Nach­hol­be­darf in Sachen Digitalisierung

Deutsche Büros verabschieden sich zunehmend von Papier und Aktenordnern. Wie eine aktuelle Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, nutzen 72 Prozent der Unternehmen weniger Papier als noch vor fünf Jahren.

Jeder drit­te Betrieb hat sei­nen Papier­ver­brauch sogar deut­lich redu­ziert. Gleich­zei­tig schrumpft die Zahl der Akten­ord­ner: 57 Pro­zent der Unter­neh­men haben weni­ger phy­si­sche Ord­ner in ihren Büros stehen.

Anzei­ge

Die reprä­sen­ta­ti­ve Befra­gung von 602 Unter­neh­men mit min­des­tens 20 Beschäf­tig­ten offen­bart jedoch auch Defi­zi­te bei der Digi­ta­li­sie­rung. Wäh­rend sich nur elf Pro­zent der Betrie­be als Spit­zen­rei­ter sehen und 37 Pro­zent sich als Vor­rei­ter ein­schät­zen, betrach­tet sich fast die Hälf­te (49 Pro­zent) als Nach­züg­ler. Ein Pro­zent gibt sogar an, den Anschluss kom­plett ver­passt zu haben.

„Deut­sche Unter­neh­men müs­sen die Digi­ta­li­sie­rung jetzt kon­se­quent vor­an­trei­ben, von der Pla­nung in die Um­setzung über­ge­hen und in digi­ta­le Kom­pe­ten­zen und Infra­struk­tur inves­tie­ren – nur so sichern sie ihre Zukunfts­fä­hig­keit“, for­dert Bit­kom-Geschäfts­füh­rer Dr. Bern­hard Rohleder.

Nach­hal­tig­keit und Kosteneinsparung

Die Beweg­grün­de für die Digi­ta­li­sie­rung sind viel­fäl­tig: 94 Pro­zent der Unter­neh­men wol­len nach­hal­ti­ger wer­den, 92 Pro­zent Kos­ten spa­ren. Drei Vier­tel stre­ben effi­zi­en­te­re Arbeits­ab­läu­fe an (77 Pro­zent), fast eben­so vie­le möch­ten ihre Mit­ar­bei­ter ent­las­ten (74 Prozent).
Dar­über hin­aus nut­zen 88 Pro­zent der Betrie­be die Digi­ta­li­sie­rung, um Kun­den­an­for­de­run­gen bes­ser zu erfül­len. 85 Pro­zent wol­len ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit stei­gern. Jeweils rund 70 Pro­zent set­zen auf digi­ta­le Pro­zes­se, um als attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber zu gel­ten oder dem Fach­kräf­te­man­gel zu begeg­nen. Für 82 Pro­zent ist die Digi­ta­li­sie­rung auch eine Fra­ge der Rechtskonformität.

Die Stu­die zeigt jedoch ein Füh­rungs­pro­blem auf: Nur 58 Pro­zent der Unter­neh­men sind der Ansicht, dass ihr Manage­ment über aus­rei­chen­de Digi­tal­kom­pe­ten­zen verfügt.

Wo noch Akten­ord­ner ste­hen, fin­den sie sich vor allem in drei Berei­chen: in der Per­so­nal­ab­tei­lung (94 Pro­­zent), in Buch­hal­tung oder Con­trol­ling (91 Pro­zent) sowie in Geschäfts­füh­rung und Manage­ment (82 Pro­zent). Deut­lich sel­te­ner kom­men sie in Kun­den­ser­vice und Ver­trieb (69 Pro­zent) oder der Logis­tik (65 Pro­zent) vor. In der Pro­duk­ti­on spie­len sie nur noch eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le (30 Prozent).

Laut einer Bitkom-Studie gibt es bei rund der Hälfte der Unternehmen in Deutschland noch Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung der Geschäfts- und Verwaltungsprozesse. Grafik: Bitkom
Laut einer Bit­kom-Stu­die gibt es bei rund der Hälf­te der Unter­neh­men in Deutsch­land noch Nach­hol­be­darf in Sachen Digi­ta­li­sie­rung der Geschäfts- und Ver­wal­tungs­pro­zes­se. Gra­fik: Bitkom

Mes­sen­ger und Por­ta­le auf dem Vormarsch

„Tele­fon­ge­sprä­che und E‑Mails blei­ben wei­ter­hin die meist­ge­nutz­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge – aber Anwen­dun­gen wie Mes­sen­ger-Diens­te, Online-Por­ta­le und Kolla­borationstools gewin­nen immer mehr an Bedeu­tung“, so Roh­le­der. Die Zah­len bestä­ti­gen den Trend: Brief und Fax ver­lie­ren wei­ter an Rele­vanz. Nur noch 39 Pro­zent der Unter­neh­men nut­zen Brief­post häu­fig, beim Fax sind es ledig­lich 18 Pro­zent. E‑Mails blei­ben hin­ge­gen uni­ver­sell (100 Pro­zent), gefolgt von Smart­phone-Kom­mu­ni­ka­ti­on (94 Pro­zent) und Fest­netz­te­le­fo­nie (93 Prozent).

Video­kon­fe­ren­zen haben sich mit 67 Pro­zent eta­bliert. Bemer­kens­wert ist der Auf­stieg der Mes­sen­ger-Diens­te: 66 Pro­zent nut­zen sie regel­mä­ßig (Vor­jahr: 61 Pro­zent). Kun­den- und Mit­ar­bei­ter­por­ta­le leg­ten von 47 auf 53 Pro­zent zu. Knapp die Hälf­te der Unter­neh­men (48 Pro­zent) setzt auf Kollabora­tions­tools, 36 Pro­zent kom­mu­ni­zie­ren häu­fig über sozia­le Medien.

Ver­hal­te­ne KI-Nut­zung in der Praxis

Obwohl 63 Pro­zent der Unter­neh­men glau­ben, dass KI bei Rou­ti­ne­auf­ga­ben ent­las­ten kann, und 44 Pro­zent eine Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung erwar­ten, bleibt die prak­ti­sche Anwen­dung begrenzt. Am häu­figs­ten kommt KI bei der auto­ma­ti­sier­ten E‑Mail-Ver­ar­bei­tung zum Ein­satz (20 Pro­zent), gefolgt von der Feh­ler­er­ken­nung in der Buch­hal­tung (17 Pro­zent). Jeweils elf Pro­zent nut­zen KI für intel­li­gen­te Ter­min­ver­wal­tung oder zur Opti­mie­rung von ERP- und CRM-Sys­te­men. Nur sechs Pro­zent set­zen sie bei Prä­sen­ta­tio­nen ein, drei Pro­zent für auto­ma­ti­sche Mee­ting-Pro­to­kol­le. In Pro­gram­mie­rung und Pre­dic­ti­ve Ana­ly­tics spielt KI bis­her kaum eine Rol­le (jeweils zwei Prozent).

Skep­sis der Belegschaft

Die zöger­li­che KI-Adop­ti­on hat vie­le Ursa­chen: 53 Pro­zent der Unter­neh­men neh­men ihre Beleg­schaft als skep­tisch gegen­über KI wahr. Drei Vier­tel war­ten ab, wel­che Erfah­run­gen ande­re machen. Die Hälf­te bezwei­felt, dass sich KI-Ein­satz in Geschäfts- und Ver­wal­tungs­pro­zes­sen lohnt.

„Abwar­ten ist bei einer Tech­no­lo­gie wie der Künst­li­chen Intel­li­genz die fal­sche Stra­te­gie – wer zu spät ein­steigt, läuft Gefahr, den Anschluss zu ver­lie­ren. Unter­neh­men müs­sen jetzt anfan­gen, KI-Lösun­gen ein­zu­füh­ren und Mit­ar­bei­ten­de ent­spre­chend aus­zu­bil­den. Auch mit Blick auf die Digi­ta­li­sie­rung im All­ge­mei­nen ist es uner­läss­lich, schnell auf­zu­ho­len. (…) Nach dem Prin­zip ‚Digi­tal First‘ gilt es, für neue Pro­zes­se direkt digi­ta­le Lösun­gen ein­zu­füh­ren – und auf allen Ebe­nen die Akzep­tanz und Kom­pe­tenz zu för­dern, um ent­spre­chen­de Tech­no­lo­gien sinn­voll zu nut­zen“, warnt Rohleder.

 

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