Prof. Georg Otto Neff verstarb im Alter von 84 Jahren am 16. Januar 2023. Prof. Neff war einer der wesentlichen Motoren der Technischen Orthopädie in Deutschland. Er war Gründungsmitglied der Initiative’93 Technische Orthopädie und hat sich über Jahre in der Ausbildung von Medizinern und Fachärzten auf dem Gebiet der Technischen Orthopädie verdient gemacht. Durch seine vielfältigen nationalen und internationalen Aktivitäten war er weltweit bekannt, er war prägender Gründer und langjähriger Betreuer des Nordamerika Travelling Fellowships der Initiative’93 Technische Orthopädie und hat sich maßgeblich auf diesem Gebiet verdient gemacht.
Nach dem Medizinstudium in Heidelberg und anschließenden Tätigkeiten in Lausanne und wiederum Heidelberg arbeitete er zwischen 1976 und 1988 an der Universitätsklinik Tübingen, wo er eine Abteilung für Technische Orthopädie leitete, dort habilitierte er 1985. Im Anschluss an seine Zeit in Tübingen übernahm er die Leitung der Abteilung für Technische Orthopädie, Dysmelie und Rehabilitation an der Orthopädischen Klinik der Freien Universität Berlin, Oskar-Helene-Heim.
Prof. Neff war für den konservativen Teil unseres Faches prägend. Insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Gesundheitshandwerken stand bei ihm immer ganz oben auf der Agenda. Er war Vorsitzender der Meisterprüfungskommission an der Handwerkskammer Mannheim für Orthopädiemechaniker und Bandagisten, hat sich langjährig als zunächst Beiratsmitglied, dann Ehrenmitglied in der ISPO Deutschland engagiert, er war langjähriger Leiter der Sektion Technische Orthopädie. Im Rahmen dieser internationalen Aktivitäten hat er sich den ihn prägenden Spitznamen „Travelling George“ erarbeitet. Georg Neff war uns immer ein enger Freund, geschätzter Berater und mit ihm verliert das Fach eine wichtige konservative Orientierungsfigur.
Prof. Dr. Bernhard Greitemann, Sekretär der Initiative’93 Technische Orthopädie,
Prof. Dr. Frank Braatz, Vorsitzender der Vereinigung Technische Orthopädie e. V. (VTO),
und Dr. Hartmut Stinus, Vorsitzender des Kuratoriums der Initiative’93 Technische Orthopädie
Große Trauer um Prof. Dr. Georg Otto Neff
„Wenn ihr an mich denkt, seid nicht traurig. Erzählt lieber von mir und traut euch zu lachen. Lasst mir einen Platz zwischen euch, so wie ich ihn im Leben hatte.“ Dieser Text der Traueranzeige beschreibt auch eine uns verbindende Episode 1993 in St. Petersburg, wo es auf einer Zusammenkunft russischer und deutscher Orthopäden um die Gründung eigener Fachorganisationen ging. Prof. Georg Neff plädierte in einem ausführlichen Referat für die Gründung einer russischen Sektion der ISPO, wobei die deutsche Seite erst einmal den Mitgliedsbeitrag übernahm. Meine Aufgabe war, ein Innungs- und Bundesinnungsmodell zu erklären. Unsere Vorschläge wurden von Prof. Anatoly Keyer den russischen Kollegen vorgestellt und schließlich mit Stimmenmehrheit angenommen. Das waren die Gründungen der russischen Sektion der ISPO und der allrussischen „Gildii Prostestistow-Ortopedow“.
Prof. Norman Jacobs aus England war ebenfalls anwesend und forderte uns, Georg und mich, auf, nun endlich zum „Du“ überzugehen und unsere deutschen Abstandsformeln zu vergessen.
Zu dieser Zeit war Prof. Georg Neff Lehrstuhlinhaber für Technische Orthopädie an der Freien Universität Berlin und leitete eine eigene orthopädische Abteilung am Oskar-Helene-Heim in Berlin. Gestützt auf talentierte Oberärzte wurde Georg Neff zum „Travelling George“ und brachte seine Fähigkeiten in deutschen Entwicklungsprojekten in Togo, Tansania und Vietnam ein. Vorbereitet mit vielen Dia-Kästen im Gepäck gehörte auch immer die „Umkehrplastik nach Borggreve“ zu den Vortragsthemen.
Prof. Georg Neff unterstützte mit seinen Besuchen viele deutsche orthopädische Auslandsprojekte, er war das Gesicht deutscher orthopädischer Chirurgie und technischer Versorgungsmöglichkeiten im Ausland. Seine Wissensvermittlung lebt fort in Spuren, die er in vielen Ländern hinterlassen hat, Spuren im Leben von körperbehinderten und amputierten Menschen, die davon nichts ahnen.
Wir, die wir diese Zusammenhänge kennen, verneigen uns vor einem beeindruckenden Menschen und bedanken uns für eine Freundschaft im fachlichen Dialog.
Klaus Dittmer, Orthopädietechnik-Meister
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