Pri­vat­sphä­re auf Knopfdruck

Welche Maßnahmen können Betriebsinhaber:innen ergreifen, um das eigene Können ins rechte Licht zu rücken? Die Frage beschäftigte auch Fabian vom Dorff und Bastian Dittner, Geschäftsführer beim Sanitätshaus H&R in Kaarst. Die Antwort darauf hat das Duo im Dialog mit dem eigenen Team sowie der engagierten Planerin gefunden.

Eine Show­ka­bi­ne für die Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung gewährt den Kund:innen einen ers­ten Ein­blick hin­ter die Kulis­sen. Per Knopf­druck kann die Kabi­ne aller­dings blick­dicht gemacht wer­den und so für die nöti­ge Pri­vat­sphä­re sor­gen. Wie die Ent­schei­dungs­fin­dung ablief, erklä­ren vom Dorff und Ditt­ner im Gespräch mit der OT-Redaktion.

OT: Um- oder Neu­bau? Vor die­ser Fra­ge ste­hen Betriebsinhaber:innen immer wie­der. War­um haben Sie sich für einen Neu­bau Ihrer Zen­tra­le entschieden?

Fabi­an vom Dorff: Da unser vor­he­ri­ger Fir­men­sitz ein Miet­ob­jekt war, stell­te sich die Fra­ge eines Umbaus für uns nicht. Am alten Stand­ort hät­te es aber auch kei­nen Sinn erge­ben, da wir dort räum­lich an vie­le Gren­zen gesto­ßen sind, z. B. bei der Lager­ka­pa­zi­tät oder Aus­stel­lungs­flä­che. Vie­le Din­ge haben das Tages­chge­schäft aus Kapa­zi­täts­grün­den so stark erschwert, dass wir eine Ent­schei­dung tref­fen muss­ten. Bei der Suche nach geeig­ne­ten Alter­na­ti­ven stand direkt um die Ecke ein geeig­ne­tes Grund­stück zum Ver­kauf, das die Mög­lich­keit eines Neu­baus natür­lich noch­mal stark in den Vor­der­grund rück­te. Eben­falls haben wir uns gewünscht, unse­ren Stand­ort in Kaarst zu erhal­ten, und auch mit der Lage im Kaars­ter Gewer­be­ge­biet waren wir immer sehr zufrieden.

OT: Wel­che Anfor­de­run­gen muss­te der Neu­bau erfüllen?

Bas­ti­an Ditt­ner: Natür­lich woll­ten wir uns mit dem Neu­bau wei­ter­ent­wi­ckeln und vor allem auch lang­fris­tig den­ken, um den Anfor­de­run­gen eines moder­nen, inno­va­ti­ven Sani­täts­hau­ses auch in Zukunft gerecht zu wer­den. Daher war es uns nicht nur wich­tig, aktu­el­le Arbeits­pro­zes­se zu opti­mie­ren und effi­zi­en­ter zu wer­den, son­dern auch Mög­lich­kei­ten zur Wei­ter­ent­wick­lung offen zu las­sen. Ein grö­ße­rer Ver­kaufs­raum, eine ver­bes­ser­te Logis­tik-Situa­ti­on sowie aus­rei­chend Park­mög­lich­kei­ten für PKWs und Fahr­rä­der waren wich­ti­ge Gesichts­punk­te. Auch das The­ma Nach­hal­tig­keit hat­te eine gro­ße Bedeu­tung und unser neu­es Fir­men­ge­bäu­de wur­de beson­ders ener­gie­ef­fi­zi­ent gebaut.

OT: Wel­che Rol­le spiel­te die Erfah­rung von Mit­ar­bei­ten­den bei der Planung?

Ditt­ner: Eine sehr gro­ße. Wir haben unser gesam­tes Team bereits am Anfang der Pla­nung mit ein­be­zo­gen und auch eine Mit­ar­bei­ter­um­fra­ge gestar­tet. Eben­so haben wir ihre Ein­schät­zun­gen für den jewei­li­gen Zustän­dig­keits­be­reich, auch bei spä­te­ren Ent­schei­dun­gen, immer wie­der mit ein­ge­holt. Wir haben uns gewünscht, dass unse­re Mit­ar­bei­ten­den ihren Arbeits­platz aktiv mit­ge­stal­ten kön­nen und natür­lich auch ihr Know-how mit ein­brin­gen. Wir sind über­zeugt, dass wir alle davon nur pro­fi­tie­ren konn­ten und es war sehr schön, einen sol­chen Team­geist zu spüren.

OT: Haben Sie sich pro­fes­sio­nel­le Hil­fe bei der Gestal­tung des Ver­kaufs­raums geholt?

Vom Dorff: Ja, das haben wir! Und wir hal­ten es auch für sehr wich­tig, sich Part­ner mit ins Boot zu holen, die bereits Erfah­rung in ent­spre­chen­den Berei­chen haben. Für uns war es sehr gut, dass wir mit Elke Park von Park­raum aus Stutt­gart eine Innen­ar­chi­tek­tin an unse­rer Sei­te hat­ten, die sich auch spe­zi­ell mit dem Sani­täts­fach­han­del aus­kennt. Natür­lich hat­ten wir unse­re Visi­on und Vor­stel­lung, wie unser Ver­kaufs­raum aus­se­hen soll­te, aber es ist natür­lich auch wich­tig, Vor- und Nach­tei­le aller Ideen abzu­wä­gen und vor allem auch die All­tags­taug­lich­keit dabei nicht aus den Augen zu lassen.

OT: Wel­chen Ein­fluss hat­te die Raum­pla­ne­rin auf die Gestaltung?

Ditt­ner: Wir waren ein sehr gutes Team und haben trotz der räum­li­chen Ent­fer­nung von meh­re­ren Hun­dert Kilo­me­tern eng zusam­men­ge­ar­bei­tet. Vor allem bei der Visua­li­sie­rung und Mate­ri­al­aus­wahl war es sehr hilf­reich, pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung zu haben. Auch wenn die fina­le Ent­schei­dung natür­lich am Ende immer bei uns lag, war es stets ein kon­struk­ti­ver und wert­vol­ler Aus­tausch und ein opti­ma­les Zusam­men­spiel aus Visio­nen, Erfah­rung und jeder Men­ge krea­ti­ver Ideen, die es letzt­end­lich zu dem gemacht haben, was es heu­te ist, ein Ver­kaufs­raum mit Wohl­fühl­fak­tor, in dem vor allem eines steckt: jede Men­ge Herzblut!

OT: Sie haben eine Kabi­ne für das Ver­mes­sen und die Anpro­be von Kom­pres­si­ons­hilfs­mit­teln, die eine gro­ße Fens­ter­front hat und sich auf Knopf­druck blick­dicht machen lässt. War­um haben Sie sich für die­ses Gestal­tungs­ele­ment entschieden?

Vom Dorff: Weil sich in die­sem Anpass­raum eine tol­le und inno­va­ti­ve Beson­der­heit aus dem Kom­pres­si­ons­be­reich ver­birgt: und zwar ein digi­ta­les Ganz­kör­per-Mess­ge­rät, das mit moderns­ter Mess­tech­nik eine exak­te und berüh­rungs­lo­se Ver­mes­sung der ein­zel­nen Kör­per­par­tien ermög­licht. Die­ses High­light woll­ten wir unse­ren Kund:innen natür­lich nicht vor­ent­hal­ten. Vie­le Kund:innen wis­sen auch gar nicht, wie sehr sich vie­le Berei­che im Sani­täts­fach­han­del mit der Zeit wei­ter­ent­wi­ckelt haben. Wir fin­den es wich­tig, die Kund:innen auch dort abzu­ho­len und ihnen die Ent­wick­lun­gen näher zu bringen.

OT: Wie neh­men Kund:innen das Fens­ter wahr?

Ditt­ner: Vie­le Kund:innen, die unser Laden­lo­kal zum ers­ten Mal betre­ten, sind fas­zi­niert und reagie­ren neu­gie­rig, was sich hin­ter die­sem beson­de­ren Fens­ter ver­birgt. Die meis­ten stel­len auch direkt Fra­gen, wodurch man schnell in ein per­sön­li­ches Gespräch kommt. Auch die prak­ti­sche Schalt­funk­ti­on, durch die das Glas auf Knopf­druck undurch­sich­tig wird, begeis­tert vie­le Kund:innen. Wir woll­ten ein­fach mal etwas anders machen und ein biss­chen Abwechs­lung bieten.

OT: Wie ist das Fazit Ihrer Mit­ar­bei­ten­den zu der Gestaltungsmaßnahme?

Vom Dorff: Für unse­re Mit­ar­bei­ten­den ist es auch sehr ange­nehm, da die Glas­schei­be ja nur durch einen ein­zi­gen Klick auf einen Schal­ter blick­dicht wird und dann wie ein geschlos­se­ner Raum fun­giert. Die gro­ße Glas­front bie­tet natür­lich auch mehr Licht im Anpass­raum, was für eine hel­le­re und freund­li­che­re Arbeits­at­mo­sphä­re sorgt.

OT: War­um fiel die Wahl auf die Kom­pres­si­ons­ver­sor­gung und nicht auf einen Ein­blick in die Werkstatt?

Vom Dorff: Der Ver­sor­gungs­be­reich Kom­pres­si­on ist natür­lich eine unse­rer Kern­kom­pe­ten­zen. In einem Restau­rant ist das Herz­stück die Küche – dort macht es natür­lich Sinn, den Kund:innen einen Ein­blick zu gewäh­ren. Unser Herz­stück ist nicht die Werk­statt, son­dern unse­re ein­zel­nen Ver­sor­gungs­be­rei­che. Unse­re Werk­statt muss sich zwar trotz­dem nicht ver­ste­cken, ist aber bei wei­tem nicht so span­nend, wie vie­le ande­re Berei­che in unse­rem Sanitätshaus.

OT: Könn­ten Sie sich vor­stel­len, wei­te­re Bereich der Ver­sor­gung ähn­lich trans­pa­rent zu machen?

Ditt­ner: Grund­sätz­lich gibt es bei uns kei­ne Ver­sor­gungs­be­rei­che, die nicht trans­pa­rent sind, und wir haben uns bewusst für ein offe­nes Raum­kon­zept ent­schie­den. Unse­re Mess­tech­nik für ortho­pä­di­sche Schuh­ein­la­gen z. B. befin­det sich hin­ter einem trans­lu­zen­ten Vor­hang, der zwar licht­durch­läs­sig ist wie eine Glas­schei­be, aber kei­ne Men­schen oder Gegen­stän­de dahin­ter erken­nen lässt. Die­se tol­le Idee stamm­te von unse­rer Innen­ar­chi­tek­tin und sorgt auf jeden Fall für einen wei­te­ren Hin­gu­cker in unse­rem Ver­kaufs­raum. Auch Türen von Bera­tungs­räu­men ste­hen bei uns immer offen, sofern dar­in gera­de kei­ne Bera­tung statt­fin­det. So kön­nen Kund:innen jeder­zeit einen Ein­blick in unse­re Räum­lich­kei­ten erhal­ten, sodass sie wis­sen, was sie in unse­rem Sani­täts­haus erwar­tet. Vie­le schät­zen die­se Trans­pa­renz und Offen­heit sehr.

Vom Dorff: Natür­lich schüt­zen wir in allen Berei­chen, die es erfor­dern, auch jeder­zeit die Pri­vat­sphä­re unse­rer Kund:innen, da man­che Ver­sor­gun­gen ja auch ohne Klei­dung statt­fin­den. Selbst­ver­ständ­lich haben wir auch Bera­tungs­räu­me, in die wir uns mit Kund:innen zurück­zie­hen kön­nen, um über inti­me­re The­men, wie z. B. Inkon­ti­nenz­ver­sor­gung zu sprechen.

OT: Wie bewer­ten Kund:innen die Gestal­tung Ihres Betriebs?

Vom Dorff: Vie­le Kund:innen sind sehr ange­tan, vor allem von der Wohn­lich­keit unse­rer Ein­rich­tung. Es war uns wich­tig, dass man sich jeder­zeit will­kom­men fühlt. Daher haben wir z. B. auch eine klei­ne Sitz­ecke in unse­rem Ver­kaufs­raum ein­ge­rich­tet, in der man auf gemüt­li­chen Ses­seln Platz neh­men kann. Für Kund:innen mit einem Han­di­cap oder einer Seh­be­hin­de­rung haben wir auch dar­auf geach­tet, bar­rie­re­frei ein­ge­rich­tet zu sein und z. B. knal­li­ge Far­ben zur Ori­en­tie­rung zu ver­wen­den. Dafür haben wir von der Stadt Kaarst auch das offi­zi­el­le Signet „Kaarst bar­rie­re­frei“ erhalten.

OT: Hilft ein moder­nes Erschei­nungs­bild bei der Rekru­tie­rung von Fachkräften?

Ditt­ner: Natür­lich wünscht sich jeder ein ange­neh­mes Arbeits­um­feld, schließ­lich ver­bringt man ja auch viel Zeit an sei­nem Arbeits­platz. Wir fin­den es wich­tig, ein Arbeits­um­feld zu haben, in dem man sich wohl­fühlt. Dies kann sowohl an einem neu­en, moder­nen Stand­ort sein als auch an einem alten Gebäu­de, das an ande­rer Stel­le sei­nen Charme hat. Aber natür­lich mer­ken wir, dass wir mit dem neu­en Gebäu­de und den leuch­ten­den Fir­men­far­ben eine gewis­se Auf­merk­sam­keit erhal­ten und sicher auch mehr wahr­ge­nom­men wer­den als am vor­he­ri­gen Stand­ort. Bewer­ber freu­en sich über das moder­ne Erschei­nungs­bild, aber am Ende den­ken wir, dass es ande­re Aspek­te sind, war­um sich jemand für uns entscheidet.

OT: Wie wer­den Sie ins­ge­samt in Kaarst wahrgenommen?

Vom Dorff: In unse­rer Hei­mat­stadt Kaarst füh­len wir uns sehr wohl und auch vie­le Mit­ar­bei­ten­de sind hier zu Hau­se. Dadurch sind wir von Grund auf schon sehr ver­bun­den mit der Stadt und natür­lich auch sehr bedacht dar­auf, ein gutes loka­les Netz­werk zu pfle­gen. Die Leu­te tre­ten uns sehr auf­ge­schlos­sen ent­ge­gen und wir erhal­ten vie­le posi­ti­ve Rück­mel­dun­gen zu unse­rem neu­en Stand­ort. Wir freu­en uns sehr über die­se Wert­schät­zung und den loka­len Zuwachs.

OT: Sie haben nun eini­ge Mona­te Erfah­run­gen sam­meln kön­nen. An wel­chen Stel­len muss­ten Sie nach­steu­ern und wo sind posi­ti­ve Effek­te ein­ge­tre­ten, mit denen Sie im Vor­feld nicht gerech­net haben?

Ditt­ner: Der Ver­kaufs­raum und die Bera­tung vor Ort wer­den am neu­en Stand­ort noch­mal deut­lich stär­ker genutzt, als wir es erwar­tet haben, und so haben wir in den ver­gan­ge­nen Mona­ten noch­mal eini­ges an Per­so­nal auf­ge­stockt, um gut auf­ge­stellt zu sein. Sehr posi­tiv hat sich vor allem auch der Bereich der ortho­pä­di­schen Schuh­ein­la­gen ent­wi­ckelt, wel­chen wir mit dem Neu­bau neu hin­zu­ge­won­nen haben. Mit  moderns­ter Mess- und Ana­ly­se­tech­nik, die in die­ser Art sogar ein­zig­ar­tig ist, ver­mes­sen wir die Füße unse­rer Kund:innen sehr prä­zi­se und konn­ten schon nach kur­zer Zeit wesent­lich mehr Kund:innen mit Schuh­ein­la­gen ver­sor­gen als erwartet.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

 

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