OT: Warum hat sich die Firma Rahm für Facebook und Instagram entschieden?
Jasmin Berger: Auf Facebook sollte aufgrund der hohen Reichweite jedes Unternehmen vertreten sein, das in der digitalen Welt mit Kunden kommunizieren und sie von ihren Produkten begeistern möchte. Für Instagram haben wir uns aufgrund der jüngeren Zielgruppe entschieden, die diese Plattform erreicht. Denn wir wollen die junge Generation über die Angebote eines Sanitätshauses zum Beispiel im Sportsegment und die Arbeit bei uns aufklären. So drehen Azubis gerade kurze Filme aus ihrem Alltag, die wir auf Instagram hochladen. Gestartet sind wir mit unserem offiziellen Imagefilm. Dann haben wir uns Stück für Stück herangetastet und die Inhalte erweitert.
OT: Welche Ziele wollen Sie erreichen?
Berger: Unser Hauptfokus liegt darin, möglichst viele Menschen über die sozialen Netzwerke zu erreichen und als Ansprechpartner in allen Belangen für sie da zu sein. Dabei steht die Zahl der Follower und Fans nicht an erster Stelle. Über den Austausch von Versorgungsmöglichkeiten, Patientengeschichten, Unternehmensabläufen oder Veranstaltungen kann sich ebenso die Chance auf weitere Fachkräfte und Mitarbeiter ergeben. Zudem sind die Barrieren im Netz für persönlichen Kontakt niedriger als im Laden. So haben wir beobachtet, dass die Leute sich viel eher trauen nachzufragen oder ihre Probleme anzusprechen. Zusätzlich lernen wir viel über die Bedürfnisse der Patienten und es ergeben sich auf kurzem Weg spannende Projekte. Erst kürzlich haben wir über Instagram die Kooperationsanfrage einer Selbsthilfeorganisation erhalten, die Boxtraining für körperlich eingeschränkte und amputierte Menschen anbietet. Wir prüfen gemeinsame Veranstaltungen.
OT: Worin liegen die Besonderheiten des jeweiligen Social-Media-Kanals?
Berger: Auf Facebook treffen wir immer mehr Leute ab 40 plus, die Jüngeren wandern zu Instagram. Bei Instagram kommen in der Regel emotionale Schicksalsgeschichten von Patienten, Erfolgsberichte von Betroffenen, Aufnahmen „hinter den Kulissen“ über die Abläufe im Unternehmen gut an. Manche Themen erscheinen auf beiden Kanälen. Denn auch auf Facebook spielen emotionale Postings eine Rolle. Hier sind jedoch genauso informative Beiträge für Patienten und Kunden gefragt, unter anderem zu künftigen Veranstaltungen. Wir beobachten, was die Nutzer sehen möchten und passen die Inhalte entsprechend an.
OT: Haben Sie auch negative Erfahrungen gesammelt?
Berger: Gerade zu Beginn bedarf es viel Geduld, bis ein Austausch mit den Nutzern stattfindet. Natürlich muss man auch mit Kritik rechnen und leben. Wird zum Beispiel Unmut über Versorgungen geäußert, nehmen wir Kontakt auf, um den Sachverhalt zu klären und eine Lösung zu finden. Oft ergibt sich hieraus aber wieder eine Chance, zunächst unzufriedene Kunden vom Gegenteil zu überzeugen.
OT: Wie aufwändig ist die Pflege der Social-Media-Kanäle?
Berger: Das ist kein Nebenbei-Job! Nach meinem medien- und marketingbezogenen Studium habe ich vor drei Jahren die Betreuung des Facebook-Accounts übernommen, dann kam Instagram hinzu. Jeden Morgen schaue ich zuerst in die Kommentare, beantworte Fragen bzw. hole mir das Fachwissen aus den Abteilungen. Das muss „zackig“ gehen, denn die Nutzer erwarten rasche Reaktionen. Auch zwischendurch ploppen Nachrichten von Nutzern auf. Alle Postings erarbeite ich selbst, entscheide über Verbreitungswege und habe dabei ziemlich freie Hand. Die meisten Fotos und Videos nehme ich mit dem Smartphone oder dem Tablet auf, drehe zum Beispiel in der Werkstatt den Bau eines Prothesenschafts. So kann ich das Material sofort bearbeiten und verbreiten. Gerade Instagram lebt von der Schnelligkeit und der Aktualität. Wir wollen zwar kein Hochglanz-Image transportieren, trotzdem sollten die Bilder ansprechend sein und eine Botschaft besitzen. Einige Aufnahmen werden außerdem von unserer externen Werbeagentur beigesteuert. Manchmal bediene ich mich auch bei Herstellern wie Ottobock, Medi und Össur, verbinde dies jedoch mit eigenen Inhalten.
OT: Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, was Sie veröffentlichen?
Berger: In Zusammenarbeit mit Marketing, Vertrieb und den Fachbereichen erstelle ich Anfang des Jahres einen groben „Fahrplan“ und bereite dementsprechend Inhalte, Videos sowie Bilder vor. Alles andere ergibt sich meist kurzfristig – z. B. Posts über aktuelle Veranstaltungen und spannende Themen der Fachabteilungen. An komplexeren Beiträgen recherchiere ich länger, andere – darunter interessante Versorgungen – stelle ich ganz spontan online. Mindestens drei Mal pro Woche liefere ich neue Inhalte, nicht selten täglich.
OT: Lohnt sich Social Media für Sanitätshäuser und Orthopädie-Technik-Betriebe?
Berger: Ja, denn es ist wichtig, dass sich die OT-Unternehmen in der digitalen Welt positionieren. Auf diesem Weg werden neuartige Kundenbeziehungen geschaffen, bestehende Bindungen gestärkt und neue Kontakte geknüpft. So wird Rahm durch das Social-Media-Engagement innovativer, moderner und zeitgemäßer wahrgenommen. Und wenn ein glücklicher Kunde auf Instagram stolz das Foto seiner 3D-gedruckten Orthese teilt bzw. repostet, kann das bei uns mittelfristig den Vertrieb solcher Produkte fördern.
OT: Was hat Rahm in Zukunft mit den sozialen Medien vor?
Berger: Wir möchten unsere Auftritte ausbauen, die Reichweiten erhöhen sowie On- und Offline intensiver zu verknüpfen. Dazu gehört, über unser auf Facebook beworbenes „Angebot des Monats“ („Offer Ad“) mehr Leute in die stationären Filialen zu locken.
Social-Media-Auftritte von Rahm
Das Interview führte Cathrin Günzel.