Alle sind außer­or­dent­lich enga­giert und arbei­ten sehr flei­ßig. Ich sage daher mei­nen Kol­le­gen und Mit­strei­tern: Herz­li­chen Dank für die geleis­te­te Arbeit des Wirt­schafts­aus­schus­ses bis­her! Vie­len Dank für das Ver­trau­en und eure tat­kräf­ti­ge Unter­stüt­zung. Vie­len Dank auch an das Haupt­amt – ohne euch wären wir ohne Kraft.

OT: Wie gestal­tet sich die Zusam­men­ar­beit mit Alf Reu­ter konkret?

May­er: Wir arbei­ten ja bereits seit drei Jah­ren sehr ver­trau­ens­voll zusam­men – in Zukunft wird das wohl noch etwas inten­si­ver wer­den. Ins­ge­samt ergän­zen wir uns sehr gut. Zudem haben wir ein gro­ßes Ver­trau­en zuein­an­der – gera­de bei manch­mal gegen­sätz­li­chen Ansich­ten ist das beson­ders wich­tig. Denn wir wis­sen um die Stär­ken des Ande­ren und schät­zen ein­an­der, sodass wir dar­auf ver­trau­en kön­nen, dass wir immer eine Lösung fin­den, die wir bei­de gemein­sam tra­gen kön­nen und die unser Fach wei­ter­bringt. Das ist ja das Schö­ne an einer ehren­amt­li­chen Tätig­keit: Man fin­det zuein­an­der mit Herz und Ver­stand – es geht schließ­lich um unser Handwerk.

OT: Wie ver­ein­ba­ren Sie Ehren­amt und haupt­amt­li­che Tätig­keit im eige­nen Betrieb?

May­er: Das ist durch­aus eine Her­aus­for­de­rung – es ver­langt viel Dis­zi­plin und Kraft, aber auch eine gründ­li­che Orga­ni­sa­ti­on im eige­nen Betrieb. Mein Geschäfts­part­ner Hen­drik Behn­sen unter­stützt mich hier in allen Belan­gen sehr tat­kräf­tig – ohne ihn wäre die ehren­amt­li­che Auf­ga­be in die­sem Aus­maß nicht denk­bar. Einer mei­ner Söh­ne beginnt nun auch bald sei­ne Tätig­keit als Meis­ter im Unter­neh­men – auch das wird wie­der etwas Ent­las­tung brin­gen. Wich­tig bei allen Auf­ga­ben ist ein gutes Zeit­ma­nage­ment: Man muss Prio­ri­tä­ten set­zen und darf davon nicht abwei­chen – ansons­ten sieht man nicht mehr durch, und es ent­ste­hen Cha­os und Stress. Gibt es dage­gen Ord­nung, Dis­zi­plin und gere­gel­te Abläu­fe, dann ist fast alles mach­bar. Wich­tig ist, dass auch die Beleg­schaft hin­ter die­ser Tätig­keit steht. Wir haben ein her­vor­ra­gen­des Per­so­nal, das uns als Geschäfts­füh­rer sehr unter­stützt und entlastet.

OT: Was bedeu­ten Ihre neu­en Auf­ga­ben für Ihr pri­va­tes Umfeld?

May­er: Hier wird sich wohl nicht sehr viel ver­än­dern, denn in den ver­gan­ge­nen Jah­ren war ich bereits viel unter­wegs – mehr geht auch nicht. Die Fami­lie steht bei mir an ers­ter Stel­le, sie hat immer Vor­rang vor allem, und das wird auch so blei­ben. Mei­ne Fami­lie unter­stützt mich ja auch bei mei­nen Auf­ga­ben, und somit ste­hen mir kei­ne Stol­per­stei­ne im Weg.

OT: Die Coro­na-Kri­se ist der­zei­tig all­ge­gen­wär­tig. Wie erle­ben Sie die aktu­el­le Lage?

May­er: Es ist etwas völ­lig Neu­es für mich – eine sol­che Situa­ti­on habe ich noch nicht erlebt. Lösun­gen suchen und nach vor­ne bli­cken, das ist sehr wich­tig in die­ser Zeit. Wir als BIV-OT sind in die­ser Situa­ti­on sehr stark und aktiv ein­ge­bun­den. Eine ent­spre­chen­de Task Force wur­de gegrün­det und für alle Ver­bän­de geöff­net. Es fin­det eine sehr rege Mit­ar­beit statt – vie­le Video­kon­fe­ren­zen und enorm viel Schrift­wech­sel sowie Gesprä­che auf allen Ebe­nen: mit der Bun­des­po­li­tik, dem GKV-Spit­zen­ver­band, dem Zen­tral­ver­band des Hand­werks und vie­len wei­te­ren – alles, um unse­ren Mit­glieds­be­trie­ben so gut wie nur mög­lich zu hel­fen. Doch auch bei mir kom­men zwi­schen­durch auch nega­ti­ve Gedan­ken auf: Was wird mit dem Unter­neh­men, wie soll es wei­ter­ge­hen? Mit den Gefüh­len geht es immer wie­der mal berg­auf und auch berg­ab. Stän­dig stellt man sich die Fra­ge, wie mache ich es rich­tig? Es ist für mich kom­plet­tes Neu­land, doch Auf­ge­ben kommt nicht in Fra­ge. Unser Prä­si­dent mit sei­nen Vor­stän­den und unse­re Haupt­amt­li­chen bemü­hen sich um gute Lösun­gen. Vie­les wur­de bis­her schon erreicht, und das gibt Zuver­sicht und Hoff­nung. Es wird wei­ter­ge­hen – wir wer­den alle wie­der Licht sehen und uns mit­ein­an­der freu­en kön­nen. In der Kri­se zei­gen sich Stand­haf­tig­keit und Ehr­lich­keit, genau dar­auf bau­en wir gemein­sam: Kräf­te bün­deln, zusam­men­hal­ten, nicht aus­ein­an­der­drif­ten. Von der bis­her geleis­te­ten Arbeit des BIV-OT in die­ser Situa­ti­on bin ich sehr beein­druckt. Dan­ke an alle, die so viel bewegt haben!

OT: Wel­che Aus­wir­kun­gen der Kri­se las­sen sich bereits jetzt absehen?

May­er: Nun, die Fol­gen die­ser Pan­de­mie sind wohl weder kom­plett zu erfas­sen noch ange­mes­sen zu beschrei­ben. Ich wage daher nicht, ein Sze­na­rio für die Zukunft zu ent­wer­fen. Doch im Moment ist die Situa­ti­on schon sehr ange­spannt: Vie­le Betrie­be befin­den sich in Kurz­ar­beit, eini­ge haben kom­plett geschlos­sen. Man­che konn­ten bereits staat­li­che Hil­fen abru­fen oder haben Dar­le­hen bean­tragt. Der Umsatz­rück­gang reicht von 20 Pro­zent bis zu 75 Pro­zent bei den Betrie­ben. Das ist zwar ange­sichts der unter­schied­li­chen Struk­tu­ren und der breit gefä­cher­ten Ver­sor­gungs­be­rei­che nicht pau­schal zu betrach­ten. Jedoch haben wir alle einen Umsatz­rück­gang zu ver­zeich­nen – bei den glei­chen fixen Kos­ten­struk­tu­ren im Betrieb. Die Sche­re klafft immer wei­ter aus­ein­an­der. Wir kön­nen ja auch nicht ein­fach das Geschäft schlie­ßen – die Ver­sor­gun­gen wer­den drin­gend benö­tigt, und wir haben eine Leis­tungs­pflicht gegen­über den gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen. Wenn wir kei­ne wei­te­ren maß­geb­li­chen Unter­stüt­zun­gen von der Bun­des­re­gie­rung erhal­ten, dann wer­den unse­re Betrie­be wirt­schaft­lich betrach­tet irgend­wann in die Knie gehen. Wer dann noch die Ver­sor­gung leis­ten soll, dar­über will ich gar nicht nach­den­ken. Des­halb lau­tet auch eine For­de­rung des BIV-OT an die Regie­rung, uns unter einem Ret­tungs­schirm – ver­gleich­bar mit Kli­ni­ken, Ärz­ten und Heil­be­ru­fen – als fes­ten Bestand­teil der gesetz­lich gere­gel­ten Pati­en­ten­ver­sor­gung adäquat zu berück­sich­ti­gen, also eine Gleich­stel­lung mit den ande­ren Leis­tungs­er­brin­gern im Gesund­heits­we­sen zu schaf­fen. Wir mer­ken jetzt alle, was es bedeu­tet, 20 Mil­lio­nen Ver­sor­gun­gen pro Jahr im Rah­men der GKV leis­ten zu dür­fen und zu müs­sen. Für alle Betrie­be ist es eine sehr schwe­re Zeit; die Aus­wir­kun­gen im Moment sind schon exis­tenz­ge­fähr­dend. Es fehlt uns auch an Schutz­aus­rüs­tun­gen, damit wir in die Kli­ni­ken und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen gehen kön­nen. Nach der Kri­se wer­den wir mit Sicher­heit noch eini­ge Mona­te benö­ti­gen, um wie­der wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­tät zu erlan­gen. Ins­ge­samt kos­tet die­se Pan­de­mie uns alle viel Geld. Jam­mern hilft jedoch nicht; wir müs­sen Lösun­gen fin­den, und das wer­den wir auch – das gilt sowohl für die Kri­se als auch für die Zeit danach.

OT: Wel­che wei­te­ren Her­aus­for­de­run­gen – neben der Bewäl­ti­gung der Coro­na-Kri­se – sehen Sie auf die Ortho­pä­die-Tech­nik zukommen?

May­er: Nun haben wir ja auch tech­ni­sche Her­aus­for­de­run­gen im digi­ta­len Bereich; Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten müs­sen noch für so man­che Pro­duk­te ver­än­dert oder sogar neu geschaf­fen wer­den. Das E‑Rezept kommt nun auch für den Bereich Ortho­pä­die-Tech­nik, Sani­täts­haus, Home­ca­re und Reha­tech­nik. Der Gel­tungs­be­ginn der euro­päi­schen Medi­zin­pro­duk­te-Ver­ord­nung (MDR) wur­de zwar um ein Jahr ver­scho­ben, doch auch hier ist noch viel Arbeit bezüg­lich der kli­ni­schen Stu­di­en zu leis­ten. Wir wer­den immer mehr von den Kran­ken­kas­sen in die Pro­ble­ma­tik der Medi­zin­pro­duk­te-Betrei­ber­ver­ord­nung ein­ge­bun­den. Ger­ne über­trägt man uns die Auf­ga­ben – sehr groß­zü­gig und mit vie­len Doku­men­ten. Doch eine wirt­schaft­li­che Ver­gü­tung für die­se Tätig­keit kann man sich dort nicht vor­stel­len. Da gibt es auch noch eini­ge Hür­den zu neh­men – unse­re Dienst­leis­tung ist eben kos­ten­pflich­tig. Es zeigt sich jetzt in der Kri­se, wie wich­tig für Poli­tik und Kran­ken­kas­sen die Arbeit ordent­lich auf­ge­stell­ter Ver­bän­de ist. Das wird weg­wei­send sein für den Ansatz der Kran­ken­kas­sen bezüg­lich Open-House-Ver­fah­ren und Aus­schrei­bun­gen. Dass wir die Ver­sor­gungs­si­cher­heit nicht einer rei­nen Preis­kon­kur­renz über­las­sen dür­fen, sehen wir jetzt nicht nur bei der Pro­duk­ti­on von Medi­ka­men­ten und Schutz­aus­rüs­tung im Aus­land. Es geht auch dar­um, wie viel wert uns die wohn­ort­na­he und flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung ist – und wie sinn­voll unse­re KMU-Land­schaft gegen­über Mono­po­len ist und bleibt. Auch gibt es in der Lehr­aus­bil­dung neue Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen – unse­re Bun­des­fach­schu­le mit der Meis­ter­aus­bil­dung und den zahl­rei­chen Semi­na­ren muss sich auch nach den neu­en Gege­ben­hei­ten aus­rich­ten. Poli­tisch benö­ti­gen wir zudem mehr Sicher­heit, um das Ungleich­ge­wicht zwi­schen Kos­ten­trä­gern und uns bei Ver­hand­lun­gen auf­zu­he­ben. Und noch vie­les mehr steht auf dem Pro­gramm. Es gibt viel zu tun, wir packen es an.

OT: Wie sind Sie zum Ortho­pä­die-Tech­nik-Hand­werk gekom­men, und wie ver­lief Ihr Weg bis heute?

May­er: Mei­ne Mut­ter woll­te, dass ich Koch oder Kon­di­tor wer­de, denn das hat mich schon als Kind inter­es­siert. Doch einen sol­chen Beruf ergrei­fen woll­te ich auf gar kei­nen Fall. Bis eines Tages mein Vater sei­ne Fuß­ein­la­gen im Sani­täts­haus abhol­te – da mein­te er, das wäre doch ein Beruf für mich. Das wie­der­um konn­te ich mir auch nicht so gut vor­stel­len – den gan­zen Tag nur Ein­la­gen her­stel­len, so zumin­dest mei­ne dama­li­ge Vor­stel­lung: lang­wei­lig. Mei­ne Mut­ter ent­geg­ne­te, dass Ortho­pä­die­tech­ni­ker bestimmt auch noch ande­re Auf­ga­ben haben. Und sie griff zum Tele­fon, rief den Inha­ber an und ver­ein­bar­te eine Schnup­per­wo­che in den Feri­en für mich im Sani­täts­haus. Ohne mich zu fra­gen – Wider­spruch war zweck­los. Nun, die Feri­en kamen, und ich begab mich in das Sani­täts­haus in Hof. Der Inha­ber, Sig­fried Gäb­ler, war sehr nett und führ­te mich in die Werk­statt. Mei­ne Augen wur­den immer grö­ßer, denn da stan­den Holz­bei­ne und Geh­ap­pa­ra­te her­um, also nicht nur Ein­la­gen – ein Mit­ar­bei­ter fer­tig­te sogar eine Arm­pro­the­se, das war Abwechs­lung pur. Dann gelang­ten wir in eine wei­te­re Werk­statt zu den Ban­da­gis­ten, dort wur­de genäht: Leib­bin­den, Kor­set­te und Gar­nie­run­gen bei den Pro­the­sen. Es wur­de Leder gewalkt und Holz­schäf­te per­ga­men­tiert. Das hat mir sofort sehr gut gefal­len. Das war schon ein gro­ßes Glück für mich – es ist mein Traum­be­ruf bis heu­te. Also begann die Leh­re 1980 in Hof, mit der Berufs­schu­le in Mün­chen und die ÜLU in Lands­hut. Nach dem Able­gen der Gesel­len­prü­fung begann ich 1988 den Meis­ter­lehr­gang an der BUFA; die Meis­ter­prü­fung fand 1989 statt. Dann geschah das schier Unglaub­li­che, zumal für jeman­den, der in Hof leb­te, unmit­tel­bar an der inner­deut­schen Gren­ze: Die Mau­er fiel, und ich ging zuerst nach Plau­en, dann nach Zwi­ckau und dann ins schö­ne Erz­ge­bir­ge, um mich selbst­stän­dig zu machen – eine sehr span­nen­de Zeit, die ich nicht mis­sen möch­te. Der Betrieb wuchs, und ich enga­gier­te mich seit 1999 in der Lan­des­in­nung Sach­sen – auf Wunsch des dama­li­gen Ober­meis­ters Hen­ning Boden­stein. 2002 wur­de ich stell­ver­tre­ten­der Ober­meis­ter an der Sei­te von Klaus Kühn. Seit 2006 bin ich Ober­meis­ter der Lan­des­in­nung Sach­sen-Thü­rin­gen, nun seit dem 10. März 2020 Vize­prä­si­dent des BIV-OT. Das ist die Kurz­be­schrei­bung mei­nes beruf­li­chen Wer­de­gangs. Pri­vat bin ich eben­falls „auf Wachs­tum aus­ge­rich­tet“ (lacht): Mei­ne lie­be Ehe­frau und ich sind glück­li­che Eltern von fünf Söh­nen – der jüngs­te Sohn ist 6 Jah­re alt, der ältes­te wird in Kür­ze 29.

OT: Sie sind Mit­glied und Spon­sor beim FC Erz­ge­bir­ge Aue. Wie oft wer­den Sie in Zukunft noch Zeit für einen Sta­di­on­be­such haben?

May­er: Das hängt von der Coro­na-Pan­de­mie ab. Ich wer­de natür­lich so oft wie nur mög­lich zum Fuß­ball gehen – es ist eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit, den FC Erz­ge­bir­ge Aue zu unter­stüt­zen und natür­lich auch die Spie­le zu besuchen.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

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