Für die Seminare unter der Leitung von Ralph Bethmann, Orthopädietechnik-Meister und Fachlehrer an der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik (Bufa) Dortmund, stellten sich fünf Proband:innen zur Verfügung, zwei von ihnen waren zuvor noch nie mit einer Prothese versorgt worden.
Der erste Seminartag startete mit der Theorie zu den Grundlagen der sitzbeinumgreifenden TF-Schafttechnik, Messungen und Formerfassung durch Gipsabdruck, zum Aufbau einer Oberschenkelprothese und zur Biomechanik der mechanischen Kniepassteile. Am Nachmittag wurden die systematisierte Anamnese und Vermessung von Patient:innen sowie die Formerfassung des Stumpfes durch einen Gipsabdruck demonstriert, bevor die Teilnehmer:innen die Messungen und Gipsabdrücke selbstständig durchführten.
An Tag zwei stand das systematische Modellieren der Gipsmodelle im Vordergrund. Am Ende des Tages hatten alle Teams einen modellierten Oberschenkelgips zur weiteren Fertigung vorbereitet.
Am folgenden Morgen demonstrierte Bethmann die Herstellung eines klarsichtigen PETG- Probeschafts – mit besonderem Fokus auf die Materialien und Techniken zum Tiefziehverfahren mit Vakuum, das Entformen und anschließende Bearbeiten mit unterschiedlichen Schleifmitteln – woraufhin die Teilnehmenden ihre eigenen Testschäfte anfertigten. Am Nachmittag wurden die Unterschiede der Prothesen-Kniegelenke und ‑Füße besprochen, Funktionen erklärt und der statische Aufbau der Oberschenkelprothesen durchgeführt. Hier waren die verwendeten Passteile für die Teilnehmer:innen besonders interessant, da diese unterschiedliche Mechanismen zur Sicherung der Standphase und Steuerung der Schwungphase nutzen, jedoch in der Regel nicht oder sehr selten vor Ort verfügbar sind.
Der vorletzte Tag stand im Zeichen des systematischen Ablaufs der statischen und dynamischen Anprobe. Nach einer Demonstration führten die Teilnehmer:innen die statische Anprobe an ihren Proband:innen selbst durch. Stellte Bethmann Mängel fest, hatten sie die Möglichkeit, ihre Schäfte zu modifizieren. In der dynamischen Anprobe (Ganganalyse) wurden die Gangparameter visuell beobachtet, Fehler am Gangbild besprochen und der Prothesenaufbau selbstständig optimiert. Am letzten Seminartag standen die Funktionen der unterschiedlichen Prothesen-Kniegelenke und ‑Füße im Fokus.
„Die Teams haben sich intensiv mit den Passteilen, dem Aufbau und der Justierung der Prothesen und deren einzelnen Komponenten beschäftigt und neue Erfahrungen gesammelt. Alle Probanden konnten jeweils zum Seminarende auf eine Prothese gestellt und zum Laufen gebracht werden“, betont Bethmann. Als besonders beeindruckend habe er die Ergebnisse der beiden erstmals versorgten Proband:innen empfunden: „Denn auch sie haben die ersten Schritte auf der Prothese in ein neues Leben geschafft, was wie bei jeder Erstversorgung ein ergreifender Moment für alle Beteiligten war.“ Durch eigenes Training in Verbindung mit Physiotherapie bzw. Gangschule durch volontierende Physiotherapeutinnen habe gerade das Gangbild der beiden Anfänger innerhalb weniger Tage massiv verbessert werden können. „Mit ihrer erstaunlichen Motivation schafften es die beiden innerhalb von zwei Tagen, mit ihrer allerersten Prothesenversorgung täglich drei Mal die ca. 700 Meter zum Hotelrestaurant und wieder zurück zur Werkstatt in unebenem, steinigem und sandigem Gelände zu gehen. Ein Terrain, welches bei uns in Deutschland von den meisten Anwendern aufgrund von diversen Unsicherheiten und Sturzgefahr gemieden wird.“
Während des gesamten Seminars habe es konstruktive Gespräche und einen regen Erfahrungsaustausch gegeben, berichtet Bethmann. Ein besonderes Interesse habe er sowohl im Bereich der theoretischen Wissensvermittlung, der Material‑, Passteil- und Werkstoffkunde als auch im Bereich der Maschinen- und Verfahrenstechnik beobachtet. Das meiste gehöre aktuell nicht zum alltäglichen Arbeitsumfeld in den Orthopädietechnik-Werkstätten in Uganda.
In der Feedbackrunde brachten auch die Patient:innen ihre Dankbarkeit zum Ausdruck. „Sie können durch die Hilfsmittelversorgung wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben, einer Erwerbstätigkeit nachgehen und haben ein besseres Lebensgefühl erlangt“, betont Bethmann.
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