OT: Herr Schleifnig, Sie haben die digitale Ausstellungswelt der OTWorld.connect mitentwickelt. Wie dürfen wir uns diese vorstellen?
Simon Schleifnig: Wir haben die Wabenwelt als virtuelle Ausstellung der neuesten Innovationen der Aussteller entwickelt. Ursprünglich war sie als digitale Ergänzung einer physischen Messe gedacht. Nun hat sich die Ausstellung weiter in den digitalen Raum verschoben.
OT: Welche Technik wird eingesetzt?
Schleifnig: Die Grundlage ist eine „Game Engine“. Das ist ein Programm, das in der Spieleentwicklung genutzt wird, ebenso in der Filmproduktion oder von der Industrie – unter anderem von großen Automarken. Wenn man sich zum Beispiel ein Auto virtuell zusammenstellt, basiert das auch auf derartigen Game Engines. Das Programm hat viele Funktionen, so lassen sich 3D-Räume entwickeln und 360-Grad-Projekte realisieren.
OT: Gibt es eine Nutzerbegrenzung?
Schleifnig: Nein, mit dem Zugriff zahlreicher Nutzer hat die verwendete Software kein Problem – denn auch Spielewelten sind ja auf viele Zugriffe angelegt. Die Serverkapazität kann an die Besucherströme angepasst werden. Das System ist stabil durch die Software, hinter der viel Erfahrung steckt, und die dahinterliegende Serverstruktur.
OT: Stehen die Server in Deutschland – und sind sie erweiterbar?
Schleifnig: Ja, die Server stehen in Deutschland. Wir haben erweiterbare Systeme angemietet. Wir haben zuverlässige Partner, mit denen wir zusammenarbeiten. Teils betreiben wir auch eigene Server. Das System steht also auf mehreren Säulen und die Funktion wird ständig überwacht.
OT: Was unterscheidet die OTWorld.connect von anderen Online-Veranstaltungen?
Schleifnig: Wir haben lange überlegt, welches Design und welche Funktionen eine solche Welt haben muss. Die ersten Ansätze waren von der klassischen Messeplanung abgeleitet – also eine virtuelle Messehalle mit Ständen. Doch wir haben schnell gemerkt, dass eine virtuelle Messe ganz anders aussehen kann und sollte, als eine physisch stattfindende Veranstaltung, die an Wegeplanung, Platzbegrenzungen und diverse weitere Vorschriften gebunden ist. Deshalb sind wir wieder ganz auf Anfang gegangen und haben uns die Kernmarke OTWorld angeschaut: Was macht diese aus, was ist das Besondere daran?
OT: Welche Merkmale haben Sie dabei als wesentlich für Ihr Konzept identifiziert?
Schleifnig: Die OTWorld hat einen sehr verbindenden Charakter. Die Aussteller ergeben zusammen eine Einheit. Von diesen Überlegungen ausgehend sind wir zu unserem Konzept gekommen, das letztlich eine Welt nachahmt, die sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt – den Waben. Die Waben stellen die Showrooms der Ausstellungswelt der OTWorld.connect dar. Zudem war für uns der Unterhaltungswert wichtig – denn eine Messe ist ja mehr als zusammengewürfelter Text. Die Waben bieten deshalb von Text bis 3D-Darstellung verschiedene Möglichkeiten der Präsentation.
OT: Wie viele verschiedene Pakete gibt es dafür?
Schleifnig: Wir haben drei Pakete geschnürt mit verschieden ausgebauten Varianten, Inhalte in die Showrooms einzubinden und Interaktionen herzustellen – von Bildern, Texten und Downloaddokumenten bis zu Videos. Zudem können weitere zusätzliche Bausteine die Pakete ergänzen. So lässt sich ein kundenindividuelles Videokonferenztool einbinden, sodass man über die Wabe Videocalls oder Videochats führen oder über das Videokonferenztool einen Einblick in seine Firma geben kann. Zudem können Liveticker zu einzelnen Themen im Kongressprogramm bzw. Ausstellerworkshops eingepasst werden. Diese verlinken dann zum jeweiligen Teil des virtuellen Kongresses. Des Weiteren sind 3D-Daten wie Produktions- bzw. CAD-Daten oder Animationen integrierbar.
OT: Müssen sich die Besucher Bedienungsanleitungen durchlesen, bevor sie die Wabenwelt betreten?
Schleifnig: Nein, die virtuelle Welt der OTWorld.connect ist selbsterklärend und wird intuitiv begangen. Durch einen Klick von außen auf die geschlossene Wabenwelt springt der Besucher hinein in den „Erdkern“. Ist er drin, erlebt er die Welt wie aus der Perspektive einer Kamera: Er kann sich um 360 Grad drehen und umschauen, steuerbar mit Maus bzw. Touchscreen und über bekannte Symbole wie Pfeile. Sowohl mit einem Tablet als auch mit PC oder Smartphone können sich die Besucher bewegen. Beim Eintritt wird es ein Infofenster geben mit einer kurzen Einführung, wie man sich bewegt und zoomt. Die kann man lesen, muss man aber nicht. Innerhalb der Wabenwelt gibt es eine Filterfunktion, um nach Ausstellern oder Themen zu suchen.
OT: Werden auch der digitale Kongress und die Branchenforen der OTWorld.connect in Waben stattfinden?
Schleifnig: Nein, dafür gibt es eine eigene Plattform, die aber mit der Wabenwelt verlinkt ist.
OT: Wie werden die zurzeit aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie entstehenden digitalen Plattformen auch in Zukunft die Messe- und Veranstaltungswelt prägen?
Schleifnig: Aktuell sind natürlich schnelle Lösungen gefragt, vieles ist noch zweidimensional. Die Zukunft liegt aber in 3D-Präsentationen, 3D-Welten – die haben mit dem physischen Messestand nicht mehr viel gemein und sind stark auf die Marke der jeweiligen Unternehmen ausgerichtet. Die Stärken dieser virtuellen Welt liegen vor allen Dingen in der Präsentation der Produkte und Dienstleistungen. Virtuell können eine größere Anzahl bzw. eine höhere Varianz der Produkte gezeigt werden. Dazu kann mit Animationen oder Effekten gearbeitet werden, um zum Beispiel die Vorteile eines Produkts darzustellen oder Dienstleistungen aufzuzeigen.
Physische Messen bleiben ein wichtiger Kanal für die Kontakt- und Kundenpflege, werden noch gezielter als kommunikative Highlights gesetzt. Doch Corona hat die digitale Veranstaltungswirtschaft weit nach vorn gebracht. Die virtuellen Angebote werden nicht mehr verschwinden. Aber sie werden vor allem dazu dienen, die Wirkung eines realen, persönlichen Messeauftritts zu verstärken, die präsentierbare Palette zu erweitern und nicht zuletzt zeitlich zu verlängern. So lässt sich ein Produkt in einer 3D-Welt weit über den eigentlichen Messetermin hinaus erleben. Unsere Wabenwelt ist zum Beispiel im Anschluss an die OTWorld.connect noch drei Monate online.
OT: Wie werden die nun „zwangsweise“ erprobten neuen Technologien auf die OTWorld 2022 ausstrahlen?
Schleifnig: Wir lernen gerade sehr viel, probieren aus – und das Beste daraus nehmen wir für die OTWorld 2022 mit.
Die Fragen stellte Cathrin Günzel.
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