Wissen ohne Werte hat keinen Wert
„Wir bemühen uns, evidenzbasiertes Wissen zu generieren. Das ist in Zeiten von Fake-News nicht mehr selbst- verständlich. Unser Wissen muss sich täglich im Wettbewerb mit Unwissen und mit einer Kultur des wissenden Ignorierens behaupten. Mehr Wissen reicht insofern heute nicht mehr. Wir müssen es öffentlich herleiten, begrün- den, nachweisen, überprüfbar machen. Wissen bedarf immer einer Einordnung. Werte liefern Maßstäbe zur Einordnung“, mit diesen Worten begründete Prof. Grützner in seiner Eröffnungsrede das Kongressmotto. Wissen ohne Werte habe keinen Wert, wenn etwa betriebswirtschaftliche Effizienz- und Leistungsfähigkeit über allem stehe und die ärztliche Logik aushöhle. Er mahnte an, dass ein Wan- del in der Kranken- und Verletztenversorgung gerade bei begrenzten Ressourcen nur erreicht werden könne, wenn alle, die Kostenträger, die Politik als Vertreter der Gesellschaft und die Leistungserbringer, auf der Basis gemeinsamer Werte agieren.
Entlohnung für Facharztausbildung
Prof. Carsten Perka widmete einen großen Teil seiner Eröffnungsrede dem Thema Weiterbildung. Er erklärte, dass die Spezialisierung im Fachgebiet weltweit dramatisch zunehme und bedauerte, dass der Wert der Weiterbildung nicht bezahlt werde, obwohl Weiterbildung Zeit, Ressourcen, Ideen und Flexibilität sowie Nerven erfordere. „In Zeiten knapper Ressourcen ist man daher oft gezwungen, die Weiterbildung zu reduzieren, insbesondere in unserem Fach, das häufig eine 1:1‑Ausbildung erforderlich macht“, so der Präsident der DGOOC, der als niedergelassener Orthopäde und Unfallchirurg in Speyer tätig ist.
Bedrohte Therapieart?
Welche Bedeutung haben konservative Verfahren inner- halb der gesamten orthopädisch-unfallchirurgischen Versorgung? Diese Fragestellung versuchten Kongresspräsident Dr. Möller und die weitere Expertenrunde bereits bei der Pressekonferenz am ersten Kongresstag zu beantworten. Fazit: Die viel beschworene Bedeutung der konservativen Inhalte sei im Alltag nicht zu merken. Sobald es in die Details bei Honorarschlüsseln und Fortbildungspraxis gehe, müssen massive Probleme konstatiert werden. Konservative Inhalte müssten auch gelehrt werden, damit das Wissen nicht verloren geht, so fasste Möller den aktuellen Stand zusammen. Dabei sei es manchmal überraschend, wie nahe beieinander Ideal und Wirklichkeit liegen. Die bittere Realität aus Sicht der teilnehmenden Experten: Den ganzheitlichen Blick auf den Patienten gebe es eigentlich nicht mehr Kliniken werden nur ausreichend bezahlt, wenn sie operieren. „Wenn es eine Liste für bedrohte Therapiearten gäbe, müsste die konservative Orthopädie und Unfallchirurgie dort verzeichnet sein“, brachte es Dr. Möller in seiner Eröffnungsrede auf den Punkt.
8.Tag der Technischen Orthopädie
Im Rahmen des DKOU 2019 fand der 8. Tag der Technischen Orthopädie (TTO) mit zwei Symposien, der Vorstandssitzung und einer Mitgliederversammlung der Vereinigung Technische Orthopädie (VTO) sowie dem Beratungsausschuss Orthopädieschuhtechnik statt. Interdisziplinär und interprofessionell zeigte sich das von der Confairmed GmbH organisierte Programm des TTO. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Bernhard Greitemann stellte die VTO in Kooperation mit dem Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) im ersten Symposium Einlagen und Schuhversorgungen nach den neuen Produktgruppen im Hilfsmittelverzeichnis vor. Im zweiten Symposium mit dem Titel „Neues aus der Amputationschirurgie – Verfahren der direkten Kopplung Prothese und Implantat“ stand das derzeit stark diskutierte Thema Osseointegration im Mittelpunkt. Namhafte Experten von Dr. Horst-Heinrich Aschoff und Prof. Dr. Christian Willy über Dr. Marcus Örgel und Matthias von Elling bis hin zu Prof. Greitemann informierten über die Geschichte der Endo-Exoprothetik sowie über Indikation, OP-Technik und Rehabilitation bei Endo-Exoprothesen. „Gedankenaustausch und kritischer Diskurs sind die Markenzeichen des TTO, erklärte Greitemann. „Mit dem 8. TTO und seinen erfreulich zahlreichen Teilnehmern ist es uns erneut gelungen, eine lebendige interdisziplinäre Plattform im Rahmen des Gesamtkongresses zu gestalten.“
VTO-Mitgliederversammlung
Wie bewährt und gewohnt trafen sich die Mitglieder der VTO im Rahmen des DKOU und speziell des Tages der Technischen Orthopädie zur Mitgliederversammlung. Die VTO ist die offizielle Vertretung der technischen Orthopädie innerhalb der orthopädisch-unfallchirurgischen Fachverbände DGOOC und DGOU – sie ist somit erster Ansprechpartner der Fachgesellschaften bei medizinischen und gesundheitspolitischen Fragestellungen. Als Schwerpunkt wird die Förderung der interprofessionellen Forschung immer wichtiger. Als Ergebnis der langjährigen Betreuung verschiedener Forschungsgruppen durch VTO-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Frank Braatz wurde in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Interprofessionelle Hilfsmittelversorgung e. V. (DGIHV) die Einrichtung einer Datenbank beschlossen, die Transparenz bringen soll in das schwer überschaubare Forschungsnetzwerk im Gesamtbereich der Technischen Orthopädie. Im Rahmen dieses Vorhabens wurden in Berlin Informationsgespräche mit Vertretern der Medizinischen Fachverbände geführt. Eine erste Präsentation der Datenbank ist für die OTWorld im Mai 2020 in Leipzig geplant.
Ruth Justen / Bernd Wünschmann
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