Auch bei Messung und Herstellung orthopädischer Einlagen können digitale Lösungen zum Einsatz kommen. Hingegen: „Die Versorgung mit Einlagen über Onlineanbieter wird bereits grundlegenden Anforderungen der Hilfsmittelversorgung aus rechtlicher und medizinischer Sicht nicht gerecht“, wie Prof. Dr. iur. Dr. med. Alexander P. F. Ehlers, Fachanwalt für Medizinrecht und Facharzt für Allgemeinmedizin sowie Partner der Rechtsanwaltsgesellschaft MBB Ehlers, Ehlers & Partner in seinem „Gutachten zu der rechtlichen Bewertung des Outsourcings von Orthopädietechnikleistungen“ vom Februar 2023 erklärt.
Ein rein digitaler Vertrieb orthopädischer Einlagen über Online-Plattformen ist zum jetzigen Zeitpunkt und nach aktuellem Stand der Technik nicht möglich, wie Prof. Dr. iur. Dr. med. Alexander P. F. Ehlers betont. Weder erlauben dies die gesetzlichen Rahmenbedingungen, noch bieten die digitalen Möglichkeiten die medizinisch notwendigen Gefahrverhütungskapazitäten. Im Gegenteil: „Das Outsourcing von Orthopädietechnikleistung in beschriebener Art verstößt gegen nationale und europa-rechtliche Vorschriften. Denn es kann nicht gewährleistet werden, dass allgemeine Patienteninteressen und medizinisch notwendige Versorgungschritte, wie Untersuchung, die erforderliche Überwachung und Nachversorgung, die individuelle fachgerechte Herstellung und Anpassung von orthopädischen Einlagen, allein durch Fernkontakt fachgemäß erfolgen“, erklärt der Fachanwalt und Facharzt. Die Gesetzesverstöße sind alle auf eine unzureichende Patientenversorgung durch reinen Onlinehandel zurückzuführen, so der Fachanwalt und Facharzt weiter.
„Damit erteilt das ‚Gutachten zu der rechtlichen Bewertung des Outsourcings von Orthopädietechnikleistungen‘ allen aktuellen Bestrebungen, das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes aufzuweichen und die Qualitätsstandards zu Lasten der Patienten in Deutschland zu senken, eine Absage“, erklärt Alf Reuter, Präsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik (BIV-OT). „Die Gesundheit ist kein Spielplatz, auf dem man mit Warnungen von Fachgesellschaften und gesetzlichen Vorschriften nach Gutdünken verfahren kann. Der Gesetzgeber sollte das klarstellen.“
Das Gutachten wurde auf Initiative der Landesinnung Bayern Orthopädie Technik und des Fachverbands für Orthopädie-Technik und Sanitätsfachhandel Bayern e. V. erstellt. Neben zwölf Innungen des Spitzenverbandes für Orthopädie-Schuhtechnik e. V. (SpiOST) wurde es von sechs Landesinnungen für Orthopädie-Technik sowie den fünf Innungen für Orthopädie-Technik in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben.
Im Gutachten wurden die rechtliche Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen und der medizinische Nutzen bzw. die medizinischen Gefahrenquellen des Outsourcings von Orthopädietechnikleistungen am konkreten Beispielsfall der orthopädischen Fußeinlagen (PG 08) geprüft und dargelegt.