Teil­ha­be statt Luxus: For­de­rung nach Sport für alle

Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) nutzt den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am heutigen Dienstag, 3. Dezember, um Forderungen in Richtung Politik zu formulieren, damit das Recht auf Teilhabe, insbesondere das Recht auf Sport, umgesetzt wird. Wie wichtig das ist, zeigt folgende Statistik: 55 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen treiben keinen Sport. Die Gründe dafür sind beispielsweise eine fehlende Versorgung mit entsprechenden Hilfsmitteln, da diese von Kostenträgern nicht bewilligt werden.

„Ortho­pä­die­tech­ni­ker leis­ten gemein­sam mit Ärz­ten und Phy­sio­the­ra­peu­ten ent­schei­den­de Bei­trä­ge, damit Men­schen mit Ein­schrän­kun­gen Hür­den im All­tag und im Sport über­win­den kön­nen“, betont Alf Reu­ter, BIV-OT-Prä­si­dent. „Wir haben die Tech­nik und das Wis­sen, um Men­schen ech­te Chan­cen zu bie­ten. Doch ohne kla­re poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen bleibt Sport für vie­le uner­reich­bar.“ Beson­ders deut­lich wird der Kon­trast bei sport­li­chen Groß­ereig­nis­sen wie den Para­lym­pics: Spit­zen­leis­tun­gen sind ohne moder­ne Pro­the­sen oder Sport­roll­stüh­le undenk­bar – doch im All­tag kämp­fen vie­le Men­schen ver­geb­lich um die Finan­zie­rung sol­cher Hilfs­mit­tel. „Der Tag der Men­schen mit Behin­de­run­gen ist ein Weck­ruf“, mahnt Reu­ter. „Ech­te Teil­ha­be erfor­dert kla­re Struk­tu­ren, ent­schlos­se­ne Poli­tik und den Wil­len, Chan­cen­gleich­heit für alle zu schaffen.“

Anzei­ge

15 Jah­re UN-Konvention

Die UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on (UN-BRK) ver­pflich­tet Deutsch­land seit 15 Jah­ren dazu, gleich­be­rech­tig­te Teil­ha­be für Men­schen mit Behin­de­run­gen zu gewähr­leis­ten – auch im Sport. In Arti­kel 30 „Teil­ha­be am kul­tu­rel­len Leben sowie an Erho­lung, Frei­zeit und Sport“ heißt es wört­lich: „Mit dem Ziel, Men­schen mit Behin­de­run­gen die gleich­be­rech­tig­te Teil­nah­me an Erholungs‑, Frei­zeit- und Sport­ak­ti­vi­tä­ten zu ermög­li­chen, tref­fen die Ver­trags­staa­ten geeig­ne­te Maß­nah­men, a) um Men­schen mit Behin­de­run­gen zu ermu­ti­gen, so umfas­send wie mög­lich an brei­ten­sport­li­chen Akti­vi­tä­ten auf allen Ebe­nen teil­zu­neh­men, und ihre Teil­nah­me zu för­dern; b) um sicher­zu­stel­len, dass Men­schen mit Behin­de­run­gen die Mög­lich­keit haben, behin­de­rungs­spe­zi­fi­sche Sport- und Erho­lungs­ak­ti­vi­tä­ten zu orga­ni­sie­ren, zu ent­wi­ckeln und an sol­chen teil­zu­neh­men, und zu die­sem Zweck die Bereit­stel­lung eines geeig­ne­ten Ange­bots an Anlei­tung, Trai­ning und Res­sour­cen auf der Grund­la­ge der Gleich­be­rech­ti­gung mit ande­ren zu fördern; …“

Doch die Rea­li­tät sieht anders aus. Wäh­rend Arti­kel 30 der UN-BRK expli­zit Maß­nah­men for­dert, um Men­schen mit Behin­de­run­gen die Teil­nah­me am Frei­zeit- und Brei­ten­sport zu ermög­li­chen, zeigt der „Drit­te Teil­ha­be­be­richt der Bun­des­re­gie­rung über die Lebens­la­gen von Men­schen mit Beein­träch­ti­gun­gen“ aus dem Jahr 2021: Mehr als die Hälf­te (55 Pro­zent) aller Men­schen mit Beein­träch­ti­gun­gen in Deutsch­land trei­ben nie Sport.

 Kla­re Rege­lun­gen für ech­te Teil­ha­be schaffen

„Die UN-BRK setzt kla­re Zie­le, doch die Umset­zung bleibt Stück­werk. Statt ver­bind­li­cher Rege­lun­gen erle­ben Betrof­fe­ne ein Flick­werk an Zustän­dig­kei­ten, das viel zu oft von ihrem Wohn­ort oder dem Wohl­wol­len ein­zel­ner Kos­ten­trä­ger abhängt“, kri­ti­siert Reuter.

Gerichts­ur­tei­le wie jenes des Sozi­al­ge­richts Mann­heim, das 2020 Sport­roll­stüh­le als Ein­glie­de­rungs­hil­fe aner­kann­te, set­zen zwar Zei­chen – sie blei­ben jedoch Ein­zel­fäl­le. Ohne ein­heit­li­che gesetz­li­che Grund­la­gen droht Deutsch­land, die Chan­ce auf ech­te Inklu­si­on zu verspielen.

„Es ist höchs­te Zeit, dass die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen han­deln“, so Reu­ter wei­ter. „Men­schen mit Behin­de­run­gen brau­chen kei­nen guten Wil­len, son­dern ein kla­res Recht auf sport­li­che Teil­ha­be – mit Hilfs­mit­teln, die ihnen nicht als Luxus, son­dern als Grund­la­ge für ein akti­ves Leben zuge­stan­den werden.“

Der BIV-OT for­dert daher anläss­lich des Inter­na­tio­na­len Tags der Men­schen mit Behin­de­run­gen kon­se­quen­te Refor­men, die Sport und Bewe­gung für alle ermöglichen.

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