Nach­hal­tig­keit – kein The­ma im Gesundheitswesen

Das deutsche Gesundheitswesen muss beim Thema Nachhaltigkeit nachsitzen. So lautet das Fazit einer vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Auftrag gegebenen Studie zur Nachhaltigkeit.

Die Stif­tung Via­me­di­ca über­nahm die Erstel­lung des Gut­ach­tens und unter­such­te dabei, wel­che Maß­nah­men zu ­Res­sour­cen­ef­fi­zi­enz, Kli­ma­schutz und öko­lo­gi­scher Nach­hal­tig­keit in 15 ver­schie­de­nen Berei­chen des Gesund­heits­we­sens aktu­ell umge­setzt wer­den. Das Ergeb­nis ist alar­mie­rend: Der Gesund­heits­sek­tor trägt erheb­lich zur Umwelt­be­las­tung bei, und bishe­rige Nach­hal­tig­keits­be­mü­hun­gen sind unzu­rei­chend. Dabei hat die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land im Jahr 2021 mit dem Kli­ma­schutz­ge­setz beschlos­sen, dass Deutsch­land 2045 treib­haus­gas­neu­tral sein muss, Baden-Würt­tem­berg sogar schon 2040. Bereits 2030 müs­sen min­des­tens 65 Pro­zent weni­ger Treib­haus­ga­se aus­ge­sto­ßen wer­den. Das bedeu­tet für das Gesund­heits­we­sen, dass es höchs­te Zeit ist, Maß­nah­men zu ergrei­fen, um die­se Zie­le zu erreichen.

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Emis­sio­nen runter!

Eine der prä­gnan­tes­ten Fest­stel­lun­gen des Gut­ach­tens, das den Namen „ReKli­ma­Med“ trägt, ist die hohe Umwelt­be­las­tung des Gesund­heits­we­sens, das allein in Deutsch­land 5,2 Pro­zent der gesam­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen und 5 Pro­zent des Gesamtroh­stoff­kon­sums ver­ur­sacht. Ins­be­son­de­re Kran­ken­häu­ser ste­hen im Fokus, die einen erheb­li­chen Anteil die­ser Emis­sio­nen erzeugen.

Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung der Nach­hal­tig­keit sind drin­gend erfor­der­lich. Häu­fig durch­ge­führ­te Schrit­te umfas­sen den Ein­satz von LED-Beleuch­tung, Umstel­lung auf Öko­strom und die Ein­füh­rung von Elek­tro­mo­bi­li­tät. Doch bis­he­ri­ge Bemü­hun­gen sind oft nur ver­ein­zelt und rei­chen, so das Fazit der von Mar­kus Loh gelei­te­ten Stu­die, bei Wei­tem nicht aus.

Grund­le­gen­der Wan­del von Nöten

Das Gut­ach­ten hebt auch Bar­rie­ren her­vor, die einer umfas­sen­den Umset­zung von Nach­hal­tig­keits­maß­nah­men im Wege ste­hen. Man­geln­de Ver­an­ke­rung des The­mas in der Unter­neh­mens­füh­rung, Zeit- und Res­sour­cen­knapp­heit sowie feh­len­de mone­tä­re Anrei­ze und Infor­ma­tio­nen über Umset­zung und Finan­zie­rung spie­len dabei eine ent­schei­den­de Rolle.

Ange­sichts die­ser Erkennt­nis­se for­dern die Autoren des „ReKlimaMed“-Gutachtens einen grund­le­gen­den Wan­del im deut­schen Gesund­heits­we­sen. Eine ver­stärk­te Inte­gra­ti­on von Nach­hal­tig­keits­stra­te­gien auf Manage­ment- und Lei­tungs­ebe­ne sowie die Schaf­fung von Anrei­zen und regu­la­to­ri­schen Vor­ga­ben wer­den als drin­gen­de Maß­nah­men empfohlen.

Im Bereich der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung wur­den ins­ge­samt 95 Betrie­be aus der Augen­op­tik, Hör­akus­tik und Ortho­pä­die-Tech­nik im Rah­men der Stu­die unter­sucht. Dabei wur­de fest­ge­stellt, dass die Unter­neh­men für eine nach­hal­ti­ge­re Mobi­li­tät ihrer Beschäf­tig­ten Maß­nah­men wie die Bereit­stel­lung einer Strom­tank­stel­le, Fir­men­fahr­rad zur Nut­zung durch die Beschäf­tig­ten, Job­ti­ckets für den ÖPNV, För­de­rung eines Fahr­rad­lea­sings, Bereit­stel­len von Fahr­rad­park­plät­zen, Wall­box für die Pri­vat­wa­gen der Mit­ar­bei­ten­den umsetz­ten. Eben­falls setz­ten die Leis­tungs­er­brin­ger auf abwisch­ba­re Schie­fer­ta­feln für die Auf­trä­ge der Kund:innen beim Ver­kaufs­ge­spräch statt Notizzettel.

Als posi­ti­ves Bei­spiel im Bereich der Sani­täts­häu­ser ist die Fuß-Ortho­pä­die-Tech­nik Roman Eggs GmbH benannt, die als ers­tes und bis­her ein­zi­ges deut­sches Unter­neh­men sei­ner Bran­che EMAS-zer­ti­fi­ziert ist und 2021 mit dem Deut­schen Umwelt­ma­nage­ment-Preis aus­ge­zeich­net wur­de. Das Unter­neh­men konn­te unter ande­rem die Gefah­ren­stof­fe bei der Her­stel­lung von Fuß­bett­leis­ten nahe­zu voll­stän­dig erset­zen. Bei der EMAS-Zer­ti­fi­zie­rung müs­sen die Unter­neh­men eine umfang­rei­che Umwelt­prü­fung bestehen. Unter ande­rem müs­sen sie ein Leit­bild in Bezug auf ihr Umwelt­ma­nage­ment fest­le­gen, das die stra­te­gi­sche Aus­rich­tung in punc­to Umwelt­schutz bestimmt und von der Geschäfts­lei­tung beschlos­sen wird oder den gesam­ten ­Pro­zess von staat­lich aus­ge­bil­de­ten Umweltgutachter:innen vali­die­ren las­sen, die Stand­or­te vor Ort bege­hen, Stich­pro­ben­kon­trol­len durch­füh­ren, Gesprä­che mit Per­so­nal und Lei­tungs­ebe­ne füh­ren sowie die zuge­hö­ri­gen Doku­men­te prüfen.

Geschäfts­füh­rung ist gefordert

Das Fazit zur Hilfs­mit­tel­bran­che: Auf­grund feh­len­der ­zeit­li­cher und per­so­nel­ler Res­sour­cen wer­den noch zu weni­ge Maß­nah­men zu Kli­ma­schutz, Ressourceneffi­zienz und öko­lo­gi­scher Nach­hal­tig­keit umge­setzt. Es gibt zwar ein­zel­ne sehr enga­gier­te Akteu­re, die in Sachen Kli­ma­schutz vor­an­ge­hen und eine Viel­zahl an Maß­nah­men umset­zen. Die­se sind jedoch noch deut­lich in der Min­der­heit. Des­halb, so die Hand­lungs­emp­feh­lung in dem Gut­ach­ten, ist das The­ma Nach­hal­tig­keit im Betrieb bei der Geschäfts­füh­rung zu ver­an­kern. Es soll­ten kon­kre­te ­Zie­le fest­ge­legt und die not­wen­di­gen Maß­nah­men anschlie­ßend von der Geschäfts­füh­rung gemein­sam mit dem Team umge­setzt wer­den. Ver­ant­wort­li­che für Umwelt­schutz und öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit sind zu benen­nen, die von der Geschäfts­füh­rung unter­stützt wer­den müs­sen. Es wird emp­foh­len, mit den ein­fach und schnell umsetz­ba­ren Maß­nah­men zur öko­lo­gi­schen Nach­hal­tig­keit zu beginnen.

Um einen grund­sätz­li­chen Wan­del anzu­sto­ßen, schlägt das Gut­ach­ten die Ein­rich­tung eines Arbeits­krei­ses mit Vertreter:innen aus Wis­sen­schaft, Poli­tik und Bran­chen­ver­bän­den sowie eine koor­di­nie­ren­de Platt­form vor. Die­se sol­len als Impuls­ge­ber fun­gie­ren und die Ent­wick­lung von nach­hal­ti­gen Struk­tu­ren im Gesund­heits­sek­tor vorantreiben.

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