Eine neue Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt: Der Ruf nach einer deutschen Cloud wird lauter, doch die Ansprüche sind hoch.
Sorge vor einseitiger Abhängigkeit wächst
Fast zwei Drittel der deutschen Unternehmen würden ohne Cloud-Dienste zum Stillstand kommen – ein deutliches Zeichen für die kritische Infrastruktur, die sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Doch die Abhängigkeit bereitet Sorgen: 78 Prozent der befragten 604 Unternehmen halten Deutschland für zu abhängig von US-amerikanischen Anbietern wie Amazon, Microsoft oder Google.
„Deutschland muss sich aus einseitigen Abhängigkeiten lösen, auch bei digitaler Infrastruktur. Das wird eine zentrale Aufgabe der neuen Bundesregierung sein“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. 82 Prozent der Unternehmen wünschen sich große europäische Cloud-Anbieter, die mit den außereuropäischen Marktführern mithalten können.
Besonders brisant: Jedes zweite Unternehmen sieht sich aufgrund der Politik der neuen US-Regierung gezwungen, die eigene Cloud-Strategie zu überdenken. Das Vertrauen in die Herkunft des Anbieters ist für 97 Prozent der Unternehmen relevant geworden – für 67 Prozent sogar eine zwingende Voraussetzung.
Deutschland klar bevorzugt, USA abgeschlagen
Bei der Präferenz für Anbieter zeigt sich ein eindeutiges Bild: Alle befragten Unternehmen würden einen deutschen Cloud-Anbieter bevorzugen. Mit deutlichem Abstand folgen EU-Anbieter (61 Prozent). Die USA landen mit nur 6 Prozent Zustimmung gleichauf mit Großbritannien auf dem letzten Platz – noch hinter Japan und Indien.
Qualität darf nicht leiden
Doch der Wunsch nach einer deutschen Cloud hat seine Grenzen. Eine heimische Alternative muss konkurrenzfähig sein, um sich durchzusetzen. „Internationale wettbewerbsfähige Unternehmen brauchen eine international wettbewerbsfähige IT“, betont Wintergerst. „Eine deutsche Cloud muss genauso gut und genauso günstig sein wie die Angebote anderer Anbieter. Ist sie das nicht, bleibt sie ein Nischenprodukt.“
Die Zahlen unterstreichen diese Haltung: Nur 12 Prozent der Unternehmen würden längere Wartezeiten auf neue Funktionen akzeptieren. Zwei Drittel würden keinerlei Nachteile bei Funktionalität, Preis oder Service hinnehmen. Lediglich 7 Prozent wären bereit, 10 bis 20 Prozent mehr für eine deutsche Cloud zu zahlen.
Cloud-Nutzung erreicht Sättigung
Die Verbreitung von Cloud-Diensten hat einen neuen Höchststand erreicht: 90 Prozent der Unternehmen nutzen bereits Cloud-Anwendungen, weitere 10 Prozent planen den Einstieg. Kein einziges Unternehmen mehr schließt die Cloud-Nutzung kategorisch aus – vor einem Jahr waren das noch 5 Prozent.
„Die Unternehmen verlagern nicht alle IT-Anwendungen in die Cloud, aber künftig wird kein Unternehmen mehr ohne Cloud auskommen“, prognostiziert Wintergerst. Aktuell laufen 47 Prozent aller IT-Anwendungen in der Cloud, in fünf Jahren sollen es 58 Prozent sein.
KI als Cloud-Treiber
Besonders beim Thema Künstliche Intelligenz wird die Cloud zum entscheidenden Faktor. Derzeit nutzt jedes vierte Unternehmen KI-Dienste aus der Cloud – in fünf Jahren wird es jedes zweite Unternehmen sein. „Wer leistungsstarke KI nutzen will, kommt an der Cloud kaum vorbei“, erklärt Wintergerst.
Auch andere Anwendungen gewinnen an Bedeutung: CRM-Systeme, Webconferencing und Sicherheitssoftware sollen deutlich häufiger aus der Cloud bezogen werden. Gleichzeitig digitalisieren 68 Prozent der Unternehmen mithilfe der Cloud ihre internen Prozesse – ein Anstieg um 23 Prozentpunkte seit 2023.
Investitionen steigen weiter
Die wachsende Bedeutung spiegelt sich in den Budgets wider: 46 Prozent der Unternehmen wollen 2025 mehr in Cloud-Dienste investieren als im Vorjahr. Gleichzeitig fühlen sich viele den Anbietern ausgeliefert – 53 Prozent klagen über mangelnde Verhandlungsmacht bei Preisen und Verträgen. Die Hälfte rechnet mit steigenden Betriebskosten.
Bei der Anbieterauswahl stehen Sicherheitsaspekte im Vordergrund: 99 Prozent der Unternehmen bewerten IT-Sicherheit, Datenschutz und Systemstabilität als entscheidende Kriterien. Die Möglichkeit zum Anbieterwechsel ist hingegen nur für 41 Prozent zwingend erforderlich.
78 Prozent der deutschen Unternehmen sehen eine zu große Abhängigkeit von US-Cloud-Anbietern.
Alle Unternehmen würden einen deutschen Cloud-Anbieter bevorzugen, aber nur, wenn Qualität und Preis stimmen.
90 Prozent der Unternehmen nutzen bereits Cloud-Dienste.
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