Was ist überhaupt „Digitale Barrierefreiheit“ und wen betrifft diese Pflicht? Die gesetzliche Grundlage für die Pflicht zur Barrierefreiheit von Websites liegt im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Dieses wurde 2021 im deutschen Bundestag erlassen und ist eine Folge aus der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act) von 2019. Idee der Gesetzgebung ist, dass alle Produkte und Dienstleistungen für alle Menschen barrierefrei zugänglich sein müssen. Das bedeutet, dass Menschen mit Einschränkungen des Sehens, des Hörens, der Motorik oder mit kognitiven Beeinträchtigungen Websites und Onlineshops zugänglich gemacht werden müssen.
Wer ist von der Pflicht betroffen?
Grundsätzlich sind alle Hersteller von bestimmten Produkten wie Smartphones, Selbstbedienungsterminals oder Notebooks betroffen. Außerdem sind die Betreiber von Websites und B2C-Onlineshops in der Pflicht, Barrierefreiheit herzustellen. OT-Betriebe und Sanitätshäuser fallen vor allem in die letztgenannte Kategorie. Denn manche Betriebe haben einen Onlineshop, in dem sie Produkte zum Verkauf oder Online-Buchungen von Handwerksdienstleistungen anbieten.
Wer ist von der Pflicht ausgenommen?
Jede Regel hat ihre Ausnahme. So auch in diesem Fall. Unternehmen, die unter die „Kleinstunternehmen“-Regelung fallen, brauchen sich nicht um die Umsetzung zu kümmern. Als Kleinstunternehmen gilt, wer weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt und entweder einen Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro erzielt oder wenn die Jahresbilanzsumme sich auf höchstens zwei Millionen Euro beläuft. Wer nicht die Kriterien für ein Kleinstunternehmen erfüllt, der kann dennoch von der Pflicht befreit werden, wenn das Unternehmen eine unverhältnismäßige Belastung durch die Umsetzung erfährt. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Selbstbeurteilung, die unter anderem eine Kostenanalyse nach Anlage 4 BFSG enthält. Diese Selbstbeurteilung muss dokumentiert und für fünf Jahre aufbewahrt werden. Wer sein B2C-E-Commerce-Angebot erweitert, muss dann erneut eine Selbstbeurteilung ausfüllen – spätestens alle fünf Jahre. Außerdem muss die zuständige Marktüberwachungsbehörde informiert werden, die auf Verlangen die Selbstbeurteilung vorgelegt bekommen muss.
Ist jede Website betroffen?
Nein, nicht jede Website muss zwangsläufig barrierefrei sein. Reine Präsentationswebsites, bei denen die Produkte nur beschrieben, aber nicht gekauft werden, fallen nicht unter die Regelung.
Was tun bei Angeboten von Drittanbietern?
Auch hier liegt die Pflicht zur Überprüfung beim Betrieb. Sind die Angebote des von mir genutzten Dienstes – beispielsweise für Terminbuchungen – barrierefrei? Sollte die Antwort darauf nicht klar und deutlich ja sein, empfiehlt sich ein Gespräch mit dem IT-Dienstleister. Kontakt oder Verkauf – Chat-Bots in der Grauzone In der Kundenkommunikation werden immer häufiger digitale Helfer wie Chat-Bots eingesetzt. Ob diese auch unter die Barrierefreiheit fallen oder nicht, hängt davon ab, ob der Chat-Bot den Besuchern der Websites an einem Punkt zum Online-Shop/Online-Terminvergabe weiterleitet oder nicht. Grundsätzlich sollten Chat-Bots oder auch Kontaktformulare nicht unter die Regel fallen, weil davon ausgegangen werden kann, dass – bevor es zu einem Vertragsabschluss kommt – mehrere Zwischenschritte nötig sind.
Mehr Informationen gibt es beispielsweise zum Download beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Unter zdh.de finden Interessierte den Leitfaden „Praxis Recht“ zum Thema „Verpflichtende barrierefreie Gestaltung von Firmenwebseiten“. Außerdem gibt es interessante Informationen bei der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit. Über die Website können dort Interessierte detaillierte FAQs finden.