LIOST setzt beim Kon­gress auf neue Ansätze

Nach 25 Jahren am Standort Garmisch öffnete der „Kongress Technische Orthopädie“ seine Türen 2022 erstmals im Science Congress Center Munich in Garching – und landete damit einen „Volltreffer“, wie Gerold Elkemann, Geschäftsführer der Landesinnung Bayern für Orthopädie-Schuhtechnik (LIOST), rückblickend betont. In diesem Jahr wollen die Veranstalter an das erfolgreiche Debüt anknüpfen und setzen am 21. und 22. April neben bewährten Programmpunkten auch auf neue Ansätze: ein Versuch, die Grenzen zwischen verschiedenen Professionen, zwischen Handwerk und Wissenschaft, zwischen Orthopädie-Technik (OT) und Orthopädie-Schuhtechnik (OST), weiter aufzulösen und die Zusammenarbeit zu stärken.

Mit der neu­en Loca­ti­on in Gar­ching gehört der „mor­bi­de Charme“ aus Gar­misch der Ver­gan­gen­heit an. Moder­ne Räum­lich­kei­ten, direkt ange­schlos­se­ne Hotels und eine gute Anbin­dung an U- und Auto­bahn erschie­nen nicht nur im Vor­feld als idea­le Bedin­gun­gen, son­dern über­zeug­ten auch im Nach­gang. Die Pla­nung und Durch­füh­rung des ers­ten Kon­gres­ses in Gar­ching waren – unter Coro­na-Auf­la­gen mit 2G-Regel – auf­wen­dig, erin­nert sich Elke­mann. „Ein muti­ger Schritt“, sagt er, der sich jedoch aus­ge­zahlt habe. Die Ver­an­stal­tung sei zu 95 Pro­zent nahe­zu per­fekt gelau­fen, klei­ne Defi­zi­te im Hin­blick auf Gas­tro­no­mie und Hotel­le­rie ver­bucht der Geschäfts­füh­rer unter übli­chen Start­schwie­rig­kei­ten. Mit mehr als 500 Besucher:innen war der Kon­gress gut besucht. Doch: „War das – nach zwei Jah­ren coro­nabe­ding­ter Zwangs­pau­se – nur ein Stroh­feu­er? Oder hält man uns wei­ter­hin die Treue?“. Ver­lass ist nach wie vor auf die Aus­stel­ler: Die Aus­stel­lung im April ist aus­ge­bucht. Beson­ders die ver­ein­fach­te Anfahrt und Logis­tik über­zeug­ten im Vor­jahr. Etwas gewöh­nungs­be­dürf­tig war für eini­ge Fir­men hin­ge­gen die Auf­tei­lung: Durch die Archi­tek­tur des Hau­ses waren die Stän­de nicht wie gewohnt auf einer, son­dern auf drei Ebe­nen ver­teilt. Für die Besucher:innen war das weni­ger pro­ble­ma­tisch. Die Ergeb­nis­se der Umfra­ge aus 2022 las­sen auch für 2023 eine posi­ti­ve Reso­nanz erhof­fen. „So eine Ver­an­stal­tung ist kein Selbst­läu­fer. Wir müs­sen jetzt powern“, will sich Elke­mann jedoch nicht auf den guten Zah­len des Vor­jah­res ausruhen.

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The­men­blö­cke im Dreier-Team

Beim dies­jäh­ri­gen Kon­gress dreht sich alles rund ums The­ma „Vor­fuß“ und rich­tet sich sowohl an Vertreter:innen der OST als auch der OT. Orga­ni­siert wur­den das Kon­zept und die Inhal­te von der Pro­gramm­kom­mis­si­on, bestehend aus der LIOST sowie den bei­den Koope­ra­ti­ons­part­nern, der Deut­schen Asso­zia­ti­on für Fuß und Sprung­ge­lenk e. V. (D.A.F.) und der Gesell­schaft für Fuß- und Sprung­ge­lenk Chir­ur­gie (G.F.F.C.). Wie wich­tig grund­sätz­lich die Zusam­men­ar­beit in der Ver­sor­gung ist, das soll mit einem neu­en Ansatz unter­stri­chen wer­den. Die The­men­blö­cke wer­den in die­sem Jahr jeweils im Drei­er-Team von Arzt/Ärztin, Orthopädieschuhmacher/Orthopädieschuhmacherin und Physiotherapeut/Physiotherapeutin abge­han­delt. „Wir sehen den Schuh­tech­ni­ker zukünf­tig nicht mehr allein in der Werk­statt. Er wird und muss inter­dis­zi­pli­när arbei­ten“, erläu­tert Elke­mann die Hin­ter­grün­de. Zum ers­ten Mal wer­den auch kauf­män­ni­sche The­men wie Per­so­nal­füh­rung und Mar­ke­ting im Kon­gress­pro­gramm auf­ge­grif­fen. Ein Bereich, mit dem es sich laut Elke­mann mehr und mehr aus­ein­an­der­zu­set­zen gel­te. Denn das betriebs­wirt­schaft­li­che Ver­ständ­nis sei bei vie­len OT- und OST-Betriebsinhaber:innen bis­lang eher schwach aus­ge­prägt, fin­det der Diplom­kauf­mann, und das obwohl das Han­tie­ren mit Zah­len essen­ti­ell für den Erfolg eines jeden Unter­neh­mens sei. Den Spruch „Ich bin ja nur ein Hand­wer­ker“ kön­ne er mitt­ler­wei­le nicht mehr hören. „Sie wer­den in Zukunft ver­stärkt Unter­neh­mer sein müs­sen“, ist Elke­mann über­zeugt und möch­te mit dem neu auf­ge­nom­me­nen Schwer­punkt auf die Not­wen­dig­keit geziel­ter kauf­män­ni­scher Betriebs­füh­rung auf­merk­sam machen.

Nicht nur Neu­es, auch Bewähr­tes wird sich auf dem Kon­gress wie­der­fin­den. Auf den Nach­wuchs war­ten erneut spe­zi­el­le Ange­bo­te in Gar­ching. Neben einem Fort­bil­dungs­pro­gramm wer­den beglei­te­te Füh­run­gen für die Aus­zu­bil­den­den aus­ge­rich­tet – bei den Azu­bis beliebt, bei den Ausbilder:innen ver­misst Elke­mann jedoch manch­mal die Moti­va­ti­on und das Enga­ge­ment. „Wir möch­ten die Betriebs­in­ha­ber dafür sen­si­bi­li­sie­ren, dass sie ihre Azu­bis mit­neh­men oder wenigs­tens hin­schi­cken, wenn sie schon nicht selbst nach Gar­ching kom­men“, betont er, wohl wis­send, dass täg­lich jede Hand in den Werk­stät­ten gebraucht wird.

„Wis­sen­schaft trifft Handwerk“

Eben­falls wie­der dabei ist der Sze­ne-Treff. Abseits des gro­ßen Kon­gres­ses begeg­nen sich die Besucher:innen hier auf klei­ne­rem Raum. Das, was auf der Aus­stel­lung zu sehen ist, prä­sen­tie­ren die Aus­stel­ler in locke­rer, per­sön­li­che­rer Atmo­sphä­re. Ein Kon­zept, das in der Ver­gan­gen­heit so gut ankam, dass eini­ge Besucher:innen den gesam­ten Tag dort ver­brach­ten. „Man könn­te den Sze­ne-Treff schon fast als eige­ne Ver­an­stal­tung anbie­ten“, scherzt Elke­mann. Raum für einen Aus­tausch soll am Frei­tag­abend zudem beim „Get-tog­e­ther“ geschaf­fen wer­den. Unter dem Mot­to „Wis­sen­schaft trifft Hand­werk“ kom­men hier Aus­stel­ler, Besucher:innen und Referent:innen bei Musik und Essen zusammen.

Digi­ta­le Fer­ti­gung, „ein The­ma, das aus der Bran­che nicht mehr weg­zu­den­ken ist“, fin­det eben­falls sei­nen Platz im Pro­gramm, auch, um teils noch vor­herr­schen­de Berüh­rungs­ängs­te zu neh­men. Eine „Take-Home Mes­sa­ge“ prä­sen­tiert am Sams­tag­abend Dr. Annet­te Kerkhoff, Pro­jekt­lei­te­rin des Kom­pe­tenz­zen­trums Ortho­pä­die­schuh­tech­nik (Kom­zet O.S.T.). Wie sieht die tech­no­lo­gisch opti­mier­te ortho­pä­di­sche Maß­schuh­ver­sor­gung aus? An ihren Visio­nen wird Kerkhoff das Publi­kum teil­ha­ben lassen.

Ein High­light für den LIOST-Geschäfts­füh­rer ist die Erne-Mai­er-Gedächt­nis-Vor­le­sung. In die­sem Jahr fiel die Wahl auf Peter Weiß. Im Rah­men des Kon­gres­ses wird der OSM einen Vor­trag zum The­ma „Berufs­bild eines Ortho­pä­die­schuh­ma­cher­meis­ters an der Meis­ter­schu­le“ hal­ten sowie die Ehren­me­dail­le ver­lie­hen bekom­men. „Peter Weiß ist seit vie­len Jah­ren an der Meis­ter­schu­le in Lands­hut aktiv und hat das OST-Hand­werk extrem nach vor­ne gepusht“, begrün­det Elke­mann die Ent­schei­dung für den dies­jäh­ri­gen Redner.

Aus­tausch über Lan­des­gren­zen hinweg

Auf Wunsch wird nach kur­zer Unter­bre­chung im Vor­jahr exklu­siv für die Mit­glie­der nun wie­der eine Art „aktu­el­le Stun­de“ statt­fin­den, mit Infor­ma­tio­nen rund um die Arbeit der LIOST – eine Gele­gen­heit abseits der jähr­li­chen Mit­glie­der­ver­samm­lung für ein Update und den gemein­sa­men Aus­tausch. Um auch Kolleg:innen aus ande­ren Bun­des­län­dern eine Platt­form zu geben, begrüß­te die LIOST 2022 Hes­sen als Gastin­nung. Dies­mal sind Nie­der­sa­chen und Bre­men mit einem Vor­trags­pro­gramm ver­tre­ten. 2024 soll Baden-Würt­tem­berg fol­gen. Die Gele­gen­heit zum län­der­über­grei­fen­den Aus­tausch wer­den auch die Mit­glie­der des im Novem­ber 2022 neu gegrün­de­ten Spit­zen­ver­ban­des Ortho­pä­die-Schuh­tech­nik e. V. (Spi­OST) nut­zen und in Gar­ching zusammenkommen.

Aus Coro­na­zei­ten bei­be­hal­ten wur­de die Gestal­tung einer eige­nen Landing­pa­ge für die Ver­an­stal­tung, inklu­si­ve Anmel­de­ver­fah­ren, das von der Regis­trie­rung über die Buchungs­be­stä­ti­gung bis zur Aus­stel­lung des Bar­codes und der Rech­nung sowie des In- und Aus­che­ckens digi­ta­li­siert wur­de. Elke­mann freut sich, dass die Ein­tritts­prei­se von 2022 – trotz über­all gestie­ge­ner Kos­ten und dank har­ter Ver­hand­lun­gen – annä­hernd bei­be­hal­ten wer­den konnten.

Syn­er­gie­ef­fek­te neh­men zu

Ziel ist es, den Besucher:innen am Ende der Ver­an­stal­tung eine posi­ti­ve Bot­schaft mit auf den Weg zu geben. „Wir müs­sen uns mit unse­rem Hand­werk und unse­ren Leis­tun­gen nicht ver­ste­cken und uns am Markt stark posi­tio­nie­ren“, betont Elke­mann. „Die Fach­kom­pe­tenz muss wei­ter­hin im Betrieb blei­ben. Aber das Hand­werk ent­wi­ckelt sich wei­ter, auch durch neue Tech­no­lo­gien“, blickt er opti­mis­tisch in die Zukunft. Das setzt einen Wan­del bei den Betrie­ben vor­aus und die Not­wen­dig­keit sich anzu­pas­sen. Über­zeugt ist Elke­mann zudem davon, dass die Syn­er­gie­ef­fek­te zwi­schen OST und OT zuneh­men wer­den, da immer mehr OST-Betrie­be OT-Pro­duk­te und umge­kehrt ver­stärkt OT-Betrie­be OST-Dienst­leis­tun­gen anbie­ten. Die Mit­glie­der der LIOST ver­ste­hen sich dabei als Mode­ra­to­ren der Ent­wick­lung, als Ideen­ge­ber und Vor­den­ker. „Vom Pati­en­ten zum Kun­den“ – ein Grund­satz, der schon 1997 mit einem Mar­ke­ting­kon­zept her­aus­ge­ar­bei­tet wur­de und bis heu­te ver­folgt wird. „Die­ser visio­nä­re Ansatz hat uns immer ange­trie­ben und treibt uns auch wei­ter­hin an.“ Für Elke­mann ist der Kon­gress damit nur die logi­sche Kon­se­quenz für das, was damals begon­nen wurde.

Das gesam­te Pro­gramm gibt es online unter https://liostbayern.interplan.de/.

Pia Engel­brecht

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