Erläutert werden darin die Diagnostik, der natürliche Verlauf sowie die konservative und die operative Therapie der verkrümmten Wirbelsäule von Jugendlichen. Zudem sprechen die Autor:innen Handlungsempfehlungen für den Alltag aus. „Unser Ziel ist es, den krummen Rücken aufzurichten. Die nun vorliegenden Empfehlungen helfen, die Therapie für unsere Jugendlichen zu vereinheitlichen und zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Maximilian Rudert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) sowie Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus und Ordinarius für Orthopädie der Universität Würzburg. Prof. Dr. Anna K. Hell, Präsidentin der DGOU-Sektion Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO), ergänzt: „Diese Leitlinie wird hoffentlich maßgeblich dazu beitragen, frühzeitig mit der Behandlung einer AIS zu beginnen. Denn es ist ja so, dass jede große Krümmung einmal klein begonnen hat.“
Dazu erläutert Leitlinien-Koordinator Prof. Dr. Tobias Schulte von der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) weiter: „Besteht der klinische Verdacht einer Skoliose, etwa weil der Oberkörper sichtbar schief steht, wird die Durchführung einer Röntgenaufnahme im Stand für die ganze Wirbelsäule empfohlen.“ Dabei werde der Grad der Verkrümmung bestimmt, der sogenannte Cobb-Winkel. Bei einer leichten Krümmung muss nicht behandelt werden, aber die regelmäßige Kontrolle ist nötig, bis das Wachstum der Wirbelsäule abgeschlossen ist.
Stärkere Krümmungen von 25 bis 40 Grad werden konservativ behandelt. Bezüglich der Einleitung von konservativen Therapiemaßnahmen wie Physiotherapie und Korsett werden Therapieempfehlungen ausgesprochen, um eine Unter‑, aber auch eine Überversorgung zu vermeiden. „Bringt die konservative Therapie keinen Erfolg, oder aber wird bei der Erstdiagnose einer AIS ein ausgeprägter Skoliose-Winkel von über 50 Grad festgestellt, dann wird in der Regel eine operative Vorgehensweise empfohlen“, so Leitlinien-Koordinator Dr. Kiril Mladenov von der VKO. Die Leitlinie enthält darüber hinaus Hinweise zur Auswahl des Operationsverfahren sowie zur Nachbehandlung und gibt Empfehlungen zu den Themen Berufswahl, Bemessung des Grades der Behinderung, Sexualität, Belastung, Schwangerschaft und Geburt sowie Sport.
„Obwohl es sich um eine Konsensus-basierte Leitlinie handelt, wurde von der Autorengruppe großer Wert auf die wissenschaftliche Fundierung aller Empfehlungen und Statements gelegt unter Berücksichtigung der aktuellsten Literatur“, betont Leitlinien-Koordinator Dr. Bernd Wiedenhöfer von der DGOU. Als aufwendig und herausfordernd beschreibt DWG-Präsident Prof. Dr. Markus Arand interdisziplinär entwickelte Leitlinien, insbesondere für komplexe und eher seltene Erkrankungen. „Mit der Leitlinie S2k Adoleszente idiopathische Skoliose ist ein didaktisch-strategisch hervorragender Leitfaden für die Behandlung dieser Erkrankungsgruppe gelungen. Versehen mit 372 Literaturstellen zeigt er sowohl die konservativen als auch die operativen Behandlungsoptionen abwägend auf.“
Entstanden ist die Leitlinie unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) und der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) gemeinsam mit zehn weiteren Fachgesellschaften bzw. Bundesverbänden. Sie ist bis zum 14. März 2028 gültig und steht im Leitlinien-Register auf der Website der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zum Download zur Verfügung.
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