Unter der wissenschaftlichen Leitung von Assoc.-Prof. Jonas Askø Andersen diskutierten Experten aus acht Ländern über aktuelle Entwicklungen in Diagnostik und Therapie von Lymphödemen und Lipödemen sowie neue Ansätze im Wundmanagement.
Lymphödem: Sichtbarmachen und Selbstmanagement im Fokus
Einen Schwerpunkt bildeten innovative Diagnoseverfahren für Lymphödeme. Prof. Jean-Paul Belgrado stellte die ICG-Methode (Indocyaningrün-Lymphographie) vor, mit der sich individuelle Lymphabflusswege visualisieren lassen. Seine “Fill & Flush”-Technik ermöglicht eine präzisere Darstellung oberflächlicher Lymphbahnen und könnte die Behandlungsplanung verbessern.
Neben der Diagnostik rückte auch die Therapie in den Mittelpunkt. Dr. Daniel Drebinger betonte die zentrale Rolle regelmäßiger Bewegung für Lymphödem-Patienten und gab praktische Empfehlungen zur Integration von Sport in den Alltag. Physiotherapeut John Jordi unterstrich, dass aktives Selbstmanagement entscheidend für den Therapieerfolg sei.
Die Kompressionstherapie müsse modern, effektiv und flexibel gestaltet werden, forderte Bandagistenmeisterin Christine Hemmann-Moll. Nur so könnten Patienten zu mehr Eigenständigkeit befähigt werden – auch beim Sport. Assoc.-Prof. Chieh-Han John Tzou präsentierte Ansätze der hybriden rekonstruktiven Lymphchirurgie, bei der ein präoperatives Mapping mittels ICG unverzichtbar sei. Zudem verwies er auf die Bedeutung positiver Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten, insbesondere bei psychisch belastenden Krankheitsverläufen.
Wundmanagement: Kompression als Schlüssel
Im Bereich des Wundmanagements zeigte Dr. Ewa Burian auf, dass Ödem-Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko für chronische Wunden oder Erysipele haben. Dieses Risiko lasse sich jedoch durch konsequente Therapie halbieren, wobei die Kompression eine zentrale Rolle spiele.
Dr. Holger Lawall hob die Bedeutung der Kompressionstherapie bei diabetischen Fußulzera hervor. Eine sorgfältige Diagnostik der arteriellen Durchblutung sei dabei unerlässlich. Bei Unverträglichkeit starker Kompression könne die intermittierende pneumatische Kompression eine Alternative darstellen.
Kreative Lösungsansätze präsentierte Dr. Peter Siesing-Mejer: Er demonstrierte, wie individuell angepasste medizinische Kompressionssysteme auch bei durch Fixateur extern ruhiggestellten Frakturen eingesetzt werden können.
Lipödem: Genetik, Leitlinien und Lebenswirklichkeit
Prof. Kristiana Gordon eröffnete den Themenblock zum Lipödem mit dem Hinweis, dass trotz identifizierter genetischer Zusammenhänge noch viele Fragen offen seien. Prof. Erich Brenner erläuterte die deutschen S2k-Leitlinien und stellte klar, dass die Stadieneinteilung des Lipödems rein beschreibend sei und nicht den Schweregrad abbilde.
Dr. Erla Gredur Sveinsdottir verglich Lipödem und Adipositas und betonte, dass ein gesunder Lebensstil wichtiger sei als der reine Fokus auf Gewichtsverlust. Zu chirurgischen Behandlungsansätzen berichtete Dr. Hildur Skuladottir aus Norwegen: Eine Liposuktion verbessere zwar nicht die Stoffwechselgesundheit, könne aber durch anschließende Aktivität die Gewichtsreduktion stabilisieren. Gleichzeitig warnte sie vor Gewichtszunahme an anderen Körperstellen nach dem Eingriff.
Besonders bewegend war der Beitrag von Nanna Árnadóttir, die seit ihrer Jugend an einem Lipödem leidet. Jahrelang blieb ihre Erkrankung unerkannt. Heute spricht sie offen über ihren Weg und ermutigt andere Frauen, sich nicht zu verstecken.
Ausblick auf mehr Interdisziplinarität
Das Jubiläum des Symposiums markierte nicht nur einen Meilenstein, sondern auch einen Ausblick: Die Organisatoren setzen auf mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit, verstärkte Forschung und bessere Sichtbarkeit für Betroffene. Eine abschließende Podiumsdiskussion bot Raum für Fragen und Austausch zwischen Publikum und Referenten.