Kom­Zet O.S.T.: For­schung und Ausbildung

„Es ist etwas nahezu Einmaliges, dass für eine relativ kleine­ Branche wie die Orthopädie-Schuhtechnik ein Kompetenzzentrum genehmigt worden ist, das zwar ein Zentrum ist, aber über drei Standorte mit drei unterschiedlichen Schwerpunkten verfügt“, betont Dr. Annette Kerkhoff. Für die OT erläutert die Projektleiterin des Kompetenzzentrums Orthopädieschuhtechnik (KomZet O.S.T.) die Hintergründe, gibt Einblick in die Projekte und zieht nach rund einem Jahr ein erstes Fazit.

Im Okto­ber 2020 ging mit Lan­gen der ers­te Stand­ort an den Start, im Janu­ar und März 2021 folg­ten Sie­ben­lehn und Han­no­ver. Drei Stand­or­te, ein Zen­trum: Die Ent­schei­dung dafür fiel aus gutem Grund: „Die Meis­ter­schu­len sind rela­tiv klein, haben dem­entspre­chend weni­ge Schüler:innen und Seminarteilnehmer:innen. Für einen Stand­ort wäre die Kapa­zi­tät nicht groß genug gewe­sen“, berich­tet Kerkhoff. „Durch die drei Schul­stand­or­te haben wir nun – ent­spre­chend der För­der­richt­li­ni­en des Bun­des­am­tes für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le – eine deut­lich höhe­re Anzahl an Teilnehmer:innen, die von den Ange­bo­ten pro­fi­tie­ren kön­nen. Zudem war es eine gemein­sa­me Ent­schei­dung, die Aus- und Wei­ter­bil­dung zu verbessern.“

Das Kom­Zet O.S.T. ver­steht sich als Sprach­rohr der ­Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik und hat sich zum Ziel gesetzt, die Bran­che zu sichern und aus­zu­bau­en – ins­be­son­de­re durch die Stär­kung von For­schung sowie durch Tech­no­lo­gie- und Wis­sens­trans­fer für die Aus- und Wei­ter­bil­dung. „Wir schau­en zum Bei­spiel: Wo sind Defi­zi­te in den Semi­nar­an­ge­bo­ten, in den Meis­ter­vor­be­rei­tungs­kur­sen oder in den Über­be­trieb­li­chen Lehr­lings­un­ter­wei­sun­gen? Gibt es didak­tisch ande­re Mög­lich­kei­ten zu arbei­ten? Braucht es wei­te­re Lern­in­hal­te?“, berich­tet Kerkhoff aus der Pro­jekt­ar­beit. Die Coro­na-Pan­de­mie habe deut­lich gemacht, wie bedeut­sam das The­ma E‑Learning ist. „Es ist wich­tig, die Lehr­me­tho­den den sich ste­tig ändern­den Lern­be­dürf­nis­sen anzu­pas­sen.“ Gemein­sam mit dem Ver­ein zur För­de­rung des For­schungs- und Bil­dungs­ma­nage­ments für die Ortho­pä­die­schuh­tech­nik in Deutsch­land (BiFo e. V.) soll zudem die For­schung im Bereich OST vor­an­ge­trie­ben wer­den. „Wir haben vie­les in den ver­gan­ge­nen Jah­ren rich­tig gemacht, aber oft fehlt der wis­sen­schaft­li­che Nach­weis“, sagt Kerkhoff. „Wie wich­tig das ist, sieht man der­zeit zum Bei­spiel bei den sen­so­mo­to­ri­schen Ein­la­gen, die genau aus dem Grund nicht ins Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis auf­ge­nom­men wer­den. Wir wol­len mehr For­schung betrei­ben, sodass wir evi­denz­ba­sier­ter ver­sor­gen und der Bran­che mehr Sicher­heit geben können.“

Drei Stand­or­te –  drei Schwerpunkte

Die drei Stand­or­te arbei­ten an unter­schied­li­chen The­men­schwer­punk­ten, eini­ge Pro­jek­te wer­den auch über­grei­fend ange­gan­gen. Im Fokus in Sie­ben­lehn, an der Meis­ter­schu­le Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik (MSS), ste­hen „Inno­va­ti­ve Kon­struk­ti­on und Fer­ti­gung“. Hier wird der­zeit u. a. ein neu­es Semi­nar im Bereich 3D-Druck und ‑Scan ent­wi­ckelt. „Das Inter­es­se an der Tech­no­lo­gie ist groß, aber vie­le Fir­men sind ver­un­si­chert, wofür sie genutzt wer­den kann, wel­che Vor­tei­le sie bringt. Durch das Schu­lungs­an­ge­bot möch­ten wir Fir­men eine Mög­lich­keit geben, sich zu infor­mie­ren, um dann ent­schei­den zu kön­nen, ob die Tech­no­lo­gie für sie sinn­voll ist oder nicht – und sie auch in der Benut­zung der ver­schie­de­nen Sys­te­me schu­len. Wir sehen uns hier auch als unab­hän­gi­gen Berater.“

Schwer­punkt in Lan­gen, Bil­dungs­zen­trum für Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik Süd­west (B‑O-S‑S), ist „Manage­ment und Füh­rung“. Dort wird bei­spiels­wei­se eine E‑Lear­ning-Platt­form auf­ge­setzt. Die­se soll im Bereich der Meis­ter­vor­be­rei­tungs­kur­se, Über­be­trieb­li­chen Lehr­lings­un­ter­wei­sun­gen und Semi­na­re genutzt wer­den und Aus­zu­bil­den­den Unter­la­gen frei zugäng­lich machen. Geplant ist auch ein Zugang für Betrie­be, die die Mög­lich­keit bekom­men sol­len, sich für einen gerin­gen Betrag infor­mie­ren und bera­ten zu las­sen. „Es geht nicht dar­um Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen zu erset­zen. Das ist im Hand­werk auch nicht sinn­voll“, stellt Kerkhoff klar. „Durch die­se Platt­form kön­nen Mate­ria­li­en jedoch unter­stüt­zend zur Ver­fü­gung gestellt und das lebens­lan­ge Ler­nen geför­dert werden.“

„Moder­ne Befun­dung und pra­xis­re­le­van­te Ana­ly­tik“ lau­tet der Schwer­punkt in Han­no­ver an der Bun­des­fach­schu­le für Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik (BfO). Wie kön­nen künf­tig an der Meis­ter­schu­le erwor­be­ne Kom­pe­ten­zen auf ein Hoch­schul­stu­di­um ange­rech­net wer­den? Dar­an arbei­tet das Pro­jekt­team gemein­sam mit der Fach­hoch­schu­le Müns­ter und der Hoch­schu­le Kai­sers­lau­tern. Als Grund­la­ge dafür dient ein Ver­gleich der Lehr­in­hal­te der Meis­ter­schu­len mit denen der Hoch­schu­len. Ziel ist es, die Über­gän­ge von beruf­li­cher zu aka­de­mi­scher Bil­dung durch­läs­si­ger zu gestal­ten und dem Nach­wuchs in der OST wei­te­re Kar­rie­re­we­ge zu eröff­nen. Zudem wer­den im Bereich Gang­ana­ly­se ein Hand­lungs­leit­fa­den für die Bran­che und ent­spre­chen­de Semi­nar­an­ge­bo­te entwickelt.

Die geför­der­ten Pro­jek­te müs­sen inner­halb von vier Jah­ren durch­ge­führt wer­den. Dabei kann es auch immer mal wie­der zu einer Ver­schie­bung der Prio­ri­tä­ten kom­men. „Das Pro­jekt 3D-Druck war eigent­lich erst für Ende 2022 vor­ge­se­hen, ist aber der­zeit so aktu­ell, dass wir als Kom­pe­tenz­zen­trum zeit­nah ein Ange­bot machen und auf den Markt reagie­ren wol­len“, berich­tet Kerkhoff.

Vie­le Schnitt­men­gen von OST und OT

Kann auch die Ortho­pä­die-Tech­nik (OT) vom Kom­pe­tenz­zen­trum pro­fi­tie­ren? „Gera­de im Bereich Bewe­gungs­ana­ly­se und im Bereich Manage­ment und Füh­rung gibt es vie­le Schnitt­men­gen mit der OT. Oder auch im Bereich 3D-Druck. Der Druck von Ein­la­gen ist für die OT genau­so inter­es­sant wie für die OST“, fin­det Kerkhoff. „Die OT ist in die­sem Bereich sogar schon etwas wei­ter, z. B. was den Druck von Orthe­sen oder Kor­set­ten betrifft. Inso­fern ist es in ­die­sem Bereich viel­leicht eher umge­kehrt – und die OST kann von der OT profitieren.“

Mit Blick auf die ver­gan­ge­nen Mona­te zieht Kerkhoff ein posi­ti­ves Zwi­schen­fa­zit. „Das Kom­pe­tenz­zen­trum ist gut in die Auf­ga­ben ein­ge­stie­gen. Und trotz der räum­li­chen ­Distanz schaf­fen wir es, uns erfolg­reich aus­zu­tau­schen und zusam­men­zu­ar­bei­ten“, sagt sie. An allen Stand­or­ten seien­ Koope­ra­tio­nen mit Part­nern zu den ein­zel­nen Schwer­punk­ten ein­ge­gan­gen wor­den. Ver­än­de­run­gen sei­en teil­wei­se schon in den Meis­ter­schu­len sicht­bar – u. a. wur­den digi­ta­le Tafeln ange­schafft, die in den Unter­richt inte­griert wer­den. „Uns ist es wich­tig, dass die Bran­che einen Nut­zen vom Kom­pe­tenz­zen­trum hat“, betont Kerkhoff und appel­liert an die Betrie­be, sich mit Ideen ein­zu­brin­gen und in den gemein­sa­men Aus­tausch zu gehen. „Ich hof­fe, dass wir am Ende der vier Jah­re alle Pro­jek­te ziel­füh­rend abge­schlos­sen und das Ange­bot erwei­tert haben und dass wir For­schungs­pro­jek­te gene­rie­ren kön­nen, über die wir uns teil­wei­se finan­zie­ren kön­nen. Und ich hof­fe, dass wir zusätz­lich neue Ideen ent­wi­ckeln und Leit­pro­jek­te haben, die för­der­wür­dig sind.“

Das Kompetenzzentrum O.S.T. wird aus Mitteln des Landes Hessen, des Landes Sachsen, des Landes Niedersachsen sowie durch die Bundesrepublik Deutschland mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. Zusätzlich wird es vom BiFo e. V. finanziell unterstützt.
Das sind die För­de­rer des Kom­pe­tenz­zen­trums Ortho­pä­die­schuh­tech­nik. Foto: Kom­Zet O.S.T.

Das Kom­pe­tenz­zen­trum Ortho­pä­die­schuh­tech­nik wird aus Mit­teln des Lan­des Hes­sen, des Lan­des Sach­sen, des Lan­des Nie­der­sach­sen sowie durch die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land mit Mit­teln des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Ener­gie geför­dert. Der von den drei Schu­len zu tra­gen­de Eigen­an­teil liegt je nach Lan­des­för­de­rung zwi­schen 25 und 30 Pro­zent. Das Kom­Zet O.S.T. wird zusätz­lich vom BiFo e. V. finan­zi­ell unter­stützt. Die Gesamt­kos­ten zur Ent­wick­lung des Kom­pe­tenz­zen­trums an den drei Stand­or­ten lie­gen bei ca. 2,1 Mil­lio­nen Euro.

Pia Engel­brecht

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