Einleitung
Für die operative Behandlung des kindlichen Knicksenkfußes stehen mehrere Operationstechniken zur Verfügung. Bedingt durch ihre minimale Invasivität hat die subtalare Arthrorise an Bedeutung gewonnen. Die Indikation besteht bei einem therapieresistenten, idiopathischen Knicksenkfuß im Alter von 10 bis 15 Jahren. Ausgeschlossen sind alle angeborenen, rigiden und sekundär bedingten Fehlstellungen. Das eigenständige Korrekturpotenzial des kindlichen Knicksenkfußes kann bis zum Beginn der Adoleszenz abgewartet werden. Ein postoperativ noch verbleibendes Wachstumspotenzial erweist sich für die knöcherne Adaptierung als günstig. Die Indikation wurde an der Klinik, an der die Verfasser tätig sind, bei 54 Patienten mittels Anamnese und einer umfassenden klinischen und radiologischen Diagnostik getroffen.
Pathophysiologie und Prinzip der Arthrorise
Der Knicksenkfuß ist als ein dynamisch korrigierbarer Fuß mit den Komponenten Talus obliquus (Sagittalebene) (Abb. 1a), Pes abductus (Horizontalebene) (Abb. 1d) und Calcaneus valgus (Frontalebene) (Abb. 2a) definiert. Aus dieser dreidimensionalen Betrachtung ergibt sich zwangsläufig eine Differenzierung gegenüber den bekannten Operationsverfahren des Erwachsenenalters (z. B. Dwyer-Osteotomie, Evans-Osteotomie etc.).
Aus der Sicht des Calcaneus valgus wird bei der Arthrorise der Subtalarraum des unteren Sprunggelenkes durch den Arthrorisebolzen lateral aufgeweitet; das Implantat darf die Gelenkflächen nicht tangieren. Die Korrektur des Calcaneus valgus ist die Stärke des „Arthrorisebolzens” (unabhängig von den verschiedenen angebotenen Implantaten).
Dominiert die Komponente des Pes abductus, so kann dies durch eine Schraubenarthrorise (meist unter Verwendung einer AO-Schraube) korrigiert werden – hierbei blockiert die in den Subtalarraum eingebrachte Schraube mit ihrem Schraubenkopf das laterale Abweichen des Fußes. Eine alternative Operationsmethode stellt nach Wachstumsabschluss die Evans-Osteotomie dar; das Operationsrisiko ist jedoch ungleich höher.
Die Operation der Arthrorise bewirkt eine Neupositionierung des Calcaneus unter den Talus. Durch den schrägen Achsenverlauf des unteren Sprunggelenkes kommt es zu einer dreidimensionalen Korrektur des Rückfußes. Die Arthrorise führt zu einer temporären Reduktion der Bewegungsfreiheit im Sinne einer „Anschlagsperre in eine Richtung”; somit kommt es zu keiner vollständigen Fixierung des unteren Sprunggelenkes. Das Wirkprinzip der Arthrorise stellt eine Kombination aus mechanischen und propriozeptiven Effekten mit einer konsekutiv knöchernen Adaptierung dar.
Einen weiteren Aspekt bildet die Stellung zwischen Vor- und Rückfuß. Durch die operative Korrektur über die Achse des unteren Sprunggelenkes kommt es zwangsläufig zu einer Supinationseinstellung des Vorfußes. In der korrigierten Rückfußform muss der Vorfuß wieder in die Horizontalebene gebracht werden können, d. h., der erste Strahl muss einen Bodenkontakt erreichen. Zeigt sich bei der präoperativen Untersuchung, dass dies bei manueller Calcaneuskorrektur zum Problem wird, so sollte die Operationsindikation streng hinterfragt werden.
Ein besonderes Augenmerk ist auch auf die Unterschenkelrotation zu richten. Patienten mit einer Innenrotation der unteren Extremität können durch den Pes abductus des Knicksenkfußes die Innenrotation ausgleichen. Eine effektive Korrektur des Knicksenkfußes führt damit zwangsläufig zu einer Innenrotationseinstellung des Fußes und wird bei diesen Patienten funktionell zum Nachteil.
Zuletzt soll noch auf ein Korrekturphänomen hingewiesen werden, welches das postoperative Vorgehen beeinflusst: Durch die Neupositionierung des Calcaneus aus der Valgusfehlstellung in die orthograde Einstellung kommt es zu einer Zunahme der Bauhöhe zwischen dem oberen Sprunggelenk und der plantaren Calcaneusfläche (Abb. 2a u. b). Klinisch relevant wird der sich einstellende Spitzfuß; eine zusätzliche operative Intervention wurde bisher nicht notwendig – allerdings ist dies im Rahmen der Nachbehandlung zu berücksichtigen.
Nachbehandlung
Die Mobilisierung der Patienten ist bereits ab dem 1. postoperativen Tag unter schmerzorientierter Vollbelastung möglich. Dem Vorliegen einer postoperativen Spitzfußeinstellung muss durch eine temporäre Absatzerhöhung begegnet werden (Abb. 3). Dies führte neben einer rascheren Mobilisierbarkeit auch zu einer Reduktion der notwendigen analgetischen Therapie.
Seit dieser Beobachtung erhalten die Patienten für 2 Wochen einen Therapieschuh mit einer Fersenerhöhung von 1,5 cm. Nach ca. einer Woche beginnt zusätzlich die aktive Mobilisierung zur Dehnung der Wadenmuskulatur unter physiotherapeutischer Anleitung. Im Anschluss an die Therapieschuhversorgung erhalten die Patienten Schuheinlagen. In der ersten Phase haben sich weichbettende Einlagen bewährt; langfristig sind propriozeptive Einlagen zur dynamischen Fußkorrektur indiziert. In Einzelfällen wurde auch eine temporäre Fersenerhöhung mit schrittweiser Höhenreduktion notwendig. Das Therapieziel einer plantigraden Fußeinstellung konnte in sämtlichen Fällen binnen 3 Monaten erreicht werden; eine operative Achillessehnenverlängerung oder ein Muskel-Release waren somit nicht nötig.
Material und Methode
An einem plakativen Korrekturbeispiel (männlicher Patient, Operation im Alter von 10 Jahren) werden die Achsen- und Winkelverhältnisse in der Sagittal- und Horizontalebene vor und nach der Arthrorise gezeigt bzw. unter Anwendung gängiger Mess-Verfahren dokumentiert.
Ergebnis
Der Talokalkanearwinkel nach Costa-Bartani zeigt eine sehr gute Korrektur des Fußes in der Sagittalebene mit einem Korrekturausmaß von 23° (präoperativ 32° – postoperativ 55°) (Abb. 1a u. c).
Der Tarsometatarsalwinkel I nach Hamel verdeutlicht die Aufrichtung des Talus und damit die funktionelle Ausrichtung auf das Metatarsale I. In dem gezeigten Beispiel kommt es zu einer Korrektur von annähernd 40° (präoperativ 39,6° – postoperativ 1,5°) (Abb. 1a u. c).
Der Talus-Neigungswinkel beschreibt die Korrektur des Talus obliquus und zeigt 24° Aufrichtung des Talus im Verhältnis zur Bodenfläche (präoperativ 47,8° – postoperativ 23,5°) (Abb. 1a u. c).
Im Unterschied dazu wird die Einstellung des Calcaneus in der Sagittalebene im gezeigten Fall nicht beeinflusst (präoperativ 18,9° – postoperativ 19,2°) (Abb. 1a u. c).
In der dorsoplantaren Betrachtung des Knicksenkfußes als „Pes abductus” zeigt der Winkel zwischen der Längsachse des Talus und des Metatarsale I den Korrektureffekt der Arthrorise mit annähernd 16° (präoperativ 20,7° – postoperativ 4,4°) (Abb. 1d u. e).
Die Betrachtung der Ergebnisse zeigt eine suffiziente Ausrichtung des Talus zum Metatarsale I in der Sagittalebene wie in der dorsoplantaren Darstellung. Diese Korrektur der knöchernen Strukturen bleibt nicht ohne Auswirkung auf die Längenverhältnisse der Sehnen mit dem beschriebenen konsekutiven Spitzfuß und der damit empfohlenen temporären Absatzerhöhung (Abb. 1b).
Zusammenfassung
Die minimalinvasive subtalare Arthrorise stellt eine effektive Möglichkeit der Knicksenkfußkorrektur dar. Für die Indikationsstellung ist jedoch eine Korrigierbarkeit der Achsenverhältnisse zu fordern und eine Überkorrektur besonders der rotatorischen Verhältnisse zu vermeiden.
Durch die Korrektur kommt es zu einer Erhöhung des OSG-Bodenabstandes und damit zwangsläufig zu einer notwendigen Verlängerung der Achillessehne mit ihrer Muskelgruppe. Da dies von einem Teil der Patienten spontan nicht ausgeglichen werden kann, wird postoperativ eine temporäre Absatzerhöhung empfohlen, die in den folgenden Wochen reduziert werden muss, um einer dauernden Spitzfußeinstellung entgegenzuwirken. Besonders die Mobilisierung in den ersten postoperativen Tagen wird enorm erleichtert, und auch die Beschwerden sind deutlich geringer ausgeprägt, wenn der Absatz erhöht wird.
Eine begleitende Physiotherapie ist nicht nur zur Dehnung der Wadenmuskulatur indiziert, auch das Gangmuster ist an die neuen Achsenverhältnisse und an die daraus resultierenden Veränderungen der Dynamik zu adaptieren.
Schuheinlagen und temporäre Absatzerhöhung verbessern das Operationsergebnis und erleichtern den postoperativen Behandlungsverlauf.
Für die Autoren:
Dr. Alexander Henhapl
SALK
Univ.-Klinik für Orthopädie der PMU
Müllner Hauptstraße 48
A – 5020 Salzburg
a.henhapl@salk.at
Begutachteter Artikel/reviewed paper
Henhapl A, Landauer F. Die Nachbehandlung einer Arthrorise beim Knicksenkfuß. Orthopädie Technik, 2014; 65 (1): 30–33
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