Behandelt wurden spannende Themen aus den Bereichen Fußdeformitäten, Skoliosebehandlung aber auch Querschnittlähmung und aktuelle Forschungsansätze. Ein bunter Strauß spannender Beiträge mit höchst kompetenten Referenten traf auf ein interessiertes Publikum aus den verschiedensten Berufsgruppen aus Medizin, Handwerk und Industrie. Zu Beginn begrüßten die Vorsitzenden der drei gastgebenden Länder, Michael Möller (Deutschland), Dr. Franz Landauer (Österreich) und Dr. Thomas Böni in Vertretung von Dr. Martin Berli (Schweiz), ihre Gäste. Im Anschluss übernahm Bodo Schrödel, Obermeister der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Technik, das Wort, um einige Sätze zu dem am Vortag im Bundestag auf den Weg gebrachten Ausschreibungsverbot für Hilfsmittel zu verlieren.
Fachthema „Fußdeformitäten“
Als Eröffnungsredner des Fachthemas „Fußdeformitäten“ unter der Leitung von Michael Möller konnte mit Dr. Leonhard Döderlein einer der renommiertesten kinderorthopädischspezialisierten Mediziner des Landes gewonnen werden. Döderlein hob die Bedeutung der beiden großen Hebel bestehend aus Vor – und Rückfuß hervor und stelltedar, wie aus medizinisch-biomechanischer Sicht die Funktion eines anatomischen Fußhebels zu verstehen ist. Die Orthopädie-(Schuh-)Technik könnte bei pathologischenVeränderungen unterstützende Funktionen übernehmen.
Anhand von klinischen Beispielen mit Patienten aus den Bereichen Apoplex, MMC und Ballenholfuß bei Charcot–Marie–Tooth zeigte im nächsten Beitrag Dr. Gregor Pittl auf, wie operative und konservative orthetische Maßnahmenkomplementäre Effekte hervorrufen. Pittl betonte die Wichtigkeit, sowohl einen funktionellen Ansatz zuwählen, als auch die plantigrade Einstellung eines Fußesmit einer neuromuskulär bedingten Fußdeformität zu erreichen. Je nach Indikationsstellung könnten weichteilige oder knöcherne operative Maßnahmen die Folge sein. Georg Forster stellte anschließend u. a. aktuelle messtechnische Möglichkeiten im Zuge einer adäquaten Anpassung von Fußversorgungen beim diabetischen Fußsyndrom vor. Er verwies z. B. darauf, dass es eine Kombination von klassischen Bildgebungsverfahren und einem 3D-Fuß-Scan erlaube, durch ein dreidimensionales Bild die anatomischen Strukturen besser auf das spätere Modell projizieren zu können.
Es folgte ein spannender „Tandembeitrag“ von Dr. Ulrich Hafkemeyer und Michael Möller, der auf die Besonderheitenin der orthopädie-schuhtechnischen Kinderversorgung einging. Nach einer kurzen Einführung in die Versorgungsabläufe betonte Hafkemeyer den Stellenwert eines multidisziplinären Teams im Setup eines Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ). Hafkemeyer und Möller führten aus, dass eine koordinierte und berufsgruppenübergreifende Konzeptionessentiell ist, um eine effiziente Versorgungsstrategiezu entwickeln. Konservative und operative Optionen seien gemeinsam abzuwägen und basierend auf der Untersuchungund Anamnese im Team zu beschließen.
Nach anregenden Diskussionen rund um das Thema Fuß nutzten die Kongressteilnehmer die folgende Pause für eine Besichtigung der Austellerstände, ehe Dr. Franz Landauer und Dr. Stefan Middeldorf den Vorsitz des Schwerpunkts „Die idiopathische Skoliose“ übernahmen. Dr. Thomas Böni eröffnete das Vortragsprogramm mitmöglichen Behandlungsoptionen aus Sicht eines Orthopäden.
Dabei verwies er auf die enorme Bedeutung einer guten und umfassenden Diagnostik und betonte, dass die idiopathische Skoliose zwingend von anderen potentiellen Ursachen abzugrenzen sei, um eine zielführende Therapieeinleiten zu können. Hierzu zählen auch die klaren und differenzierten Festlegungen von realistischen und damit erreichbaren Versorgungszielen. Welche Behandlungsmöglichkeiten die Orthopädie-Technik bei einer idiopathischen Skoliose bietet, stellte Dipl.-Orth. Prot. Andreas Würsching in Augsburg vor. Hinsichtlich der Korsettversorgung ließ es sich der Referent nicht nehmen, einen zeitgeschichtlichen Exkurs durch die Therapieform zu unternehmen.
Dabei gelangte er wenig überraschend im Laufe des Vortrags zum bahnbrechenden Konzept nach Chêneau. Dieses führte zu einer Vielzahl von Abwandlungen aber auch speziellen Weiterentwicklungen.In der Konsequenz konnten dabei nicht nur Standardisierungen in der Maßnahme und Umsetzung erfolgen, sondernder Bereich der Servicefertigungen von Korsetten neue Möglichkeiten erfahren. Gleichzeitig wies Würsching daraufhin, dass letztgenanntes Verfahren nur eine Basis bilde und die finalen Anpassungen weiterhin der Hoheit und der Kompetenz des Orthopädie-Technikers vor Ort unterlägen. M.Sc. Linda Dyer rundete anschließend den interdisziplinären Ansatz aus physiotherapeutischer Perspektive ab.
Neben einer Anleitung zur Korrekturhaltung gehöre ein dezidiertes Rumpftraining zur Therapie der zumeist jungen Patienten. Durch die Unterstützung einer Smartphone-App könne ein eigenständiges Training der Patienten organisiert werden, das wiederum eine hohe Akzeptanz bei den Anwendern fände.
Zum Abschluss des Themenbereichs widmete sich Dr. Landauer der Frage, inwieweit der Einsatz von Rumpforthesen im Falle einer segmentalen Degeneration/Instabilität erfolgsversprechend sei. Landauer ging in seinem Beitrag u. a. auf die besondere Situation von Skoliosen im Erwachsenenalter ein. Im Falle einer Korsettbehandlung seien gewisse Randbedingungen zu beachten, wie etwa eine gewisse Flexibilität der Wirbelsäule. Eine individuelle Betrachtungsweise im Hinblick auf potentielle Konsequenzen für die Zukunft sei geboten, um degenerativen Prozessen und Veränderungen zuvor zu kommen, da diese auch neurologische Auswirkungen haben könnten.
von Merkur Alimusaj
- Das Handwerk trauert um Werner Dierolf — 28. September 2024
- Die OTWorld und das große Rauschen — 16. Mai 2024
- OT an die Welt – Die OTWorld 2024 ist in Leipzig gelandet — 14. Mai 2024