Im Interview erklärt Mitgründerin und Geschäftsführerin Patrizia Marschalkova, wie das Unternehmen mit seiner Neuentwicklung „Lymphit“ Lymphödeme diagnostizieren und überwachen will.
OT: Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Lymphit“?
Patrizia Marschalkova: Wir wollten mit dem Namen die wichtigsten Eigenschaften des Produktes ausdrücken. Deshalb spielt „Lymph“ auf „Lymphatisches System“ und „phit“ auf „fit“ an. Denn unsere Entwicklung soll Menschen mit Lymphödemen mit einer frühzeitigen Diagnose und regelmäßigen Überwachung dabei unterstützen, fit zu bleiben oder zu werden.
OT: Wie funktioniert das Diagnosegerät?
Marschalkova: Das Diagnosegerät besteht aus einem Mikropflaster von einem Quadratzentimeter Größe, das sich die Patienten für eine Minute auf die Haut applizieren, und einem Smartarmband, das die Patienten sechs Stunden lang tragen. An dem Pflaster sind 100 Mikronadeln mit einer Länge von 0,4 Millimetern angebracht. Diese Mikronadeln dringen oberhalb der Schmerzrezeptoren in die Haut ein und setzen dabei schmerzfrei einen fluoreszierenden Farbstoff frei. Über das dazugehörende Armband wird ausgelesen, wie schnell die lymphatischen Gefäße den Farbstoff aufnehmen. Die gemessenen Daten übermittelt das Armband über eine App an Patienten und über ein Ärzte-Portal an die behandelnden Ärzte. Erkennt das „Lymphit“ eine ab- nehmende Lymphaktivität, fordert es die Patienten per App auf, einen Arzt zu kontaktieren. Die Ärzte können mithilfe der vom Lymphit gelieferten Daten zur Lymphaktivität passgenaue Therapieentscheidungen fällen. Die Patientendaten werden streng vertraulich behandelt, gemäß den bestehenden Privacy-Vorschriften. Vorteil: Patienten und Ärzte werden über eine Fehlfunktion des lymphatischen Systems informiert, bevor sie sich in Schwellungen manifestiert hat. Bei Patienten, die bereits eine Lymphödem-Diagnose haben, können Betroffene und Ärzte mittels der Daten überprüfen, ob die Behandlung angeschlagen hat oder nicht.
OT: Wie kamen Sie auf die Produktidee?
Marschalkova: Die Idee für das „Lymphit“ ist aus meiner Forschungsarbeit zur Mikronadeltechnologie an der ETH Zürich entstanden. An der Entwicklung war zudem mein Studienkollege Jovan Jancev beteiligt. Im Mai 2018 wurde „Dicronis“ gegründet, der Name kommt von „diagnostic microneedles“.
OT: Wie ist die Aufgabenverteilung in Ihrem Start-up?
Marschalkova: Jovan Jancev ist für die Forschung und Ent- wicklung zuständig. Dr. Laura Jabinet beschäftigt sich mit den klinischen Tests und der Zulassung durch Gesundheits- behörden. Fabrizio Esposito widmet sich der Geschäftsfeld- entwicklung und der Portal- und App-Entwicklung. Meine Aufgaben sind die Mittelbeschaffung, das Projektmanage- ment und strategische Fragen.
OT: Wann starten sie die klinischen Studien?
Marschalkova: Wir planen die erste klinische Studie mit Lymphit im Sommer 2020 anzufangen, um die Methode zu validieren.
OT: Wie wollen Sie den Markteinstieg finanzieren?
Marschalkova: Bevor das Produkt marktreif ist, brauchen wir dann neben der klinischen Validierung auch die Zu- lassung der Gesundheitsbehörden. Im Moment gehen wir von einem Startdatum Anfang 2023 aus. Um die Finanzierung des Markteinstiegs zu sichern, führen wir derzeit Gespräche mit verschiedenen Investoren.
OT: Werden Sie den Sanitätshandel einbeziehen?
Marschalkova: Ganz sicher! Für uns ist der Sanitätsfachhan- del mit seiner großen Kompetenz im Bereich Beratung und Verkauf von Kompressionspro- dukten sehr wichtig. Gleichzei- tig ist ein einfaches und genaues System für die Diagnose und Überwachung von Lymphöde- men für den Handel sehr interessant.
Die Fragen stellte Ruth Justen.
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