Neu­ro­mo­du­la­ti­ons­an­zug: Eine Inno­va­ti­on im Wartestand

Wie lange dauert es, bis Innovationen in der Regelversorgung ankommen? Diese Frage umtreibt Vertreter:innen der Medizin und Technik gleichermaßen.

Beim Exo­pul­se Mol­lii Suit, dem in Schwe­den ent­wi­ckel­ten Anzug für Men­schen die an Cere­bral­pa­re­se, Mul­ti­pler Skle­ro­se, Schlag­an­fall oder ande­ren neu­ro­lo­gi­schen Erkran­kun­gen und folg­lich unter spas­ti­schen und ver­spann­ten Mus­keln, schwa­cher Mus­kel­ak­ti­vie­rung und damit ver­bun­de­nen Schmer­zen lei­den, stell­te sich die­se Fra­ge wei­ter­hin. „Es fehlt uns die Hilfs­mit­tel­num­mer“, erklär­te Mona Sei­fert-Macie­jc­zyk in der Dis­kus­si­on des OTWorld-Sym­po­si­ums „Ganz­kör­per-Neu­ro­mo­du­la­ti­on: Inno­va­tio­nen bei der Behand­lung von Schmer­zen und spas­ti­schen Bewe­gungs­stö­run­gen“. Aktu­ell hat die Ortho­pä­die­tech­nik­meis­te­rin bei den Kran­ken­kas­sen 40 Anträ­ge für den Mol­lii Suit gestellt – Stand jetzt haben nur fünf Erfolg.

Dabei ist das The­ma Neu­ro­mo­du­la­ti­on ein wis­sen­schaft­lich bereits gut erklär­ba­res gewor­den. Eine Ein­füh­rung in die Grund­la­gen gab Prof. Win­fried May­er. Er erläu­ter­te den Zuhörer:innen die Ent­wick­lung, an deren Ende die Prin­zi­pi­en für die Erfin­dung des Mol­lii Suit standen.

Sei­fert-Macie­jc­zyk gab einen ganz prak­ti­schen Ein­blick in die Ver­wen­dung des Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­an­zugs in ihrem Betrieb. Dabei wur­de der Auf­bau des Anzugs, der 58 inte­grier­te Elek­tro­den hat und 40 Mus­kel­grup­pen ansteu­ern kann, gezeigt sowie dar­auf hin­ge­wie­sen, für wen das Hilfs­mit­tel geeig­net ist. Sie zeig­te drei Ver­sor­gungs­bei­spie­le mit unter­schied­li­chen Patient:innen, die dank der Ver­sor­gung mit dem Anzug deut­lich sicht­ba­re Erfol­ge ver­zeich­nen konn­ten. „Rund 50 Pro­zent haben eine Ver­bes­se­rung, die man sehen kann. Die ande­ren 50 Pro­zent haben Ver­bes­se­run­gen zum Bei­spiel bei der Schmerz­re­duk­ti­on“, erklär­te die Referentin.

Ihr Fazit: „Der Mol­lii Suit bringt uns mehr zusam­men, Ärz­te und Techniker.“

Mit Dr. Andre­as Hahn, Otto­bock, sprach nicht nur der Chair des Sym­po­si­ums – gemein­sam mit Dr. Jen­ni­fer Ernst von der Medi­zi­ni­schen Hoch­schu­le Han­no­ver (MHH) – son­dern auch ein aus­ge­zeich­ne­ter Exper­te der kli­ni­schen Stu­die über die Ergeb­nis­se einer Erhe­bung zum Mol­lii Suit. In vier Län­dern – Deutsch­land, Öster­reich, Frank­reich und Schwe­den – wur­de die Stu­die mit Patient:innen, unter­teilt in die drei Krank­heits­bil­der Cere­bral­pa­re­se, Mul­ti­pler Skle­ro­se sowie Schlag­an­fall, durch­ge­führt. Dabei wur­den die Aus­wir­kun­gen von Ganz­kör­per-Elek­tro­sti­mu­la­ti­ons­klei­dung auf die Sym­pto­me des obe­ren Moto­neu­ron­syn­droms dokumentiert.

Auch aus dem OTWorld-Part­ner­land Frank­reich gab es zwei Bei­trä­ge. Prof. Samar Aya­che vom Hen­ri Mon­dor Hos­pi­tal in Cré­teil berich­tet von einer Stu­die zu einem Mul­ti­si­te-Sti­mu­la­ti­ons­an­satz für moto­ri­sche Funk­tio­nen und Schmer­zen bei Mul­ti­pler Skle­ro­se und Fibro­my­al­gie. Die Stu­die war in zwei Pha­sen auf­ge­teilt, in denen die betei­lig­ten Patient:innen zunächst zwei Wochen und dann vier Wochen täg­lich den Neu­ro­mo­du­la­ti­ons­an­zug tra­gen muss­ten. Pri­mä­res Ziel war es, her­aus­zu­fin­den, wel­che Aus­wir­kun­gen dies auf das Schmerz­emp­fin­den hat. Die Ergeb­nis­se waren viel­ver­spre­chend und zeig­ten nicht nur beim Schmerz, son­dern auch in ande­ren Berei­chen posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen. Da Prof. Naji Riachi nicht selbst in Leip­zig sein konn­te, über­nahm Prof. Aya­che des­sen Vor­trag und stell­te die ent­spre­chen­den Stu­di­en­ergeb­nis­se vor.

Hei­ko Cordes

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