Selb­stab­rech­ner oder Dienst­leis­ter? Was sich wann für den Betrieb lohnt

Der Bürokratieaufwand zwingt die Orthopädie­techniker:innen immer häufiger hinter den Schreibtisch statt zur Werkbank. Hier stapeln sich die Rezepte – und die Abrechnung von Hilfsmittelverordnungen frisst nicht selten Zeit und Nerven. Während einige Betriebe dafür Schritte auslagern und auf Dienstleister zurückgreifen, behalten andere den Prozess lieber selbst in der Hand und rechnen ohne Unterstützung ab. Wohin der Trend geht, erläutern Dr. Jochen Pfänder, Geschäftsführer, und Fabian Maier, Leitung Vertrieb und Marketing, von der Stuttgarter Abrechnungsgesellschaft Optica.

OT: Wel­che Auf­ga­ben kann ein Abrech­nungs­dienst­leis­ter für einen OT-Betrieb übernehmen?

Jochen Pfän­der: Tat­säch­lich nimmt der Anteil der ver­wal­ten­den und nicht-hand­werk­li­chen Auf­ga­ben im Arbeits­all­tag von Orthopädietechniker:innen ste­tig zu. Das liegt zu einem gro­ßen Teil am wach­sen­den Auf­wand für die Rezeptab­rech­nung. Ein guter Abrech­nungs­dienst­leis­ter ent­las­tet den Betrieb effi­zi­ent und ermög­licht ihm, sich wie­der voll auf das Kern­ge­schäft zu konzentrieren.

Fabi­an Mai­er: Bei Opti­ca bie­ten wir Kun­den maß­ge­schnei­der­te Pake­te an, die den kom­plet­ten Pro­zess für die Abrech­nung nach den Para­gra­phen 300 und 302 Sozi­al­ge­setz­buch V abde­cken. Dazu zäh­len die Rezept­be­druckung und ‑sor­tie­rung sowie die Rech­nungs­stel­lung an die Kos­ten­trä­ger inklu­si­ve Mahn­we­sen. Mit stan­dard­mä­ßig inte­grier­ten Prüf­stu­fen zu Ver­trags­prei­sen und Plau­si­bi­li­tät stel­len wir sicher, dass eine hohe Abrech­nungs­qua­li­tät und damit eine gerin­ge Abset­zungs­quo­te jeder­zeit gewähr­leis­tet sind. Zusatz­leis­tun­gen wie Zuzah­lungs­in­kas­so und Vor­aus­zah­lung ver­voll­stän­di­gen das Ange­bot und wer­den ger­ne in Anspruch genommen.

OT: Selb­stab­rech­ner oder Dienst­leis­ter: Wohin geht der Trend?

Pfän­der: Wir beob­ach­ten eine kla­re Ent­wick­lung hin zur Zusam­men­ar­beit mit einem Abrech­nungs­dienst­leis­ter. Vie­le Gesprä­che mit Kun­den und Nicht-Kun­den und natür­lich auch das kon­ti­nu­ier­lich stei­gen­de Abrech­nungs­vo­lu­men bei Opti­ca bestä­ti­gen die­sen Trend. Das hat ver­schie­de­ne Grün­de. Ers­tens stel­len die Kos­ten­trä­ger immer höhe­re Anfor­de­run­gen an die kor­rek­te Abrech­nung: Das beginnt bei der Daten­lie­fe­rung und endet bei fest defi­nier­ten Ein­rei­chungs­in­ter­val­len. Wer sich nicht inten­siv mit der The­ma­tik beschäf­tigt, ris­kiert leicht Feh­ler und in der Fol­ge Abset­zun­gen. Zwei­tens sieht sich die Ortho­pä­die-Tech­nik wie vie­le ande­re Bran­chen einem ekla­tan­ten Fach­kräf­te­man­gel aus­ge­setzt. Die gro­ße Nach­fra­ge nach qua­li­fi­zier­ten Mitarbeiter:innen kann der­zeit nicht bedient wer­den. Ent­spre­chend muss die Arbeit auf den Schul­tern des bestehen­den Teams ver­teilt wer­den. Was nicht zu den Kern­auf­ga­ben im Ortho­pä­die­tech­nik-Hand­werk zählt, bie­tet sich am bes­ten für die Aus­la­ge­rung an. Und schließ­lich spie­len auch die stei­gen­den Kos­ten für Mie­te, Strom, Hei­zung und tech­ni­sche Aus­stat­tung eine immer grö­ße­re Rol­le. In den meis­ten Fäl­len stellt sich her­aus, dass die Inan­spruch­nah­me eines Abrech­nungs­dienst­leis­ters aus unter­neh­me­ri­scher Sicht sinn­voll ist, weil Res­sour­cen ein­ge­spart und Abset­zun­gen ver­mie­den wer­den können.

OT: Aus wel­chen Grün­den ent­schei­den sich OT-Betrie­be für wel­che Lösung? Wo lie­gen die Vor- und Nachteile?

Mai­er: Wenn ein OT-Betrieb die direk­te Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Kos­ten­trä­gern schätzt, kann dies ein Grund für die Selb­stab­rech­nung sein. Aus unse­rer Erfah­rung sind die meis­ten Orthopädietechniker:innen jedoch ganz froh, wenn ihnen die­se Auf­ga­be durch den Abrech­nungs­dienst­leis­ter abge­nom­men wird. Abge­se­hen davon über­wie­gen die Argu­men­te für die Aus­la­ge­rung deut­lich. Die Abrech­nungs­qua­li­tät steigt, die Abset­zungs­quo­te sinkt. Durch die schnel­len und fle­xi­blen Aus­zah­lungs­mo­del­le, die Opti­ca anbie­tet, kann der OT-Betrieb sei­ne Liqui­di­tät opti­mie­ren. Außer­dem schont er sei­ne Res­sour­cen, ins­be­son­de­re was das Per­so­nal angeht. Damit zahlt sich die Inves­ti­ti­on in die Abrech­nungs­dienst­leis­tung post­wen­dend aus, denn die Mitarbeiter:innen kön­nen sich in der gewon­ne­nen Zeit wie­der ihren Kern­auf­ga­ben wid­men. Als Nach­teil könn­te man noch anfüh­ren, dass der Rück­ver­sand von Abset­zun­gen, wenn es denn wel­che gibt, ver­zö­gert ist. Aber ins­ge­samt betrach­tet spre­chen die Argu­men­te aus mei­ner Sicht klar für den Dienstleister.

OT: Ist die Abrech­nungs­soft­ware mit bereits im Betrieb eta­blier­ter Soft­ware kom­pa­ti­bel bzw. lässt sich eine indi­vi­du­el­le Anbin­dung an bestehen­de Sys­te­me ermög­li­chen? Wo gibt es Schnittstellen?

Mai­er: Lei­der sind Sys­tem­brü­che bei der Soft­ware­nut­zung die Regel. Das liegt nicht zuletzt dar­an, dass die Anfor­de­run­gen im Geschäfts­pro­zess je nach OT-Betrieb sehr indi­vi­du­ell sind. Unse­re Soft­ware Opti­ca Omnia ver­sucht die­ser Tat­sa­che gerecht zu wer­den, indem alle Arbeits­pro­zes­se ganz­heit­lich abge­bil­det wer­den und dabei maß­ge­schnei­der­te Funk­tio­nen zum Ein­satz kom­men, je nach Bedarf der Nutzer:innen. Abrech­nungs­schnitt­stel­len zu unter­schied­li­chen Soft­ware­lö­sun­gen und Dienst­leis­tern sind dabei vor­han­den, bei­spiels­wei­se mit Kuma­vi­si­on und Acriba.

OT: Mit Blick auf die Anbin­dung der Hilfs­mit­tel­bran­che an die Tele­ma­tik­in­fra­struk­tur (TI) im Rah­men von E‑Rezept und Co.: Was bedeu­tet das künf­tig für den Abrechnungsprozess?

Pfän­der: Die Digi­ta­li­sie­rung der Hilfs­mit­tel­bran­che, mit Tele­ma­tik­in­fra­struk­tur, E‑Rezept und allen ande­ren Neue­run­gen, die damit ein­her­ge­hen, bie­tet allen Akteu­ren gro­ße Chan­cen. Opti­ca hat sich schon früh mit der TI aus­ein­an­der­ge­setzt und war unter ande­rem an der Ent­wick­lung eines der ers­ten E‑Rezepte für Deutsch­land betei­ligt. Mit der Gema­tik ste­hen wir wei­ter­hin in engem Aus­tausch. Grund­sätz­lich bringt die TI eine bes­se­re Ver­net­zung aller Akteu­re mit sich, ins­be­son­de­re durch den unkom­pli­zier­ten und siche­ren Aus­tausch über den Fach­dienst Kom­mu­ni­ka­ti­on im Gesund­heits­we­sen. Hilfs­mit­tel­er­brin­ger wer­den durch die Nut­zung der TI pro­fi­tie­ren, weil sie fle­xi­bler auf Her­aus­for­de­run­gen für ihre Betrie­be reagie­ren kön­nen. Die durch die TI geschaf­fe­nen Stan­dar­di­sie­run­gen und Auto­ma­ti­sie­run­gen machen Pro­zes­se effi­zi­en­ter und hel­fen, Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den. Das wird auf lan­ge Sicht auch dazu bei­tra­gen, die Zahl unnö­ti­ger Abset­zun­gen zu ver­rin­gern. Wir sehen den Pro­zess ins­ge­samt sehr posi­tiv. Die TI in Deutsch­land bie­tet die Chan­ce, bei der Digi­ta­li­sie­rung des Gesund­heits­sys­tems im inter­na­tio­na­len Ver­gleich end­lich aufzuholen.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

 

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