Vor rund 350 geladenen Ehrengästen sprachen hochrangige Politiker wie Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil ebenso wie der Paralympics-Spitzensportler Heinrich Popow. Im Rahmen der am selben Tag stattfindenden Eröffnung der Ausstellung „Vom Start-up zum Weltmarktführer – 100 Jahre Ottobock“ in der Kunsthalle HGN verlieh BIV-OT-Präsident Klaus-Jürgen Lotz die Heine-Hessing-Medaille in Gold, die höchste Auszeichnung des Fachs, an Professor Hans Georg Näder in Anerkennung und Würdigung seiner herausragenden Verdienste im Bereich der Orthopädie-Technik.
BIV-OT-Präsident Lotz unterstrich in seiner Laudatio die persönlichen Leistungen des Geehrten: „Ohne der Firma, den Mitarbeitern und allen am Erfolg des Unternehmens Beteiligten etwas abzusprechen – es war und ist die Person Hans Georg Näder, die den Motor der Innovation antreibt; er lebt und liebt die Revolution.“ Bei aller Revolution sei er jedoch „immer Ansprechpartner geblieben, der sich dem Dialog und der gemeinsamen Fortentwicklung der Branche verpflichtet weiß – auch und gerade wenn man unterschiedlicher Meinung ist“.
Näder zeigte sich gerührt über die Auszeichnung und unterstrich, dass er den Dialog sehr schätze und dankbar sei, dass er verstanden werde. „Manchmal muss man als Unternehmer Dinge tun, die für die Partner nicht gleich verständlich sind. Wenn wir als Ottobock über digitale Transformation sprechen, dann ist das vielleicht für das Gesundheitshandwerk nicht immer gleich übersetzbar. Deswegen ist der Dialog so wichtig.“ Er unterstrich die gemeinsamen Leistungen in der Orthopädie-Technik, sowohl in der Vergangenheit als auch für die Zukunft: „Deutsche Orthopädie-Technik und Ottobock sind eine Harmonie. Wir haben gemeinsam die Orthopädie-Technik entwickelt, sodass wir heute von ‚Normalität‘ statt ‚Inklusion‘ sprechen können. Aus einem vielleicht vor 20 Jahren noch leicht angestaubten Fach ist ein Zukunftshandwerk geworden.“
Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel während des Festakts im Historischen Rathaus die Leistungen des Unternehmers als „Paradebeispiel für Mittelstand und Familienunternehmen“ gewürdigt. Verantwortungsbewusstsein ziehe sich durch die 100-jährige Unternehmensgeschichte von Ottobock: „Technologie dient hier dem Menschen.“ Ins Zentrum ihrer Rede stellte auch Merkel die Herausforderungen der Digitalisierung: Man befinde sich global mitten in einer „Transformationsphase, einer neuen Stufe des wirtschaftlichen Geschehens, die mit Entwicklungen wie dem Buchdruck oder der Industrialisierung gleichgesetzt werden kann. In solchen Zeiten werden Vormachtstellungen neu verteilt. Sie müssen neu erkämpft werden.“ Hier gelte es für die Unternehmen, mit „Qualität und Geschwindigkeit“ zu agieren. Die Bundeskanzlerin zeigte sich zuversichtlich, dass Ottobock sich dieser Herausforderung erfolgreich stellen werde.
Als „herausragendes Beispiel für ‚German Mittelstand‘“ lobte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil den Duderstädter Medizintechnik-Hersteller. Dass Deutschlands Wirtschaft stark mittelständisch geprägt ist, sei während der Weltfinanzkrise vor 10 Jahren als großer globaler Wettbewerbsvorteil angesehen worden. Unter „German Mittelstand“ verstehe man Unternehmen überschaubarer Größe, hoch innovativ, die aus einer regionalen Umgebung den Schritt in die Internationalisierung wagten und es in ihren Sparten zur Weltmarktführung bringen könnten. Als Familienunternehmen zeichneten sie sich zudem durch ein Denken in Generationen sowie durch eine besondere Loyalität gegenüber ihren Beschäftigten und ihrem Standort aus. Wenn dann noch, wie bei Ottobock, „sinnstiftender Zweck des Unternehmens“ sei, „Menschen das Leben leichter zu machen“, könne man nur sagen: „Alles richtig gemacht!“
Der Duderstädter Bürgermeister Wolfgang Nolte betonte in seiner Ansprache die besondere Bedeutung von Ottobock für die gesamte Region. Er bedankte sich für inzwischen mehr als 70 Jahre „gelebte Standorttreue, Impulse für die Stadtentwicklung, permanente Zukunftsperspektiven und gemeinnütziges Engagement“ und erinnerte an das Jahr 1946, als Dr. Max Näder, Vater von Hans Georg Näder, mit dem Fahrrad ins südniedersächsische Duderstadt gekommen war, um dort sein Unternehmen nach der entschädigungslosen Enteignung des Privatbesitzes der Familie und der Fabrik im thüringischen Königsee durch die Sowjetische Militäradministration neu aufzubauen.
Leichtathletik-Star Heinrich Popow, der seine aktive Sportlerkarriere im vergangenen Jahr beendete, bedankte sich in einer emotionalen Rede „im Namen aller Menschen mit Mobilitätseinschränkungen“ bei Hans Georg Näder für dessen besonderes paralympisches Engagement seit über 30 Jahren. Ottobock ist Hauptsponsor der Paralympics und begleitet mit einem großen internationalen Team von Technikern die Athleten bei den Wettkämpfen. Der linksseitig knieexamputierte Popow würdigte den Ottobock-Chef auch für sein stetiges visionäres Vorantreiben technischer Innovationen, dank derer „wir die Menschen sein dürfen, die wir sein wollen“.
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