Gemeinsam mit seinem Team unterstützt er OST- und OT-Betriebe sowie Sanitätshäuser dabei, ihre eigene Marke aufzubauen und zu vermarkten: nicht nur im Hinblick auf Kundengewinnung und ‑bindung ein Plus, sondern auch mit Blick auf potenzielle Nachwuchskräfte. Denn in einer Branche, in der die Moderne zwar in den Werkstätten, noch nicht aber in allen Köpfen eingezogen ist, kann Marketing vielleicht nicht alles, aber gut gemacht umso mehr.
Auch wenn die Wahrnehmung von der Notwendigkeit guten Marketings in den vergangenen Jahren mehr und mehr stieg, so Sislak, sei für Employer Branding (Arbeitgebermarkenbildung) noch wenig Verständnis vorhanden, also dass ein Betrieb nicht nur auf Kundenseite eine Marke etablieren muss, sondern ebenfalls mehr und mehr auf Arbeitgeberseite. Letztendlich sind die dahinterstehenden Mechanismen aber die gleichen, die für die Kundschaft angewendet werden. Dieses veraltete Denken versucht der Werbeexperte zu ändern. Denn auch mit Blick auf die Gewinnung neuer Fachkräfte kann dieser alleinige Fokus ein Problem darstellen. „Viele Betriebe tun sich schwer damit, Auszubildende und Mitarbeiter zu finden. Die Branche steht in der Wahrnehmung oft immer noch lediglich für Gummistrümpfe und Klumpfüße.“ Heute längst überholt, aber vom Marketing vernachlässigt.
Spezialisierung betonen
Egal ob Kund:in oder Mitarbeiter:in: Um von seinen Zielgruppen wahrgenommen zu werden, um aufzufallen und sich von der Masse abzuheben, braucht ein Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal. Und das sollte sich laut Sislak bereits im Namen wiederfinden. Entweder der ursprüngliche Name des Betriebs bleibt bestehen und zusätzlich wird die Spezialisierung über den Claim und die Werbekampagne impliziert, oder aber es wird ein komplett neuer Name entwickelt, nennt er zwei Optionen. Um gemeinsam mit dem jeweiligen Betrieb den passenden Weg zu finden, macht sich das Agenturteam vor Ort ein Bild. Wie die Firmen strukturiert sind, ist vordergründig ähnlich, aber im Detail sehr unterschiedlich, da die meisten Betriebe inhabergeführt sind oder einen Filialleiter haben, der seinen eigenen Stempel aufdrückt. Das Alleinstellungsmerkmal bezieht sich für Sislak vor allem auf die Hilfsmittel, die verstärkt angeboten und verkauft werden, im Bereich OST vielleicht Einlagen, im Bereich OT Orthesen und im Sanitätsfachhandel der Reha-Bereich. Wenn man genau hinschaut, werden aber Unterschiede deutlich: Im Gespräch mit einem Sanitätshaus stellte sich beispielsweise heraus, dass die Kompressionsversorgung fast 20 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht. „Dann müssen wir euch in diesem Bereich als Spezialisten positionieren“, so die Schlussfolgerung. Mit dem Konzept der „Einlage-to-go“ versucht ein anderer Betrieb sich von der Konkurrenz abzusetzen. Die Kund:innen können ohne Termin kommen und bekommen noch während des Besuchs ihre Einlagen individuell gefertigt. Bei der Analyse der Füße nicht nur einen Scan machen, sondern ergänzend eine Fußdruckmessung anbieten – damit geht ein weiterer Betrieb in die Werbung. Das soll selbstverständlich die Kund:innen ansprechen, kommt aber auch beim Nachwuchs gut an. Wer präsent in der Region ist, einen starken Auftritt hat und zeigt, was er anders macht als andere, wird eher wahrgenommen und als attraktiver Arbeitgeber ins Auge gefasst.
„Co-Branding“ ist ein weiteres Mittel der Werbeagentur, um Kund:innen und Mitarbeiter:innen anzuziehen: Welches Hilfsmittel im Betrieb ist so besonders, dass es eine eigene Marke sein könnte? Das kann beispielsweise eine spezielle Einlage für Sportler:innen sein, die dann einen eigenen Namen erhält. „Betriebe, die so ein Produkt aktiv bewerben, merken deutliche Steigerungen im Verkauf“, berichtet Sislak. Der Grund: Markenaffinität sei in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz enorm gestiegen. „Die Leute wollen Marken tragen, keine No-Name-Produkte – und das nicht zuletzt im Gesundheitssegment. Gewünscht sind Produkte mit einer Geschichte dahinter und Mitarbeiter, die dafür einstehen.“
Nachwuchs will moderne Technologie
Ebenfalls lohnend hervorzuheben: moderne Technologie, die durch 3D-Druck, Software und Co. mehr und mehr Einzug in die Branche erhält. „Junge Menschen sind technikaffin und fit im Umgang mit PC und Smartphone. Das wollen sie auch im Betrieb sehen“, betont Sislak – zusätzlich innerhalb der internen Abläufe, die sich durch den Einsatz digitaler Prozesse vereinfachen lassen. „Ein gut laufendes ERP-System und Warenwirtschaftssystem werden teilweise von jungen, frisch ausgebildeten Menschen verlangt.“
Teil der Markenbildung ist der Leitbildprozess. Hier werden die Philosophie des Unternehmens (wofür stehen wir?), die Vision (wo wollen wir hin?), die Mission (wie erreichen wir das?) sowie das Selbstverständnis des Teams definiert, auch um genau das in der Suche nach Bewerber:innen rüberzubringen. Sind das Alleinstellungsmerkmal und die Philosophie gefunden, geht es an die Entwicklung einer Kampagne, die vordergründig digital über die Website, regionale Portale und die Social-Media-Kanäle verbreitet wird. Laut Sislak ist die Website der Dreh- und Angelpunkt für einen starken Auftritt nach außen, das digitale Schaufenster eines jeden Betriebs. Früher gab die Printwelt den Takt vor, heute heißt es Web to Print. Viele Kund:innen und Bewerber:innen suchen gezielt die Unternehmensseiten auf, in den vergangenen zehn Jahren hat sich das Klickverhalten verzehnfacht. Damit die Zielgruppen auf die Seiten gelangen, lohnt es sich, die Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben und für Google gut zu verschlagworten. „So gefunden zu werden ist in dieser Branche gut möglich, weil es sich um einen regionalen Markt handelt und die Betriebe ihre Produkte in der Regel nicht deutschlandweit vertreiben.“ Während wenige Inhalte auf der Website implizieren „ich habe wenig zu sagen, ich will nicht zeigen, was ich mache“, unterstellen mehr Aktivitäten sowie die genaue Erläuterung der Leistungen und Vorstellung der Teammitglieder Offenheit und Transparenz – den Kund:innen und den Arbeitssuchenden gegenüber. Den klassischen Imagefilm hält Sislak für ungeeignet, plädiert vielmehr für kurze Videos zu einem bestimmten Thema – gern auch mal mit einem Augenzwinkern. Ein Plus: Google wertet Videobeiträge und die Einbindung von Links besonders hoch. Zudem sieht Sislak in der Online-Terminvergabe ein wichtiges Tool, das auf der Website eingebunden werden sollte. Denn die Kund:innen von heute sind es von vielen Gesundheitsbereichen wie Arzt und Apotheke gewohnt, Termine digital absprechen zu können. Ebenfalls nicht zu unterschätzen: die Kundenansprache. „Der große Kundenstamm, den viele Betriebe haben, wird viel zu wenig informiert.“ Früher wurde befürchtet, sie sind genervt. Heute zeigt sich: Sie sind erst genervt, wenn sie bombardiert werden, mit Informationen, die sie nicht betreffen. Eine Erinnerung für eine Nachkontrolle dagegen kommt gut an. Win-Win für beide Seiten. Zufriedene Kundschaft bedeutet zugleich ein zufriedenes Team. Und gerade für technikaffine Azubis ist das eine schöne Möglichkeit, neue Newsletter- oder Messenger-Systeme zu verwalten.
Eine weitere Möglichkeit ist es, Social-Media stärker in den Fokus zu nehmen. „Man muss dort präsent sein. Der moderne Arbeitnehmer muss sich seinen Arbeitsplatz nicht mehr suchen – der Arbeitsplatz kommt zu ihm. Darauf muss man sich einstellen.“ Große Jobportale und Anzeigen in Printmedien funktionieren bei der Suche nach Managerpositionen oder Werkstattleitung gut, spielen für einen Gesellen aber eine untergeordnete Rolle, so Sislaks Erfahrung. Die schauen sich eher auf Social Media um. „Guter Content muss authentisch sein“, betont er zudem. Seine Kunden nehmen die Nutzer:innen zum Beispiel (mit Erlaubnis) mit in die Patientenkabine, lassen sie so direkt an der Versorgung teilhaben – ein persönlicher und ehrlicher Auftritt. Professionelle, klassische Werbeposts dürfen in Kombination ebenfalls nicht fehlen – immer unter Einhaltung des Corporate Designs, sprich der Verwendung unternehmensspezifischer Farben, Schrift, Logo und Wording sowie dem Bezug zur Marke. Rund zwei Posts pro Woche sind sinnvoll, um die Community aufzubauen und am Leben zu halten. Zudem rät der Werbeexperte dazu, sich in regionalen Gruppen zu bewegen und dort Inhalte zu streuen und Ideen einzufangen. Der Vorteil der Branche: „Sie ist ein helfendes Handwerk. Es werden Produkte verkauft, die nicht nur nice-to-have sind, sondern die tatsächlich gebraucht werden“, sagt Sislak. Für ihn generell ein Thema, das es beim Employer Branding zu berücksichtigen gilt. „Heute suchen junge Menschen sinnstiftende Berufe. Und alle Handwerksberufe sind sinnstiftend – egal ob im Verkauf, in der Werkstatt oder im Vertrieb.“
Für jede Einlage einen Baum pflanzen
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in diesem Zusammenhang mehr und mehr an Bedeutung. Sislak sieht im Green Branding einen wichtigen Bestandteil der Markenbildung. Ein Vorteil der OT- und OST-Betriebe: Durch die standortnahe Produktion entstehen in der Regel selten lange Wege, CO2 wird eingespart. Die Arbeitsplätze sind durch den regionalen Markt wohnortnah. „Allein dadurch kann man schon Nachhaltigkeit symbolisieren“, findet er. Auch Papierreduzierung, Solaranlagen oder digitalisierte Patientenbögen bieten Einsparpotenzial. Einige seiner Kunden gehen Schritte weiter, bieten – was lange vernachlässigt wurde – wieder Reparaturen von Lederwaren etc. an und gehen damit aktiv in die Werbung. Sislak ist bewusst, dass solche Angebote einen deutlichen Mehraufwand bedeuten, rät Betrieben – sofern es sich einrichten lässt – aber dazu. „Das kommt heute super an. Auch beim Nachwuchs“, denkt er an einen Azubi zurück, der sich genau aus diesem Grund beworben hatte. Einige Kunden stellen daneben Verbindungen von Produkten zu aktuellen, nachhaltigen Konzepten her und das auf regionaler Ebene. Der Klassiker: Für jede Einlage wird ein Baum gepflanzt. Andere Kunden werben beispielsweise damit, für jede verkaufte Einlage einen Beitrag an den nahegelegenen Imker zu spenden oder über die Kooperation mit einem Wanderverein für spezielle Wandereinlagen. Wer seine Werkstatt transparent macht, kann Nachhaltigkeit ebenfalls betonen. Hier sehen die Kund:innen: Viele Hilfsmittel werden vor Ort und nicht in Fernost produziert. Eine offene Werkstatt ist der Idealfall, andernfalls kann die Präsentation von Werkstattutensilien und der Handwerksarbeit, die dahinter steht, durch Auslagen und digital über Monitore erfolgen. „Eine schöne Werkstatt ist für den Endkunden genauso gut wie für den Mitarbeiter“, betont Sislak und erinnert sich dabei an einen parknahen Betrieb mit einer lichtdurchfluteten Werkstatt – „der schönste Raum im ganzen Haus“ – zurück. Ein einfaches, aber probates Mittel, ein Add-on zu platzieren.
Sollte die Filiale aufgehübscht werden? Diese Frage steht im Anschluss an die Entwicklung der Kampagne an. „Die Produkte, die für den meisten Umsatz sorgen, sollten in den Vordergrund gestellt werden“, rät Sislak, macht aber leider oft andere Erfahrungen. In den Betrieben trifft er nicht selten auf ein Sammelsurium an Ausstellungsstücken. Das wichtigste Produkt, das die Firma auszeichnet, fehlt jedoch oder wird nur unzureichend inszeniert. Gemeinsam mit Ladenbauern wird dafür ein Konzept ausgearbeitet. Für Sislak schließt sich hier der Kreis. „Nur wenn die einzelnen Bereiche ineinandergreifen, nehmen die Kunden und die Bewerber die Marke als authentisch wahr. Der Laden muss zur Philosophie des Unternehmens passen, genauso wie die Arbeit in der Werkstatt. Wenn das Team zum Beispiel ungern Reparaturen macht, nützt es nichts, diesen Service anzubieten.“
„Schritt für Schritt“ lautet seine Devise, um Betriebe nicht zu überfordern. Er möchte sie vielmehr dazu anleiten, realistisch mit Kommunikationsmöglichkeiten umzugehen. Für ihn ebenfalls entscheidend: „Stellen Sie das Handwerk stolz und selbstbewusst dar. Das ist etwas Besonderes, das nicht jeder kann. Viele bewundern diese Kompetenzen“, fordert er alle Betriebe dazu auf, sich und ihr Können nicht zu verstecken. Zusätzliche Kundschaft und Bewerber:innen werden es belohnen.
Pia Engelbrecht
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