Nach­ruf auf Prof. Hans B. Bauerfeind

Mit Prof. Dr. Martin Engelhardt, Prof. Dr. Heinrich Heß, Prof. Dr. Bernhard Greitemann und Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier nehmen vier Weggefährten stellvertretend Abschied von Prof. Hans B. Bauerfeind, der am 13. Juli 2023 im Alter von 82 Jahren verstarb.

Prof. Hans Bau­er­feind ist kurz vor sei­nem 83. Geburts­tag in Zeu­len­ro­da (Thü­rin­gen) gestor­ben. Mit ihm ver­lie­ren die Deut­sche Her­stel­ler­spar­te für medi­zi­ni­sche Hilfs­mit­tel (Ban­da­gen, Kom­pres­si­ons­strümp­fe, Orthe­sen) und die deut­sche Ortho­pä­die einen der inno­va­tivs­ten und bedeu­tends­ten Familienunternehmer.

Er war nach sei­nem Stu­di­um zum Tex­til­in­ge­nieur ab 1962 sechs Jahr­zehn­te lang in dem von Bru­no Bau­er­feind gegrün­de­ten und von sei­nem Vater Rudolf über­nom­me­nen Unter­neh­men tätig. Ursprüng­lich in Zeu­len­ro­da gegrün­det, wur­de die Fir­ma Bau­er­feind 1949 in Darm­stadt auf­ge­baut und 1978 nach Kem­pen ver­la­gert. Zu die­ser Zeit nahm er mit untrüg­li­chem Unter­neh­mer­in­stinkt die Idee von Prof. Dr. Hein­rich Heß (damals betreu­en­der Arzt der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft und spä­ter Grün­dungs­prä­si­dent der GOTS) für eine völ­lig neue kom­pri­mie­ren­de Gelenk­ban­da­ge auf. Dar­aus wur­de die Genu­train-Ban­da­ge ent­wi­ckelt und eine gan­ze Gene­ra­ti­on von Train-Ban­da­gen, die sei­nem Unter­neh­men zur glo­ba­len Bedeu­tung ver­half. Prak­tisch alle heu­te welt­weit pro­du­zier­ten Gelenk­ban­da­gen sind nach die­ser Idee gefer­tigt, wel­che im Sin­ne einer funk­tio­nel­len Früh­the­ra­pie durch Kom­pres­si­on und Bewe­gung die Nach­be­hand­lung von Sport­ver­let­zun­gen, bei Sport­schä­den und spä­ter auch bei dege­ne­ra­ti­ven Gelenk­schä­den revolutionierte.

Für Hans Bau­er­feind bedeu­te­te die Deut­sche Ein­heit ein Geschenk für Deutsch­land. Daher war es für ihn kei­ne Fra­ge, sei­ne Fir­ma von Kem­pen am Nie­der­rhein in die Hei­mat­stadt sei­ner Fami­lie – nach Zeu­len­ro­da – zu ver­la­gern. Er bewies unter­neh­me­ri­schen Mut und Risi­ko und ließ moder­ne Pro­duk­ti­ons­stät­ten für sei­ne Fir­ma im wirt­schaft­lich dar­nie­der­lie­gen­den Zeu­len­ro­da auf­bau­en. Auf dem Hügel von Zeu­len­ro­da ließ er den Bau­er­feind-Turm (ana­log zum BMW-Turm von Mün­chen) errich­ten. Das FDGB-Feri­en­heim am See ließ er zum erfolg­rei­chen See-Tagungs­ho­tel mit Well­ness­ein­rich­tun­gen umbau­en. Wei­te­re Inves­ti­tio­nen erfolg­ten in den Tou­ris­mus­be­reich der länd­lich einst „abge­häng­ten“ Regi­on. Damit über­nahm er unter­neh­me­ri­sche Ver­ant­wor­tung für den Auf­bau Ost und ermög­lich­te vie­le neue Arbeits­plät­ze, stärk­te das Selbst­be­wusst­sein und sorg­te für Hoff­nung in der Bevöl­ke­rung. Hans Bau­er­feind bewies ein hohes Qua­li­täts­be­wusst­sein mit dem Fest­hal­ten am deut­schen Pro­duk­ti­ons­stand­ort. Nach der Rück­ver­la­ge­rung nach Zeu­len­ro­da erlang­te die Fir­ma mit zahl­rei­chen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten Welt­gel­tung, ins­be­son­de­re durch die Fer­ti­gung zahl­rei­cher erfolg­rei­cher medi­zi­ni­scher Hilfs­mit­tel für Wir­bel­säu­le, Bei­ne und Füße sowie von Phle­bo­lo­gen mit­ent­wi­ckel­ter Kom­pres­si­ons­strümp­fe. Der Sport­me­di­zin war er immer treu ver­bun­den als „Offi­zi­el­ler Ser­vice Part­ner der Stif­tung Deut­sche Sport­hil­fe“, bei vie­len Olym­pi­schen Spie­len mit Betreu­er­team vor Ort und eine Unter­stüt­zung auch des Betreu­er­sta­bes der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft. Der „Hall-of-Fame-Bas­ket­bal­ler“ Dirk Nowitz­ki wur­de zum Mar­ken­bot­schaf­ter der Fir­ma Bauerfeind.

Beson­ders die GOTS hat ihm für sei­ne Unter­stüt­zung viel zu ver­dan­ken. Neben der Unter­stüt­zung als Part­ner der GOTS-Jah­res­kon­gres­se, der För­de­rung der Aus­bil­dung zum GOTS-Sport­arzt, des Young-Inves­ti­ga­tor Awards für jun­ge wis­sen­schaft­lich inter­es­sier­te Ärz­tin­nen und Ärz­te und des inter­na­tio­na­len Aus­tausch­pro­gramms (Asi­en-Fel­low­ship) ent­schied sich Hans Bau­er­feind auch zu spon­ta­ner unkon­ven­tio­nel­ler Unter­stüt­zung: Als US-ame­ri­ka­ni­sche Kol­le­gen die eng­li­sche Aus­ga­be des GOTS-Manu­als ver­hin­dern woll­ten, über­nahm er die Pro­duk­ti­ons­kos­ten und ließ das Buch „Made in Ger­ma­ny“ in den neu­en Bun­des­län­dern her­stel­len. Auch als zum 30-jäh­ri­gen Bestehen der GOTS für die Jubi­lä­ums­bro­schü­re kein Geld bereit­ge­stellt wur­de, über­nahm er kur­zer­hand die Druck­kos­ten, um das Erschei­nen zu ermög­li­chen. Ein gro­ßes Anlie­gen war ihm der Auf­bau eines gro­ßen sport­or­tho­pä­di­schen Kon­gres­ses in sei­ner Hei­mat­stadt Zeu­len­ro­da. Vor 15 Jah­ren bat er die GOTS, einen fach­lich hoch­wer­ti­gen Kon­gress in sei­ner Hei­mat­stadt zu orga­ni­sie­ren. Er woll­te, dass auch im Osten Deutsch­lands die Ärz­te eine Kon­gress­hei­mat fin­den soll­ten. Mitt­ler­wei­le ist der Zeu­len­ro­daer-Kon­gress für Ortho­pä­die und Sport­or­tho­pä­die (ZKOS) mit über 200 teil­neh­men­den Ärz­tin­nen und Ärz­ten zu einer fes­ten Grö­ße im Kon­gress­ka­len­der geworden.

Hans Bau­er­feind erhielt zahl­rei­che Ehrun­gen, u. a.:

Bun­des­ver­dienst­kreuz

Kon­rad-Ade­nau­er-Preis „Sozia­le Marktwirtschaft“

Hono­rar­pro­fes­sur an der Fach­hoch­schu­le Münster

Erich-Krieg-Medail­le der Dt. Gesell­schaft für Phlebologie

Aus­zeich­nung als einer der bes­ten Arbeit­ge­ber Deutschlands

Unter­neh­mer des Jahres

Bei­rat für nach­hal­ti­ge Entwicklung

Ehrung als einer der bes­ten und inno­va­tivs­ten Mittelstandsunternehmer

Hans Bau­er­feind war als Unter­neh­mer ent­schei­dungs­freu­dig und nicht sel­ten unkon­ven­tio­nell. Er leg­te Wert auf ein har­mo­ni­sches Arbeits­kli­ma und pfleg­te einen fast väter­li­chen Umgang mit sei­nen Mit­ar­bei­tern. Er stif­te­te eine Pro­fes­sur für Phle­bo­lo­gie an der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum und ver­an­lass­te vie­le sozia­le Wohl­ta­ten in sei­ner Hei­mat Zeu­len­ro­da, durch die zahl­rei­che Arbeits­plät­ze ent­stan­den sind. Er war ein kunst­sin­ni­ger Mäzen und unter­stütz­te vie­le Künst­ler, wovon die Aus­stat­tung des schö­nen See­ho­tels in Zeu­len­ro­da zeugt.

Mit Hans Bau­er­feind ver­lie­ren wir einen der bedeu­tends­ten Fami­li­en­un­ter­neh­mer Deutsch­lands sowie einen guten Freund, der immer viel gefor­dert, aber auch immer viel zurück­ge­ge­ben hat durch sein Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein für Ost­deutsch­land sowie für sein Unter­neh­men, sei­ne Mit­ar­bei­ter, für die deut­sche Medi­zin­tech­nik und ganz beson­ders für sei­ne Fami­lie. Sei­ne Fir­ma ist auch zukünf­tig in guten Händen.

Wir wer­den ihn alle sehr ver­mis­sen und drü­cken sei­ner Fami­lie unser tief emp­fun­de­nes Bei­leid aus.

Ernst Jün­ger: „Mit jedem die­ser Sehr-Alten, deren Namen uns seit Jahr­zehn­ten ver­traut sind, geht mehr dahin als nur eine Per­son, eine Zeit nimmt Abschied.“

Prof. Dr. Mar­tin Engel­hardt, Prof. Dr. Hein­rich Heß,
Prof. Dr. Bern­hard Grei­temann, Prof. Dr. Wolf­ram Mittelmeier

 

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