Mit Punkt­wol­ke zur Präzision

Ohne präzisen Scan kein hochwertiges Endprodukt. Im Gespräch mit der OT-Redaktion gibt Orthopädieschuhmacher- und Orthopädietechnik-Meister Axel Ruppert, geschäftsführender Inhaber der gleichnamigen Beratungsfirma, praxisnahe Tipps, wie Betriebe passende Geräte auswählen, Fehler vermeiden und ihren digitalen Workflow optimieren können. Dabei macht er auch deutlich, dass Betriebe nicht blind in die digitale Technik starten sollten, sondern nur durch gezielte Planung und strategisches Vorgehen langfristig profitieren.

Am Ende der digi­ta­len Pro­zess­ket­te steht der Druck. Doch die­sem gehen wich­ti­ge Schrit­te vor­aus. Wel­che Rol­le spielt der Scan für das Endprodukt?
Axel Rup­pert: Eine rie­si­ge Rol­le. Digi­ta­le Tech­nik funk­tio­niert nach dem Prin­zip „Shit in, shit out“. Wenn ich vor­ne etwas Schlech­tes hinein­gebe, kann ich nicht erwar­ten, dass hin­ten etwas Gutes herauskommt.

Was zeich­net Ihrer Mei­nung nach einen per­fek­ten Scan aus?
Wenn er die Ober­flä­che so erfasst, dass für den nach­fol­gen­den Produk­tionsschritt alles Not­wen­di­ge dar­aus hervorgeht.

Mit jedem Teil ihres Werkzeug­kastens sind Tech­ni­ker bes­tens ver­traut. Scan­ner waren jedoch lan­ge kein klas­si­scher Bestand­teil. Kann man die­se Tech­nik ganz ein­fach integrieren?
Grund­sätz­lich ja, aber es braucht ein Ver­ständ­nis dafür. Es ist wich­tig, sich dar­über klar zu wer­den, wie Scan­ner arbei­ten und wie ein Scan­kör­per ent­steht. Es ist – wie vie­le den­ken – kein Foto, son­dern eine Stück für Stück ent­ste­hen­de Punkt­wol­ke. Der Scan­ner erfasst also ein­zel­ne Kon­takt­punk­te. Er sen­det zum Bei­spiel Infra­rot-Licht zum zu scan­nen­den Objekt und erhält eine Refle­xi­on zurück. Die­se Refle­xion regis­triert er als einen bestimm­ten Punkt. In der Nähe gibt es dann die nächs­te Reflek­ti­on und die nächs­te und nächs­te. Über die­se Samm­lung von Refle­xi­ons­punk­ten ent­steht letzt­end­lich die Punkt­wol­ke. Wenn man das ver­stan­den hat, tut man sich bei der Arbeit wesent­lich leichter.

Wie fin­de ich her­aus, wel­cher Scan­ner zu mei­nem Betrieb passt?
Es ist wich­tig, dass man sich über­legt, was man scan­nen will. Ist es zum Bei­spiel ein „totes“ Anbau­teil für einen Roll­stuhl, also eine geo­me­tri­sche Form, brau­che ich gege­be­nen­falls eine ande­re Scan­tech­nik, als wenn ich einen leben­di­gen Kör­per, also eine ana­to­mi­sche, run­de Form vor mir habe, an der sich der Scan­ner wäh­rend des Scan­pro­zes­ses nicht gut „fest­hal­ten“ (das sog. Track­ing) kann. Es macht auch einen Unter­schied, ob ich einen Erwach­se­nen vor mir habe, der still­hal­ten kann, oder ein Kind, das sich bewegt. Im zwei­ten Fall brau­che ich einen Scan­ner, der sich extrem gut am Objekt „fest­hält“ und dazu am bes­ten zusätz­lich auf dem Objekt ange­brach­te Mar­ker­punk­te nutzt. Die­se Refle­xionspunkte geben dem Scan­ner eine Ori­en­tie­rung – er erkennt zum Bei­spiel, wenn sich das Objekt dreht, und kann die nächs­te erfass­te Flä­che trotz­dem sicher der Form zuordnen.

Für Ein­stei­ger ist es zudem hilf­reich, wenn man den Scan­vor­gang pau­sie­ren kann. Stellt man fest, dass man eine Stel­le über­se­hen hat, kann man ein­fach wie­der ein­stei­gen und den Scan komplettieren.

Es gibt ver­schie­de­ne Datei­for­ma­te, in denen ein 3D-Modell zur Ver­fü­gung gestellt wer­den kann. Die bei­den gän­gi­gen sind OBJ und STL. Wel­ches sich am bes­ten anbie­tet, hängt davon ab, was man scan­nen will. Das STL-For­mat beschreibt nur die Ober­flä­chen­geo­me­trie eines Objekts, das OBJ-For­mat ent­hält zusätz­lich die Tex­tur, also qua­si das Ober­flä­chen­fo­to. Wenn man kei­ne pro­mi­nen­ten Stel­len wie erha­be­ne Knö­chel oder Zehn­en­bal­len mar­kie­ren muss, reicht das STL-For­mat aus. Arbei­tet man aber mit Anzeich­nun­gen bei der Kon­struk­ti­on, ist das OBJ-For­mat die bes­se­re Wahl.

3D-Scanner mit integriertem Licht wie beim „Einstar Vega“ verbessern die Qualität der Texturaufnahme mit einer guten Ausleuchtung. Foto: Ruppert
3D-Scan­ner mit inte­grier­tem Licht wie beim „Einstar Vega“ ver­bes­sern die Qua­li­tät der Tex­tur­auf­nah­me mit einer guten Aus­leuch­tung. Foto: Ruppert

Gibt es wei­te­re Punk­te, die Betrie­be beach­ten sollten?
Auf jeden Fall die Auf­lö­sung des Scans. Wel­chen Anspruch habe ich? Wie genau muss der Scan sein? Man könn­te den­ken: Je höher die Auf­lö­sung, des­to bes­ser das Ergeb­nis. Das stimmt aber so nicht. Es kommt immer dar­auf an, was ich scan­nen und spä­ter damit machen will. Brau­che ich vie­le Details, benö­ti­ge ich auch eine hohe Scan-Auf­lö­sung. Geht es nicht um Details, kann zu viel Genau­ig­keit dage­gen zu unnö­tig gro­ßen Scan-Datei­en füh­ren. Aus mei­ner Sicht wur­de hier frü­her in unse­rer Bran­che etwas über­trie­ben – da sprach man von not­wen­di­gen Auf­lö­sun­gen von 0,5 Mil­li­me­tern. Wenn man sich im Bereich um 1,5 Milli­­meter bewegt, fährt man mei­ner Mei­nung nach heu­te ganz gut.

Für Ein­stei­ger bie­tet zum Bei­spiel die Fir­ma Shi­ning eine hilf­rei­che Funk­ti­on an: die „Daten­qua­li­täts­ana­ly­se“. Die Punkt­wol­ke ent­steht zu Beginn des Scans in der Far­be Rot und wech­selt dann zu Grün, wenn die gesam­te Flä­che sicher erfasst wurde.

Betrie­be soll­ten auch den Ein­satz­ort berück­sich­ti­gen. Wer nicht vor Ort scannt, benö­tigt maxi­ma­le Mobi­li­tät. Dafür eig­nen sich schnur­lo­se all-in-one-Gerä­te. Will ich mobil arbei­ten, dann lan­de ich momen­tan unwei­ger­lich beim Modell „Einstar Vega“ von der Fir­ma Shi­ning oder bei den „Miraco“-Scannern von Revopoint.

Beson­ders beim Ein­satz schnur­ge­bun­de­ner Scan­ner muss man die Sys­tem­vor­aus­set­zun­gen für den ange­schlos­se­nen Laptop/PC beach­ten. Denn die Soft­ware, mit der ich den Scan erstel­le bzw. nach­be­ar­bei­ten will, muss dar­auf schließ­lich auch sau­ber lau­fen. Gut bedient ist man wegen der hohen Gra­fik­leis­tung oft schon mit einem Gerät, das für Gamer aus­ge­legt ist, und man packt sicher­heits­hal­ber zusätz­li­chen Arbeits­spei­cher drauf. Eine „Nvidia“-Grafikkarte – das ist „Sta­te of the Art“ – mit 32 Giga­byte Spei­cher und einem Arbeits­spei­cher von 64 Giga­byte ver­hin­dert Ver­druss bei den Mit­ar­bei­ten­den und sichert ein flüs­si­ges Arbei­ten im 3D-Bereich. Man kann einem Mit­ar­bei­ter kei­nen ein­fa­chen Rech­ner aus der Werk­statt an die Hand geben, auf dem sonst die Abrech­nungs­soft­ware läuft und dann am bes­ten auch noch alles auf dem­sel­ben Lauf­werk able­gen. Man soll­te von Beginn an eine Ablage­strategie für die Scan­da­ten fest­le­gen und auch Archi­vie­rungs­fris­ten defi­nie­ren – dabei gilt es, immer den Daten­schutz zu beachten.

Wer unter­wegs im Ein­satz ist, muss auch die Mög­lich­keit haben, die Daten schnell und ein­fach zu über­tra­gen. Shi­ning bie­tet eine Cloud an, in der die Daten direkt vom Scan­ner abge­legt und mit Kol­le­gen an ande­ren Stand­orten geteilt wer­den können.

Pri­vat ist das Han­dy für mehr und mehr Din­ge im Ein­satz. Auch Scan­nen ist per Han­dy und Tablet mög­lich. Mit wel­chen Gerä­ten haben Sie gute Erfah­run­gen gemacht?
Sehr bekannt in der Bran­che ist der „Struc­tu­re Sen­sor“, der auf das iPad gesteckt wird und dar­aus einen voll­wer­ti­gen 3D-Scan­ner macht. Das hört sich erst ein­mal gut an, doch es gibt auch Schat­ten­sei­ten. Apple hat­te zum Bei­spiel Ende 2023 auf­grund von Sicher­heits­be­lan­gen in kur­zer Fol­ge ein Update nach dem ande­ren her­ausr­aus­ge­ge­ben. Die Ver­si­ons­sprün­ge hat­ten nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Scan­qua­li­tät und ver­schlech­ter­ten die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Sen­sor, Betriebs­sys­tem und Scan-App. Weit ver­brei­tet sind die iOS Scan-App „3DSizeMe“ von Qwa­dra und die PC-Nach­be­ar­bei­tungs­soft­ware „MSoft“, die bei­de spe­zi­ell für die Ortho­pä­die-Tech­nik aus­ge­legt sind. Im Gegen­satz zu ande­ren Scan-­Lö­sun­gen sind die­se Tools für das Scan­nen des mensch­li­chen Kör­pers opti­miert. Auch das ana­to­misch kor­rek­te Schlie­ßen von Löchern im Scan funk­tio­niert hier beson­ders gut. Das macht die Nach­be­ar­bei­tung deut­lich ein­fa­cher. Die Fir­ma bie­tet zur Nut­zung ein span­nen­des Lizenz­modell an. Die Scan-App steht kos­ten­los im App-Store zur Ver­fü­gung. Auch die PC-Soft­ware ist kos­ten­los zu haben. Erst beim Spei­chern der Daten im STL- oder OBJ-For­mat fal­len Kos­ten an. Durch das Pay-per-use-Modell han­delt es sich also nicht um eine per­ma­nent lau­fen­de Lizenz. Das ist gera­de zum Start von Vor­teil, wenn man noch gar nicht weiß, wie oft man damit tat­säch­lich scan­nen will. Damit geht man qua­si kein Risi­ko ein.

Der­zeit begeis­tert mich die iOS Sprin­ger-3D-Scan-App von Sprin­ger Aktiv, die auf der Basis der App Snug­fit mit einem iPhone/iPad Pro funk­tio­niert. Das Beson­de­re: Es ist kein Auf­steck­sen­sor erfor­der­lich. Gerä­te ab dem iPho­ne 11 Pro oder iPad Pro haben den not­wen­di­gen Sen­sor über ihre Face-ID-Funk­ti­on bereits inte­griert. Die App macht wirk­lich einen guten Job und läuft eben­falls im Pay-per-use Modell. Und die Ent­wick­lung geht wei­ter. Snug­fit arbei­tet der­zeit an einer Soft­ware, die aus einer ein­fa­chen Video­auf­nah­me eine 3D-Datei gene­riert. Ich glau­be, künf­tig geht die Tech­nik genau dort­hin. Auch Anto­ni­us Kös­ter prä­sen­tier­te auf der 3D-Druck-Mes­se Formnext in Frank­furt eine Soft­ware, die aus einem Video eine per­fek­te 3D-Datei gene­rie­ren kann.

Wie nimmt man die Mit­ar­bei­ter auf dem Weg mit? Wie eta­bliert man den digi­ta­len Workflow?
Wenn man nicht von Anfang an Acht gibt, kann es pas­sie­ren, dass man sich ver­spielt und unnö­ti­ge „Krea­ti­vi­tät“ in Pro­zes­se hin­ein­steckt, die viel Zeit fres­sen, aber ins Lee­re lau­fen. Es müs­sen Stan­dards defi­niert wer­den. Mit Blick auf die stra­te­gi­sche, zen­tra­le Daten­ab­la­ge sind ins­be­son­de­re die Füh­rungs­ebe­ne sowie die tech­ni­sche Füh­rungs­ebe­ne in der Werk­statt gefragt. Man kann den Mit­ar­bei­tern nicht ein­fach einen Scan­ner in die Hand drü­cken und sie los­lau­fen lassen.

Gera­de wenn man Neu­es lernt, kann Aus­pro­bie­ren auch ein wich­ti­ger Teil des Lern­pro­zes­ses sein, oder?
Defi­ni­tiv, aber wir sind ja nicht mehr in der Pha­se, in der wir graue Fle­cken auf der Land­kar­te erkun­den, von denen wir noch nichts wis­sen. Wir müs­sen das Rad nicht neu erfin­den. Es gibt mitt­ler­wei­le Erfah­rungs­wer­te, es gibt genü­gend Exper­ten, die sich mit dem The­ma beschäf­ti­gen. Wenn man sich noch außer­halb die­ser Infor­ma­ti­ons­bla­se befin­det, muss man sich eben hineinbegeben.

Nicht nur für gro­ße Betrie­be kann es güns­ti­ger sein, für einen Tag einen Exper­ten ins Haus zu holen, mit dem dann gemein­sam ein Pro­zess auf­ge­setzt wird. Sol­len nicht nur ein Mit­arbeiter, son­dern meh­re­re mit der Tech­nik arbei­ten, lohnt es sich auch, hier­für einen Schu­lungs­tag anzu­bie­ten. Dann kön­nen Test­scans von ver­schie­de­nen Ver­sor­gun­gen durch­probiert und auch die Nach­be­ar­bei­tung oder der Ver­sand der Daten an Fer­ti­gungs­part­ner durch­ge­spielt werden.

Wie klappt aus Ihrer Sicht der Start in die digi­ta­le Welt der 3D-Fer­ti­gung am besten?
Von der Füh­rungs­ebe­ne braucht es eine Visi­on, eine Stra­te­gie, die ins Team getra­gen wird. Gute Erfah­run­gen mache ich dort, wo eine ver­ant­wort­li­che tech­ni­sche Füh­rungs­kraft benannt ist und auf Arbeits­ebe­ne inter­es­sier­te Mit­ar­bei­ten­de von Beginn an ein­ge­bun­den wer­den. Dann kann es nur gut wer­den und es macht auch allen Betei­lig­ten Spaß. Und wenn es Spaß macht, wird die Sache zum Selbst­läu­fer. Ich kann nur raten: Setzt früh eure jun­gen Kräf­te ein, die moti­viert sind, sich mit neu­en digi­ta­len The­men aus­ein­an­der­zu­set­zen, und signa­li­siert ihnen, dass die Ver­ant­wor­tung künf­tig bei ihnen lie­gen wird. For­dert und för­dert sie!

Es wer­den sich auch ganz neue Arbeits­ab­läu­fe erge­ben, wenn man sich die Fra­ge stellt: Wel­che Kraft mit wel­cher Kom­pe­tenz set­ze ich wie lan­ge für wel­chen Arbeits­schritt ein? Mit einem abge­stuf­ten Rech­te­sys­tem kön­nen auch Azu­bis schon früh in die digi­ta­le Fer­ti­gung ein­ge­bun­den wer­den – die Kon­trol­le und Bestel­lung selbst über­nimmt dann anschlie­ßend die Füh­rungs­kraft. Es gibt Sys­te­me, wie bei­spiels­wei­se das pro­prio AFO-Kon­zept von Sprin­ger Aktiv, die sol­che Abläu­fe ermöglichen.

Der Besuch der Formnext in Frankfurt, so wie hier im Jahr 2024, ist für Axel Ruppert ein Muss. Foto: BIV-OT/Cordes
Der Besuch der Formnext in Frank­furt, so wie hier im Jahr 2024, ist für Axel Rup­pert ein Muss. Foto: BIV-OT/­Cor­des

In wel­che Berei­che muss das Team wäh­rend der Imple­men­tie­rung noch ein­ge­bun­den werden?
Ganz wich­tig ist es, früh­zei­tig für die Datei­ab­la­ge eine Ver­zeich­nis­struk­tur und eine kla­re, abtei­lungs­über­grei­fen­de Datei­be­zeich­nung für die Scans zu defi­nie­ren. Nur so wird ein Wie­der­auf­fin­den sicher­ge­stellt und man kann spä­ter auch effi­zi­ent auf­räu­men – nach zehn Jah­ren zum Bei­spiel sagen: „Lösche alle Datei­en mit der Endung XX von 2014.“ Aber sol­che Pro­zes­se soll­te man auch im QM-Sys­tem fest­le­gen. Außer­dem braucht es auch eine Daten­schutz­stra­te­gie – schließ­lich reden wir hier über sen­si­ble digi­ta­le Daten.

Gibt es typi­sche Anfängerfehler?
Ein Klas­si­ker ist es zum Bei­spiel, beim Scan­nen zu nah an das Objekt zu gehen. Der Mensch neigt ein­fach dazu, wenn etwas genau wer­den soll, näher her­an­zu­ge­hen. Beim 3D-Scan brau­che ich aber einen gewis­sen Abstand. Die meis­ten Scan­ner zei­gen an, ob es passt oder nicht, und wenn man sich dar­an ori­en­tiert, dann funk­tio­niert die Erfas­sung auch sauber.

Mich auf den Arbeits­ab­stand des Scan­ners ein­zu­las­sen, kann auch bedeu­ten, dass ich mei­ne Umge­bung anpas­sen muss. Ich brau­che Bewe­gungs­frei­heit rund um den Pati­en­ten. So habe ich dann einen aus­rei­chend gro­ßen Radi­us, in dem ich den Scan­ner um den Pati­en­ten her­um­füh­ren kann. Ein mit­ten im Raum frei­stehender Schraub­stock eig­net sich bes­ser, um ein Gips­mo­dell zu scan­nen, als ein an der Werk­bank mon­tier­ter. Das sind Klei­nig­kei­ten, mit denen ich mir im All­tag aber Pro­ble­me erspa­ren kann.

Müs­sen bei der Arbeits­um­ge­bung wei­te­re Fak­to­ren berück­sich­tigt werden?
Ja, ich brau­che eine gute Raum­aus­leuch­tung oder ein Licht am Scan­ner, um eine gleich­mä­ßi­ge Ober­flä­chen­tex­tur zu erhal­ten. Auch der Ein­satz eines Struc­tu­re Sen­sors, der mit Infra­rot-Detek­ti­on arbei­tet, und pral­le Son­ne im Raum funk­tio­nie­ren zum Bei­spiel nicht zusam­men. Weiß­licht­scan­ner dage­gen sind licht­un­emp­find­li­cher. Aus die­sem Grund kom­bi­nie­ren mitt­ler­wei­le Scan­ner, wie zum Bei­spiel der Einstar Vega von Shi­ning, meh­re­re Scan-Tech­no­lo­gien. Die dop­pel­te Erfas­sung führt zu siche­re­ren Scanergebnissen.

Gibt es noch ande­re Tipps oder Knif­fe, die Sie Anfän­gern mit auf den Weg geben möchten?
Schwar­ze Gegen­stän­de, ein Klar­sicht­schaft oder reflek­tie­ren­de Gegen­stän­de kann ich nicht ein­scan­nen – da die Reflek­ti­on gestört oder unmög­lich ist. Wenn Pro­the­ti­ker einen Test­schaft scan­nen wol­len, gibt es die Mög­lich­keit, soge­nann­te Tan­ning-Sprays ein­zu­set­zen. Dank des Sprays wird die Ober­flä­che für eine gewis­se Zeit weiß. Die Far­be ver­schwin­det anschlie­ßend aber von allein rückstandslos.

So sim­pel es klingt: sich infor­mie­ren und aus­tau­schen. Das Wis­sen ist vor­han­den. Holt euch jeman­den ins Haus, der euch berät, oder fragt Kol­le­gen nach Emp­feh­lun­gen. Jeder sam­melt eige­ne Erfah­run­gen, von denen man gegen­sei­tig pro­fi­tie­ren kann. Es gibt nicht die eine Lösung. Es gibt mitt­ler­wei­le zahl­rei­che Lösun­gen. Wir müs­sen uns aber im Kla­ren dar­über sein, dass die­se nicht alle für die Ortho­pä­die-Tech­nik aus­ge­legt sind. Auto­tei­le zum Bei­spiel haben Ecken und Kan­ten – die sind „ein­fach“ zu scan­nen im Gegen­satz zu ana­to­mi­schen, run­den For­men in der Orthopädie-Technik.

Was ich jedem ans Herz legen kann: Besucht die Formnext in Frank­furt. Die Mes­se ist inzwi­schen abso­lut in der Bran­che eta­bliert. Und sei es nur, um die Scheu­klap­pen ein wenig zu öff­nen und ein­fach mal zu schau­en, wel­che Neue­run­gen es gibt. Es lohnt sich, Mit­ar­bei­tern, die regel­mä­ßig scan­nen und dru­cken, einen Ein­blick in die­se Welt zu ermöglichen.

Um beim Blick in die Zukunft zu blei­ben: Sehen Sie wei­te­re Ent­wick­lun­gen kommen?
Aus einer Video­auf­nah­me eine 3D-­Da­tei zu gene­rie­ren, ist – wie gesagt – bereits mög­lich. Dabei muss das Objekt aber ein unbe­weg­li­ches Modell oder ein Kör­per sein, der still­hält. Die nächs­te Stu­fe wäre es, ein beweg­tes Modell auf­neh­men zu kön­nen. Pen­delt bei­spiels­wei­se ein Fuß beim Sit­zen auf der Lie­ge hin und her oder wird ver­dreht, wird es dann kein Pro­blem mehr sein, dar­aus eine 3D-Datei zu erzeu­gen. KI wird uns hier­bei neue Mög­lich­kei­ten eröff­nen, wo wir heu­te noch vor Her­aus­for­de­run­gen stehen.

Die Fra­gen stell­te Pia Engelbrecht.

Zur Per­son

Foto: Ruppert
Foto: Rup­pert

Axel Rup­pert ist Ortho­pä­die­schuh­ma­cher- und Ortho­pä­die­tech­nik-Meis­ter sowie staat­lich ­geprüf­ter Podo­lo­ge. 35 Jah­re lang war er ­Inha­ber des Vital-Zen­trums Rup­pert in Schlüch­tern, bevor er das Unter­nehmen 2021 an die Sani­täts­haus Kaphingst-Grup­pe über­gab. 1992 grün­de­te er die Bera­tungs­fir­ma Rup­pert GmbH, die sich heu­te auf die Unter­stüt­zung bei der Ein­füh­rung digi­ta­ler Kon­struk­ti­ons- und Fer­ti­gungs­pro­zes­se spe­zia­li­siert hat. Er betreut außer­dem für die Sprin­ger Aktiv AG als Tech­ni­scher Key-­Ac­count das „pro­prio AFO Kon­zept“ mit 3D-gedruck­ten, päd­ia­tri­schen Orthe­sen in der prak­ti­schen Um­setzung bei Betrie­ben vor Ort. 

 

Hier fin­den Sie alle 6 Arti­kel unse­rer neu­en Serie „Addi­ti­ve Fer­ti­gung – Teil 1: Scannen“:

 

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