Mit Impro­vi­sa­ti­on und Bauch­ge­fühl zum Ziel

Nachwuchstalent in der Orthopädie-Technik: Kenja Petersen sichert sich Platz zwei bei den Deutschen Meisterschaften im Handwerk und spricht im Interview mit der OT-Redaktion über ihre Leidenschaft für den Beruf.

Eltern, Fami­lie, Freun­de – vie­le Per­so­nen haben Ein­fluss auf die Berufs­wahl von jun­gen Men­schen. So war es auch bei Ken­ja Peter­sen. Die 25-Jäh­ri­ge wur­de bei den Deut­schen Meis­ter­schaf­ten im Hand­werk (DMH) im Gewerk Ortho­­pä­die-Tech­nik im Jahr 2024 Zwei­te. Ihr Weg in das Fach war dabei nicht unbe­dingt vor­ge­zeich­net, doch die Grund­la­gen waren fami­li­är gelegt. Uropa, Groß­va­ter und Vater waren alle im Hand­werk beruf­lich unter­wegs und haben Peter­sen vie­le posi­ti­ve Ein­drü­cke ver­mit­teln kön­nen. Durch Inter­net­re­cher­chen kam sie auf den Beruf der Ortho­pä­die­tech­ni­ke­rin und nach einem Prak­ti­kum in ihrem spä­te­ren Aus­bil­dungs­be­trieb war ihr klar: „Das will ich machen!“. Was sie beim Bundes­finale erlebt hat, erzählt sie im Gespräch mit der OT-Redaktion.

Herz­li­chen Glück­wunsch zu Platz zwei. Den Bun­des­sieg haben Sie nur knapp ver­passt. Was für ein Gefühl über­wiegt: Ärger, Platz eins nicht erreicht zu haben, oder Freu­de über Rang zwei?
Ken­ja Peter­sen: Ich freue mich sehr über den zwei­ten Platz, auch weil ich damit wirk­lich nicht gerech­net habe.

Was für eine Arbeits­pro­be haben Sie gezeigt?
Ich habe einen TT-Pro­the­sen­schaft mit fle­xi­blem Innen­schaft im pro­xi­ma­len Rand­be­reich und Car­bon-Außen­schaft angefertigt.

Beschrei­ben Sie bit­te, wie Ihnen das Bun­des­fi­na­le in Dort­mund gefal­len hat.
Ich fin­de, der Bun­des­wett­be­werb war ins­ge­samt eine sehr span­nen­de Erfah­rung. Es war schön, so vie­le Gleich­ge­sinn­te aus ganz Deutsch­land zu tref­fen und sich über die ver­schiedenen Berufs­schu­len, die unter­schied­li­chen Gesel­len­prü­fun­gen und über die OT all­ge­mein aus­zu­tau­schen. Das Her­stel­len der Arbeits­pro­be fand ich sehr auf­re­gend. Es war her­aus­for­dernd, in einer Werk­statt zu arbei­ten, in der man sich abso­lut nicht aus­kann­te, und mit Mate­ria­li­en und Maschi­nen zu arbei­ten, die im eige­nen Betrieb anders funk­tio­nie­ren. Allein, dass man unter die­sen Umstän­den und unter dem Leis­tungs- und Zeit­druck die Arbeits­pro­be her­stel­len konn­te, macht sehr stolz.

Wie wür­den Sie den Umgang zwi­schen den ein­zel­nen Teil­neh­mern beschreiben?
Wir waren ins­ge­samt eine coo­le Trup­pe, die sehr offen und inter­es­siert mit­ein­an­der umge­gan­gen ist und sich wäh­rend der Her­stel­lung der Arbeits­pro­be gegen­sei­tig unter­stützt hat. Ich habe nicht das Gefühl von Kon­kur­renz erlebt, son­dern von Kol­le­gia­li­tät. Jeder hat sein Bes­tes gege­ben und den ande­ren den Raum gege­ben, eben­falls sein Bes­tes geben zu können.

Konn­ten Sie von Ihren Kol­le­gen etwas mit­neh­men für die Arbeit im eige­nen Betrieb?
Für so einen Aus­tausch war wäh­rend des Bun­des­wett­be­werbs lei­der nicht so viel Zeit.

Wie fin­den Sie die Idee, dass sich jun­ge Hand­wer­ke­rin­nen und Hand­wer­ker im Rah­men der Deut­schen Meis­ter­schaf­ten messen?
Ich fin­de es einer­seits schön, dass man für die vie­le Arbeit und Zeit, die man in sei­ne Gesel­len­prü­fung steckt, eine Aner­ken­nung in Form des Lan­des- oder Bun­des­sie­ger­ti­tels erhal­ten kann, ande­rer­seits fin­de ich es aber vor allem wich­tig, dass man sich nicht in ers­ter Linie mit den Leis­tun­gen der ande­ren Teil­neh­mer ver­gleicht, son­dern mit sei­nen eige­nen, vor­he­ri­gen Leis­tun­gen. Wenn man einen Fort­schritt zu sei­nen frü­he­ren Leis­tun­gen erzie­len konn­te und das auch noch in einer frem­den Werk­statt mit frem­den Maschi­nen und Mate­ria­li­en, hat man ganz viel für sich selbst und für sei­ne Zukunft gewonnen.

Wie haben Sie von den Meis­ter­schaf­ten erfahren?
Ich habe einen Brief erhal­ten mit der Info, dass ich mich zum Bun­des­wett­be­werb anmel­den könnte.

Wür­den Sie wie­der an dem Leis­tungs­wett­be­werb teilnehmen?
Ja, obwohl der Bun­des­wett­be­werb natür­lich auch Stress bedeu­tet hat, habe ich trotz­dem viel gelernt und mit­ge­nom­men. Und das nicht nur in Bezug auf die OT, son­dern auch in Bezug auf mich selbst. Ich habe gelernt, dass ich auch durch Impro­vi­sie­ren und durch das Hören auf mein Bauch­ge­fühl zum Ziel kom­men kann.

Wie sieht Ihre beruf­li­che Zukunft aus, blei­ben Sie der Ortho­pä­die-Tech­nik erhalten?
Ja, ich blei­be in der Ortho­pä­die-Tech­nik, weil die­ser Beruf so viel­sei­tig ist und ich mich hier ein­fach wohl­füh­le. Schon mei­ne Leh­rer haben mir immer das Gefühl gege­ben, dass wir auch über die Gren­zen der Betrie­be hin­aus eine gro­ße OT-Fami­lie sind. Durch mei­ne Leh­rer, die ihren Unter­richt immer mit so viel Lei­den­schaft zur OT gestal­tet haben, und durch mei­ne Arbeits­kol­le­gen, dank derer ich immer ger­ne zur Arbeit gegan­gen bin und die sich immer Zeit für mei­ne vie­len Fra­gen genom­men haben, habe ich die Ortho­pä­die-Tech­nik sehr lieb gewonnen.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

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