Kli­ma­wan­del bekämp­fen, Zukunft gestalten

Ein positives Defizit – klingt beim ersten Hören falsch, ist aber bezogen auf die CO2-Produktion ein erstrebenswertes Ziel, wie man in der OTWorld-Keynote: „Grüne Carbonfasern - Ein nachhaltiges Material für Hochleistungsanwendungen in der Medizintechnik“ von Prof. Dr. Thomas Brück von der Technischen Universität München erfuhr.

Der Wis­sen­schaft­ler forscht mit ver­schie­de­nen Mate­ria­li­en, unter ande­rem gehö­ren dazu auch Algen. Denn die­se Pflan­zen fris­te­ten bis­her eher ein Schat­ten­da­sein und erhiel­ten nicht die ent­spre­chen­de Auf­merk­sam­keit. Es gibt rund 150.000 ver­schie­de­ne Algen­ar­ten, aller­dings wird nur ein Bruch­teil davon auch genutzt. Dabei bie­ten sie eini­ge Vor­tei­le gegen­über ihren an Land gedei­hen­den Ver­wand­ten. Rund zehn Mal schnel­ler wach­sen Algen und kön­nen sogar in Brack­was­ser über­le­ben. Außer­dem erge­ben sie bei der glei­chen Anbau­flä­che etwa die 13-fache Men­ge an Öl. Exakt die­ses Öl ist es auch, das am Ende für die Her­stel­lung von grü­nem Car­bon essen­zi­ell ist.

Das Car­bon wie­der­um ist in vie­len Bran­chen ein unver­zicht­ba­res Mate­ri­al gewor­den, wird vor allen Din­gen wegen sei­ner Eigen­schaf­ten, wie zum Bei­spiel dem gerin­gen Gewicht, geschätzt. Da her­kömm­lich her­ge­stell­tes Car­bon aller­dings nega­ti­ve Effek­te auf den Kli­ma­wan­del hat, beschäf­ti­gen sich Brück und sein Team mit einem Ver­fah­ren, das von den Algen ent­ste­hen­de Öl in eine grü­ne Car­bon­fa­ser umzu­wan­deln – mit gro­ßem Erfolg. In Leip­zig prä­sen­tier­te Brück näm­lich die ers­te mit der grü­nen Car­bon­fa­ser her­ge­stell­te Fuß­he­ber­or­the­se, die in Koope­ra­ti­on mit einem ein­zel­nen Her­stel­ler ent­wor­fen wurde.

Doch wo sol­len die Algen her­kom­men? Brück hat dafür eine per­sön­li­che Ide­al­lö­sung. „Bei uns in Bay­ern krie­gen wir das natür­lich nicht hin, dafür haben wir zu wenig Son­ne. Opti­mal aus mei­ner Sicht wäre Grie­chen­land, dort haben wir die Flä­chen, die kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen und das qua­li­fi­zier­te Per­so­nal“, erklärt der Inha­ber des Wer­ner Sie­mens-Lehr­stuhls für Syn­the­ti­sche Bio­tech­no­lo­gie sowie Direk­tor des Algen­tech­ni­kums an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät München.

In Mün­chen opti­miert das For­scher­team die Algen und den Her­stel­lungs­pro­zess, mit dem Ziel, in fünf bis sie­ben Jah­ren das grü­ne Car­bon flä­chen­de­ckend in den Markt zu brin­gen. Die­ser Zeit­ho­ri­zont ist aus Sicht Brücks‘ rea­lis­tisch, damit die Pro­dukt­zy­klen in der Che­mie­wirt­schaft unge­fähr die­se Zeit haben und der Bedarf nach grü­nem Car­bon dadurch erst geweckt wird. Ein Plus ist defi­ni­tiv, dass Brück einen Preis unter­halb des aktu­el­len Markt­prei­ses anpeilt. Außer­dem, dass das Car­bon nicht ein kli­ma­neu­tra­les, son­dern sogar ein CO-nega­ti­ves Mate­ri­al ist, dass mehr CO bin­det als die Pro­duk­ti­on. Ein wich­ti­ger Schritt, um den Kli­ma­wan­del zu stop­pen. „Wir haben in Euro­pa fähi­ge Köp­fe, die rich­ti­ge Tech­nik – wir soll­ten uns dar­an machen, die Sache anzu­ge­hen“, lau­tet daher das abschlie­ßen­de Plä­doy­er von Brück.

Hei­ko Cordes

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