Ehren­amt lohnt sich

2022 trat Heiner Schroer die Nachfolge von Adelheid Micke als Obermeister der Innung Münster an. Zuvor war der geschäftsführende Gesellschafter der Grenzland Sanitätshaus GmbH bereits als stellvertretender Obermeister in der Vorstandsarbeit aktiv. Er agiert zudem als dritter Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Orthopädie-Technik Nordrhein-Westfalen, kurz LAG.

Im Mai 2025 wur­de Schroer in sei­nem Amt als Ober­meis­ter von den Mit­glie­dern der Innung bestä­tigt. Mit der OT-Redak­ti­on sprach Schroer über die Her­aus­for­de­run­gen der Zukunft, wie sei­ne Innung in Sachen Nach­wuchs auf­ge­stellt ist und wie sich die Wahr­neh­mung des Fachs ver­än­dern sollte.

Wel­che Auf­ga­ben und Her­aus­for­de­run­gen gibt es in Ihrer Innung, die Sie in der kom­men­den Amts­zeit adres­sie­ren möchten?

Hei­ner Schroer: Die ver­gan­ge­nen Jah­re haben uns gelehrt, dass wir uns sowohl auf aktu­el­le Her­aus­for­de­run­gen als auch auf lang­fris­ti­ge Auf­ga­ben ein­stel­len müs­sen. Eine, viel­leicht sogar die wich­tigs­te, Auf­ga­be ist es, den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen deut­lich zu machen, wel­che Vor­tei­le sie durch eine Mit­glied­schaft in der Innung haben. Wir bie­ten einen ech­ten Mehr­wert, von der Rechts­be­ra­tung in Mit­ar­bei­ter­an­ge­le­gen­hei­ten über die zahl­rei­chen Rah­men­ver­trä­ge bis hin zur poli­ti­schen Inter­es­sens­ver­tre­tung vor Ort. Schließ­lich hat jeder Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te auch einen eige­nen Wahl­kreis, in dem man ihm die täg­li­chen Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Bran­che näher­brin­gen kann. Es kann nicht scha­den, wenn die Poli­ti­ker als Ent­schei­der wis­sen, wo der Schuh drückt. Auch das umfas­sen­de Leis­tungs­an­ge­bot der Müns­te­ra­ner Kreis­hand­wer­ker­schaft möch­te ich an die­ser Stel­le erwäh­nen. Aber das Herz­stück der Innungs­ar­beit ist – und bleibt – die Betreu­ung der Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­se unse­res Nachwuchses.

Unse­re Arbeit endet aber nicht an den Gren­zen unse­res Regie­rungs­be­zirks. Wir enga­gie­ren uns dar­über hin­aus in der LAG, dem Zusam­men­schluss aller fünf Innun­gen aus Nord­rhein-Wes­t­­fa­len, und natür­lich tau­schen wir uns mit dem Bun­des­in­nungs­ver­band in Dort­mund aus. Dort wer­den Ent­schei­dun­gen getrof­fen und Ver­hand­lun­gen geführt, die uns vor Ort direkt betref­fen. Sei es die Ver­hand­lung von aus­kömm­li­chen und umsetz­ba­ren Ver­trä­gen mit den Kos­ten­trä­gern oder die poli­ti­sche Arbeit in Ber­lin. Mei­ner Mei­nung nach müs­sen wir uns für unser Fach bei der neu­en Bundes­regierung unbe­dingt das nöti­ge Gehör ver­schaf­fen, auch wenn das bedeu­tet, dass wir im Kol­lek­tiv dort in den kom­men­den Jah­ren Mit­tel und Res­sour­cen zur Ver­fü­gung stel­len wer­den müssen.

Die Arbeit in der Innung ist ein Ehren­amt. War­um soll­ten sich jun­ge Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen für die­se Arbeit inter­es­sie­ren und im bes­ten Fall sogar engagieren?

Die Innung ist und bleibt die Keim­zel­le der beruf­li­chen Inter­es­sen­ver­tre­tung. Wer also gestal­ten will, der erhält in den Innun­gen die Mög­lich­keit dazu. Des­we­gen soll­ten die jun­gen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen es als Chan­ce sehen, hier tätig zu wer­den. Gera­de in der Ortho­pä­die-Tech­nik, einem eher klei­nen Hand­werk, brau­chen wir eine star­ke Stim­me, die unse­re Anlie­gen bün­delt und in die Öffent­lich­keit bringt. Wir in Müns­ter haben es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren geschafft, das Durch­schnitts­al­ter unse­res Vor­stan­des signi­fi­kant zu sen­ken und sind damit aus mei­ner Sicht für die nächs­ten Jah­re gut aufgestellt.

Wie sieht es mit fri­schen Kräf­ten bei Ihnen in der Innung aus? Haben Sie genug Nachwuchs?

Ich habe ein enga­gier­tes Vorstands­team um mich her­um, wodurch wir die viel­fäl­ti­gen Auf­ga­ben so ver­tei­len kön­nen, dass die Belas­tung für die ehren­amt­li­chen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in einem ver­tret­ba­ren Rah­men bleibt. Die Her­aus­for­de­rung für mei­ne jun­gen Kol­le­gen ist sicher­lich die Ver­ein­bar­keit des Ehren­amts mit dem Berufs­le­ben, aber auch Privatleben.

Apro­pos Nach­wuchs: Wie sieht es in Müns­ter und Umge­bung mit der Beset­zung der Lehr­stel­len aus?

In der Innung Müns­ter haben wir in den ver­gan­ge­nen Jah­ren eine recht sta­bi­le Zahl an Aus­bil­dungs­ver­hält­nis­sen. In den drei Lehr­jah­ren haben wir im Schnitt immer unge­fähr 20 Aus­zu­bil­den­de pro Aus­bil­dungs­jahr. Aus mei­ner Sicht reicht das für die Her­aus­for­de­run­gen der Zukunft wohl nicht aus. Lei­der ist es so, dass sich von den 55 Innungs­be­trie­ben nicht ein­mal die Hälf­te um die Aus­bil­dung des drin­gend benö­tig­ten Nach­wuch­ses bemüht. Das ist aus mei­ner Sicht ein gro­ßes Pro­blem und ich appel­lie­re des­halb an die­ser Stel­le noch ein­mal an die Betrie­be, sich die­ser Auf­ga­be anzu­neh­men. Der Fach­kräf­te­man­gel kann nicht besei­tigt wer­den, wenn wir uns nicht alle gemein­sam dar­um küm­mern. Es gibt so vie­le Mög­lich­kei­ten, sich an der Zukunfts­si­che­rung unse­res Fachs zu betei­li­gen, die gilt es zu nutzen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hät­ten für Ihr Fach, wel­cher wäre das und warum?

Mein Wunsch ist es, dass unser Hand­werk von der Poli­tik und den Kos­ten­trä­gern die Wert­schät­zung bekommt, die es ver­dient. Vor allem von den Kran­ken­kas­sen wün­sche ich mir, dass wir nicht nur als Kos­ten­stel­le am Ran­de des Gesund­heits­sys­tems wahr­ge­nom­men wer­den, son­dern als hoch­spe­zia­li­sier­tes Hand­werk, das für die Men­schen in die­sem Land da ist. Wir sind die Mög­lich­ma­cher in Sachen Mobi­li­tät und selbst­be­stimm­tem Leben im Alter, wir sor­gen für Inklu­si­on und Inte­gra­ti­on, und wir sind inno­va­tiv. Des­halb sind das stän­di­ge Miss­trau­en uns gegen­über, die Büro­kra­tie­ber­ge und die regu­la­to­ri­schen Zwän­ge so frus­trie­rend. Wir stel­len den Men­schen in den Mit­tel­punkt und ich wün­sche mir, dass das auch end­lich gese­hen wird.

Die Fra­gen stell­te Hei­ko Cordes.

Zur Per­son
Hei­ner Schroer, Jahr­gang 1959, ist der geschäfts­füh­ren­de Gesell­schaf­ter der Grenz­land Sani­täts­haus GmbH. 1997 war der Ortho­pä­die­tech­nik-Meis­ter feder­füh­rend an der Grün­dung eines Sani­täts­hau­ses im Ahau­ser Indus­trie­ge­biet des Cari­tas­ver­ban­des Ahaus-Vre­den betei­ligt. Drei Jah­re spä­ter über­nahm Schroer sämt­li­che Antei­le der ­Cari­tas am Grenz­land Sani­täts­haus und brach­te den Geschäfts­be­trieb in eine eige­ne Gesell­schaft ein. 2021 bau­te das Unter­neh­men in Ahaus sei­ne neue Zen­tra­le und ver­eint dort nun Ortho­pä­die- und Reha-Tech­nik sowie den Bereich Home­ca­re. Die nach­fol­gen­de Gene­ra­ti­on aus Julia Hara­zim-­Schroer, Ger­win Schroer und Andre­as Hara­zim ist seit dem Jahr 2022 auch in der Geschäfts­füh­rung tätig. Hei­ner Schroer ist seit 2022 Ober­meis­ter der Innung Müns­ter und war von 2015 bis 2022 stell­ver­tre­ten­der Obermeister. 

 

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