Konsequente Entstauung, begleitende psychologischer Betreuung, aber auch Gewichtsreduktion, Sport, Hilfe zur Selbsthilfe und ein Miteinander aller Akteure führe zu einer Steigerung der Lebensqualität von Ödempatienten, erklärten die Referenten aus dem Bereich Physiotherapie zum Symposium: Prof. Dr. Constance Daubert, Professorin des Fachbereichs Physiotherapie an der SRH Hochschule für Gesundheit, und Hans Pritschow, Fachlehrer für Manuelle Lymphdrainage. Um den Patienten die bestmögliche Therapie zu bieten, bedarf es Absprachen zwischen den Akteuren – ganz nach dem Motto „miteinander statt gegeneinander“, betonte Pritschow.
Medizin im Fokus
Dr. med. Gabriele Faerber vom Zentrum für Gefäßmedizin in Hamburg setzt bei ihren Patienten auf eine ketogene Ernährung aus kohlehydratarmer Nahrung, optimierter Proteinzufuhr und gesunden Fetten. Diese Umstellung führe in 83 Prozent aller Fälle zu einer Besserung der Beschwer- den, so die Medizinerin. Dass auch verschiedene operative Möglichkeiten beim chronischen Lymphödem zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen können, zeigte Dr. Katrin Seidenstücker, Leitende Ärztin der Klinik für Plastische Chirurgie II des Sana Krankenhaus Düsseldorf Benrath. Lymphologie sei in vielen Arztpraxen noch eine Randerscheinung, kritisierte Phlebologin und Lymphologin Dr. Ingelore Warsow. Sie plädierte für deutlich bessere Qualifizierungsmaßnahmen für das ärztliche Personal. Dr. Tobias Bertsch, ärztlicher Leiter der Földiklinik, betonte, dass es in der Öffentlichkeit und Ärzteschaft viele, nicht wissenschaftlich fundierte Meinungen gebe. Daher fordere er zusammen mit anderen Kollegen einen Paradigmenwechsel in der Lipödemtherapie.
Patienten bestärken
Aus der Perspektive der Betroffenen sprach Susanne Helmbrecht, Vorsitzende des Bundesverbands der Lymphselbsthilfe e. V. Sie erläuterte, wie die Patienten durch Aufklärung, Empowerment und Selbstmanagement zum Experten für ihre Krankheit werden können. Eine Lebensstiländerung beim Patienten lasse sich etwa durch motivierende Gesprächsführung erreichen. Anstatt die Defizite herauszustellen, sollten Ärzte und Therapeuten vor allem die individuellen Stärken der Patienten fördern. Lymphsymposium Therapiebausteine müssen wie Zahnräder ineinandergreifen Um das Thema Mut drehte sich die Präsentation von Pia Bohlender und Cornelia Panten aus der Marketing-Abteilung der Firma Ofa Bamberg. Sie stellten eine Initiative des Unternehmens vor, die Betroffenen Mut machen soll: Mit dem Hashtag #LipödemMutmacher vernetzen sich auf der Social-Media-Plattform Instagram seit 2018 viele Lipödempatientinnen, die ihr Leben mit der Erkrankung meistern. Sie seien Vorbild für andere Betroffene.
Sanitätshäuser und Netzwerkarbeit
Welche gesetzlichen Grundlagen es bei der Verordnung medizinischer Kompressionsstrümpfe zu beachten gilt, erklärte Ralph Martig, Bereichsleiter Lymphologie im Sanitätshaus Schaub. Für eine optimal angepasste lymphologische Bestrumpfung brauche es vor allem eine genaue Planung. Dabei müssten verschiedene Vorgaben und Richtlinien beachtet werden, wie die Hilfsmittelrichtlinie oder Beitrittsverträge mit Krankenkassen. Mit den Worten „Nur Mut“ beendete Sandra Völler, Sanitätshausinhaberin und Mitglied im Lymphnetz Osnabrück e. V., ihren Vortrag zur Netzwerkarbeit. Ziehen alle Fachgruppen an einem Strang, profitieren letztlich alle davon: Sanitätshaus, Ärzte, Therapeuten, vor allem aber die Patienten. Letztere genießen im Netzwerk optimale Therapiebe- dingungen und sollen stets im Mittelpunkt stehen. Patienten sollten durch eine gute Versorgung und Aufklärung motiviert werden, die Therapie konsequent zu verfolgen. Bevor es jedoch an eine Netzwerkgründung gehe, müssen wichtige Fragen geklärt sein wie Gesellschaftsform oder wichtige Qualitätskriterien, die für alle Mitglieder bindend sind, erläuterte der Pflegesachverständige Thorsten Müller in seinem Vortrag. Auch die Haftung im Netzwerk müsse bedacht werden.
Fazit
In der abschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Teilnehmer einig: Wenn alle Akteure einander und den Patienten die nötige Wertschätzung entgegenbringen und auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, lassen sich die Therapiebedingungen und ‑ergebnisse für die Patienten optimieren. Denn Ödemtherapie bedeute immer auch, dass verschiedene Therapiebausteine wie Zahnräder ineinandergreifen.
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