Die Digi­ta­li­sie­rungs­in­itia­ti­ve ergreifen

In der Essener Philharmonie geben normalerweise Dirigenten den Takt vor, doch am 12. Februar übernahm die Opta Data Abrechnungs GmbH den Taktstock und lud zu ihrem 7. Zukunftstag ein. Ganz im Zeichen der Digitalisierung der Gesundheitsberufe stand das Programm mit dem Titel „Connecting now“. Dazu wurden hochkarätige Redner verpflichtet, wie beispielsweise Prof. Dr. med Jörg Debatin, Leiter des Health Innovation Hub (HIH) am Bundesministerium für Gesundheit, oder Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer der Gematik GmbH. Ins Gespräch kamen diese Experten anschließend in Diskussionsrunden mit den Vertretern der Gesundheitshandwerke.

Deba­tin stell­te in sei­nem Vor­trag vor allem eine Haupt­the­se her­aus: „Digi­ta­li­sie­rung ist kein Selbst­zweck“. Der gebür­ti­ge Esse­ner unter­strich dabei, dass die Digi­ta­li­sie­rung von den Men­schen gewollt sei, aber die­ser Wunsch auf eine schlech­te Per­for­mance sei­tens der Gesund­heits­bran­che trifft. Dass die Poli­tik sich des­halb damit beschäf­tigt, sei fast fol­ge­rich­tig. In dem Health Inno­va­ti­on Hub gin­ge es daher dar­um, die Brü­cke zwi­schen der Poli­tik und der „rea­len“ Welt zu schla­gen. „Die Minis­te­ri­en haben ein struk­tu­rel­les Pro­blem Input zu bekom­men. Durch ihre

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Zusam­men­set­zung ist ein schnel­ler Aus­tausch von Per­so­nal fast unmög­lich“, so Deba­tin. Der HIH soll durch das zeit­lich begrenz­te Anwer­ben von Exper­ten die­sen Miss­stand aus­glei­chen. „Manch­mal habe ich das Gefühl, dass das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit mir die­sem Hub sei­ne gan­ze Cool­ness aus­le­ben will. Die gan­ze Start-up-Atmo­sphä­re mit Kicker und der hip­pen Adres­se an der Tor­stra­ße in Ber­lin. Ich hät­te mir auch nicht träu­men las­sen, dass ich ein­mal in einem alten Laden­lo­kal arbei­ten wür­de“, beschreibt Deba­tin mit einem Augen­zwin­kern die Atmo­sphä­re. Trotz die­ser beton­ten Locker­heit wer­den bei den Exper­ten rich­tungs­wei­sen­de Ent­schei­dun­gen vor­be­rei­tet. So berich­tet Deba­tin von einem Para­dig­men­wech­sel. „Die Daten wer­den in Zukunft nicht mehr Ent­ste­hungs­be­zo­gen gespei­chert, son­dern Per­so­nen­be­zo­gen.“ In der Pra­xis ist damit gemeint, dass nicht mehr das Kran­ken­haus oder der Arzt die Dia­gno­sen, Medi­ka­ti­ons­plä­ne oder Rönt­gen­bil­der abspei­chert, son­dern der Pati­ent selbst – zum Bei­spiel auf sei­nem Smart­phone. Dafür soll ab 2021 die Elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te (EPA) kom­men. Deba­tin stellt aber auch her­aus, dass den Pati­en­ten mit ihren so zusam­men­ge­tra­ge­nen Infor­ma­tio­nen eine wich­ti­ge Rol­le zuge­dacht wird. Schließ­lich müss­ten die­se selbst ent­schei­den, ob sie ihre Daten tei­len wol­len. „Ohne Daten wer­den wir die Medi­zin nicht wei­ter­ent­wi­ckeln“, ist sich Deba­tin aller­dings sicher, dass ein groß­zü­gi­ger Aus­tausch drin­gend nötig ist.

Sani­täts­häu­ser wur­den nicht berück­sich­tig – Lob für Bereitschaft

Damit das funk­tio­niert, ist eine Infra­struk­tur nötig – die Tele­ma­tik. Nie­der­ge­las­se­ne Ärz­te müs­sen bereits ange­schlos­sen sein, es fol­gen Kran­ken­häu­ser und Apo­the­ken. Dr. Mar­kus Leyck Die­ken stell­te in sei­nem Vor­trag den aktu­el­len Sta­tus der Gema­tik vor und vor allem wel­chen Zeit­plan es für das E‑Rezept oder die Elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te gibt. Leyck Die­ken sieht in der „ger­ma­ni­schen Infra­struk­tur“ ein Pro­blem, weil der euro­päi­sche Kon­text bezüg­lich Daten­aus­tausch, völ­lig außen vor­ge­las­sen wird. Die Zen­trie­rung auf eine eige­ne Infra­struk­tur, die einen Aus­tausch von erho­be­nen Daten unmög­lich macht, sei der fal­sche Weg – vor allem mit Blick auf Big Data.
Neben Deba­tin und Leyck Die­ken nahm mit Klaus-Jür­gen Lotz auch der Prä­si­dent des Bun­des­in­nungs­ver­band für Ortho­pä­die-Tech­nik bei der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on auf dem Podi­um Platz. „Wir tau­chen eigent­lich nir­gend­wo auf“, nahm Lotz Bezug auf die Vor­trä­ge und ver­wies erneut dar­auf, dass die Gesund­heits­hand­wer­ke bei der Pla­nung der Tele­ma­tik außen vor geblie­ben sind und nicht expli­zit genannt wer­den. Die­sen Miss­stand pran­ger­te der BIV-OT-Prä­si­dent an und bekräf­tig­te von Sei­ten der Mit­glieds­be­trie­be: „Wir sind bereit. Wir wol­len mit­ma­chen.“ Dafür bekam er vor allem von Deba­tin gro­ßen Zuspruch. „Wir erle­ben hier etwas, was ein kla­res Signal sein muss. Es gibt Berufs­grup­pen, die mit­ma­chen wol­len. Das ist ein Unter­schied zu dem, was wir bereits erlebt haben.“ Des­halb sei es nun an der Zeit die Grund­la­gen für eine Teil­nah­me an der Tele­ma­tik zu schaf­fen. Dem pfl ich­te­te Lotz bei: „Wir müs­sen alle mit den glei­chen Bedin­gun­gen an die Start­li­nie gehen.“ Das zielt vor allem dar­auf ab, dass Apo­the­ken bereits zwei Jah­re frü­her ange­schlos­sen wer­den sol­len als Sani­täts­häu­ser. Hilfs­mit­tel sind ver­trieb­lich für Apo­the­ken zwar noch aus­ge­schlos­sen, den­noch ist eine zeit­li­che Zurück­stel­lung ein Nach­teil für die Gesund­heits­hand­wer­ke. Um nicht in das Hin­ter­tref­fen zu gera­ten lau­tet der Rat von Leyck Die­ken: „Machen Sie ihr Ange­bot bereits jetzt attrak­tiv, so dass Sie zum Anschluss bereits bereit sind.“

Trotz Schnitt­men­ge: Leis­tungs­er­brin­ger und Kos­ten­trä­ger bei Digi­ta­li­sie­rung noch uneins

Dass Digi­ta­li­sie­rung aber auch bei ande­ren Mit­spie­lern inder Gesund­heits­bran­che eine gro­ße Rol­le spielt, zeig­te Dirk Lau­en­stein, Vor­stand der Audi BKK, in sei­nem Vor­trag „Digi­ta­le Pro­jek­te der Kos­ten­trä­ger“. In der anschlie­ßen­den Podi­ums­dis­kus­si­on, in der neben Lau­en­stein mit Tho­mas Bod­mer, Mit­glied im Vor­stand der DAK-Gesund­heit, ein wei­te­rer Ver­tre­ter der Kos­ten­trä­ger saß, wur­de schnell deut­lich, dass es beim The­ma Digi­ta­li­sie­rung eine gro­ße Schnitt­men­ge bei den ermit­tel­ten Bedürf­nis­sen zwi­schen Kos­ten­trä­ger und Leis­tungs­er­brin­gern gab. Aller­dings gab es an eini­gen Punk­ten – vor allem an den Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren – dann aber doch Streit­punk­te zwi­schen den Teil­neh­mern. Dr. Jan Hel­mig, Bereichs­lei­ter Pro­dukt- und Pro­jekt­ma­nage­ment der Opta-Data-Grup­pe, eröff­ne­te mit sei­nem Impuls­vor­trag unter dem Titel: „War­ten auf ande­re oder: Wie IT-Dienst­leis­ter im Schul­ter­schluss mit den Gesund­heits­be­ru­fen die digi­ta­le Ent­wick­lung vor­an­trei­ben“ die letz­te Dis­kus­si­ons­run­de. Gemein­sam mit den ande­ren Teil­neh­mer wur­den die „Wün­sche“ der Bran­chen for­mu­liert. Wie die Mög­lich­kei­ten auf Erfolg aus­se­hen, hän­ge aller­dings von der Schaf­fung der Rah­men­be­din­gun­gen ab.

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