Der Grund dafür ist, dass Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch, 11. Dezember 2024, im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hatte. „Gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stelle ich den Antrag, mir das Vertrauen auszusprechen. Ich beabsichtige, vor der Abstimmung am Montag, dem 16. Dezember 2024, hierzu eine Erklärung abzugeben“, hieß es in dem Antrag zur Vertrauensfrage. Fünf Tage später verweigerten 394 Abgeordnete – und damit die Mehrheit im Parlament – dem Kanzler das Vertrauen.
Scholz suchte im Anschluss an die Abstimmung im Bundestag den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier auf und schlug ihm vor, den Bundestag aufzulösen. Der Bundespräsident hat Gespräche mit den Vorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Fraktionen und Gruppen geführt. Am 27. Dezember 2024 hat er die Auflösung des 20. Deutschen Bundestages angeordnet und entschieden, für den 23. Februar 2025 Neuwahlen anzusetzen.
Damit ist die Zukunftskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP endgültig Geschichte. Durch die Entlassung der FDP-Bundesminister waren die Liberalen zuvor schon aus der Regierung ausgetreten und hatten eine rot-grüne Minderheitsregierung zurückgelassen, die auf die politische Zustimmung der Opposition für ihre Gesetzesvorhaben setzen musste. Eine vorgezogene Neuwahl war schon damals die logische Konsequenz aus der politischen Konstellation.
Wer steht zur Wahl?
41 Parteien können an der Bundestagswahl am 23. Februar teilnehmen. Der Bundeswahlausschuss hat in einer öffentlichen Sitzung am 13. und 14. Januar in Berlin die formalen Voraussetzungen geprüft, die Parteien erfüllen müssen, um an der Bundestagswahl teilzunehmen. An der letzten Bundestagswahl am 26. September 2021 war nach den Feststellungen des Bundeswahlausschusses 53 Parteien die Teilnahme an der Wahl eröffnet worden. Davon hatten letztlich 47 Parteien mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl teilgenommen.
Der Bundeswahlausschuss hat verbindlich festgestellt, dass zehn Parteien im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind (§ 18 Absatz 4 Nummer 1 Bundeswahlgesetz). Bei der Einreichung ihrer Wahlvorschläge für die Bundestagswahl benötigen sie deshalb keine Unterstützungsunterschriften. Den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) hat der Bundeswahlausschuss darüber hinaus als Partei nationaler Minderheiten für die Bundestagswahl 2025 anerkannt. Der SSW muss damit keine Unterstützungsunterschriften vorlegen. Auch wird die 5‑Prozent-Klausel auf den SSW nicht angewendet.
Bisher im Bundestag vertreten sind die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) von Kanzler Olaf Scholz, Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU), Bündnis 90/Die Grünen (GRÜNE), Freie Demokratische Partei (FDP), Alternative für Deutschland (AfD), Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) sowie Die Linke (Die Linke).

Wer darf wählen?
Im Grundgesetz ist geregelt, wer in Deutschland an der Bundestagswahl teilnehmen darf. Danach dürfen alle Deutschen, die am Wahltag (also dem 23. Februar) das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, bei einer Bundestagswahl mitentscheiden. Durch die vorgezogene Wahl verlieren rund 400.000 Erstwähler die Möglichkeit, an der Bundestagswahl teilzunehmen, weil sie zwar zum regulären Wahltermin im September 18 Jahre alt geworden wären, im Februar aber nun zu jung sind. Nach einer auf dem Zensus 2022 basierenden Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) werden im Bundesgebiet voraussichtlich mindestens 59,2 Millionen Deutsche wahlberechtigt sein. Davon sind 30,6 Millionen Frauen und 28,6 Millionen Männer. Hinzu kommen deutsche Wahlberechtigte, die gänzlich oder überwiegend im Ausland leben. Die Zahl der Wahlberechtigten ist damit voraussichtlich geringer als bei der letzten Bundestagswahl 2021, denn damals waren rund 61,2 Millionen Personen zur Stimmabgabe berechtigt gewesen, 47 Millionen Menschen nahmen ihr Recht wahr, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 76,6 Prozent.
Wer sind die Kanzlerkandidaten?
Acht Männer und Frauen aus sieben Parteien haben sich als Kandidat für das wichtigste politische Amt der Bundesrepublik aufstellen lassen. Alle aktuellen Bundestagsfraktionen und Gruppen sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stellen einen beziehungsweise im Fall der Partei Die Linke zwei Spitzenkandidaten.
Für die SPD geht Amtsinhaber Olaf Scholz ins Rennen um die Kanzlerschaft. Ende November 2024 wurde der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg – nicht ohne Nebengeräusche – von seiner Partei nominiert. Zuvor war mehr oder weniger offen über eine Kandidatur des in der öffentlichen Wahrnehmung beliebteren Verteidigungsministers Boris Pistorius spekuliert worden. Dieser erteilte einer potenziellen Nominierung eine Absage. Scholz, am 14. Juni 1958 in Osnabrück geboren, kann auf reichlich Erfahrung in der Bundesregierung zurückblicken. So war er zwischen 2007 und 2009 Bundesminister für Arbeit und Soziales und von 2018 bis 2021, bis zu dem Beginn seiner Kanzlerschaft, Finanzminister.
Oppositionsführer und erster Herausforderer auf den Posten des Kanzlers ist Friedrich Merz. Der am 11. November 1955 in Brilon geborene Jurist ist seit 2022 der Vorsitzende der CDU und gehörte zwischen 1994 und 2009 sowie ab 2021 erneut dem deutschen Bundestag als Abgeordneter an. Bereits im September 2024 wurde Merz als Kanzlerkandidat der Union – also CDU und CSU – gekürt. Im Gespräch für eine Kanzlerkandidatur der Union waren auch Markus Söder, Ministerpräsident in Bayern, und Daniel Günther, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, oder Hendrik Wüst, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, die aber in großen Teilen ihre eigenen Ambitionen für diese Wahl nicht öffentlich artikulierten.

Als Wirtschaftsminister gehört auch Robert Habeck (GRÜNE) zum aktuellen Kabinett Scholz und ist damit in der Regierungsverantwortung. Seine Kanzlerkandidatur stand schon länger im Raum und wurde auf dem Parteitag am 17. November 2024 mit großer Mehrheit auch bestätigt. Annalena Baerbock, die 2021 als Kanzlerkandidatin 14,7 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich und ihre Partei vereinen konnte, hatte bereits frühzeitig signalisiert, nicht Spitzenkandidatin zu werden. Habeck, am 2. September 1969 in Lübeck geboren, ist seit 2021 im Deutschen Bundestag und zudem Vizekanzler. Zuvor war er von 2012 bis 2018 stellvertretender Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.
Bis zu seiner Entlassung als Finanzminister war auch Christian Lindner Teil der Bundesregierung. Der FDP-Bundesvorsitzende (seit 2013) war zwischen 2009 und 2013 sowie ab 2017 Bundestagsabgeordneter. Zwischen 2021 und 2024 war er als Bundesminister der Finanzen in Verantwortung. 2017 hatte er nach rund vierwöchiger Beratung die Koalitionsgespräche mit Union und GRÜNEN abgebrochen mit den Worten: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren!“ Lindner wurde am 7. Januar 1979 in Wuppertal geboren und engagierte sich zunächst in der nordrhein-westfälischen Landespolitik, ehe er auf Bundesebene aktiv wurde. Er ist zum dritten Mal in Folge der Spitzenkandidat der FDP.

Für Die Linke kandidieren mit Jan van Aken und Heidi Reichinnek gleich zwei Personen für das Amt des Bundeskanzlers. Reichinnek ist Co-Vorsitzende der Linken-Bundestagsgruppe, van Aken führt die Linke als Co-Parteichef. Ziel des Duos ist der Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag – sei es mit dem Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde oder dem Gewinn von drei Direktmandaten.
Erstmals schickt die AfD eine eigenen Kanzlerkandidatin ins Rennen. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Alice Weidel erhielt das Vertrauen ihrer Partei. Die am 6. Februar 1979 in Gütersloh geborene Weidel gehört seit 2017 dem Deutschen Bundestag an. Sie war bereits damals mit Alexander Gauland als Spitzenkandidatin für die AfD nominiert. Ihre politische Karriere begann 2013 mit dem Eintritt in die AfD Baden-Württemberg. 2016 nahm sie an den Landtagswahlen teil.
Gleich in ihrer ersten Bundestagswahl tritt auch die Partei BSW mit einer Kanzlerkandidatin an. Sahra Wagenknecht hatte 2024 die Partei gegründet und ist nun neben Namensgeberin, Gründerin, Parteivorsitzender und Vorsitzender der BSW-Gruppe im Bundestag auch Kanzlerkandidatin. Dass es überhaupt zu einer Kür der Kanzlerkandidatin kam, begründete die Partei mit dem inflationären Auftreten von Kanzlerkandidaten anderer Parteien und mit der damit verbundenen Sorge, dass man ins Hintertreffen geraten könnte. Auch wenn es die erste Bundestagswahl für das Bündnis ist, so ist die Erfahrung im Bundestag groß. Aktuell gehören zehn Abgeordnete zur Gruppe BSW, die bei der Wahl 2021 noch zur Linken-Fraktion zählten.
Was erwartet das Handwerk von der neuen Bundesregierung?
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat anlässlich der Bundestagswahl 25 Kernanliegen rund um Bürokratieabbau, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Gewinnung von Fachkräften für die Politik formuliert. Unter dem Namen „25 für 25“ werden diese Anliegen von Handwerkerinnen und Handwerkern der Öffentlichkeit präsentiert und sollen aufzeigen, warum politische Entscheidungen und konkrete Lösungen nötiger sind als je zuvor. „Die aktuelle tiefe Wirtschaftskrise, in der sich Deutschland zu Jahresbeginn befindet, und die ihre Ursache vor allem auch in strukturell bedingten Standortschwächen hat, ist ein unüberhörbarer Weckruf: Die erste und dringendste Aufgabe der neuen Bundesregierung muss es sein, eine wirtschaftspolitische Wende zu vollziehen und den Kompass der Wirtschaftspolitik neu auszurichten“, fordert ZDH-Präsident Jörg Dittrich und ergänzt: „Wirtschaftspolitische Lösungskonzepte gehören ins Zentrum der Debatte; Konzepte, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken, Bürokratie spürbar abbauen und attraktive Rahmenbedingungen sowohl für Betriebe als auch für Beschäftigte schaffen. Politik muss sich wieder als Problemlöser erweisen! Wir brauchen den Wettstreit um Lösungen statt Selbstinszenierungen und Show. Die echten Herausforderungen der Menschen verdienen Antworten, die Perspektiven schaffen. Nicht gedient ist Betrieben und ihren Beschäftigten mit einem politischen Schlagabtausch, der vor allem auf Schlagzeilen und mediale Aufmerksamkeit zielt, statt sich auf die Problemlösung zu konzentrieren.“
Die Kernanliegen des ZDH sind thematisch in fünf Abschnitte gegliedert. Unter der Überschrift „Freiräume schaffen, Wettbewerbsfähigkeiten erhöhen“ werden Forderungen rund um Senkung der Steuerbelastung, beispielsweise auf Strom, oder dass die Politik sich aus der Gestaltung der Löhne heraushält, zusammengefasst. Letzteres war beispielsweise mit der Erhöhung des Mindestlohns geschehen, die über die von der Mindestlohnkommission ausgehandelten Erhöhung hinausging. Des Weiteren werden unter dem Titel „Wieder Lust auf Unternehmertum machen“ Bürokratieabbau oder sogenannte „Praxis-Checks“ im Vorfeld von Gesetzesvorhaben gefordert. Letztere sollen dazu beitragen, dass die Politik nicht an der Realität der Handwerksbetriebe vorbei Gesetze beschließt. Unter „Potenziale zur Sicherung von Fachkräften ausschöpfen“ werden Maßnahmen beschrieben, die den Fachkräftemangel im Handwerk bekämpfen, beispielsweise die unbürokratische Einstellung und Beschäftigung von Mitarbeitern aus Drittstaaten. Bei „Bildungsstrukturen des Handwerks stärken“ ist die erste zentrale Forderung eine altbekannte, aber immer noch nicht umgesetzte: Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung. Dass Handwerk auch immer eine lokale Angelegenheit ist, beschreibt der letzte Punkt: „Handwerk weiter fest in Städten und ländlichen Räumen verankern“. Viele Auszubildene sind auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angewiesen und ein vergünstigtes Azubi-Ticket, analog zum Studententicket, soll die Voraussetzungen schaffen, dass Auszubildende sicher, zuverlässig und kostengünstig zur Arbeit und wieder zurückkommen. Apropos Arbeit: In der Stadt sind Lieferungen von Handwerkern oft eine schwierige Angelegenheit aufgrund von Park- und Halteregeln. Das soll zukünftig geändert werden.
ZDH-Präsident Dittrich fordert: „Der Stillstand in Deutschland muss überwunden werden, der Veränderungsnotstand ein Ende haben. Wir fordern von der Politik entschlossene Signale: Entlastung, Stabilität und Aufbruch. Nötig sind weniger Bürokratie, eine generationengerechte Sozialpolitik, faire Steuern, eine starke berufliche Bildung und gezielte Unterstützung für Handwerksbetriebe – ob in der Stadt oder auf dem Land. Wieder Zuversicht in Wachstum zu schaffen, bedeutet auch, Bildung und die Gewinnung von Fachkräften zu fördern, damit Betriebe zukunftsfähig bleiben und unser Land langfristig als starker Wirtschaftsstandort bestehen kann.“
Wie sieht es in der Gesundheitspolitik aus?
Egal, ob Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG), Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), Gesetz zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (GDAG) und Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) oder Digital-Gesetz (DigiG): Viele Gesetze der vergangenen Legislaturperiode haben Einfluss auf die direkte oder unmittelbare Zukunft der Hilfsmittelversorgung. Die Gesetze werden im Bundesgesundheitsministerium ausgearbeitet. Dieses wird aktuell von Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach angeführt. Im Rahmen einer Ende 2024 erfolgten Ipsos-Umfrage waren 9 Prozent aller Befragten mit der Arbeit von Lauterbach sehr zufrieden, 37 Prozent zufrieden und mehr als die Hälfte (54 Prozent) unzufrieden. Dass Lauterbach seinen Job behalten kann, ist mehr als fraglich. In einer aktuellen Umfrage von Insa erhält die CDU 31 Prozent der abgegebenen Stimmen. Auf Rang zwei landet die AfD mit 22 Prozent, vor der Kanzlerpartei SPD (15 Prozent) und den GRÜNEN (13 Prozent). Auch BSW scheint mit 6,5 Prozent die magische 5‑Prozent-Grenze zu überspringen. FDP und Linke dagegen scheitern an dieser Hürde und sind nicht mehr im Bundestag vertreten.

Bereits jetzt ist klar, dass sich das Gesicht der Gesundheitspolitik im Bund verändern wird. Mit Hubert Hüppe und Erwin Rüddel (beide CDU) sowie Erich Irlstorfer (CSU) treten drei verdiente Unions-Politiker bei der Wahl nicht mehr an. Stephan Pilsinger (CSU) und dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU, Tino Sorge, droht ebenfalls das Aus, allerdings wegen starker Gegenkandidaten und einem reformierten Wahlrecht.
Bei der SPD verabschieden sich der parlamentarische Staatssekretär Edgar Franke, die gesundheitspolitische Sprecherin Heike Baehrens sowie Dirk Heidenblut und Bettina Müller aus freien Stücken von der Bundespolitik. Martina Stamm-Fiebich steht in Bayern nur auf Listenplatz 26 – Stand jetzt könnte es für sie nicht reichen für einen erneuten Einzug ins Parlament.
Bei den GRÜNEN treten die für Gesundheit zuständige Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche sowie Saskia Weishaupt nicht mehr an. Kirsten Kappert-Gonther war als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses in den vergangenen Jahren gefragt und wird auch 2025 dank eines guten Listenplatzes wohl erneut in den Bundestag einziehen können. Der amtierende gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen steht auf Platz 18 der Landesliste in NRW. Vor vier Jahren profitierten die GRÜNEN im bevölkerungsreichsten Bundesland von einem überdurchschnittlich guten Abschneiden und konnten 24 Personen von der Liste in den Bundestag einziehen lassen. Ob das 2025 auch so ist und ob es damit für Dahmen reichen wird, ist unsicher.
Jörg Schneider von der AfD kandidierte für den Vorsitz des Gesundheitsausschusses. Die anderen Parteien verhinderten die Wahl. Einen erneuten Anlauf von Schneider wird es nicht geben, er tritt allen Anscheins nach zur Bundestagswahl nicht mehr an. Auch bei den anderen AfD-Politikern im Bereich Gesundheit gibt es Veränderungen. Thomas Dietz wird nicht mehr antreten, sein Wahlkreis geht an Maximilian Krah, und auch Christina Baum hat aufgrund ihrer Landeslistenplatzierung keine Chance.
Die Gesundheitspolitiker der FDP müssen Ende Februar erst einmal um den grundsätzlichen Einzug ihrer Partei bangen. Sollte dieser gelingen, dürfte es zu Wechseln in der Besetzung der gesundheitspolitischen Posten kommen. Andrew Ullmann dürfte angesichts Platz 18 auf der bayerischen Landesliste nicht nur seinen Job als gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, sondern auch sein Mandat im neuen Bundestag verlieren. Gleiches gilt für Kristin Lütke, die sogar noch einmal drei Listenplätze hinter Ullmann geführt wird.
In einer ähnlichen Position wie die FDP befindet sich auch Die Linke. Sollte der Plan nicht aufgehen, mit drei Direktmandaten den Einzug ins Parlament zu schaffen, dürften aufgrund der großen Wählerwanderung zu BSW kaum Chancen bestehen. Im Falle eines Einzug hat Ates Gürpinar dank des ersten Listenplatzes in Bayern große Chancen, wieder in den Bundestag zu kommen.
Bei den Wahlprogrammen der Parteien herrscht große Einigkeit; in keinem einzigen werden die Gesundheitshandwerke namentlich erwähnt. Auch sonst werden die Forderungen relativ vage gehalten. Themen wie die Sicherstellung der Finanzierung, Gewinnung und Bindung von Fachkräften sowie Bürokratieabbau werden in den Programmen nur gestreift. Immerhin: Die Union, GRÜNE und Die Linke fordern, mehr Kompetenzen von den Ärzten an andere Gesundheitsberufe abzugeben. Wie genau und an welche Berufsgruppen, bleibt bei den Parteien noch offen.

Bürokratieabbau gehört seit Jahren zu einer der zentralen Forderungen aus den Gesundheitshandwerken. Die Union, GRÜNE und FDP wollen unnötige Bürokratie abschaffen. Detaillierte Vorschläge findet man nicht im Wahlprogramm, die FDP legte jedoch Mitte Dezember 2024 unter der Überschrift „Weniger Bürokratie und mehr Zeit für Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem“ einen umfangreichen Antrag (Drucksache 20/14265) vor. „Bürokratiebelastungen durch Dokumentations‑, Nachweis- und Berichtspflichten, durch mangelnde Digitalisierung, aufwändige Prüfverfahren sowie Doppelstrukturen binden wichtige zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen, die vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräfte- und Arztzeitmangels dringend für die Versorgung von Patientinnen und Patienten benötigt werden“, heißt es dort. Es werden insgesamt 74 Maßnahmen aufgeführt, an denen konkret Bürokratie abgebaut werden könnte, unter anderem Digitalisierung der Abrechnung und Genehmigung bei sonstigen Kostenträgern, Rechts- und Planungssicherheit für Start-ups und Hersteller von Hilfsmitteln bei der Aufnahme ins Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes durch die Harmonisierung der Anforderungen im Bewertungsverfahren und durch die Möglichkeit einer vorherigen Beratung analog zur verbindlichen Auskunft vom Finanzamt oder Streichung anlassloser Überwachung aufgrund der Betriebsbegehungen im Rahmen der Präqualifizierung.
Was fordert die Hilfsmittelbranche?
Das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) hat im Rahmen seiner Vorstandsklausur Anfang Dezember 2024 die Bundestagswahl in den Fokus genommen. Herausgekommen sind zentrale Forderungen an die künftige Bundesregierung, vor allem in den Bereichen Bürokratieabbau, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Finanzierung und Mitsprache. Zusammengefasst werden die Forderungen in dem Motto „Versorgen statt verwalten“. Konkret fordern die im Bündnis zusammengeschlossenen Verbände und Gemeinschaften, dass die überbordende Vertragsvielfalt im Hilfsmittelbereich reduziert werden muss. In einem ersten Schritt sollen administrative Inhalte in Form eines administrativen Rahmenvertrages standardisiert werden. Zudem brauche es ein Sofortpaket zum Bürokratieabbau etwa bei der Retaxierung und Präqualifizierung. Die Möglichkeiten der Digitalisierung und Vernetzung sollen konsequent genutzt werden, um Prozesse zu vereinfachen und zu verschlanken.
Außerdem sollen die Hilfsmittelleistungserbringer schnell und gleichberechtigt in die Telematikinfrastruktur und die ePA eingebunden werden, inklusive notwendiger Anpassungen datenschutzrechtlicher Regelungen. Der Aufbau von Parallelstrukturen beim E‑Rezept bzw. bei der eVerordnung sei zu unterbinden und die Wahlfreiheit der Patienten in der Hilfsmittelversorgung bei allen digitalen Prozessen konsequent zu gewährleisten. Die Kosten für die Einbindung in die TI dürfe, so WvD, nicht einseitig auf die Leistungserbringer abgewälzt werden.
Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels ist eine qualifizierte Zuwanderung unabdingbar, um eine patientennahe Versorgung im Hilfsmittelbereich auf Dauer zu gewährleisten. Es bedarf unter anderem einer beschleunigten Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, eine schnellere Visavergabe und eine klare Willkommenskultur. Die Refinanzierung von Lohnsteigerungen muss zudem in den Vergütungsvereinbarungen angemessen berücksichtigt werden.
Kostensenkungen dürfen nicht zu Lasten der Versorgungssicherheit gehen. Vielmehr müssen durch einen forcierten Bürokratieabbau und einen einheitlichen niedrigen Umsatzsteuersatz auf Hilfsmittel Kosten für das Gesundheitssystem gesenkt werden. Zudem fordert das Bündnis, dass die hohe Kompetenz der Hilfsmittelleistungserbringer regelhaft stärker eingebunden wird. Dies gilt insbesondere im Bereich Inklusion – etwa im Nationalen Aktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – sowie bei den aktuellen Planungen zum gesundheitlichen Bevölkerungsschutz im Krisen- und Verteidigungsfall.
Um den Parteien die Forderungen und dringenden Fragen der Branche noch einmal näherzubringen, erarbeitete WvD sogenannte Wahlprüfsteine. Das sind acht Fragen, die alle Parteien gestellt bekommen und an derer sich die Position zu einem speziellen Gebiet ableiten lassen. Aufgrund der verkürzten Wahlkampfzeit haben sich aber alle Parteien darauf geeinigt, dass Verbände nur nach vorheriger Abstimmung ihre Wahlprüfsteine beantwortet bekommen – „Wir versorgen Deutschland“ gehörte nicht dazu. „Aus Sicht von ‚Wir versorgen Deutschland‘ ist es zwar verständlich, dass der verkürzte Wahlkampf es erschwert, die Vielzahl an Wahlprüfsteinen der Verbände und Organisationen zu beantworten. Dennoch ist es bedauerlich, dass die Fragen angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Hilfsmittelversorgung dadurch unbeantwortet bleiben“, kommentierte das Bündnis.
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) veröffentlichte ein Positionspapier zur Bundestagswahl und fordert in dessen Rahmen eine Stärkung der Hilfsmittelversorgung. Dazu gehört aus Sicht des MedTech-Verbandes, dass die individuellen Versorgungsbedarfe chronisch Kranker oder Personen mit Behinderungen besser berücksichtigt werden. „Die adäquate und effektive Versorgung chronisch kranker Patienten mit Hilfsmitteln setzt voraus, dass zugrundeliegende Erkrankungen und Behinderungen in der Therapie angemessen berücksichtigt werden“, so BVMed-Hilfsmittelexpertin Juliane Pohl.
Insgesamt zehn Forderungen formulierte der BVMed im Bereich Hilfsmittel, unter anderem eine schnellere Anbindung an die E‑Verordnung, den Verzicht auf Genehmigungen bei pauschal vergüteten Hilfsmittelversorgungen oder die Einführung eines Anspruchs der Versicherten auf Therapieberatung und ‑management, insbesondere bei koordinierungsbedürftigen Versorgungen mit beratungsintensiven Hilfsmitteln, etwa bei Krebspatienten mit multiplem Versorgungsbedarf.
„Patientinnen und Patienten brauchen eine gute und sichere Versorgung mit Hilfsmitteln zur Verbesserung der Gesundheit, der Lebensqualität und zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe. Das erfordert eine entsprechend hohe Qualität der Produkte und einhergehenden Dienstleistungen sowie ausreichende Informationen über die Versorgungsansprüche der Betroffenen“, so Pohl.
Auch der Industrieverband Spectaris veröffentlichte ein Positionspapier zur Bundestagswahl 2025. Unter dem Titel „Medizintechnik stärken – Innovationen für eine bessere Gesundheitsversorgung“ skizziert der Verband konkrete Schritte, wie die Medizintechnik-Branche als Leitindustrie gestärkt und dafür industriepolitisch gezielter unterstützt werden sollte. „Unsere Branche steht für medizinischen Fortschritt, Patientenwohl und Lebensqualität. Doch die Innovationskraft, die uns weltweit an die Spitze gebracht hat, wird zunehmend durch regulatorische Hürden ausgebremst“, erklärt Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender des Medizintechnik-Verbandes Spectaris.
Wie kann ich meine Stimme nun abgeben?
Wie bei jeder Bundestagswahl stehen den Wahlberechtigten am Sonntag, 23. Februar 2025, zwei Wege der Stimmabgabe offen: Die Urnenwahl am Wahltag selbst und die Briefwahl. Wer zur vorgezogenen Neuwahl nicht ins Wahllokal gehen kann oder möchte, kann seine Stimme also auch per Brief abgeben, sollte jedoch den verkürzten Briefwahlzeitraum berücksichtigen.
Laut Bundeswahlleiterin Dr. Ruth Brand müssen Wahlberechtigte ihre Briefwahlunterlagen wegen der vorgezogenen Neuwahl und damit einhergehenden verkürzten Fristen diesmal schneller bei ihrer Gemeinde beantragen, ausfüllen und zurücksenden, als es bei einer Bundestagswahl zum regulären Ende einer Legislaturperiode der Fall ist. Das letztmögliche Einwurfdatum für den Wahlbrief ist Donnerstag, 20. Februar 2025. Laut der Bundeswahlleiterin stellt die Deutsche Post sicher, dass Wahlbriefe, die spätestens an diesem Tag vor der letzten Briefkastenleerung eingeworfen oder in einer Postfiliale abgegeben werden, rechtzeitig zugestellt werden. Innerhalb Deutschlands muss keine Briefmarke aufgeklebt werden. Anders sieht es aus, wenn der Wahlbrief im Ausland zur Post gegeben wird, dann muss er ausreichend frankiert sein.
Heiko Cordes
Das Bündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) möchte im Bundestagswahlkampf auf die Probleme, Sorgen und Nöte von Sanitätshäusern aufmerksam machen. Vor allem ein Abbau von Bürokratielasten ist ein erklärtes Ziel des Zusammenschlusses aus dem Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT), Egroh, Ortheg, Reha-Service-Ring GmbH, Rehavital, Sanitätshaus Aktuell AG sowie dem Verband Versorgungsqualität Homecare (VVHC). Fast 70 Prozent der Unternehmen verwenden laut WvD-Branchenumfrage 2024 über 30 Prozent ihrer Betriebszeit allein für bürokratische Aufgaben. Aus diesem Grund wird es im Vorfeld der Wahlen eine Plakataktion unter dem Motto „Versorgen statt verwalten!“ geben, die die Forderung nach einem schnellen Bürokratieabbau nun ins Zentrum stellt.
Die Vorlagen zur Aktion werden den Sanitätshäusern über die WvD-Mitgliedsverbände zur Verfügung gestellt. Das Bündnis fordert die Häuser zur Teilnahme an der Aktion auf, um die Forderung nach einem schnellen Bürokratieabbau in der Hilfsmittelversorgung in die Öffentlichkeit zu tragen. „Gemeinsam können wir so unserem Anliegen nach mehr Zeit für unsere Patientinnen und Patienten statt mehr Verwaltungsaufgaben Nachdruck verleihen!“, so WvD.
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