OT: Auf welcher gesetzlichen Grundlage fußt Barrierefreiheit in Justizvollzugsanstalten in NRW?
Dr. Wolfgang Schorn: Die barrierefreie Ausstattung von Justizgebäuden dient der Gleichbehandlung bzw. der Verhinderung der Diskriminierung von Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Daher sind bei Neubauten – im Bereich der Justizvollzugsanstalten auch bei Grundsanierungen – die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Als rechtliche Grundlagen dienen hier u. a. die Normen DIN 18040–1 (Barrierefreies Bauen in öffentlich zugänglichen Gebäuden) und die DIN 18040–3 (Barrierefreies Bauen im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum). Weitere Anforderungen können u. a. aus Regelungen zum Brandschutz oder Arbeitsschutz resultieren, so dass diese Aufzählung nicht abschließend sein kann.
OT: Wie barrierefrei sind die Justizvollzugsanstalten in NRW?
Schorn: Auf Grund der stark differierenden Bausubstanz und konkreter Begebenheiten vor Ort ist eine pauschale Aussage zur Barrierefreiheit von Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen nicht möglich.
OT: Was bedeuten die Begriffe „barrierefrei“ und „rollstuhlgerecht“ in Justizvollzugsanstalten?
Schorn: Ein rollstuhlgerechter Haftraum ist grundsätzlich ein Haftraum, in welchem ausreichend Platz für die Nutzung eines Rollstuhls besteht und der einen entsprechenden rollstuhlgerechten Zugang zum Bett sowie zur Sanitäreinrichtung vorhält. Außerdem liegt grundsätzlich außerhalb des Haftraums eine gewisse Barrierefreiheit vor, so dass z. B. durch mobile flache Rampen die für Gefangene relevanten Bereiche, wie z. B. Freistundenhof und Krankenabteilung, im offenen Vollzug auch beispielsweise die Kostausgabe bzw. der Speisesaal, zugänglich sind. Ein barrierefreier Haftraum orientiert sich darüber hinaus an der DIN 18040–1.
OT: Wie viele rollstuhlgerechte Hafträume gibt es in den Justizvollzugsanstalten in NRW?
Schorn: Insgesamt stehen zum Stichtag 28. Februar 2022 im nordrhein-westfälischen Justizvollzug in zwölf Justizvollzugseinrichtungen 35 rollstuhlgerechte Haftplätze zur Verfügung (Insgesamt gibt es in NRW 36 Justizvollzugsanstalten, Anm. d. Red.).
OT: Stehen damit im Vergleich zum Bedarf genügend rollstuhlgerechte Haftplätze zur Verfügung?
Schorn: Ja, die vorhandenen Kapazitäten sind ausreichend und decken den im Justizvollzug vorhandenen Bedarf ab.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
Lesen Sie hier, wie die Versorgung mit orthopädietechnischen Hilfsmitteln in der JVA Bielefeld-Senne, Deutschlands größter Justizvollzugsanstalt sowie Europas größter offener Anstalt, abläuft.
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