„Wir sehen mit Sorge, wie sich die Krankenhäuser immer weiter mit Corona-Patienten füllen, besonders in den Hochinzidenzgebieten. Etliche Häuser kommen an ihre Belastungsgrenze, das hat auch Einfluss auf die Orthopädie und die orthopädische Chirurgie. Denn es sind wichtige Operationskapazitäten eingeschränkt, zum Beispiel für Wechseloperationen gelockerter Endoprothesen, insbesondere bedingt durch die vermehrt notwendigen Intensivbetten für Covid-19-Patienten. Wenn aber Patient:innen mit akut starken Schmerzen zu uns kommen und bei ihnen dringender Behandlungsbedarf besteht, haben diese auch Vorrang und werden nicht abgewiesen. Es sind uns keine Fälle bekannt, bei denen auch in der aktuell angespannten Lage besonders kranke Menschen durch Orthopäden und Unfallchirurgen wieder nach Hause geschickt worden wären.“
Dem DGOU liegen Operationsdaten aus der zweiten Welle vor, die ein Ungleichgewicht bei den Verschiebungen von planbaren Operationen zeigt. Kleine Krankenhäuser verzeichneten auf Grund ihrer schlechteren räumlichen und personellen Ausstattung eine größere Ausfall- bzw. Verschiebungsquote als große Häuser. Wenn Operationen verschoben wurden, dann betraf dies vor allem Operationen an der Wirbelsäule, den Ersatz künstlicher Hüft- und Kniegelenke und arthroskopische Eingriffe. Auch Operationen an der Hand waren davon betroffen. Letztgenannter Eingriffsbereich wird auch aktuell in der vierten Welle vorrangig zurückgestellt.
Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier, Erster Vorsitzender DGIHV, beschreibt in seinem Gastbeitrag, welche Auswirkungen die aktuelle Corona-Welle und Verschiebungen geplanter Operationen auf die interprofessionelle Hilfsmittelversorgung haben.
Wieder bestehen aktuell Einschränkungen für die tägliche Arbeit durch Corona-Regelungen. Und wieder einmal bestehen bundesweit landesspezifische und ständig überarbeitete Vorgaben, welche die handelnden Personen im Alltag mit administrativen und infrastrukturellen Anforderungen überladen.
Teststrategien verlangen auch für geimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die tägliche Corona-Testung und zusätzliche Tests in verschiedenen Pflegeeinrichtungen sowie Kliniken. Damit verbunden: Zeitverlust und erhebliche Zusatzkosten für das Personal in der Hilfsmittelbranche.
Die häusliche Versorgung der Patientinnen und Patienten ist wesentlich erschwert. Hausbesuche bergen erhöhte Gesundheitsrisiken, da der aktuelle Impfstatus und die Testung am Besuchstag teilweise nur eingeschränkt überprüfbar sind. Der Zugang in Pflegeeinrichtungen zur Versorgung von Menschen mit Behinderung oder Senioren ist teilweise nicht möglich, das Risiko einer eigenen Erkrankung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht. Ausfälle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern komprimieren die Arbeitsbelastung der übrigen.
Bei zusätzlichen Verschiebungen von Operationen steigen die Anforderungen an ambulante Versorgungen und Hilfsmittelanpassungen außerhalb der Kliniken.
Interdisziplinäre Sprechstunden sind zwar mit Hürden durchführbar, aber beispielsweise Menschen mit Behinderung und besonders Kinder mit Handicap leiden vermehrt unter der Situation.
Hilfsmittelbetriebe sind mittlerweile existenziell bedroht durch diese zusätzlichen Betriebskosten: Dazu zählen stark gestiegene Frachtkostenzuschläge für Reha-Hilfsmittel sowie erhöhte Energiekosten. Einzelne Hilfsmittel werden wegen der weltweiten Ressourcenmängel knapp, so zum Beispiel Aluminium.
Insgesamt steigt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern und Hilfsmittelbetrieben die Frustration: Trotz ihrer Teilnahme an Impfungen belasten zunehmend die ständig wechselnden Regelungen und Einschränkungen die tägliche Arbeit.
Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier
Erster Vorsitzender DGIHV
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