3D-Druck­ver­fah­ren im Überblick

Vom kompakten FDM-Drucker bis zur professionellen SLS-Anlage – jedes 3D-Druckverfahren hat eigene Stärken. Entscheidend sind Material, Bauteilgröße und Flexibilität. Ein Überblick über die wichtigsten Systeme in der Orthopädie- und Orthopädieschuhtechnik.

Wo wel­ches Sys­tem sei­ne Stär­ken ausspielt

„Der 3D-Druck hat, beson­ders in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren, einen gro­ßen Sprung gemacht“, sagt Leo­pold Strey, Head of Busi­ness Deve­lo­p­ment bei 3Dmensionals. „Gera­de im FDM-Bereich ist es inzwi­schen sehr ein­fach, von der Datei zum Bau­teil zu kom­men. Man muss kein Tech­ni­ker mehr sein, um gute Ergeb­nis­se zu erzie­len.“ Das Spek­trum erstreckt sich vom kom­pak­ten FDM-Dru­cker bis zur profes­sionellen SLS-Anla­ge – und jedes Sys­tem hat sei­ne Stär­ken, Gren­zen und Ziel­grup­pen. Strey kennt die Band­brei­te aus der täg­li­chen Bera­tungs­pra­xis: „Ent­schei­dend ist, was man dru­cken will, wie groß, mit wel­chem Mate­ri­al und mit wel­cher Weichheit.“

Anzei­ge

Wäh­rend FDM-Dru­cker vor allem durch güns­ti­ge Anschaf­fungs­kos­ten und unkom­pli­zier­te Bedie­nung punk­ten, bie­ten SLS-Dru­cker deut­lich mehr Design­frei­heit und Mate­ri­al­viel­falt – sind aber teu­rer in der Anschaf­fung. Ergänzt wird das Feld durch SLA-Sys­te­me, die in der Ortho­pä­die-Tech­nik bis­lang eine eher unter­ge­ord­ne­te Rol­le spie­len. Der fol­gen­de Über­blick zeigt, wel­che Druck­ver­fah­ren sich in der Ortho­pä­die-Tech­nik und Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik eta­bliert haben – und wor­auf es bei der Aus­wahl ankommt.

„Man sollte immer von der ­Anwendung ausgehen – und daraus das passende ­Material und den geeigneten Drucker ableiten“, so Leopold Strey. Foto: 3Dmensionals

„Man soll­te immer von der ­Anwen­dung aus­ge­hen – und dar­aus das pas­sen­de ­Mate­ri­al und den geeig­ne­ten Dru­cker ablei­ten“, so Leo­pold Strey. Foto: 3Dmensionals

Fused Depo­si­ti­on Mode­ling (FDM)

Fused Depo­si­ti­on Mode­ling (FDM) ist laut Strey das am wei­tes­ten ver­brei­te­te Ver­fah­ren im ortho­pä­die­tech­ni­schen All­tag, auch weil vie­le Betrie­be die Gerä­te aus dem Heim­ge­brauch ken­nen, und eig­net sich gut für Ein­stei­ger. FDM-Druck arbei­tet mit ther­mo­plas­ti­schem Kunst­stoff in Form von Fila­men­ten. Die­ses Fila­ment wird erhitzt und Schicht für Schicht auf­ge­tra­gen, wobei jede neue Schicht an der dar­un­ter­lie­gen­den haf­tet. „Vie­le Betrie­be favo­ri­sie­ren Gerä­te von Bam­bu Lab, etwa die Model­le H2S und H2D“, so Strey.

Schnell und leise: der „Bambu Lab H2S“. Foto: 3Dmensionals
Schnell und lei­se: der „Bam­bu Lab H2S“. Foto: 3Dmensionals

Der H2S bie­tet mit einem Bau­raum von rund 340 × 320 × 340 Mil­li­me­tern genü­gend Platz, um Ein­la­gen, Orthe­sen oder auch Ober­schen­kel­schäf­te zu dru­cken. Zudem ver­fügt er über eine hohe Druck­ge­schwin­dig­keit bei gerin­gem Geräusch­pe­gel – ein wich­ti­ges Argu­ment für den Werk­statt­ein­satz. Die Vari­an­te H2D kann zusätz­lich unter­schied­lich wei­che Kunst­stof­fe mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren, was beson­ders für die Fer­ti­gung von Orthe­sen von Vor­teil sein kann.

Als Alter­na­ti­ven nennt Strey den Pru­sa XL und den Ulti­ma­ker S6. Der Pru­sa XL bie­tet den größ­ten Bau­raum im Ver­gleich (36 cm Kan­ten­län­ge) und kann bis zu fünf Mate­ria­li­en gleich­zei­tig ver­ar­bei­ten – ide­al für kom­ple­xe Geo­me­trien oder Mate­ri­al­kom­bi­na­tio­nen. Der Ulti­ma­ker S6 über­zeugt durch sei­ne hohe Prä­zi­si­on und ein geschlos­se­nes Sys­tem mit zer­ti­fi­zier­ter IT-Sicher­heit – ein Plus­punkt für Betrie­be, die sen­si­ble Pati­en­ten­da­ten schüt­zen müs­sen. Im Unter­schied zu den cloud­ba­sier­ten Bam­bu-Lab-Gerä­ten arbei­tet der Ulti­ma­ker voll­stän­dig lokal über Netz­werk oder USB-Stick.

Der Prusa XL bietet einen großen Bauraum. Foto: 3Dmensionals
Der Pru­sa XL bie­tet einen gro­ßen Bau­raum. Foto: 3Dmensionals

In der Pra­xis punk­ten FDM-Dru­cker vor allem durch ihre güns­ti­gen Anschaf­fungs­kos­ten (ab etwa 1.100 Euro), den über­schau­ba­ren War­tungs­auf­wand und die gro­ße Material­vielfalt. Gren­zen zeigt das Ver­fah­ren bei sehr wei­chen Mate­ria­li­en oder wenn beson­ders glat­te Ober­flä­chen gefor­dert sind. Oft wer­den zusätz­liche Stütz­struk­tu­ren benö­tigt, um kom­ple­xe For­men zu drucken.

„Man soll­te immer von der Anwen­dung aus­ge­hen – und dar­aus das pas­sen­de Mate­ri­al und den geeig­ne­ten Dru­cker ablei­ten“, betont Strey. Am Ende sei es zum Teil auch Geschmacks­sa­che. „Wir emp­feh­len, sich vor dem Kauf die Soft­ware des jewei­li­gen Dru­cker­her­stel­lers her­un­ter­zu­la­den – die ist immer kos­ten­frei.“ Damit kön­ne man „ein­fach mal ein biss­chen herum­experimentieren und schau­en, was gut für einen passt“. Denn, so Strey wei­ter: „Letzt­end­lich hat man viel mit dem Dru­cker zu tun, aber natür­lich auch mit der Soft­ware – das ent­spre­chen­de Soft­ware-Paket muss dazu passen.“

Selek­ti­ves Laser­sin­tern (SLS)

Das Selek­ti­ve Laser­sin­tern (SLS) gilt als das Ver­fah­ren für pro­fes­sio­nel­le Anwen­dun­gen und Seri­en­fer­ti­gung. „SLS ist der hei­li­ge Gral für die groß­vo­lu­mi­ge Pro­duk­ti­on“, so Leo­pold Strey. Gear­bei­tet wird nicht mit Fila­ment, son­dern mit Kunst­stoff­pul­ver, das Schicht für Schicht von einem Laser punk­tu­ell auf­ge­schmol­zen wird. Da kei­ne Stütz­struk­tu­ren benö­tigt wer­den, bie­tet das Ver­fah­ren vol­le Design­frei­heit. In der Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik wird SLS vor allem dann ein­ge­setzt, wenn Ein­la­gen oder kom­ple­xe For­men gefer­tigt wer­den sol­len. Wäh­rend FDM-Dru­cker meist für Ein­zel­ver­sor­gun­gen genutzt wer­den, eig­net sich SLS für halb­au­to­ma­ti­sier­te oder seri­en­na­he Prozesse.

SLS-Drucker wie der Formlabs Fuse benötigen keine Stützstrukturen. Foto: 3Dmensionals
SLS-Dru­cker wie der Formlabs Fuse benö­ti­gen kei­ne Stütz­struk­tu­ren. Foto: 3Dmensionals

Die Anschaf­fungs­kos­ten sind im Ver­gleich jedoch deut­lich höher – Strey spricht von etwa 50.000 Euro je nach Aus­stat­tung. Dafür lie­fern die Gerä­te sehr sta­bi­le Bau­tei­le mit hoher Prä­zi­si­on und gleich­blei­ben­der Qua­li­tät. Als Her­stel­ler ist in die­sem Bereich bei­spiels­wei­se Formlabs mit der „Fuse-Serie“ ver­tre­ten. Die­se Sys­te­me sind auf den pro­fes­sio­nel­len Ein­satz aus­ge­legt und kön­nen TPU-Mate­ria­li­en ver­ar­bei­ten, wie sie für fle­xi­ble, aber belast­ba­re Ein­la­gen oder Orthe­sen­tei­le typisch sind.

Ste­reo­li­tho­gra­fie (SLA)

Das Ste­reo­li­tho­gra­fie-Ver­fah­ren (SLA) arbei­tet mit flüs­si­gen Har­zen, die durch Licht aus­ge­här­tet wer­den. In der Ortho­pä­die-Tech­nik spielt es der­zeit eher eine Neben­rol­le. „SLA ist in der Medi­zin­tech­nik wei­ter ver­brei­tet, ins­be­son­de­re im Den­tal­be­reich.“ Her­stel­ler wie Formlabs bie­ten Gerä­te wie den Form 4L an, die mit bio­kom­pa­ti­blen Har­zen arbei­ten kön­nen. Die­se Sys­te­me über­zeu­gen durch sehr hohe Prä­zi­si­on und glat­te Ober­flä­chen und eig­nen sich daher für beson­ders fei­ne Struk­tu­ren oder für den Druck von Silikongussformen.

Geräte wie der Form 4L ermöglichen es, mit biokompatiblen Harzen zu drucken. Foto: 3Dmensionals
Gerä­te wie der Form 4L ermög­li­chen es, mit bio­kom­pa­ti­blen Har­zen zu dru­cken. Foto: 3Dmensionals

Was Strey unab­hän­gig vom Fer­ti­gungs­ver­fah­ren zu Beden­ken gibt: „Man soll­te sich gut über­le­gen, ob man über­haupt einen eige­nen ­Dru­cker braucht oder lie­ber auf einen Dienst­leis­ter zurück­greift, der mehr Ver­fah­ren abde­cken und ­kom­ple­xe­re Bau­tei­le rea­li­sie­ren kann.“ Oder aber man hilft sich gegen­sei­tig: Strey erlebt die Bran­che als sehr hilfs­be­reit. „Gera­de in Sani­täts­häu­sern oder in ortho­pä­die­tech­ni­schen ­Werk­stät­ten gibt es häu­fig Exper­ten, die sich ­unter­ein­an­der aus­tau­schen und ­unter­stüt­zen – das ist immer eine wert­vol­le Möglichkeit.“

 

Hier fin­den Sie alle Arti­kel unse­rer drei­tei­li­gen Serie „Addi­ti­ve Fertigung“:

„Addi­ti­ve Fer­ti­gung – Teil 1: Scannen“

„Addi­ti­ve Fer­ti­gung – Teil 2: Konstruieren“

„Addi­ti­ve Fer­ti­gung – Teil 3: Fertigen“

 

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