Mit der neuen Location in Garching gehört der „morbide Charme“ aus Garmisch der Vergangenheit an. Moderne Räumlichkeiten, direkt angeschlossene Hotels und eine gute Anbindung an U- und Autobahn erschienen nicht nur im Vorfeld als ideale Bedingungen, sondern überzeugten auch im Nachgang. Die Planung und Durchführung des ersten Kongresses in Garching waren – unter Corona-Auflagen mit 2G-Regel – aufwendig, erinnert sich Elkemann. „Ein mutiger Schritt“, sagt er, der sich jedoch ausgezahlt habe. Die Veranstaltung sei zu 95 Prozent nahezu perfekt gelaufen, kleine Defizite im Hinblick auf Gastronomie und Hotellerie verbucht der Geschäftsführer unter üblichen Startschwierigkeiten. Mit mehr als 500 Besucher:innen war der Kongress gut besucht. Doch: „War das – nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause – nur ein Strohfeuer? Oder hält man uns weiterhin die Treue?“. Verlass ist nach wie vor auf die Aussteller: Die Ausstellung im April ist ausgebucht. Besonders die vereinfachte Anfahrt und Logistik überzeugten im Vorjahr. Etwas gewöhnungsbedürftig war für einige Firmen hingegen die Aufteilung: Durch die Architektur des Hauses waren die Stände nicht wie gewohnt auf einer, sondern auf drei Ebenen verteilt. Für die Besucher:innen war das weniger problematisch. Die Ergebnisse der Umfrage aus 2022 lassen auch für 2023 eine positive Resonanz erhoffen. „So eine Veranstaltung ist kein Selbstläufer. Wir müssen jetzt powern“, will sich Elkemann jedoch nicht auf den guten Zahlen des Vorjahres ausruhen.
Themenblöcke im Dreier-Team
Beim diesjährigen Kongress dreht sich alles rund ums Thema „Vorfuß“ und richtet sich sowohl an Vertreter:innen der OST als auch der OT. Organisiert wurden das Konzept und die Inhalte von der Programmkommission, bestehend aus der LIOST sowie den beiden Kooperationspartnern, der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e. V. (D.A.F.) und der Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenk Chirurgie (G.F.F.C.). Wie wichtig grundsätzlich die Zusammenarbeit in der Versorgung ist, das soll mit einem neuen Ansatz unterstrichen werden. Die Themenblöcke werden in diesem Jahr jeweils im Dreier-Team von Arzt/Ärztin, Orthopädieschuhmacher/Orthopädieschuhmacherin und Physiotherapeut/Physiotherapeutin abgehandelt. „Wir sehen den Schuhtechniker zukünftig nicht mehr allein in der Werkstatt. Er wird und muss interdisziplinär arbeiten“, erläutert Elkemann die Hintergründe. Zum ersten Mal werden auch kaufmännische Themen wie Personalführung und Marketing im Kongressprogramm aufgegriffen. Ein Bereich, mit dem es sich laut Elkemann mehr und mehr auseinanderzusetzen gelte. Denn das betriebswirtschaftliche Verständnis sei bei vielen OT- und OST-Betriebsinhaber:innen bislang eher schwach ausgeprägt, findet der Diplomkaufmann, und das obwohl das Hantieren mit Zahlen essentiell für den Erfolg eines jeden Unternehmens sei. Den Spruch „Ich bin ja nur ein Handwerker“ könne er mittlerweile nicht mehr hören. „Sie werden in Zukunft verstärkt Unternehmer sein müssen“, ist Elkemann überzeugt und möchte mit dem neu aufgenommenen Schwerpunkt auf die Notwendigkeit gezielter kaufmännischer Betriebsführung aufmerksam machen.
Nicht nur Neues, auch Bewährtes wird sich auf dem Kongress wiederfinden. Auf den Nachwuchs warten erneut spezielle Angebote in Garching. Neben einem Fortbildungsprogramm werden begleitete Führungen für die Auszubildenden ausgerichtet – bei den Azubis beliebt, bei den Ausbilder:innen vermisst Elkemann jedoch manchmal die Motivation und das Engagement. „Wir möchten die Betriebsinhaber dafür sensibilisieren, dass sie ihre Azubis mitnehmen oder wenigstens hinschicken, wenn sie schon nicht selbst nach Garching kommen“, betont er, wohl wissend, dass täglich jede Hand in den Werkstätten gebraucht wird.
„Wissenschaft trifft Handwerk“
Ebenfalls wieder dabei ist der Szene-Treff. Abseits des großen Kongresses begegnen sich die Besucher:innen hier auf kleinerem Raum. Das, was auf der Ausstellung zu sehen ist, präsentieren die Aussteller in lockerer, persönlicherer Atmosphäre. Ein Konzept, das in der Vergangenheit so gut ankam, dass einige Besucher:innen den gesamten Tag dort verbrachten. „Man könnte den Szene-Treff schon fast als eigene Veranstaltung anbieten“, scherzt Elkemann. Raum für einen Austausch soll am Freitagabend zudem beim „Get-together“ geschaffen werden. Unter dem Motto „Wissenschaft trifft Handwerk“ kommen hier Aussteller, Besucher:innen und Referent:innen bei Musik und Essen zusammen.
Digitale Fertigung, „ein Thema, das aus der Branche nicht mehr wegzudenken ist“, findet ebenfalls seinen Platz im Programm, auch, um teils noch vorherrschende Berührungsängste zu nehmen. Eine „Take-Home Message“ präsentiert am Samstagabend Dr. Annette Kerkhoff, Projektleiterin des Kompetenzzentrums Orthopädieschuhtechnik (Komzet O.S.T.). Wie sieht die technologisch optimierte orthopädische Maßschuhversorgung aus? An ihren Visionen wird Kerkhoff das Publikum teilhaben lassen.
Ein Highlight für den LIOST-Geschäftsführer ist die Erne-Maier-Gedächtnis-Vorlesung. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Peter Weiß. Im Rahmen des Kongresses wird der OSM einen Vortrag zum Thema „Berufsbild eines Orthopädieschuhmachermeisters an der Meisterschule“ halten sowie die Ehrenmedaille verliehen bekommen. „Peter Weiß ist seit vielen Jahren an der Meisterschule in Landshut aktiv und hat das OST-Handwerk extrem nach vorne gepusht“, begründet Elkemann die Entscheidung für den diesjährigen Redner.
Austausch über Landesgrenzen hinweg
Auf Wunsch wird nach kurzer Unterbrechung im Vorjahr exklusiv für die Mitglieder nun wieder eine Art „aktuelle Stunde“ stattfinden, mit Informationen rund um die Arbeit der LIOST – eine Gelegenheit abseits der jährlichen Mitgliederversammlung für ein Update und den gemeinsamen Austausch. Um auch Kolleg:innen aus anderen Bundesländern eine Plattform zu geben, begrüßte die LIOST 2022 Hessen als Gastinnung. Diesmal sind Niedersachen und Bremen mit einem Vortragsprogramm vertreten. 2024 soll Baden-Württemberg folgen. Die Gelegenheit zum länderübergreifenden Austausch werden auch die Mitglieder des im November 2022 neu gegründeten Spitzenverbandes Orthopädie-Schuhtechnik e. V. (SpiOST) nutzen und in Garching zusammenkommen.
Aus Coronazeiten beibehalten wurde die Gestaltung einer eigenen Landingpage für die Veranstaltung, inklusive Anmeldeverfahren, das von der Registrierung über die Buchungsbestätigung bis zur Ausstellung des Barcodes und der Rechnung sowie des In- und Auscheckens digitalisiert wurde. Elkemann freut sich, dass die Eintrittspreise von 2022 – trotz überall gestiegener Kosten und dank harter Verhandlungen – annähernd beibehalten werden konnten.
Synergieeffekte nehmen zu
Ziel ist es, den Besucher:innen am Ende der Veranstaltung eine positive Botschaft mit auf den Weg zu geben. „Wir müssen uns mit unserem Handwerk und unseren Leistungen nicht verstecken und uns am Markt stark positionieren“, betont Elkemann. „Die Fachkompetenz muss weiterhin im Betrieb bleiben. Aber das Handwerk entwickelt sich weiter, auch durch neue Technologien“, blickt er optimistisch in die Zukunft. Das setzt einen Wandel bei den Betrieben voraus und die Notwendigkeit sich anzupassen. Überzeugt ist Elkemann zudem davon, dass die Synergieeffekte zwischen OST und OT zunehmen werden, da immer mehr OST-Betriebe OT-Produkte und umgekehrt verstärkt OT-Betriebe OST-Dienstleistungen anbieten. Die Mitglieder der LIOST verstehen sich dabei als Moderatoren der Entwicklung, als Ideengeber und Vordenker. „Vom Patienten zum Kunden“ – ein Grundsatz, der schon 1997 mit einem Marketingkonzept herausgearbeitet wurde und bis heute verfolgt wird. „Dieser visionäre Ansatz hat uns immer angetrieben und treibt uns auch weiterhin an.“ Für Elkemann ist der Kongress damit nur die logische Konsequenz für das, was damals begonnen wurde.
Das gesamte Programm gibt es online unter https://liostbayern.interplan.de/.
Pia Engelbrecht
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