Der Sprung ins kalte Wasser
Am 7. Februar 2025 waren 69.895.552 ePAs angelegt – ein dramatischer Anstieg gegenüber den lediglich 867.456 Akten Ende November 2023. Der Grund: Deutschland wechselt von einem Opt-in- zu einem Opt-out-Verfahren. Jeder gesetzlich Versicherte erhält automatisch eine ePA, es sei denn, er widerspricht aktiv.
Mit der ePA für alle schaffe man eine Grundlage für eine vernetzte, patientenzentrierte Gesundheitsversorgung, erklärt die Gematik, die Nationale Agentur für Digitale Medizin. Auch Medikationsdaten werden seit Januar 2025 in der ePA hinterlegt. Mit Beginn des bundesweiten Roll-outs wird die Anzahl an Dokumenten, Befunden und weiteren Informationen in den Patientenakten zunehmen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Ärzte können schneller auf Vorerkrankungen, Allergien oder bereits verschriebene Medikamente zugreifen. Doppeluntersuchungen werden vermieden, die Behandlungsqualität steigt. Für Orthopädietechniker bedeutet das: Verordnungen, Hilfsmittelversorgungen und Therapieverläufe werden transparent nachvollziehbar – falls die Politik sich dazu entscheiden sollte, Lese- und Schreiberechte für OT-Betriebe zu gewähren.
„Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Nutzung nun deutschlandweit zunimmt. Die ePA ist damit auf bestem Wege, fester Bestandteil unserer Gesundheitsversorgung in Deutschland zu werden – das ist ein wichtiger Meilenstein für uns alle. Die Medikationsliste hat bereits viele Praxen überzeugt. Eine Funktion, die zeigt, wie Digitalisierung im Praxisalltag spürbar helfen kann“, so Dr. Florian Fuhrmann, Vorsitzender der Gematik-Geschäftsführung.

Sicherer Chat für Gesundheitsprofis
Parallel zur ePA etabliert sich der TI-Messenger als sichere Kommunikationsplattform innerhalb der Gesundheitsbranche. In der TI-Modellregion Hamburg und Umland wurde im Herbst 2024 der TI-Messenger in ersten Gesundheitseinrichtungen erprobt. Anders als WhatsApp oder andere Consumer-Messenger erfüllt der TI-Messenger die strengen Datenschutzanforderungen des Gesundheitswesens.
Orthopädietechniker könnten künftig direkt mit Ärzten kommunizieren, Befunde austauschen oder Rückfragen zu Hilfsmittelversorgungen klären – alles innerhalb eines rechtssicheren Rahmens. Die Verschlüsselung erfolgt Ende-zu-Ende, die Server stehen in Deutschland.
E‑Mail-Ersatz mit Sicherheitsgarantie
Die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) fungiert als eine Art sicheres E‑Mail-System für Gesundheitsdienstleister. Über KIM können sensible Patientendaten, Arztbriefe oder Hilfsmittelverordnungen verschlüsselt und rechtssicher übertragen werden. Für Orthopädie-Werkstätten entstehen damit neue Möglichkeiten der direkten Kooperation mit Praxen und Kliniken.
- Mit 69,9 Millionen angelegten ePAs bis Februar 2025 erreicht Deutschland einen Meilenstein bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
- TI-Messenger und KIM schaffen erstmals rechtssichere Kommunikationswege zwischen allen Gesundheitsakteuren.
- Trotz technischer Fortschritte bleiben Datenschutz-Experten skeptisch – die Balance zwischen Innovation und Sicherheit bestimmt den Erfolg der digitalen Transformation.
Schatten über der digitalen Zukunft
Doch die digitale Transformation stößt auf erheblichen Widerstand. Der Chaos Computer Club (CCC) warnt regelmäßig vor Sicherheitslücken in der Telematikinfrastruktur. Sicherheitsforscher zeigten Ende 2024 auf dem Congress des Chaos Computer Clubs gravierende Sicherheitslücken der ePA und der zugehörigen IT-Infrastruktur.
Martin Tschirsich vom CCC demonstrierte bereits mehrfach, wie sich das Verfahren, mit dem sich Bürger für unterschiedliche digitale Produkte wie zum Beispiel die elektronische Patientenakte ausweisen, auf Sicherheitslücken überprüfen lässt. Das Problem: Mit wenigen Handgriffen konnte das System erfolgreich geknackt werden.
Die Gematik reagiert auf die Kritik mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen. Sie arbeitet nun daran – in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik –, die Schwachstellen zu beheben.
… die elektronische Patientenakte (ePA)?
Die ePA ist die digitale Gesundheitsakte für jeden gesetzlich Versicherten mit Arztbriefen, Befunden, Medikationsplänen und Behandlungsverläufen. Die Pilotphase startete 2021, das Opt-out-Verfahren gilt seit Januar 2025 und ist verpflichtend ab Oktober 2025.
… der TI-Messenger?
Der TI-Messenger (kurz: TIM) ist ein verschlüsselter Instant-Messaging-Dienst speziell für Gesundheitsfachkräfte. Die Pilotphase ist in den TI-Modellregionen (Hamburg) 2024 gestartet, eine schrittweise Ausweitung ist geplant.
… KIM?
KIM ist die Abkürzung für Kommunikation im Medizinwesen und steht für eine sichere E‑Mail-Alternative für den Austausch sensibler Gesundheitsdaten. Der Ausbau läuft, bereits seit 2019 können beispielsweise Ärzte, die an die TI angeschlossen sind, darüber kommunizieren.
… das Notfalldatenmanagement?
Das Notfalldatenmanagement (NFDM) speichert auf der Gesundheitskarte lebensrettende Informationen für Notfälle. Dieser Dienst ist seit 2021 vor allem für Notärzte, Kliniken, alle Erstversorger relevant.
… das E‑Rezept?
Das E‑Rezept ist die digitale Medikamentenverschreibung, die beispielsweise über die Gesundheitskarte oder eine Smartphone-App eingelöst werden kann. Auch der Ausdruck eines QR-Codes ist möglich.
… die qualifizierte elektronische Signatur?
Bei der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) handelt es sich um eine rechtsgültige digitale Unterschrift für Gesundheitsdokumente.
… das Versichertenstammdatenmanagement?
Beim Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) werden die Patientenstammdaten über die Gesundheitskarte automatisch aktualisiert.
… die TI 2.0?
Bei der TI 2.0 handelt es sich um eine modernisierte, cloudbasierte Version der Telematikinfrastruktur. Mit der Einführung ist ab 2026 zu rechnen.
… die GesundheitsID?
Dabei handelt es sich um eine einheitliche digitale Identität für alle Gesundheitsdienste.
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