Zehn Jah­re Aus­tausch über Lymph­ödem und Lipödem

Mehr als 200 Fachleute aus der Lymphologie, Phlebologie und Wundbehandlung trafen sich Anfang Juni in Kopenhagen zum zehnten internationalen Juzo-Symposium.

Unter der wis­sen­schaft­li­chen Lei­tung von Assoc.-Prof. Jonas Askø Ander­sen dis­ku­tier­ten Exper­ten aus acht Län­dern über aktu­el­le Ent­wick­lun­gen in Dia­gnos­tik und The­ra­pie von Lymph­öde­men und Lipö­de­men sowie neue Ansät­ze im Wundmanagement.

Lymph­ödem: Sicht­bar­ma­chen und Selbst­ma­nage­ment im Fokus

Einen Schwer­punkt bil­de­ten inno­va­ti­ve Dia­gno­se­ver­fah­ren für Lymph­öde­me. Prof. Jean-Paul Bel­gra­do stell­te die ICG-Metho­de (Indo­cya­nin­grün-Lym­pho­gra­phie) vor, mit der sich indi­vi­du­el­le Lymph­ab­fluss­we­ge visua­li­sie­ren las­sen. Sei­ne “Fill & Flush”-Technik ermög­licht eine prä­zi­se­re Dar­stel­lung ober­fläch­li­cher Lymph­bah­nen und könn­te die Behand­lungs­pla­nung verbessern.

Neben der Dia­gnos­tik rück­te auch die The­ra­pie in den Mit­tel­punkt. Dr. Dani­el Dre­bin­ger beton­te die zen­tra­le Rol­le regel­mä­ßi­ger Bewe­gung für Lymph­ödem-Pati­en­ten und gab prak­ti­sche Emp­feh­lun­gen zur Inte­gra­ti­on von Sport in den All­tag. Phy­sio­the­ra­peut John Jor­di unter­strich, dass akti­ves Selbst­ma­nage­ment ent­schei­dend für den The­ra­pie­er­folg sei.

Die Kom­pres­si­ons­the­ra­pie müs­se modern, effek­tiv und fle­xi­bel gestal­tet wer­den, for­der­te Ban­da­gis­ten­meis­te­rin Chris­ti­ne Hem­mann-Moll. Nur so könn­ten Pati­en­ten zu mehr Eigen­stän­dig­keit befä­higt wer­den – auch beim Sport. Assoc.-Prof. Chieh-Han John Tzou prä­sen­tier­te Ansät­ze der hybri­den rekon­struk­ti­ven Lym­ph­chir­ur­gie, bei der ein prä­ope­ra­ti­ves Map­ping mit­tels ICG unver­zicht­bar sei. Zudem ver­wies er auf die Bedeu­tung posi­ti­ver Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Ärz­ten und Pati­en­ten, ins­be­son­de­re bei psy­chisch belas­ten­den Krankheitsverläufen.

Wund­ma­nage­ment: Kom­pres­si­on als Schlüssel

Im Bereich des Wund­ma­nage­ments zeig­te Dr. Ewa Buri­an auf, dass Ödem-Pati­en­ten ein deut­lich erhöh­tes Risi­ko für chro­ni­sche Wun­den oder Ery­si­pe­le haben. Die­ses Risi­ko las­se sich jedoch durch kon­se­quen­te The­ra­pie hal­bie­ren, wobei die Kom­pres­si­on eine zen­tra­le Rol­le spiele.

Dr. Hol­ger Lawall hob die Bedeu­tung der Kom­pres­si­ons­the­ra­pie bei dia­be­ti­schen Fußul­zera her­vor. Eine sorg­fäl­ti­ge Dia­gnos­tik der arte­ri­el­len Durch­blu­tung sei dabei uner­läss­lich. Bei Unver­träg­lich­keit star­ker Kom­pres­si­on kön­ne die inter­mit­tie­ren­de pneu­ma­ti­sche Kom­pres­si­on eine Alter­na­ti­ve darstellen.

Krea­ti­ve Lösungs­an­sät­ze prä­sen­tier­te Dr. Peter Sie­sing-Mejer: Er demons­trier­te, wie indi­vi­du­ell ange­pass­te medi­zi­ni­sche Kom­pres­si­ons­sys­te­me auch bei durch Fix­a­teur extern ruhig­ge­stell­ten Frak­tu­ren ein­ge­setzt wer­den können.

Lipö­dem: Gene­tik, Leit­li­ni­en und Lebenswirklichkeit

Prof. Kris­tia­na Gor­don eröff­ne­te den The­men­block zum Lipö­dem mit dem Hin­weis, dass trotz iden­ti­fi­zier­ter gene­ti­scher Zusam­men­hän­ge noch vie­le Fra­gen offen sei­en. Prof. Erich Bren­ner erläu­ter­te die deut­schen S2k-Leit­li­ni­en und stell­te klar, dass die Sta­di­en­ein­tei­lung des Lipö­dems rein beschrei­bend sei und nicht den Schwe­re­grad abbilde.

Dr. Erla Gre­dur Sveins­dot­tir ver­glich Lipö­dem und Adi­po­si­tas und beton­te, dass ein gesun­der Lebens­stil wich­ti­ger sei als der rei­ne Fokus auf Gewichts­ver­lust. Zu chir­ur­gi­schen Behand­lungs­an­sät­zen berich­te­te Dr. Hil­dur Sku­la­dottir aus Nor­we­gen: Eine Lipo­suk­ti­on ver­bes­se­re zwar nicht die Stoff­wech­sel­ge­sund­heit, kön­ne aber durch anschlie­ßen­de Akti­vi­tät die Gewichts­re­duk­ti­on sta­bi­li­sie­ren. Gleich­zei­tig warn­te sie vor Gewichts­zu­nah­me an ande­ren Kör­per­stel­len nach dem Eingriff.

Beson­ders bewe­gend war der Bei­trag von Nan­na Árna­dót­tir, die seit ihrer Jugend an einem Lipö­dem lei­det. Jah­re­lang blieb ihre Erkran­kung uner­kannt. Heu­te spricht sie offen über ihren Weg und ermu­tigt ande­re Frau­en, sich nicht zu verstecken.

Aus­blick auf mehr Interdisziplinarität

Das Jubi­lä­um des Sym­po­si­ums mar­kier­te nicht nur einen Mei­len­stein, son­dern auch einen Aus­blick: Die Orga­ni­sa­to­ren set­zen auf mehr inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit, ver­stärk­te For­schung und bes­se­re Sicht­bar­keit für Betrof­fe­ne. Eine abschlie­ßen­de Podi­ums­dis­kus­si­on bot Raum für Fra­gen und Aus­tausch zwi­schen Publi­kum und Referenten.

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