BIV-OT for­dert: Kas­sen müs­sen Regel­ver­sor­gung sicherstellen

Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) sieht in den aktuellen Forderungen des GKV-Spitzenverbandes zur Erhebung individueller Gründe für Mehrkosten einen klaren Richtungsfehler. Statt die Entscheidungen der Versicherten zu kontrollieren, sollten die gesetzlichen Krankenkassen endlich ihren Auftrag erfüllen: eine wirtschaftlich tragfähige und bedarfsgerechte Regelversorgung sicherzustellen.

„Wer Mehr­kos­ten tra­gen muss, weil die Kas­se die Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung nicht aus­kömm­lich finan­ziert, braucht kei­ne Beschnei­dung sei­nes grund­recht­lich garan­tier­ten Rechts auf infor­mel­le Selbst­be­stim­mung – son­dern eine ver­läss­li­che Finan­zie­rungs­grund­la­ge für sei­ne Sach­leis­tung. Die wirt­schaft­li­che Regel­ver­sor­gung ist Auf­ga­be der Kran­ken­kas­sen, nicht der Ver­si­cher­ten“, erklärt BIV-OT-Prä­si­dent Alf Reuter.

Anzei­ge

Der aktu­el­le Mehr­kos­ten­be­richt bestä­tigt: In rund 80 Pro­zent der Fäl­le wer­den Hilfs­mit­tel mehr­kos­ten­frei abge­ge­ben. In den Pro­dukt­grup­pen 08 „Ein­la­gen“ und 17 „Hilfs­mit­tel zur Kom­pres­si­ons­the­ra­pie“ zeigt sich aber ein ande­res Bild: Dort sind Mehr­kos­ten weit ver­brei­tet, weil ver­al­te­te Fest­be­trä­ge die tat­säch­li­chen Kos­ten längst nicht mehr decken. Die Ansprü­che der Pati­en­ten an die Aus­stat­tung und die Qua­li­tät ihrer Hilfs­mit­tel ent­spre­chen über­wie­gend nicht dem durch Fest­be­trä­ge begrenz­ten finan­zi­el­len Rah­men für die Sach­leis­tung. Dass genau in die­sen Berei­chen eine Stei­ge­rung der Mehr­kos­ten zu beob­ach­ten ist, macht die struk­tu­rel­le Unter­fi­nan­zie­rung sicht­bar – und nicht ein angeb­li­ches Infor­ma­ti­ons­de­fi­zit auf Sei­ten der Ver­si­cher­ten.   

„Wenn Kas­sen wis­sen wol­len, war­um sich Ver­si­cher­te für bestimm­te Hilfs­mit­tel­va­ri­an­ten ent­schei­den, soll­ten sie sich die eige­nen Ver­trä­ge anschau­en – nicht die Pati­en­ten befra­gen“, betont Reu­ter.

Hin­zu kommt, dass gera­de bei ortho­pä­di­schen Hilfs­mit­teln nicht jede wirt­schaft­li­che Lösung von der Stan­ge eine Opti­on ist. „Wir erle­ben täg­lich, wie dif­fe­ren­ziert und per­sön­lich Ent­schei­dun­gen über eine Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung sind“, erläu­tert Reu­ter. „Wer sich für eine bestimm­te Aus­füh­rung ent­schei­det, tut das nicht leicht­fer­tig – schließ­lich bezahlt er ja dafür aus eige­ner Tasche. Ver­si­cher­te wäh­len hier bewusst und infor­miert – das ist Aus­druck von Mün­dig­keit, nicht von Fehl­ver­hal­ten.“   

Die gel­ten­de Rechts­la­ge wur­de vom Gesetz­ge­ber bewusst so gestal­tet, dass die Bera­tung zur Mehr­kos­ten­frei­heit doku­men­tiert wer­den muss – nicht aber die indi­vi­du­el­len Ent­schei­dungs­grün­de der Ver­si­cher­ten. Eine ver­pflich­ten­de Begrün­dung durch die Pati­en­ten wäre ein unzu­läs­si­ger Ein­griff in ihre Pri­vat­au­to­no­mie und eine wei­te­re gro­ße büro­kra­ti­sche Belas­tung für die Betrie­be. Die büro­kra­ti­schen Las­ten für die Betrie­be als sys­tem­re­le­van­te Leis­tungs­er­brin­ger müs­sen aber redu­ziert und nicht wei­ter erhöht wer­den. 

Der BIV-OT fordert:

  • Finan­zie­rung der Regel­ver­sor­gung anpas­sen, ins­be­son­de­re in unter­fi­nan­zier­ten Pro­dukt­grup­pen wie PG 08 und PG 17
  • Kei­ne neu­en Berichts­pflich­ten, die Pati­en­ten­rech­te beschneiden
  • Stär­kung der Ver­sor­gungs­qua­li­tät statt Aus­bau der Prüfbürokratie.

„Die Poli­tik muss die eigent­li­chen Pro­ble­me ange­hen: Wenn die Regel­ver­sor­gung wirt­schaft­lich nicht trag­fä­hig ist, braucht es Refor­men – nicht Miss­trau­en gegen­über den Ver­si­cher­ten“, so Reu­ter abschließend.

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