Der Orthopädietechnik-Meister Thomas Wetzelsperger betreibt den Youtube-Kanal „gOT-it“ und ist diesen Fragen einmal nachgegangen. In einem rund zwölfminütigen Beitrag redet er mit BIV-OT-Präsident Alf Reuter sowie Vorstandsmitglied Lars Grun und erklärt anschaulich, was der Verband leistet. Im Gespräch mit der OT-Redaktion spricht Wetzelsperger über das Video und was Ehrenamt für die junge Generation bedeutet.
OT: Herr Wetzelsperger, in Ihren Videos auf Youtube erreichen Sie vor allem den Branchennachwuchs. Eines Ihrer neuesten Videos dreht sich um den Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik. Warum sollten sich schon Berufseinsteiger:innen mit Verbänden und Berufspolitik auseinandersetzen?
Thomas Wetzelsperger: Die Verbände und die Rahmenbedingungen der Politik bestimmen zu einem großen Teil, wie sich das Handwerk entwickelt und können rückblickend auch erklären, warum sich gewisse Änderungen durchgesetzt haben. Wenn man in seinen eigenen Beruf tiefer einsteigen will, hilft es natürlich sehr, diese Zusammenhänge zu verstehen. Die Grundlage hierfür ist es, erst mal zu wissen, welche Institutionen es überhaupt gibt, die den eigenen Beruf maßgeblich beeinflussen. Das legt die Grundlage dafür, sich im weiteren Verlauf des Berufslebens gegebenenfalls selbst zu engagieren, Ideen einzubringen und mit anzupacken. Wenn man sich schon früh mit diesen Themen beschäftigt, werden die anfänglichen Berührungsängste hoffentlich etwas reduziert.
Inneren Schweinehund austricksen
OT: Was war für Sie der Auslöser, dieses Video zu produzieren?
Wetzelsperger: Wenn ich an meine Ausbildung zurückdenke, kamen der BIV-OT oder andere Institutionen so gut wie nicht vor. Man hat diese Arbeit nur am Rande mitbekommen, wenn zum Beispiel auf Kongressen oder Messen Reden gehalten wurden. Was diese wichtigen Menschen jetzt mit mir zu tun haben, war mir nicht wirklich klar. Ich hätte mir damals solche kompakten Informationsvideos gewünscht, die solche Themen erklären und es leichter gestalten, diese Zusammenhänge zu verstehen. Das war der Antrieb, für Kollegen und Auszubildende den Zugang zu diesem wichtigen Thema so einfach wie möglich zu machen. Ein Video kann man entspannt im Hintergrund abspielen lassen, während es einem ein Konzept erklärt, sich jedoch selbst hinzusetzen und Websites sowie Jahresberichte durchzulesen, da gewinnt dann oft der eigene Schweinehund.
OT: Sie haben Gespräche mit BIV-OT-Präsident Alf Reuter sowie dem Vorsitzenden des Berufsbildungsausschusses, Lars Grun, vor allem zum Thema Ausbildung und Ehrenamt geführt. Wie fanden Sie die Tipps der beiden für den Nachwuchs?
Wetzelsperger: Absolut spitze! Die Gespräche waren sehr aufschlussreich und ich habe sofort in den ersten Minuten gemerkt, dass man einfach den gleichen Beruf gelernt hat und die gleichen Geschichten aus dem Alltag und der Ausbildung kennt. Besonders gefallen hat mir, wie offen Herr Reuter und Herr Grun Feedback und weiterem Input gegenüberstehen. Wenn einem etwas nicht gefällt, kann man es ändern! Nur meckern allein bringt nichts! Da sich Herr Reuter und Herr Grun schon länger im Fach engagieren, können sie auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen und mit diesen Tipps gegebenenfalls den einen oder anderen Fehler jüngerer Kollegen vermeiden. Dem Gegenüber zu erklären, warum man genau diese Änderung besser findet, sich im Fach tief zu vernetzen, Förderangebote wahrzunehmen und nicht ungeduldig zu werden, wenn die gewünschten Resultate nicht sofort eintreten, sind sehr wertvolle Hinweise, die für manch einen oder anderen durchaus den entscheidenden Unterschied machen können.
Ehrenamt lohnt sich
OT: Mit Blick auf die sinkende Zahl der Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren – wie wichtig ist aus Ihrer Sicht das Ehrenamt im BIV-OT für das Fach?
Wetzelsperger: Seit jeher wurde das Fach vom Ehrenamt maßgeblich geprägt und ist auch nach wie vor darauf angewiesen. Leider gibt es aber nicht nur in unserer Branche zu wenig Kollegen, die ehrenamtlich arbeiten, sondern im gesamten Handwerk. Um mehr Menschen ins Ehrenamt zu bekommen, müssen zwangsläufig auch wieder mehr Kollegen in die Orthopädie-Technik. Hierfür ist es natürlich unerlässlich, die Rahmenbedingungen des Berufes zu verbessern, damit die Ausbildung und die Arbeit am Patienten attraktiv genug wird für die vielen talentierten und interessierten Jugendlichen und hoffentlich zukünftigen Fachkollegen. Mit einer gestärkten Basis wird es für das Fach wiederum leichter, Kollegen für das Ehrenamt zu begeistern. Zudem muss auch effektiv kommuniziert werden, dass man durch ein Ehrenamt durchaus etwas zurückbekommt. Man vernetzt sich sehr schnell, lernt hochkarätige Fachexperten kennen und kann seine eigenen Ideen wirklich mit einbringen.
OT: Haben Sie sich selbst Gedanken gemacht, wie Sie vielleicht im Ehrenamt in der Orthopädie-Technik etwas bewegen können?
Wetzelsperger: Ja, das habe ich! Durch die Arbeit mit meinen Lehrvideos versuche ich, den Beitrag im Fach zu leisten, den ich mir selbst in der Ausbildung und im Studium noch zusätzlich gewünscht hätte. Ich verdiene mit diesen Videos kein Geld und erstelle diese in meiner Freizeit. Jedoch lerne ich Menschen kennen, die ich sonst nie getroffen hätte, bilde mich in unterschiedlichsten Themen weiter und greife im besten Fall dem einen oder anderen Kollegen bei komplizierteren Fachthemen unter die Arme. Das ist es auf alle Fälle wert! Jeder im Fach kann sich mit noch so kleinen Ideen einbringen und selbst den Beitrag leisten, den man sich selbst wünschen würde. Bisher hat es sich mehr als gelohnt und ich kann nur jeden dazu ermutigen, doch noch die Idee umzusetzen, die man schon lange im Hinterkopf hatte und sich im Fach zu engagieren! Es zeigen sich oft tolle Ergebnisse, mit denen man nie gerechnet hätte.
OT: Sie haben über 1.700 Abonnent:innen bei Youtube und schon mehr als 50 Videos hochgeladen. Fühlen Sie sich davon bestätigt, dass Sie mit Ihrem Informationsangebot die Richtigen – sprich: die Jüngeren – ansprechen?
Wetzelsperger: Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, wie die Altersverteilung bei meinen Zuschauern ist. Die Daten von Youtube hierzu schwanken sehr stark. Ich hoffe, dass diese Inhalte viele Kollegen jeglicher Altersklasse unterstützen können. Social Media ist nicht mehr wegzudenken. Den Einblick, den Jugendliche durch zum Beispiel Instagram-Reels aus der Orthopädie-Technik erhalten, ist oft effektiver als jeder „Tag der offenen Tür“. Kurze Inhalte sind schon wieder viel stärker im Trend als meine 5 bis 15 Minuten langen Videos. Nach den drei Jahren gehöre ich ohne TikTok und Instagram gefühlt schon wieder zum alten Eisen! Das Fach muss offen zeigen, welche emotionalen Momente man als Techniker erleben kann, welche handwerklichen Fähigkeiten in der Orthopädie-Technik erlernt werden und wie man im besten Fall das Leben der Patienten und Anwender verbessert. Diese Chance darf man nicht verpassen.
Die Fragen stellte Heiko Cordes.
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