Im Gespräch mit der OT-Redaktion erläutern Geschäftsführerin Stephanie Bauch und Sonja Leppelmann, Senior Vice President PM/Marketing, inwiefern Amoena Nachhaltigkeit lebt und warum das nicht nur die Umwelt freut, sondern sich auch für die Anwenderinnen lohnt und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszahlt.
OT: Welchen Stellenwert nimmt das Thema Nachhaltigkeit bei Amoena ein?
Stephanie Bauch: Unsere Produkte stehen für Innovation und Qualität. Dabei spielt das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Das beginnt bei der Auswahl der Materialien für unsere Produkte und deren Verpackung, geht über die Produktion, faire Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern, die Reduktion von Luftfracht bis hin zu sozialer Verantwortung. Bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie fokussieren wir uns auf vier Bereiche: nachhaltige Produkte und deren Verpackung, nachhaltige Produktion und Prozesse, eine nachhaltige Lieferkette und soziale Verantwortung. Denn auch unsere Unternehmenskultur ist davon geprägt.
OT: Inwiefern?
Sonja Leppelmann: Diversität und ein hoher Anteil von Frauen in Führungs- und Expertenfunktionen sind für uns keine Werbebegriffe. Wir haben am Standort in Raubling Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 20 unterschiedlichen Nationen und im Unternehmen einen Frauenanteil von 80 Prozent. Unsere Produkte sind wirklich von Frauen für Frauen gemacht.
OT: Die Modeindustrie steht seit Jahren in der Kritik, ein Umwelt- und Klimasünder zu sein, schon aufgrund der verwendeten Materialien. Auf welche setzt Amoena bei Spezial-BHs und ‑Bademode? Was zeichnet diese Materialien aus?
Bauch: Für unsere Textilprodukte, das heißt Wäsche, Kleidung und Bademode, die speziell für die Bedürfnisse von brustoperierten Frauen entwickelt werden, verwenden wir zunehmend nachhaltig produzierte Naturfasern, wie z. B. Bambus, Bio-Baumwolle und Lyocell. In der Bademode verwenden wir seit mehreren Saisons u. a. Stoffe, die aus recycelten Materialien gefertigt sind. Aufgrund des Charakters unserer Produkte sind diese kein „fast fashion“ und wir achten sehr darauf, dass unsere Produkte langlebig und qualitativ hochwertig sind.
Nachhaltiges Design
OT: Qualität, Komfort, Funktionalität und Design auf der einen Seite, Nachhaltigkeit auf der anderen: Passt das zusammen?
Leppelmann: Aus unserer Sicht ja. Das Thema Tragekomfort spielt bei unseren Produkten eine besonders große Rolle. Im Bereich Wäsche haben wir angefangen, Stoffe aus recycelter Ware zu verwenden. Wir arbeiten hier mit nachhaltigen Materialien, z. B. recycelter Spitze. Daran kann man sehr deutlich sehen, dass Design und Nachhaltigkeit sich nicht ausschließen. Darüber hinaus sind wir stets auf der Suche nach Materialinnovationen, die unsere nachhaltige Strategie vorantreiben.
OT: Im Bereich Brustprothetik ist Silikon, also ein Kunststoff, das Material der Wahl. Kann das nachhaltig sein oder braucht es künftig Alternativen?
Bauch: Silikon weist einzigartige Eigenschaften auf, die derzeit kein anderer Werkstoff bieten kann. Insbesondere die natürliche Haptik spielt hier für die betroffenen Frauen eine sehr große Rolle bei der Wahl einer Brustprothese. Dabei ist es von Bedeutung, dass das Tragegefühl in der Bewegung einer natürlichen Brust sehr nahekommt. Silikon ist kein Kunststoff bzw. Plastik im umgangssprachlichen Sinn. Denn die unter dem Begriff Plastik gemeinten Kunststoffe basieren alle auf Erdöl – wohingegen Silikon als Ausgangsstoff hauptsächlich Siliziumdioxid, sprich Sand, aufweist. Silikon ist zwar ein künstlich hergestelltes Material, also ein Kunststoff, aber nicht dem Begriff Plastik zuzuordnen. Darüber hinaus testet unsere breit angelegte Abteilung „Forschung & Entwicklung“ stetig neue Materialien. Ausschließen würden wir es daher nicht, dass es in der Zukunft auch Alternativen zu Silikon in der Brustprothetik gibt.
OT: Stellt Nachhaltigkeit auch für die Anwenderinnen selbst ein zentrales Qualitätsmerkmal bei der Wahl der Produkte dar?
Leppelmann: Das Thema Nachhaltigkeit nimmt auch bei den Anwenderinnen einen immer größeren Stellenwert ein. Laut der Sustainability Study von Simon-Kucher aus dem vergangenen Jahr geben 95 Prozent der Verbraucher in Deutschland an, dass Nachhaltigkeit als Kaufkriterium von Produkten und Services mindestens genauso wichtig oder sogar wichtiger ist als noch vor einem Jahr. Als Hauptbeweggrund geben 65 Prozent der Befragten „Verantwortungsbewusstsein“ an. Das spiegelt sich auch bei unseren Kundinnen wider.
OT: Sie sagten anfangs, dass das Thema Nachhaltigkeit auch die Produktionsverfahren prägt. Können Sie das genauer erläutern?
Bauch: Bei der Produktion und dem Materialeinsatz legen wir großen Wert auf eine möglichst effiziente Nutzung der Ressourcen. Um unsere CO2-Emissionen weiter zu reduzieren, setzen wir auf effiziente Produktionsprozesse und auf die intelligente Steuerung von Beleuchtung und Heizung an unserem Standort in Raubling. Die gesamte Produktion der Brustprothesen findet in Deutschland statt. Zusätzlich wurde am Hauptstandort in diesem Jahr eine Photovoltaikanlage installiert. Durch jährliche externe Audits weisen wir nach, dass wir die hohen Qualitätsstandards der ISO-Zertifizierung einhalten.
Optimierung der Ausschussraten
OT: Produktion kommt nicht ohne Produktionsabfälle und Verpackungen aus. Welche Rolle spielen die Themen Kreislaufwirtschaft und Recycling bei Amoena?
Leppelmann: Eine sehr große Rolle. Ein wichtiges Ziel, das unsere Umweltbilanz beeinflusst, ist die Optimierung unserer Ausschussraten. Diese konnten wir in den vergangenen Jahren durch optimierte Abläufe bereits um zwei Drittel reduzieren und werden sie stetig weiter minimieren. Die anfallenden Abfälle werden fast zu 100 Prozent einer Wiederverwertung – entweder stofflich oder thermisch – zugeführt. Die Nachhaltigkeit von Verpackungen in der Lieferkette konzentriert sich auf die Wiederverwertbarkeit, die Optimierung des Verpackungsvolumens und den Einsatz von recycelten Kunststoffen, z. B. bei unseren Kleiderbügeln.
OT: Ökologie versus Ökonomie: Hemmt Nachhaltigkeit die Wirtschaftlichkeit oder ist sie – im Gegenteil – sogar ein Treiber?
Bauch: Ökologisches Handeln und ökonomisches Denken schließen sich für uns gegenseitig nicht aus. Wir sehen die Verantwortung, die wir haben, denn es gibt nur diese eine Welt und wir tragen für nachfolgende Generationen die Verantwortung, sorgsam mit unserer Umwelt und ihren Ressourcen umzugehen.
OT: Stichwort Greenwashing: Begriffe wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ sind nicht gesetzlich reguliert. Die Werbung mit solchen Begriffen ist auch erlaubt, wenn Emissionen z. B. durch die Förderung von Klimaschutzprogrammen kompensiert werden. Müssen Sie sich mit solchen Vorwürfen auseinandersetzen?
Leppelmann: Bisher noch nicht. Wir sind uns der Thematik jedoch bewusst und deshalb sind wir stets darauf bedacht, nur Aussagen zu treffen, die wir belegen können.
OT: Mit Blick auf die Zukunft: Wo geht es für Amoena hin?
Bauch: Das Thema Nachhaltigkeit ist eine Reise. Wir stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen, lernen dazu, finden neue Ansätze, die uns unserem Ziel weiterbringen, und verbessern uns kontinuierlich. Wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen, aber wir sind auf einem guten Weg.
Die Fragen stellte Pia Engelbrecht.
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