Die Hilfsmittelversorgung stellt eine tragende Säule für ein leistungsfähiges Gesundheitssystem dar – das machten die Herstellervereinigung Eurocom und das bundesweite Leistungserbringerbündnis „Wir versorgen Deutschland“ (WvD) bei einem gemeinsamen Parlamentarischen Abend in Berlin deutlich. Beide Organisationen nutzten das Forum, um zentrale Herausforderungen zu benennen und konkrete Forderungen an die Politik zu richten.
„Hilfsmittel leisten einen unverzichtbaren Beitrag, damit die Versorgung in einer älter werdenden Gesellschaft bezahlbar und verlässlich bleibt. Deshalb ist es wichtig, die Rahmenbedingungen so weiterzuentwickeln, dass diese Leistungen auch künftig bedarfsgerecht und flächendeckend erbracht werden können“, erklärte Tino Sorge, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Gesundheit in seinem Grußwort.
Walter Michael Leuthe, stellvertretender Vorsitzender Eurocom, und Alf Reuter, Vorstand WvD, machten in ihrer Begrüßung deutlich: „Ohne Investitionen in die Versorgung mit Hilfsmitteln sind weder eine erfolgreiche Krankenhausreform noch eine Stärkung der ambulanten Versorgung möglich. Doch die Branche droht in Bürokratie zu ersticken – es braucht jetzt entschlossenes politisches Handeln, um Leistungserbringer und Industrie zu entlasten.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich beide Verbände mit den Berichterstattern der Bundestagsfraktionen zu ihren Lösungsvorschlägen aus. „Die Hilfsmittelversorgung hat in Deutschland einen viel zu wenig beachteten Stellenwert“, erklärte Dr. Tanja Machalet (SPD) im Rahmen der Diskussion. „Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für Leistungserbringer und Industrie, die täglich dafür sorgen, dass Pflege vermieden, Operationen hinausgezögert sowie Mobilität und Lebensqualität gesichert werden können.“ Für Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) ist es hingegen Fluch und Segen der Branche, dass andere Leistungserbringer im Berliner Politikbetrieb sehr viel lauter auftreten. Sie schlug vor, dass sich alle Akteure gemeinsam an einen Tisch setzen und die derzeitige Bürokratie durchforsten, um sie zu entschlacken. Statt auf noch mehr Kontrolle zu setzen, plädierte Axel Müller (CDU) für mehr Vertrauen in die Leistungserbringer von Seiten der Kostenträger. Einig waren sich alle drei, dass die Hilfsmittelversorgung in Deutschland dringend politischer Reformen bedarf.
Weniger Bürokratie, mehr Innovation
Eurocom und WvD plädieren für tiefgreifende Reformen in der Hilfsmittelversorgung. Zentrales Anliegen ist der Abbau von Bürokratie: Durch einen administrativen Rahmenvertrag sollen formelle Vertragsinhalte standardisiert werden, sodass sich Verhandlungen künftig auf Preise und Leistungen konzentrieren können. Zudem verlangen die Verbände, dass innovative Produkte deutlich schneller in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen und damit den Patienten zugänglich gemacht werden. Auch die Finanzierung müsse angepasst werden. Dazu zählen ein einheitlich niedriger Mehrwertsteuersatz auf Hilfsmittel, die regelmäßige Aktualisierung der teilweise veralteten Festbeträge sowie eine stärkere Förderung konservativer Therapien, die sowohl Arzneimittelkosten als auch Klinikaufenthalte reduzieren können. Darüber hinaus fordern Eurocom und WvD die rasche Einführung der elektronischen Verordnung und die schnelle Integration von Sanitätshäusern und Gesundheitshandwerken in die elektronische Patientenakte. Schließlich drängen beide Organisationen auf eine schnelle Überarbeitung der Medical Device Regulation (MDR), um die bestehenden regulatorischen Hürden zu verringern. „Die Hilfsmittelversorgung leistet einen entscheidenden Beitrag dazu, dass Menschen in Deutschland selbstbestimmt und mobil leben können. Die Politik muss die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit dies auch in Zukunft überall in Deutschland möglich bleibt“, so Leuthe und Reuter abschließend.
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