Im Mai 2025 wurde Schroer in seinem Amt als Obermeister von den Mitgliedern der Innung bestätigt. Mit der OT-Redaktion sprach Schroer über die Herausforderungen der Zukunft, wie seine Innung in Sachen Nachwuchs aufgestellt ist und wie sich die Wahrnehmung des Fachs verändern sollte.
Welche Aufgaben und Herausforderungen gibt es in Ihrer Innung, die Sie in der kommenden Amtszeit adressieren möchten?
Heiner Schroer: Die vergangenen Jahre haben uns gelehrt, dass wir uns sowohl auf aktuelle Herausforderungen als auch auf langfristige Aufgaben einstellen müssen. Eine, vielleicht sogar die wichtigste, Aufgabe ist es, den Kolleginnen und Kollegen deutlich zu machen, welche Vorteile sie durch eine Mitgliedschaft in der Innung haben. Wir bieten einen echten Mehrwert, von der Rechtsberatung in Mitarbeiterangelegenheiten über die zahlreichen Rahmenverträge bis hin zur politischen Interessensvertretung vor Ort. Schließlich hat jeder Bundestagsabgeordnete auch einen eigenen Wahlkreis, in dem man ihm die täglichen Herausforderungen unserer Branche näherbringen kann. Es kann nicht schaden, wenn die Politiker als Entscheider wissen, wo der Schuh drückt. Auch das umfassende Leistungsangebot der Münsteraner Kreishandwerkerschaft möchte ich an dieser Stelle erwähnen. Aber das Herzstück der Innungsarbeit ist – und bleibt – die Betreuung der Ausbildungsverhältnisse unseres Nachwuchses.
Unsere Arbeit endet aber nicht an den Grenzen unseres Regierungsbezirks. Wir engagieren uns darüber hinaus in der LAG, dem Zusammenschluss aller fünf Innungen aus Nordrhein-Westfalen, und natürlich tauschen wir uns mit dem Bundesinnungsverband in Dortmund aus. Dort werden Entscheidungen getroffen und Verhandlungen geführt, die uns vor Ort direkt betreffen. Sei es die Verhandlung von auskömmlichen und umsetzbaren Verträgen mit den Kostenträgern oder die politische Arbeit in Berlin. Meiner Meinung nach müssen wir uns für unser Fach bei der neuen Bundesregierung unbedingt das nötige Gehör verschaffen, auch wenn das bedeutet, dass wir im Kollektiv dort in den kommenden Jahren Mittel und Ressourcen zur Verfügung stellen werden müssen.
Die Arbeit in der Innung ist ein Ehrenamt. Warum sollten sich junge Kolleginnen und Kollegen für diese Arbeit interessieren und im besten Fall sogar engagieren?
Die Innung ist und bleibt die Keimzelle der beruflichen Interessenvertretung. Wer also gestalten will, der erhält in den Innungen die Möglichkeit dazu. Deswegen sollten die jungen Kolleginnen und Kollegen es als Chance sehen, hier tätig zu werden. Gerade in der Orthopädie-Technik, einem eher kleinen Handwerk, brauchen wir eine starke Stimme, die unsere Anliegen bündelt und in die Öffentlichkeit bringt. Wir in Münster haben es in den vergangenen Jahren geschafft, das Durchschnittsalter unseres Vorstandes signifikant zu senken und sind damit aus meiner Sicht für die nächsten Jahre gut aufgestellt.
Wie sieht es mit frischen Kräften bei Ihnen in der Innung aus? Haben Sie genug Nachwuchs?
Ich habe ein engagiertes Vorstandsteam um mich herum, wodurch wir die vielfältigen Aufgaben so verteilen können, dass die Belastung für die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in einem vertretbaren Rahmen bleibt. Die Herausforderung für meine jungen Kollegen ist sicherlich die Vereinbarkeit des Ehrenamts mit dem Berufsleben, aber auch Privatleben.
Apropos Nachwuchs: Wie sieht es in Münster und Umgebung mit der Besetzung der Lehrstellen aus?
In der Innung Münster haben wir in den vergangenen Jahren eine recht stabile Zahl an Ausbildungsverhältnissen. In den drei Lehrjahren haben wir im Schnitt immer ungefähr 20 Auszubildende pro Ausbildungsjahr. Aus meiner Sicht reicht das für die Herausforderungen der Zukunft wohl nicht aus. Leider ist es so, dass sich von den 55 Innungsbetrieben nicht einmal die Hälfte um die Ausbildung des dringend benötigten Nachwuchses bemüht. Das ist aus meiner Sicht ein großes Problem und ich appelliere deshalb an dieser Stelle noch einmal an die Betriebe, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Der Fachkräftemangel kann nicht beseitigt werden, wenn wir uns nicht alle gemeinsam darum kümmern. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich an der Zukunftssicherung unseres Fachs zu beteiligen, die gilt es zu nutzen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten für Ihr Fach, welcher wäre das und warum?
Mein Wunsch ist es, dass unser Handwerk von der Politik und den Kostenträgern die Wertschätzung bekommt, die es verdient. Vor allem von den Krankenkassen wünsche ich mir, dass wir nicht nur als Kostenstelle am Rande des Gesundheitssystems wahrgenommen werden, sondern als hochspezialisiertes Handwerk, das für die Menschen in diesem Land da ist. Wir sind die Möglichmacher in Sachen Mobilität und selbstbestimmtem Leben im Alter, wir sorgen für Inklusion und Integration, und wir sind innovativ. Deshalb sind das ständige Misstrauen uns gegenüber, die Bürokratieberge und die regulatorischen Zwänge so frustrierend. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt und ich wünsche mir, dass das auch endlich gesehen wird.
Die Fragen stellte Heiko Cordes.
Heiner Schroer, Jahrgang 1959, ist der geschäftsführende Gesellschafter der Grenzland Sanitätshaus GmbH. 1997 war der Orthopädietechnik-Meister federführend an der Gründung eines Sanitätshauses im Ahauser Industriegebiet des Caritasverbandes Ahaus-Vreden beteiligt. Drei Jahre später übernahm Schroer sämtliche Anteile der Caritas am Grenzland Sanitätshaus und brachte den Geschäftsbetrieb in eine eigene Gesellschaft ein. 2021 baute das Unternehmen in Ahaus seine neue Zentrale und vereint dort nun Orthopädie- und Reha-Technik sowie den Bereich Homecare. Die nachfolgende Generation aus Julia Harazim-Schroer, Gerwin Schroer und Andreas Harazim ist seit dem Jahr 2022 auch in der Geschäftsführung tätig. Heiner Schroer ist seit 2022 Obermeister der Innung Münster und war von 2015 bis 2022 stellvertretender Obermeister.
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