Ihr Ziel: den gemeinsamen Blick im Versorgungsalltag auf die einzelnen Patient:innen zu schärfen. Zur Eröffnung der 7. Fachtagung spricht der niedersächsische Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Dr. Andreas Philippi, ein Grußwort. Zudem begrüßt Prof. Dr. Metin Tolan, der Präsident der Georg-August-Universität Göttingen, die Experten.
Wie behält das Versorgungsteam im Alltag bei jährlich 30 Millionen Versorgungen mit Hilfsmitteln den einzelnen Patienten im Blick? Auf diese Frage gehen gleich mehrere Vorträge der Fachtagung ein. Felix Streng, paralympischer Leichtathlet, mehrfacher Medaillengewinner bei Paralympics, Welt- und Europameisterschaften, erläutert am eigenen Beispiel, wie eine patientenzentrierte Suche nach dem richtigen Hilfsmittel für ein fehlgebildetes Bein aussehen kann. Aus Sicht des Orthopädietechnik-Meisters beschreibt Alf Reuter, Vorstandsmitglied der DGIHV und Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT), anhand von Beispielen, dass jedes Hilfsmittel ein Versorgungskonzept benötigt. Ein Konzept, das nicht vom Produkt, sondern vom Menschen ausgehen sollte.
Auch bei der innovativen Osseointegration – der Anbindung einer Prothese per Implantat – reicht der Blick auf das Hilfsmittel und die dazugehörige Operation nicht aus, um dem Patienten Teilhabe zu ermöglichen. Ein ganzheitliches Konzept für die Rehabilitation ist für den Erfolg notwendig, wie Olaf Gawron, Orthopädietechnik-Meister und stellvertretender Vorsitzender der DGIHV, in seinem Vortrag zeigen wird. Welche Rolle spielt die Hilfsmittelverordnung bei der patientenzentrierten Hilfsmittelversorgung heute? Wie könnte eine Hilfsmittelverordnung zukünftig aussehen? Dr. med. Matthias Schmidt-Ohlemann, Vorsitzender der „Deutsche(n) Vereinigung für Rehabilitation e. V.“ (DVfR), Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Bad Kreuznach, gibt in Göttingen Einblicke in neue Entwicklungen und Ansätze zur Verbesserung der Hilfsmittelverordnung.
Gemeinsam für die Patienten
„Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich vorangeschritten“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier, 1. Vorsitzender der DGIHV, Klinikdirektor der orthopädischen Klinik und Poliklinik in Rostock. „Dennoch kommt es immer wieder zu sogenannten Drehtüreffekten oder Versorgungslücken. Das ist vor allem für Kinder mit Entwicklungsstörungen fatal. Der gemeinsam von allen Berufen in Abstimmung mit Patienten und Angehörigen beschlossene fachkundige und differenzierte Einsatz von Hilfsmitteln ist Voraussetzung für eine nachhaltige Selbstständigkeit und für chancenreiche Aussichten in Schule, Sport und Beruf bis ins hohe Alter. Daher müssen wir weiter an der besseren Zusammenarbeit des Versorgungsteams arbeiten.“
Wann Drehtüreffekte und Versorgungslücken nach Amputationen drohen, beschreibt Dr. phil. Christoph Egen, Klinikmanager und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover sowie Lehrbeauftragter des Instituts für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover. Können diese Effekte unter anderem mithilfe einer besseren Kommunikation zwischen Arzt und Vertreter:innen von Gesundheitsberufen vermieden werden? Definitiv, meint Prof. Dr. med. oec. Bernd Greitemann, Ärztlicher Direktor der Klinik Münsterland am Rehaklinikum Bad Rothenfelde. Wie das konkret aussehen soll, erläutert er in seinem Beitrag in Göttingen. Unbestritten ist, dass Gesundheitsberufe von Jahr zu Jahr unter größeren Belastungen leiden. Können sie sich gegenseitig entlasten und damit die Hilfsmittelversorgung stärken? Diese Frage steht ebenso auf dem Vortragsprogramm der Tagung wie die Frage nach dem Abbau von Barrieren, in diesem Fall von Barrieren zwischen den verschiedenen Sektoren der Pflege: ambulant, im Krankenhaus, in Einrichtungen der Rehabilitation oder im häuslichen Umfeld.
Mehr High-Tech – weniger Barrieren?
Werden technische integrative Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz weitere Lösungen hinsichtlich besserer Inklusion und Selbstständigkeit bieten? Davon ist Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier überzeugt. Ganz so weit ist die Entwicklung allerdings noch nicht. Wie sehr aber schon jetzt technische Innovationen körperliche Defizite technologisch ausgleichen oder gar überwinden können, erläutert Prof. Dr.-Ing. Malte Bellmann, Professor für Orthopädie-Technik und Biomechanik an der PFH Göttingen. Zum Abschluss der Fachtagung lädt Univ.-Prof. Dr. med. habil. Wolfram Mittelmeier ausgewählte Expert:innen aus Medizin, Orthopädie-Technik und Politik zur Podiumsdiskussion unter der Überschrift „Wie bauen wir Barrieren ab?“ ein.
Das Programm liegt hier ab. Anmeldungen sind per E‑Mail info@dgihv.org möglich.